EM-Viertelfinale - So feiern die türkischen und niederländischen Fans in Berlin

Sa 06.07.24 | 23:29 Uhr | Von Yasser Speck
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EM in Berlin: Fanmarsch am 06.07.2024. (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Die Niederlande stehen im EM-Halbfinale. Für die Oranje-Fans heißt es nun: Feiern! Dass sie das gut können, bewiesen sie schon vor dem Spiel. So wie auch die Tausenden Türkei-Fans in Berlin. Es war ein Tag in Orange und Rot-Weiß. Von Yasser Speck

In den Straßen Berlins dominierten am Samstagnachmittag drei Farben. Nein, nicht Schwarz-Rot-Gold. Rot-Weiß und Orange waren die Farben des Tages. Im Berliner Olympiastadion stieg das EM-Viertelfinale zwischen der Türkei und den Niederlanden.

Anpfiff war 21 Uhr. Klar also, dass sich die Fans der beiden Teams schon am Nachmittag trafen und kräftig vorfeierten.

Mit Optimismus und Magenproblemen

An Optimismus mangelt es den türkischen Fans definitiv nicht. Auch wenn die Niederlande als Favorit in dieses Viertelfinale gingen, träumten die Fans der rot-weißen am Samstagnachmittag noch vom EM-Titel. Einer von ihnen war Sinan. Auf dem Fanmarsch vor dem Spiel war sich der junge Mann schon siegessicher.

"Wenn wir es heute gegen die Niederlande schaffen, dann schaffen wir es auch im Finale." Dass nach einem Viertelfinale zwar erstmal noch das Halbfinale kommt, schien Sinan egal zu sein. Aber diese Rechnung ist einige Stunden später eh hinfällig: Die Türkei verliert gegen die Niederlande und ist raus. Nix mit Finale. Nicht alle sind so mutig wie Sinan und sprechen schon vom EM-Titel. Andere waren dann doch etwas aufgeregter als er.

Kadir hat Glück gehabt und ein Ticket für das Spiel im Olympiastadion ergattert. Dass seine Mannschaft zum ersten Mal seit 2008 in einem EM-Viertelfinale steht, schlägt dem Berliner aber offenbar auf den Magen. "Ich habe keine Sekunde geschlafen und nix gegessen. Ich hoffe, es geht schnell vorbei, sodass ich wieder was essen kann", sagt Kadir.

Neben Kadir steht auch Betir am Eingang des Stadions. Er trägt ein weißes Türkei-Trikot. Um die Schultern hat er sich außerdem noch eine Türkeifahne gebunden. Er strahlt vom linken bis zum rechten Ohr, als er sagt: "Es ist etwas ganz Schönes. Es ist so, als ob einer von der Familie heiraten würde. So ein feeling ist das." Den türkischen Fans bedeutet dieses Viertelfinale unheimlich viel.

Bildergalerie: Die türkischen Fans vor dem Spiel

Kostümparade vor der Berliner Messe

Während der türkische Fan-Marsch durch Berlin zieht, feiern die in Orange gekleideten niederländischen Fans an der Messe Berlin. In der extra eingerichteten Fanzone zünden sie orangefarbene Bengalos, hüpfen von links nach rechts und erscheinen in ausgefallenen Kostümen.

Siegessicher sind sich die niederländischen Fans vor dem Spiel auch. Da nehmen sie sich nicht viel von den Fans der Türkei. "Das wird ein einfaches Spiel. 3:1", ist sich Max vor dem Spiel sicher. Einfach war der Abend sicherlich nicht für die Spieler in Orange. Sie laufen lange einem 1:0-Rückstand nach. Mit seinem Tipp liegt Max daneben. Aber nur knapp. Sein Freund Chris, der auch ein Oranje-Shirt trägt, hat den noch besseren Riecher. Er tippt 2:1 - und trifft damit exakt den späteren Endstand. In einer anderen Sache sind sich die beiden aber einig: "Wir genießen die Stadt. Es ist tolles Wetter und es gibt gutes Bier. Wir haben also Spaß."

Das Bier auf dem Fanfest scheint bei den niederländischen Fans Eindruck zu hinterlassen. Auch Tom ist schwer beeindruckt davon. "Es ist ein großes Fest hier. Alles ist Orange und es gibt viel Bier." Davon scheint er schon einiges gekostet zu haben. Tom trägt ein Retro-Trikot der Niederlande und eine Sport-Sonnenbrille. "Das ist grandios hier mit den Deutschen und den Holländern zusammen zu sein", fasst er zusammen.

Bildergallerie: Die niederländischen Fans vor dem Spiel

Eine Geste löst Diskussionen aus

Die Feierlichkeiten der niederländischen Fans laufen reibungslos ab. Beim Fanmarsch hüpfen und laufen die in Orange gekleideten Fans problemlos zum Olympiastadion. Anders war das beim türkischen Fanmarsch. Der musste von der Polizei abgebrochen und aufgelöst werden. Der Grund: Immer wieder zeigten türkische Fans den sogenannten "Wolfsgruß".

Der Gruß steht unter anderem für die ultranationalistische und rechtsradikale türkische Bewegung "Graue Wölfe". Der Wolfsgruß sei per se nicht verboten, aber dennoch eine politische Meinungskundgabe und die habe auf einem solchen Fanmarsch nichts zu suchen, sagte Polizeisprecherin Beate Ostertag dem rbb.

Die Diskussion rund um den Wolfsgruß nahm Mitte dieser Woche Fahrt auf, nachdem der türkische Spieler Merih Demiral den Gruß beim Achtelfinalspiel der Türkei zeigte. Demiral ist mittlerweile für zwei Spiele gesperrt worden. Beim Fanmarsch hatten viele der Türkei-Anhänger wenig Verständnis dafür. Immer wieder betonten sie, diese Geste sei nicht politisch gemeint.

So oder so: Der Fanmarsch wurde abgeblasen. Ein kleiner Dämpfer an diesem sonst so bunten und fröhlichen EM-Spieltag in Berlin.

Sendung: rbb24 Abendschau, 06.07.2024, 19:30 Uhr.

Beitrag von Yasser Speck

18 Kommentare

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  1. 18.

    Ja, stimmt alle Einwohner sollen sich wie immer zurück halten, alles dulden und brav alles zahlen.

    Ich vergass, dass ich mich zurück halten muss. Wir haben den von Geburt den falschen Pass und lebenslange Schuld.
    In welchem Jahr sind wir? Ich habe den zweiten Weltkrieg nicht erlebt. Ich lasse mir daher keine lebenslange Schuld einreden.
    Das Problem sind die geringen strafen o. halt fehlende strafen bzw. Konsequenzen. Warum darf jeder nach Berlin kommen und sich hier egal wie daneben benehmen?

  2. 17.

    Wenn man diese Fotos miteinander vergleicht, fällt auf, daß die Niederländer kreativer, entspannter, quasi viel fröhlicher feiern, als die Türken. Aber auch schöner und phantasievoller in den Gesängen als die deutschen!

  3. 15.

    Der nicht verbotene Wolfgruß, das Hochhalten eines Dikators sind Zeichen für eine erfolgreiche migrationspoltik. Mich nervt diese doppelte Staatsbürgerschaft. Es kann doch nicht sein, dass von hier aus Diktatoren unterstützt und gewählt werden. Lösung: 2. Staatsbürgerschaft = nur halbe Grundsicherung. Fertig.

    Was ich bedenklich finde, dass die Polizei so einfach einen marsch beenden kann. Wurde gegen ein Gesetz verstoßen? Nein. Also finde ich die Entscheidung der Polizei rechtlich bedenklich.

  4. 14.

    Für das, was du meinst, gibt's die WM. Bei der WM kann auch Vatikanstadt und Andorra, Japan und Indonesien mitkicken. Fußball verbindet alle 4 Jahre alle Nationen. Dafür gibt's EM und WM :-) (und afrikanische Meisterschaften, in der USA was eigenes, sicher auch in Asien)

  5. 13.

    Naja, die Spieler sind halt nicht alle aus "westlich dem Ural", bei Israel suche ich beim ESC auch jährlich den Ural :-)

    Die UEFA lässt "Länder" mitspielen, aber RussLAND ist nun mal nicht Europa. Israel nicht. Kasachstan nicht. Etc etc

  6. 12.

    Die von Dir aufgezählten Länder sind allesamt dafür bekannt, richtig Kohle auszukübeln …
    Fußball soll auch verbinden und das tut er. Nur nicht bei Dir. Kleingeistigkeiten helfen niemandem. Das ist kein Westding und alle Länder, die in deinen Augen Entwicklungsstand haben, suchen ihr Glück gefälligst in ihren Grenzen. Das Dich keiner fragt, liegt an deiner „Meinung“.
    Fußball ist nicht die Weiterführung von Kriegen mit anderen Mitteln. Das ist DER Punkt.

  7. 11.

    Welche der von Dir genannten Länder befinden sich westlich des Ural? Das ist unbestritten geografisches Europa. Wenn Dir das nicht gefällt, bleibt es dennoch so.

  8. 10.

    Ab kommenden Mittwoch geht es mit den besten Teams in Europa erst richtig los.

  9. 9.

    Die Anhänger der türkischen Mannschaft haben sich als Verlierer nach bisheriger Nachrichtenlage aber korrekt verhalten, das wiederum ist ordentlich, Daumen hoch.

  10. 8.

    Also bei der EM und beim ESC dürfen seltsamerweise immer außereuropäische Länder "mitspielen", warum? Weil ein Contest, sei es auf dem Rasen oder in der Halle, mit ausschließlich europäischen Mitspielern wenig KOHLE bringen würde...

    Die UEFA beherbergt auch Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Israel, Kasachstan, Moldau, Russland, Türkei und Ukraine. Völlig unterschiedslos. Hauptsache, am Schluss klingelt die Kasse.

  11. 7.

    So kleinlich wird das nicht gehandhabt, ein Blick auf die Landkarte Richtung Zypern genügt für die gleiche Frage mit der EU. Komisch ist schon, dass es bei Fußballspielern und Fans mit Kleidung, Fahnen, Gesten und Worten um Sieg, Nationalstolz und Patriotismus geht, eine Art Ausnahmezustand dessen, was sonst schon verpönt zu sein scheint und nach rechts abdriftet. Wenn der ersehnte Sieg dann doch eine Niederlage wird, kann man heilfroh sein, wenn Gewalt gegen Personen und Sachen auf den Straßen ausbleibt. Vielleicht muss es auch reichen, nur froh zu sein.

  12. 5.

    Ganz einfach 3% sind in Europa selbst beantwortet!
    Die Türken haben wundervollen Fußball gezeigt, daß muss man anerkennen.
    Bitte sportlich bleiben.
    Am Ende hatte die Niederlande das Glück auf Ihrer Seite ,das gehört schon immer im Fußball dazu.

  13. 4.

    Möchte kritisieren, wie Polizeiführung fortlaufend formuliert, man habe den Fanmarsch für die Mannschaft der Türkei wegen "politischer Botschaften" gestoppt.
    Diese Formulierung wird zudem unkritisch von der Presse reproduziert.

    Mit dieser Begründung hätte man aber auch den Marsch der Fans der Mannschaft z.B. der Niederlande stoppen müssen. Sie zeigten politische Botschaften: Waren gut gelaunt, verbreiteten Spass in verrückte Kostümen, repräsentierten die politische Botschaft eines fröhlichen, leidenschaftlichen Wettbewerbs auf dem Fussballplatz.

    Der Fanmarsch für die Mannschaft der Türkei war zu stoppen, weil fortlaufend das Zeichen einer ultranationalistischen, faschistischen Organisation gezeigt wurde. Aus deren Milieu und Organisation seit vielen Jahrzehnten Verbrechen begangen werden. Dies um so offensiver, je öfter drauf hingewiesen wurde wie...inakzeptabel...das ist.
    "Grauen Wölfe" bestreiten den Völkermord am armenischen Bevölkerungsteil, führen Krieg gegen Kurden...

  14. 3.

    Was ist daran "türkisches Fussballmärchen"?
    Die Fans waren aggressiv und unsportlich.
    Die Spieler und die Fans zeigen den Wolfsgruß, durch die Politspielchen ging die Qualität der Spieler völlig unter.
    Erdogan und sein Jünger Mesut Özil werden von eingebürgerten Deutschtürken bejubelt. Diese Leute müssten sich entscheiden müssen-Bürger der Türkei oder Deutschlands zu sein.
    Den Niederländern ist zu verdanken, dass die letzten Spiele vielleicht noch richtig schön werden.
    Danke

    Und wie entlarvend, falls es dessen überhaupt bedurft hätte. Der passedeutsche Türke Özil ("deutscer Nationalspieler") der inter eem Pascha sekundierte.

  15. 2.

    Der "Wolfsgruß" wird in Deutschland als "Flüsterfuchs" vor allem in Kitas und Schulen zur Beruhigung der Kinder benutzt.
    Schon gibt es die ersten (auch behördlichen) Stimmen den "Flüsterfuchs" zu verbieten.

  16. 1.

    Glückwunsch und DANKE an die Niederländer!

    Warum darf die Türkei überhaupt mitspielen?
    Nut 3% der Türkei liegt in Europa

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