Heimvorteil Sömmeringhalle - Alba Berlin und die Dominanz im stimmungsvollen Wohnzimmer

Mo 04.03.24 | 19:28 Uhr | Von Jakob Lobach
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Alba Berlins Theresa Simon bei einem Korbleger im Spiel gegen Freiburg (Bild: IMAGO/camera4+)
Bild: IMAGO/camera4+

Grauer Beton, viel alter Charme und viele Siege – die Sömmeringhalle prägt Alba Berlins Geschichte. Das neueste Kapitel schreibt aktuell die Frauen-Mannschaft. Nach zehn Siegen aus zehn Heimspielen will sie den Heimvorteil für eine mögliche Finalserie. Von Jakob Lobach

Es ist ein schmaler Gang, der für die Basketballerinnen von Alba Berlin beim Ankommen den Anfang macht. Statt über die breite steinerne Rampe und den Haupteingang der Sömmeringhalle betreten Albas Frauen ihr sportliches Zuhause durch eine kleine, sehr unscheinbare Tür. Ein paar Stufen nach unten, dann der Gang, der ebenso steinern und grau ist wie auch der Rest der Fassade und der Katakomben der Sporthalle Charlottenburg.

"Der ist nicht breiter als einen Meter", sagt Leoni Kreyenfeld, Flügelspielerin von Alba Berlin. Es ist ein dunkler und kalter Weg in die Kabine, der den größtmöglichen Kontrast zu dem Spektakel bildet, das Albas Spielerinnen bei ihren Heimspielen erwartet, wenn sie umgezogen wieder aus ihrer Kabine herauskommen.

Durchschnittlich rund 1.300 Fans erzeugen in dieser Saison bei Albas Heimspielen in der Sömmeringhalle regelmäßig Zustände, die im Berliner Frauensport (noch) einzigartig sind. Ein junges und überdurchschnittlich weibliches Publikum, ein stimmungmachendes Duo aus Hallensprecher und DJ, eine Handvoll Trommler – zusammen machen sie die Sömmeringhalle für Albas Frauenmannschaft zu einer Festung.

Zehn Siege aus zehn Heimspielen lautet die beeindruckende Berliner Bilanz vor dem letzten Hauptrundenspiel. In diesem empfängt Alba als Tabellenzweiter am kommenden Samstag (19 Uhr) den Tabellenführer aus Keltern. Neben der Tabellenspitze geht es dann auch um den Heimvorteil in einem möglichen letzten Spiel einer möglichen Playoff-Finalserie. Ein Heimvorteil, der in Albas Fall größer kaum sein könnte.

90er-Jahre Flair und ein Energy-Boost

Vor anderthalb Jahren fanden Albas Frauen dort ihr neues Zuhause, wo einst ihre männlichen Kollegen die ersten Kapitel der Vereinsgeschichte geschrieben haben. Eine Geschichte, die auch heute noch durch die Luft in der Sömmeringhalle wabert. Nicht zuletzt, weil – neben der massiv-grauen Fassade – auch im Halleninneren noch vieles an die 90er-Jahre erinnert. Die Tribünen aus Beton, der schmucklose Umlauf, die renovierte, aber im Stil gleichgebliebene Hallendecke. "Man merkt an vielen Kleinigkeiten, dass die Sömmeringhalle halt schon älter ist", sagt Leoni Kreyenfeld. Schlecht sei das nicht, im Gegenteil: "Jedes Mal, wenn wir dort spielen, fühlt es sich an, als ob wir in der Zeit zurückreisen und den gleichen Weg gehen wie die Männer vor 30 Jahren."

So erinnert aktuell auch sportlich vieles von dem, was in der Sömmeringhalle passiert, an die 90er Jahre. Bereits in ihrer zweiten Bundesliga-Saison sind Albas Frauen eindeutig Titelkandidatinnen. 14 Spiele gewannen sie zuletzt in Serie, die einzigen drei Saisonniederlagen setzte es in der Hinrunde und noch dazu in fremder Halle. "Wir sind zu Hause auf jeden Fall nochmal ein besseres Team als auswärts", sagt Kreyenfeld. Die Frage nach dem Warum beantwortet Teamkollegin und Aufbauspielerin Deeshyra Thomas: "Die Lautstärke und die Atmosphäre geben uns vor jedem Spiel einen Energy-Boost. Keine andere Halle in Deutschland kommt da heran."

Albas Mannschaft während einer Auszeit mit den Fans im Rücken (Bild: IMAGO/camera4+)Albas Mannschaft während einer Auszeit mit den Fans im Rücken | Bild: IMAGO/camera4+

Allseitige Unterstützung statt Totenstille

Aber was genau unterscheidet Albas Heimspiele von denen der anderen Bundesligisten? Zunächst einmal die Halle an sich: Während das Gros der Damen-Bundesligisten in Schulturnhallen spielt, ist die Sömmeringhalle eine auf Events ausgelegte Halle. Parkettboden statt Linoleum, weniger verwirrende Linien, solide Körbe und genug Platz für eine Kamera für die Übertragungen der Spiele – es sind Rahmenbedingungen, die die Liga künftig zum Standard für all ihre Standorte machen möchte. Hinzukommen Sitzplätze an drei Seiten des Feldes statt nur an einer.

"Du bist überall umgeben von Fans, fühlst die Unterstützung im wahrsten Sinne des Wortes von allen Seiten und stehst im Zentrum der Aufmerksamkeit", sagt Deeshyra Thomas. Hinzukommt, dass viele der übrigen Bundesligisten eher einige Hundert Fans in die Halle locken, während es bei Alba stets über tausend sind, in den Playoffs der vergangenen Saison waren es sogar deutlich über 2.000. "Auswärts herrscht teilweise echt Totenstille in der Halle", sagt Leoni Kreyenfeld, "unsere Fans sind das ganze Spiel über laut und tragen uns so."

Hinzukommt das Drumherum: Spielerinnenvorstellungen in von Scheinwerferlicht durchzogener Dunkelheit, besagte Trommler schräg hinter dem Korb, Lärm bei Freiwürfen und gegnerischem Ballbesitz. Was für Albas Frauen mittlerweile liebgewonnene Heimspiel-Normalität ist, ist für Albas Gegnerinnen eine nur ein- bis zweimal pro Saison erlebte Ausnahmesituation. "Es ist nicht einfach, zu spielen, wenn 2.000 Menschen gegen dich sind", sagt Deeshyra Thomas. Die US-Amerikanerin selbst ist bei Alba längst Publikumsliebling, wird in der Dunkelheit der Teamvorstellungen besonders lautstark begrüßt.

Albas Fans bringen die Sömmeringhalle während einer Auszeit zum leuchten (Bild: IMAGO/camera4+)Albas Fans bringen die Sömmeringhalle während einer Auszeit zum leuchten | Bild: IMAGO/camera4+

"Geflashed von dem, was in der Halle passiert"

Aber auch Albas übrige Spielerinnen wie Leoni Kreyenfeld werden in der Sömmeringhalle regelmäßig standesgemäß abgefeiert, verteilen nach den Spielen auf einer Ehrenrunde High Fives und werden um Fotos und Autogramme gebeten. Einerseits schwinge dabei ein bisschen Wehmut mit, sagt Kreyenfeld, "weil sowas im Frauensport immer noch die Ausnahme, gleichzeitig aber längst überfällig ist." Andererseits sei sie jedes Mal "geflashed von dem, was in der Halle passiert."

So wie im Viertelfinale der vergangenen Saison, als Laina Snyder Alba mit einem Wurf in letzter Sekunde gegen Herne in die Verlängerung rettete. "Ich habe ungelogen noch nie so eine Lautstärke erlebt", sagt Kreyenfeld und erzählt: "Zweieinhalbtausend Leute haben geschrien und die Sömmeringhalle ist ja auch nicht so gut isoliert… Ich dachte, meine Ohren fliegen raus." Alba gewann schließlich beflügelt gegen Herne und zog ins Halbfinale sein.

Diese Saison könnte es nun noch einen, vielleicht sogar zwei Schritte weitergehen. Angesichts Albas sehr starker Rückrunde scheint es sogar wahrscheinlich, dass die Partie gegen Keltern am Samstag nur das Vorspiel für eine Finalserie um den Titel wird. Und wenngleich Leoni Kreyenfeld so weit natürlich noch nicht vorausschaut, sagt auch sie: "Es geht am Samstag um den Heimvorteil im Finale, und der kann im Kampf um die Meisterschaft sehr entscheidend sein – besonders bei unseren Fans in der Sömmeringhalle."

Sendung: rbb24 Inforadio, 04.03.2024, 16:15 Uhr

Beitrag von Jakob Lobach

2 Kommentare

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  1. 2.

    Die Sporthalle Charlottenburg ist ein Midcentury-Juwel. Eine echte Sporthallen-Ikone der Modernen Architektur der 1960er Jahre. Dieser Designschatz wurde 1964 eröffnet sowie ab 1996 saniert und begeistert noch heute mit modernen Formen und schlichtenrEleganz. Dabei sind besonders faszinierend die offenen tragenden Betonbögen im Rundgang oberhalb der Tribünen sowie das Dach aus Romben, die eine Beleuchtung aus natürlichem Tageslicht und Kunstlicht ermöglichen.

  2. 1.

    Eine coole Halle.
    Die Älteren erinnern sich bestimmt noch an den Drumbo Cup, der da früher stattfand (Hallenturnier im Fußball für Kinder).
    Das waren noch Zeiten..... :-)

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