Herthas Niederlage in Hoffenheim in der Analyse - Mutmacher verzweifelt gesucht

So 19.03.23 | 09:18 Uhr | Von Ilja Behnisch
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Spieler von Hertha BSC (Quelle: imago/Thomas Voelker)
Video: rbb24 Abendschau | 18.03.2023 | Nachrichten | Bild: imago/Thomas Voelker

Hertha BSC ist nach der Niederlage gegen die TSG Hoffenheim auf den Relegationsplatz der Fußball-Bundesliga abgerutscht. Doch noch schlimmer wiegt die dazugehörige Leistung, die wenig Hoffnung lässt. Von Ilja Behnisch

Entschuldigung, es muss sein: Wir müssen über Pal Dardai reden. Der Ungar hatte während seiner Amtszeiten zwar nicht unbedingt ein Händchen für Offensivspektakel, dafür aber eine wunderbar bildhafte Sprache. Mal verglich er seine Spieler mit Tieren ("Dodi ist unser Känguru!"), dann wieder wurde es botanisch.

Auf eine fußballerisch eher maue Phase entgegnete Dardai einst sinngemäß, das habe schon seine Richtigkeit, denn die Hertha habe zuletzt viele Samen gesät und nun müsse man eben geduldig warten und schauen, wann und wie ertragreich genau die Ernte einsetze. Das klang überzeugend und tröstete den ein oder anderen Hertha-Anhänger über die ein oder andere, fußballerische Magerkost seiner Mannschaft hinweg.

Verdiente Niederlage in Hoffenheim

Die aktuelle Mannschaft nun hat das mit der Magerkost ebenfalls ganz gut drauf. Den jüngsten Beweis dafür lieferte sie beim erschreckend schwachen 1:3 (0:2) in Hoffenheim. Doch während man den Spielern von Sandro Schwarz so dabei zusah, wie sie mehr halbherzig als wild entschlossen den Sinsheimer Rasen umgruben, wuchs von Minute zu Minute die Überzeugung: zu ernten geben wird es in naher Zukunft eher wenig.

Nun dürften die Hertha-Fans immerhin erfreut zur Kenntnis genommen haben, dass sowohl Trainer Sandro Schwarz ("Völlig verdiente Niederlage, keine gute Leistung") als auch die Spieler (Kevin-Prince Boateng: "Es war einfach zu wenig") nach dem Spiel keine Beschönigungen versuchten. Dabei stellt sich spätestens nach dem 25. Spieltag dieser Fußball-Bundesligasaison die eher grundsätzliche Frage, wie diese Hertha zu den nötigen Punkten für den Klassenerhalt kommen möchte.

Wenig Hoffnung auf Berliner Torchance

Fußball kann die Antwort kaum sein. Wie schon im Heimspiel gegen Mainz (1:1) war davon nämlich wenig bis gar nichts zu sehen bei den Berlinern. Einer unterirdischen Quote angekommener Pässe von knapp 55 Prozent gegen die Rheinhessen stellte Hertha bei der TSG Hoffenheim in der ersten Halbzeit ebenfalls unterirdische 64 Prozent entgegen. Auf die gesamte Spieldauer steigerte sich dieser Wert zwar noch auf 70 Prozent. Aber auch das ist ein furchtbar schlechter Wert und vor allem mit dem Platzverweis der Hoffenheimer (Munas Dabur, 71.) zu erklären.

Was immer Hertha sich offensiv vorgenommen haben mag, die Mannschaft kam so nicht einmal im Ansatz dazu, etwas davon zeigen zu können. Mit Blick auf die taktische Aufstellung und das Personal darf von intensivem Flügelspiel (Mittelstädt, Richter), zweiten Bällen (durch Niederlechner und Ngkankam) und nachrückenden Achtern (Serdar, Tousart) geträumt worden sein. Auf dem Platz ergab sich die zarte Hoffnung auf eine Torchance jedoch höchstens einmal durch einen glücklich zum Mitspieler gegrätschten Ball.

Viel Raum für Hoffenheims Kramaric

Nun muss man bekanntlich kein Tor erzielen, um zu punkten. Gerade im Abstiegskampf und gerade bei einer notorisch schwachen Auswärtsmannschaft wie der Hertha (Platz 18 auf fremden Plätzen) könnte ein 0:0 eine ganz eigene Erotik entfachen. Dass es dazu nicht kam, lag zum einen am frühen Handelfmeter, verursacht von Tolga Cigerci, den Hoffenheims Andrej Kramaric souverän verwandelte (22.). Zum anderen am unzureichenden Abwehrverhalten der Berliner.

Immer wieder durften die Gastgeber unbedrängt Chipbälle zwischen die Berliner Außen- und Innenverteidigung spielen. Dass sich insbesondere Hoffenheims Kevin Vogt vorzüglich auf dieses Stilmittel versteht, sollte dabei bekannt gewesen sein. Doch nicht nur ließ die Hertha den Pass zu, sondern gleich auch noch gnädig viel Raum, den vor allem der technisch versierte Kramaric, aber auch der flinke Ilhas Bebou bestens für sich zu nutzen wussten.

Fairerweise muss angemerkt werden, dass Hertha-Coach Sandro Schwarz mit Personalmangel zu kämpfen hatte, weshalb sich Marvin Plattenhardt statt auf der linken Außenbahn in der Dreier-Innenverteidigung wiederfand. Andererseits hätte Schwarz auch auf zwei Innenverteidiger (Rogel, Uremovic) und eine Viererkette setzen können, ohne zwangsläufig mit Sanktionen des Fußballgotts rechnen zu müssen.

Lamentos wirkten pflichtschuldig und leblos

Zu den fußballerischen und taktischen Unzulänglichkeiten der Hertha gesellte sich in Hoffenheim zudem ein irritierendes Phlegma. Selbst die Lamentos der Spieler über Fehlentscheidungen oder verpasste Möglichkeiten wirkten pflichtschuldig und leblos. Und so passte am Ende eigentlich nur eines an diesem Samstagnachmittag: die Trikots der Hertha. Die rote Ausweichklamotte soll, in Tateinheit mit weißem Flock, schließlich nicht nur die Farben der Stadt Berlin repräsentieren, sondern im aktuellen Design an den 22. Mai 1997 erinnern. Damals sicherte sich Hertha mit einem 2:1-Erfolg bei der SpVgg Unterhaching und in roten Trikots den Aufstieg aus der zweiten Liga. Zumindest dem ist die Mannschaft in Hoffenheim deutlich näher gekommen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.03.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

14 Kommentare

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  1. 14.

    K.P. Boateng ist Niederlechner ja beigesprungen und hat eben das was Sie schreiben erklärt. Nun ist es aber so, dass Fußballer an keinem normalen Arbeitsplatz 'werkeln', sondern dabei über die Medien von Millionen Menschen beobachtet werden. Und da macht es sich eben nicht so gut, wenn ein Spieler einer Mannschaft im Abstiegskampf auf der Bank am Handy rumdaddelt, während seine Kollegen auf dem Platz ums "Überleben" kämpfen. Die Ergebnisse der anderen Paarungen hätte auch jemand aus dem Staff an die Spieler weitergeben können.

  2. 13.

    Wäre, hätte könnte - Wissen Sie was, nee also ebenfalls Zurückhaltung. Strikte.

    Es geht dabei um die Haltung der Bankplatzwärmer gegenüber der eigenen "Kollegen" auf dem Platz.

  3. 12.

    @ Herr Reimann, zu miserablen Leistung von Hertha möchte ich nix sagen. Bin kein Hertha-Anhänger. Aber zu Handy: es gibt doch kaum einen Arbeitsplatz, an dem nicht zwischendurch das Handy auch für private Zwecke genutzt wird. Zum vorliegenden Fall könnte es auch sein das andere Spielergebnisse bzw. Tabelle nicht uninteressant waren. Wäre dann nicht unbedingt privat. Also Zurückhaltung bitte.

  4. 11.

    Klar bekommen die Spieler für diese Leistung viel zu viel Geld. Das kann man der Verkäuferin bei Lidl an der Kasse auch nicht erklären.
    Ich frag mich nur, wann die Spieler erkennen, dass es auch um ihren Marktwert und ihr evtl. zukünftiges Gehalt geht?
    Mit solchen Leistungen und solcher Einstellung wird der einzelne Spieler bestimmt nicht begehrenswerte.

  5. 10.

    Mit dem Bus zum nächsten Auswärtsspiel wäre noch Luxus. Mit dem eigenen PKW wäre angemessener.
    Egal wer als Spieler, als Trainer oder Funktionär das Sagen hat, größtenteils ist es immer wieder der unmotivierte Mist, der auf dem Rasen gezeigt wird .
    So wird das auch nächste Saison nix in Fürth, St. Pauli oder Karlsruhe.

  6. 9.

    Das Schlimme ist ja, dass es nicht um ihren Job geht. Die kriegen ihre Kohle weiter und wenn Hertha absteigt, werden sie woanders kicken. So ist das aber überall im Profifußball.

  7. 8.

    Was geschieht?
    Spieler, die auf der Ersatzbank lungern, Datteln eher auf ihrem Handy, als am Spiel ihrer Mannschaft teilzunehmen.
    Das nennt man dann Interesse an der Mannschaft, dem Spiel und dem Verein.

  8. 7.

    Das Beste an Hertha BSC sind aktuell die Fans. Wahnsinn, wie gestern in der Kurve selbst nach dem 0-3 noch mit den Karlsruher Freunden gesungen wurde. Unzählige Herthaner nahmen über 1.200 Kilometer auf sich, um diesen uninspirierten Fußball anzusehen. Zur Strafe sollte die Mannschaft mit dem Bus nach Freiburg fahren.
    Bei uns sitzt der einzige und erfolgreichste Stürmer seit Wochen auf der Bank. Stattdessen werden Stürmer aufgestellt, die gut und viel anlaufen. Die erste Aufgabe der hochbezahlten Stürmer sollten m.E. Tore sein.
    Es ist Wahnsinn, wie viele Elfer wir in dieser Saison verursacht haben und wie viele auf die Kappe des NICHT-erstligatauglichen Uremovic gehen.

  9. 6.

    Schon erschreckend was dort von der alten Dame geleistet und präsentiert wird. Auf dem Platz, auf der Bank und im Umfeld.
    Wir werden ja schon seit Jahren nicht mehr verwöhnt, aber eine Änderung trotz eines gesamten Personalaustauschs auf vielen Ebenen, ist nicht zu erkennen.
    Was ist da los?
    Ich habe keine Erklärung. Lust auf Fussball in Blau Weiß habe ich nicht mehr.
    Hinzu kommt die immer größer werdende Abhängigkeit von Investoren, immer weniger Identität mit Verein und Spielern.

  10. 5.

    Was muß eigentlich geschehen, damit die Spieler begreifen, dass es um ihre berufliche Zukunft geht??
    Kopf in den Sand stecken und auf Wunder hoffen sicher nicht.
    Kriegt endlich den Kopf frei und den Arsch hoch!!
    Sonst helfen auch weitere Sponsorengelder nicht.
    Ich dachte der "Big City"-Wahnsinn ist endlich vorbei.
    Sollte Die Mannschaft jetzt absteigen, wird es Jahre bis zum Wiederaufstieg dauern.

  11. 4.

    Ich habe viele Fragen. Einige davon:
    - Was trainiert die Hertha?
    - Was ist die Strategie/Taktik der Hertha?
    - Wie ist Uremovic Profi-Fußballer geworden?
    Sieht mir alles zu sehr nach einem wilden Hühnerhaufen aus. Das Mindset: "wird schon irgendwie"

  12. 3.

    Wie kann ein Spieler auf der Ersatzbank ein Handy in die Hand nehmen. Das ist unglaublich. Ein Spielerhandy hat auf der Bank nichts zu suchen. Da kann mal sehen, dass die Spieler machen was sie wollen. Der Trainer hat kein Respekt mehr bei der Mannschaft. Hertha taumelt in die 2. Liga. Leider. Ich erwarte, dass der Spieler F.N. eine anständige Geldstrafe bezahlen muss und beim nächsten Spiel aus den Kader fliegt. Der schießt eh kein Tor.

  13. 2.

    Der BCC777 ist auf dem besten Weg, den Spielverlierenrekord vom letzten Jahr (17 Spiele) zu brechen.
    Liebe Hertha-Fans, dass doch wenigstens etwas, oder?
    Ich sehe Schwarz ...... gehen.

  14. 1.

    Hertha kann nur hoffen, dass die anderen drei Mitstreiter um die Abstiegsplätze ebenfalls patzen, ansonsten ist mit dieser Mannschaft der Abstieg unausweichlich.

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