Verhandlungen im Öffentlichen Dienst - Was die Tarifsteigerungen für eine Stadt wie Luckau bedeuten würden

Mi 22.02.23 | 15:36 Uhr
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Im Servicebüro im Luckauer Rathaus telefoniert eine Mitarbeiterin
Audio: Studio Cottbus | Isabelle Schilka | 22. Februar 2023 | Bild: rbb/Friedrich

Seit Mittwoch wird in Potsdam über einen neuen Tarifvertrag für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes verhandelt. Die Gewerkschaft Verdi fordert dabei 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr. Betroffen sind etwa Erzieher, Lehrer, Förster, Busfahrer oder auch Verwaltungsmitarbeiter.

Mit Spannung wird in den Rathäusern auf die Ergebnisse der Vehandlungen gewartet. Sollten die Forderungen erfüllt werden, könnten teils drastische Kürzungen in den öffentlichen Etats folgen, wie der Luckauer Bürgermeister Gerald Lehmann (parteilos) am Beispiel seiner Stadt erklärt.

Statt 200.000 Euro gleich eine Million Mehrkosten

Es ist eine vergleichsweise einfache Rechung: bei Personalkosten von rund 10 Millionen Euro pro Jahr müsste die Luckauer Stadtverwaltung etwa eine Million Euro mehr pro Jahr einplanen, sollten die Forderungen erfüllt werden. Geplant worden sei mit zwei Prozent mehr, nicht mit zehn.

Wenn der neue Tarifvertrag so kommen sollte, säßen alle Bürgermeister mit Schweißperlen in ganz Deutschland am Schreibtisch. "Das bedeutet ganz klar Kürzungen", so Lehmann. "Wir haben zunächst unsere Pflichtaufgaben zu erfüllen, da dreht es sich um Schule, um Feuerwehr, um Kita", so Lehmann. Erst wenn diese Aufgaben erfüllt seien, könne man über Bibliotheken, über Kulturangebote oder auch über ein Freibad nachdenken, sagt der Bürgermeister.

Kitas und Müllabfuhr könnten teurer werden

Auch städtische Dienstleistungen könnten dann teurer werden. So könnten etwa die Kitagebühren oder die Kosten für die Abfallentsorgung steigen. Gleichzeitig ist noch unbekannt, wie viel die Kommunen demnächst einnehmen werden, sagt der Luckauer Kämmerer, Steffen Riedel. So würden sich beispielsweise noch die Grundsteuern verändern. Wegen der aktuellen Krisen sei zudem unklar, wie sich die Gewerbesteuern entwickeln würden.

Im schlimmsten Fall müssten Projekte nicht nur verschoben, sondern sogar ganz aufgegeben werden. Auch Förderanträge könnten nicht mehr gestellt werden, wenn der notwendige Eigenanteil nicht aufgebracht werden könne, so Riedel.

Bürgermeister Lehmann befürchtet auch eine Bremse für den "Konjunkturmotor" öffentlicher Dienst. Die Verwaltung sei auch Auftraggeber beispielsweise für Handwerksbetriebe in der Region. Je höher der Tarifabschluss ausfalle, desto weniger könne in Luckau investiert werden.

Darauf, dass eine Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst auch die Kaufkraft der Mitarbeiter steigern würde, ging Lehmann allerdings nicht ein.

Sendung: Antenne Brandenburg, 22.02.2023, 15:40 Uhr

50 Kommentare

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  1. 50.

    Die Möglichkeit, mehr zu arbeiten ist begrenzt, sollen die alle schneller stempeln oder schneller tippen? Die KITA-Kinder schneller über den Hof jagen? Die Wochenstundenzahl steht fest, Überstunden sind nur im begrenzten Umfang möglich. Wem das alles zu viel wird, geht woanders hin, wenn er die Möglichkeit hat.
    Der Krankenstand im ÖD steigt, von ca. 33 Tagen im Durchschnitt las ich neulich. Neben dem Klassiker Rücken immer mehr psychologische Krankheitsfälle (Stress, Überlastung, Mobbing).

  2. 49.

    Einfach die Inflationsrate mit der Forderung von 10,5% zu vergleichen ist so nicht ganz fair. Die Inflation beginnt ja nicht mit dem neuen Tarifvertrag, sondern ist schon deutlich länger (ca. 1,5 Jahre…) zu spüren. Demzufolge sind schon viele Monate mit Rekordpreisen verstrichen, in denen die Löhne aber konstant geblieben und eben nicht gestiegen sind. Daher sind die 1,8% Differenz vom geforderten Lohnplus zur derzeitigen (!!!) Inflationsrate eh schon längst aufgefressen. Auch die Mitarbeiter im Ö.D. mussten die deutlich höheren Kosten durch ihre Ersparnisse ausgleichen (sofern vorhanden). In der freien Wirtschaft gab es für die Unternehmen im vergangenen Jahr zumindest die Möglichkeit einer steuerfreien Zahlung an die Mitarbeiter, für die Mitarbeiter im Ö.D. hab eine solche Möglichkeit gar nicht erst…

  3. 48.

    Im gesamten öffentlichen Dienst sind mehrer 10.000 Stellen unbesetzt. Die Mitarbeiter sind schon jetzt mit 100%+ ausgelastet und zu spüren bekommt das der Bürger.
    In wichtigen Bereichen, z.B. Digitalisierung, Ingenieure uvm. gibt es kaum Bewerber, da man in der freien Wirtschaft schnell tausende Euro mehr bekommt. Beispeil aus meinem Bereich IT, Kollegin mit EG 13 bekommt in der f. Wirtschaft gut 30.000€ mehr p.a.
    Man bekommt das für das man bezahlt. Wenn kein Geld für Personal bereitgestellt wird bekommt man eben niemanden und das vorhandene klappt wegen überlastung zusammen. Ein Kollege hat bei uns lieber gekündigt, ohne eine neue Stelle zu haben. Für ihn gab es keine Vertretung, Arbeit blieb somit immer liegen.
    Schauen Sie sich die Forderungen in der f. Wirtschaft an, z.B. Bahn min. 650€, 12%.
    Der IG Metall Abschluss im letzten Jahr 8,5% und 3000€ auf 24Monate.
    Unrealistisch sind die Forderungen somit nicht. Aber später meckern, wenn man auf den neuen Ausweis warten muss.

  4. 47.

    Das ist nur bedingt richtig, denn Personalkosten sind nicht 100% der Kosten zur Erbringung einer Leistung. Im Normalfall liegen die Personalkosten bei 30-40% - sprich, steigen die um 10%, verteuert sich die Ware/Dienstleitung um 3-4% und jetzt überlegen wir gemeinsam nochmal wie oft, die von Ihnen angeführten 8,7% da rein passen.

  5. 46.

    Mich würde interessieren wie die von vielen hier beschriebene Mehrarbeit, z.B. bei uns Kita-Erziehern aussehen soll?
    Wenn ich Aufgaben während meiner Arbeitszeit nicht schaffe, dann bleiben diese liegen. So praktizieren das fast alle bei uns.

  6. 45.

    Genau… jeder einzelne. Wie naiv sind Sie denn? Schauen Sie sich doch die Entgelttabellen zum TVöD in den unteren Gehaltsstufen an…

  7. 44.

    Wenn Politiker ihr Gehalt um 10% erhöhen können, ist keiner bereit dagegen zu demonstrieren. Bund und Länder machen Überschüsse und geben sie nicht weiter. Die Mitarbeiter im ÖD haben es auch verdient 5% pro Jahr und mehr zu erhalten Wenn das nicht funktioniert, dann sollen die über 700 Politiker im Bundestag auf die Erhöhung verzichten, aber da wird die Hand aufgehalten.

  8. 43.

    Diese Aussage ist nicht nur vielleicht richtig.

    Übrigens kann jeder Mitarbeiter im ÖD schon jetzt seine Rechnungen zahlen.

    Leider ist die Forderung von Verdi unverhältnismäßig. Die aktuelle Inflation liegt bei 8,7%

    Letztlich haben weder Bund noch Länder mehr Geld für die Gehälter zur Verfügung. Was ist die Folge? Offene Stellen oder frei werdende Stellen werden nicht besetzt. Konsequenz ist, dass die Belastung der Mitarbeiter steigt.

    Durch hohe Abschlüsse steigt auch die Inflation

  9. 42.

    Amen Bruder, genau das gleiche habe ich mir auch gedacht. Hier handelt es sich um grobe Fahrlässigkeit und Hausaufgaben nicht gemacht....

  10. 41.

    Warum sollte es hier nicht um den Inflationsausgleich gehen? Bitte bedenke hier, dass wir von einen Bruttogehaltssteigerung von 500 € sprechen. Die Inflation bezahlen wir allerdings vom Nettogehalt und jeder weiß je höher der Verdienst, desto höher auch die steuerlichen Abgaben.......

  11. 40.

    "Das sieht eben keiner, dass mehr Lohn auf der einen Seite zu mehr kosten auf der anderen Seite führt."

    Das mag vielleicht richtig sein. Aber was sollen die Leute machen, die aufgrund der gestiegenen Preise ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können? Für niedrigere Preise streiken?

  12. 39.

    Ohne Haushaltsmittel können offene Stellen nicht besetzt werden. Dann müssen die Mitarbeiter Mehrarbeit leisten

  13. 38.

    Die Bildung von Extrahaushalten und Rücklagen hat nicht den Zweck, Mehrkosten beim Personal gegenfinanzieren.

    Nur weil einige Rücklagen gebildet werden, die zweckbestimmt sein müssen, bedeutet dies nicht, dass die Titel für Gehälter aufgestockt werden können. Die Bildung von Rücklagen ist im Hinblick auf die nächsten Jahre sehr angebracht

    Außerdem gibt's Gehaltsgruppen in denen die 500 Eur eine Erhöhung um 20% darstellt

    Die Inflation liegt bei 8,7 %

  14. 37.

    Natürlich können auch mit weniger Mitarbeitern die arbeiten erledigt werden. Dann müssen die Mitarbeiter nur mehr arbeiten

    Anders kann diese Mehrausgabe nicht gegenfinanziert werden.

  15. 36.

    Nicht ganz richtig. Zwar gab es hohe Steuereinnahmen, jedoch stehen diesen sehr hohe Ausgaben gegenüber.

    Die Inflation liegt bei 8,7 % und nicht bei 10,5%.

    Somit geht's nicht um den Inflationsausgleich.

  16. 35.

    Bravo, dies ist der beste Kommentar bis dato hier!

    Es ist schon fahrlässig mit dieser Begründung auch noch medial aufzutreten…

  17. 34.

    Als in der Corona-Krise das Kurzarbeitergeld aus Steuergeldern bezahlt wurde, hat auch keiner gefragt (finde ich auch richtig), aber wenn die Menschen für ordentliche Arbeit ordentlich bezahlt werden wollen, kann man das plötzlich nicht bezahlen, weil das ja keine privatwirtschaftlichen Gelder sondern Steuergelder sind. Ajah...

  18. 33.

    Die öffentliche Haushalte der Länder und Kommunen haben in den vergangenen Jahren trotz Corona mit Rekorden auf der Einnahmenseite abgeschlossen. Große Teile der Einnahmen wurden über die Ausgabenseite in Sondervermögen gebucht um den Finanzierungssaldo zu kürzen. Wer gute Leistungen von seinen Beschäftigten will muss sie auch vernünftig bezahlen und hier muss zumindest ein Inflationsausgleich her um mehr geht es nicht!

  19. 32.

    Nein, werden sie nicht. Weil sonst die Aufgaben nicht mehr erfüllt werden können, was ohne Personal nicht funktioniert.

  20. 31.

    Wenn mehr Geld für Personal ausgegeben wird, dann müssen weniger Mitarbeiter immer mehr arbeiten. Die offenen Stellen fallen als erstes der Streichung zum Opfer.

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