EM-Viertelfinale - Präsident Erdogan lobt türkische Mannschaft in Kabine - Fans zeigen "Wolfsgruß"
Die Unterstützung von Präsident Erdogan auf der Tribüne hilft der Türkei im EM-Viertelfinale nicht. Trotzdem lobt der Staatschef die Mannschaft. Während der Nationalhymne vor dem Spiel zeigten viele Fans den sogenannten "Wolfsgruß".
Inmitten des "Wolfsgruß"-Eklats ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan für einen Kurzbesuch zum EM-Viertelfinalspiel der Türkei gegen die Niederlande nach Berlin gereist. Erdogan war begleitet von seiner Ehefrau Emine erst kurz vor Anpfiff in der Hauptstadt gelandet. Für den Kurzbesuch hatte er seine geplante Reise nach Aserbaidschan abgesagt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus informierten Kreisen erfahren hatte.
Das Spiel ging aus türkischer Sicht 1:2 aus - die Niederlande stehen somit im Halbfinale.
Bei einem Kabinenbesuch hat Erdogan dem türkischen Team nach dem Aus im EM-Viertelfinale Trost gespendet. "Ich gratuliere euch allen. Auch wenn wir heute hier dieses Ergebnis erzielt haben, seid ihr unsere Champions", sagte Erdogan Medien zufolge zu den Nationalspielern. In der Kabine schüttelte Erdogan den Fußballern die Hände, auch dem gesperrten Merih Demiral.
"Wolfsgruß" im Olympiastadion
Im Stadion zeigten viele Anhänger der türkischen Nationalmannschaft während der Nationalhymne vor dem Spiel den "Wolfsgruß", ein Handzeichen der türkischen ultranationalistischen Organisation "Graue Wölfe". Sie kamen so einem Aufruf von Fußball-Ultras in der Türkei nach. Bereits während des Fanmarschs vom Breitscheidplatz in Richtung Stadion hatten zahlreiche der rot-weiß gekleideten Anhänger die "Wolfsgruß"-Geste gezeigt, die Berliner Polizei beendete daraufhin den Fanmarsch vorzeitig.
Nationalspieler Demiral hatte sein zweites Tor im EM-Achtelfinale gegen Österreich mit dem sogenannten Wolfsgruß gefeiert, dessen Ursprung einer rechtsextremistischen Bewegung zugeordnet wird. Von der Uefa war er daraufhin für zwei Spiele gesperrt worden. Daraufhin war eine neue Verbots-Debatte entbrannt.
Empörung in der Türkei über Sperre
Laut Teammanager Hamit Altintop hat der Erdogan-Besuch nichts mit der "Wolfsgruß"-Debatte zu tun. "Das war schon vorher abgesprochen, dass unser Staatschef zu diesem Spiel kommen wollte. Das hat mit dem Vorfall oder der Entscheidung der UEFA gar nichts zu tun", sagte der ehemalige Bundesligaprofi bei MagentaTV.
In türkischen Medien hatte es geheißen, die Debatte um den "Wolfsgruß"sei der Grund für den Besuch. Erdogan wolle der türkischen Mannschaft den Rücken stärken. "Hoffentlich ist die ganze Sache am Samstag erledigt", sagte Erdogan vor seinem Berlin-Besuch, "wenn wir das Spielfeld als Sieger verlassen und in die nächste Runde einziehen".
In der Türkei hatte die Entscheidung der Uefa, Demiral zu sperren, teilweise Empörung ausgelöst. Als "Skandal" bezeichnete der türkische Sender TRT die Entscheidung, der Präsident des Fußballverbands, Mehmet Büyükeksi, nannte sie "inakzeptabel, illegal und politisch".
"Wolfsgruß" Symbol der "Grauen Wölfe"
Der "Wolfsgruß" ist das Symbol der "Grauen Wölfe". Als "Graue Wölfe" werden die Anhänger der rechtsextremistischen "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der Gruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit und das Sympathisieren mit der Bewegung und ihrer Ideologie aus.
Die Ableger der "Grauen Wölfe" in Deutschland werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Der stuft die Gruppierung als eine "erhebliche Bedrohung für die freiheitlich demokratische Grundordnung" ein. Der Ideologie der "Ülkücü"-Bewegung wird im Verfassungsschutzbericht 2023 ein "übersteigerter Nationalismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" wie Rassismus und Antisemitismus attestiert. Mit mehr als 12.000 Anhängern ist sie eine der größten rechtsextremen Gruppen in Deutschland.
Sendung: rbb24 Inforadio, 06.07.2024, 13:00 Uhr