Berliner Eiskunstlauf-Paar Hocke/Kunkel vor EM - "Weil die russischen Athleten nicht dabei sind, gilt man quasi schon als Medaillen-Kandidat"
Vor kurzem ist das Berliner Eiskunstlauf-Paar Hocke/Kunkel Deutscher Meister geworden. Nächste Woche steht nun die EM an. Im Interview reden die beiden Berliner über ihre Ziele, die Konkurrenz und ihren (ungeplanten) Trainingsstützpunkt Bergamo.
rbb|24: Annika Hocke, Robert Kunkel, nächste Woche Mittwoch beginnt in Finnland die Eiskunstlauf-EM. Wie groß ist die Vorfreude?
Hocke: Sehr groß, wir freuen uns wahnsinnig und können es eigentlich kaum mehr abwarten. Es ist sogar schon etwas Aufregung da. Wir freuen uns sehr, wieder bei einer EM starten und uns präsentieren zu können.
Sie sind vor kurzem Deutscher Meister geworden. Was bedeutet Ihnen der Titel - und gibt er noch einmal zusätzlich Mut für die EM?
Kunkel: Das war unser erster Titel und noch einmal ein guter Selbstvertrauen-Booster und eine gute Bestätigung vor der EM. Natürlich ist es international aber nicht ganz vergleichbar, weil bei nationalen Meisterschaften immer ein bisschen besser bewertet wird. Wir waren mit unserer Leistung aber größtenteils zufrieden. Wir waren im November lange krank und mussten uns deswegen noch mal an das Turnier heranarbeiten. Wir haben die Deutschen Meisterschaften als Zwischenetappe und Generalprobe für die EM genutzt. Wir haben jetzt noch an Kleinigkeiten gearbeitet und können nächste Woche noch einen draufsetzen.
Mit welchem Anspruch gehen Sie in das Turnier? Hoffen Sie auf eine Medaille?
Hocke: Naja, es ist ja in diesem Jahr etwas anders als sonst: Weil die russischen Athleten nicht dabei sind, gilt man quasi schon automatisch als Medaillen-Kandidat. Das Teilnehmerfeld ist schon sehr klein. Wir haben aber auch sehr gute Leistungen gezeigt in dieser Saison, deswegen ist das schon im Hinterkopf. Wir versuchen aber, uns nicht zu sehr auf die Medaille oder die Medaillenfarbe zu konzentrieren. Wir wissen eben, dass eine Medaille nur dann drin ist, wenn man gut läuft. Wir haben uns als Ziel gesetzt, zwei fehlerfreie Programme zu laufen, zu zeigen, wie gut wir geworden sind und insbesondere mit dem Kurzprogramm auch Spaß zu verbreiten.
Kunkel: Wir verlassen einen Wettkampf zufrieden, wenn wir mit der Leistung zufrieden sind. Welche Platzierung dann am Ende dabei rauskommt, liegt nicht in unserer Hand.
Apropos Russland: Eigentlich wollten Sie Ihre Vorbereitung dort absolvieren, weil Sie aber Sportsoldaten sind, dürfen Sie im Moment nicht in das Land einreisen. Deshalb waren Sie im Trainingslager in Bergamo. Gab es dort im Vergleich zu Russland Nachteile?
Kunkel: Den hundertprozentigen Vergleich haben wir nicht, weil wir ja in Russland nicht waren. Ich würde aber sogar sagen, dass Bergamo vielleicht die bessere Option war. Selbst wenn Russland wieder eine Alternative werden würde, würden wir darauf wohl nicht zurückkommen. Wir sind sehr zufrieden - mit unserem Team und den Sportlern, mit denen wir trainieren. Wir hätten vorher gar nicht gedacht, dass es so gut wird, weil es eben eigentlich nur die zweite Wahl war.
Neben Ihnen ist mit Alisa Efimova und Ruben Blommaert noch ein weiteres deutsches Paar bei der EM dabei. Wie groß ist die interne Konkurrenz?
Hocke: Nicht so groß. Natürlich wissen wir, dass sie da sind, aber bei Europa- und Weltmeisterschaften guckt man eher auf die internationale Konkurrenz. Beziehungsweise guckt man im Idealfall gar nicht auf die anderen, sondern nur auf sich selbst (lacht). Das ist auch im Paarlauf etwas einfacher, weil man eben immer einen Partner an der Seite hat. Wir müssen und wollen uns schon genug aufeinander konzentrieren. Es ist also am besten, den Blick gar nicht so weit wegschweifen zu lassen.
Kunkel: Mal angenommen, man wird Fünfter oder auch Dritter: Dann ist es egal, ob zwei deutsche oder zwei italienische oder wer auch immer vor einem ist. Da wir auch nicht mit ihnen trainieren und bei den Deutschen Meisterschaften nicht auf sie getroffen sind, ist der Blick verloren gegangen. Wir haben jeden Tag drei italienische Paare, gegen die wir trainieren, und die haben wir direkt vor Augen.
Was macht Ihre Kür besonders, worauf dürfen sich die Zuschauer freuen?
Hocke: Gerade unser Kurzprogramm ist sehr sehenswert und verbreitet gute Laune. Das Programm laufen wir zu einem Abba-Medley. Wir beide mögen es wirklich sehr, sehr gerne. Wir freuen uns insbesondere, wenn Zuschauer dabei sind, dann wird immer mitgeklatscht. Gerade wenn die Elemente gut funktionieren - so wie bei der Deutschen Meisterschaft - ist der Wurf ein Highlight, weil es genau auf die Musik passt. Ich denke, die Zuschauer haben Spaß, sich das anzuschauen.
Werden in Finnland Freunde und Familie zur Unterstützung dabei sein?
Kunkel: Bei mir kommen sie in diesem Fall nicht mit. Das ist aber gar nicht so tragisch. Manchmal hat man vor Ort dann das Gefühl, dass man sich um die kümmern muss, weil sie eben mitgekommen, aber doch alleine sind. Es ist aber ganz gut, wenn wir uns nur auf uns konzentrieren können. Wir probieren wirklich, alles auszublenden. Da würde es mir dann fast schon leidtun, wenn Familienmitglieder da wären. Schön ist es, wenn die Familie zum Ende des Wettkampfs kommt und man im Anschluss noch etwas machen kann.
Im März findet die WM statt. Haben Sie die Qualifikation dafür schon im Hinterkopf?
Hocke: Eigentlich ist die WM ein ziemlich klares und sicheres Ziel.
Kunkel: Wir haben uns bislang wenig mit der Qualifikation beschäftigt. Es gibt zwei Startplätze und ein internes Punkteranking, in dem wir ziemlich gut dabei sind. Deshalb haben wir uns erst einmal auf die EM konzentriert und wollen die bestmögliche Punktezahl holen. Dann dürfte der WM-Teilnehme nicht mehr viel im Weg stehen.
Ist Ihr größter Traum die Olympischen Winterspiele 2026 in Italien?
Hocke: Es ist auf jeden Fall ein ganz großer Traum, insbesondere, weil es quasi bei uns um die Ecke ist. Wir haben aber noch viele weitere Etappen und Ziele auf diesem Weg vor uns. Aber natürlich ist Olympia etwas ganz besonderes.
Kunkel: Bis dahin gibt es noch viele Höhepunkte, die nicht nur Mittel zum Zweck sind und es nur um Olympia geht. Das würde ja auch die Zeit bis dahin etwas traurig gestalten.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Lukas Witte, rbb sport.