Beeskow (Oder-Spree) - Bauland zum Schleuderpreis: Staatsanwaltschaft hat nichts zu beanstanden

Mi 14.12.22 | 18:56 Uhr
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Wohngebiet in Beeskow von oben
Audio: Antenne Brandenburg | 14.12.2022 | Michael Lietz | Bild: rbb

Der "Beeskower Weg" in Sachen Niedrigpreis-Politik bei Bauland hat in der Kreisstadt viel Staub aufgewirbelt. Am Ende kann an der Subventionspraxis der Stadt noch nicht einmal die Staatswaltschaft etwas beanstanden.

Die Wohnungsmieten in Brandenburg bewegen sich auf Rekordniveau, und auch die Preise für Grundstücke und Immobilien sind erneut durch die Decke gegangen. In Beeskow, der Kreisstadt von Oder-Spree, soll es hingegen noch Schnäppchen beim Grundstückskauf geben - vorausgesetzt, Interessierte kommen an die begehrten Bauflächen. Diese werden von der Stadt selbst vermarktet und verkauft. Allerdings sorgt die Niedrigpreis-Politik des Rathauses auch für Unmut.

Bauland zum Schleuderpreis?

Am Bahrensdorfer See, direkt am Naturschutzgebiet, sind in den vergangenen Jahren große Häuser und Villen neu gebaut worden. Auch die Größe der Grundstücke mutet mit zum Teil über 1.000 Quadratmeter opulent an. Diese fallen wohl auch deshalb so üppig aus, weil das Bauland besonders billig war. Denn die Stadt verlangte pro Quadratmeter lediglich 37 Euro - der Preis des damaligen Bodenrichtwerts. Zum Vergleich: Unbebautes Bauland hat im vergangenen Jahr in Brandenburg durchschnittlich 113 Euro gekostet. In Berlin waren es 1.260 Euro je Quadratmeter.

Der Betrag für Bauland in Beeskow sei also ein Fantasie-Preis, klagt der Stadtverordnete Christian Wernicke von der BVB/Freie Wähler-nahen Fraktion "BoB". Ihm zufolge lagen allein schon die Erschließungskosten bei über 60 Euro. "Im Sinne des Steuerzahlers ist das sicherlich nicht okay, so löblich auch die Idee dahinter ist, junge Leute nach Beeskow zu ziehen", so Wernicke. "Aber mindestens zu Anschaffungs- und Herstellungskosten sollten sie veräußert werden, so wie es auch die Kommunalverfassung vorsieht."

Wohngebiet in BeeskowNeue Einfamilienhäuser am Bahrensdorfer See

Bürgermeister verteidigt Preisdeckel

Ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung von 2008 hat den Beeskower Weg möglich gemacht. Man wolle mit dem Verkauf nach Bodenrichtwert dämpfend auf die Grundstückpreise einwirken und so Bauwillige nach Beeskow locken, heißt es dazu aus dem Rathaus. Dass der Kauf im Baugebiet Bahrensdorfer See pro Quadratmeter mit knapp 20 Euro subventioniert wurde, findet Bürgermeister Frank Steffen (SPD) auch im Nachhinein nicht anstößig. "Wir haben hohe Kosten gehabt, dadurch, dass wir eine Altlast, einen städtebaulichen Missstand beseitigen mussten: die Gebäude des ehemaligen Instituts für Zivilverteidigung." So habe es auf dem Gelände Wohnblöcke, eine Schule, Bunkeranlagen und Bodenverunreinigungen gegeben. "Da waren wir der Auffassung, dass man diese Kosten nicht komplett auf die neuen Eigentümer umlegen kann", sagt Steffen weiter.

Kampf gegen die Preisspirale...

Der Landtagsabgeordnete Péter Vida (BVB/Freie Wähler) hatte im Rechtsausschuss des Landtags die Verkaufspraxis scharf kritisiert. Ein Gutachten des Landkreises, welches dem rbb vorliegt, sieht im Vorgehen der Stadt aber keine Rechtsverstöße. Die Prüfung ergab zwar, dass der Verkauf in wirtschaftlicher Hinsicht viel zu niedrig war und ein Defizit von fast 750.000 Euro entstanden ist. Eine volle Kostendeckung hätte jedoch zu einem deutlichen Preisauftrieb auf dem Grundstücksmarkt geführt. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft, die in der Sache gegen den Bürgermeister ermittelte, sieht keine Rechtsverstöße.

...ohne nachhaltigen Effekt

Der Immobilienverband Deutschland bezweifelt allerdings, dass der Preisdeckel der Kommune wirklich dämpfenden Charakter hat. Vizepräsident Dirk Wohltorf teilte auf Anfrage schriftlich mit, dass solche subventionierten Verkäufe beim Festlegen des Bodenrichtwertes gar nicht berücksichtigt werden. Das zeigt sich auch am Bahrensdorfer See. Denn dort ist der Bodenrichtwert in den vergangenen Jahren von 40 auf aktuell 70 Euro gestiegen. Weitere Sprünge Richtung Innenstadtpreise sind nicht ausgeschlossen. Damit erweisen sich die verkauften Grundstücke für die Besitzer als gute Wertanlage - finanziert vom Beeskower Steuerzahler.

Die Beeskower Stadtverordneten hatten am Dienstag erneut ein Wohngebiet zum Thema. So sollen künftig im Westen der Stadt, am Kiefernweg, neue Ein- und Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Auch dort könnte künftig wieder billig verkauft werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 14.12.2022, 16:10 Uhr

Mit Material von Michael Lietz

16 Kommentare

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  1. 16.

    Dass Gemeinden heutzutage nahezu alle klamm sind, hindert sie aber weder rechtlich, noch politisch daran, in die Zukunft zu investieren. Ob das hier eine sinnvolle Investition war, mag ich nicht zu beurteilen. Aber pauschal zu sagen, es wäre unvernünftig gewesen, ist eben falsch.

  2. 15.

    Am Ende holen sich die Kommunen, ihren eigenen privaten Spaß der Ansiedlung von Bauwilligen, über irgendwelche Fördermöglichkeiten des Landes sowieso zurück.
    Sollte die Kommunalaufsicht ein Auge darauf haben, ob wirklich keine Fördergelder des Landes und des Kreises, für solche fragwürdigen Projekte fließen.

  3. 14.

    Dann sollte man aber auch keine Neiddebatten bei der Tesla-Ansiedlung im selben Landkreis führen.
    Beim privaten Hausbau ist natürlich Alles OK.
    Grundstück billig von der Kommune abstauben,
    Riesen Großes Haus mit Doppelgarage raufbauen,
    dazu die Einfahrt schön pflastern.
    Bäume schön stutzen oder am Besten-das Grundstück ist schon Baum-frei.
    Garten schön pflegeleicht anlegen/Rasen-oder Schottergarten und alles am Besten mit qualmendem Holz-oder Kohle befeuern und Pool oder Gartenteich mit Trinkwasser fehlt auch noch.
    Und natürlich schön bauen, direkt an Brandenburger Landschafts-und Naturschutzgebieten.
    Und von der Zersiedelung der Brandenburger Pampas, durch solche Aktionen, wollen Wir erst gar nicht sprechen -Hauptsache das private Brandenburger Grundstück ist billig - egal ob 50 oder 100 Kilometer von Berlin entfernt-
    Was interessiert da schon Umweltbelastung und Klimaschutz.

  4. 13.

    Wenn die Kommune sich das selbst leisten kann, ist das doch vollkommen in Ordnung.
    Wenn die Kommune die Kosten für Erschließung, usw selbst trägt und dafür keine Fördermittel des Landes fließen, ist das Ok.
    Aber eigentlich sind die Gemeinden heutzutage, doch Alle klamm und benötigen für jede kommunale Ausgabe, irgendwelche Fördermittel und Strukturhilfen ???

  5. 12.

    @hdittmar
    Wer hindert Sie am Bauen? Einer Familie mit mehreren Kindern fällt das sicherlich noch schwerer. Ich habe allen Respekt davor. Auch vor der Stadt, die ihnen dabei hilft.

  6. 11.

    Ganz so schwarz-weiß ist es aber nicht. Es kann für Kommunen durchaus sehr lukrativ sein, zunächst einmal in Zuzug zu investieren, um langfristig Gewinn daraus zu ziehen. Mehr Einwohner bedeutet nämlich auch mehr Steuern und mehr Zuwendungen von Land und Bund zum Erhalt der Infrastruktur. Es geht schon damit los, die örtliche Schule zu erhalten, wenn man genügend Familien anzieht. Sonst wird nämlich ganz fix der Schulstandort verlegt. Solche Dinge sind durchaus relevant, ob eine Kommune künftig weiter Menschen anzieht bzw. zumindest zum Bleiben animiert oder eine sterbende Abwanderungskommune wird. Ob hier in Besskow die "richtigen" Zuzügler gefördert wurden, ist eine politische Entscheidung. Aber auch hier: Der Zuzug von reicheren Bürgern ist für eine Kommune und die örtlichen Handwerker und Geschäftsleute langfristig lukrativ.

  7. 10.

    Wenn ich mir eine große Villa leisten kann und meinen Hauptwohnsitz nach Beeskow verlege bekommt meine Steuern wer??? Diese ganzen Neiddebatten sind unerträglich. Wenn sich jemand etwas aufgebaut hat, dann soll er es auch leben dürfen. Was ist das für eine Gesellschaft geworden, die ständig an den Leistungen anderer partizipieren will.

  8. 9.

    Was denn steuern? Mir ist quasi kein EFH bekannt, dass nicht von einer Familie mit Kindern gebaut würde. Ihnen? Geld und Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit scheinen Familien daher offenbar genug zu haben. Jeder sollte die gleichen Rechte haben, so wie es im Grundgesetz steht. Es werden viel zu oft wohl klingende und populistische Ausreden erfunden, warum man sich daran nicht halten muss. Manche nennen das auch steuern, Quotieren oder sonstwelche Ausflüchte.
    Sobald die Politik anfängt etwas zu "steuern" endet das auf dem ein oder anderen Weg im Desaster. Aktuell als Beispiel,die Politische Vorgabe 20 Min Takt RE1.. da werden wir die Tage noch große Augen bekommen, von wegen großer Erfolg.

  9. 8.

    Aber direkt am See oder schön gelegen an Wiesen und am Wald irgendwo in Brandenburg, sehen auch Plattenbauten oder Mehrfamilienhäuser nicht gerade schön aus.
    Da bleiben aus architektonischer und städtebaulicher Sicht, wahrscheinlich nur grössere Häuser im Villenstil.
    Ist nur blöd wenn Beeskow, vom Land/Bund, oder der EU irgendwelche Fördergelder bekommt und wir damit Alle, die Grundstücksgeschäfte zum Dumpingpreis, mitbezahlen müssen.
    Und Fördergelder fließen garantiert in die Kreisstadt von LOS, somit bezahlen Wir Alle indirekt, die Grundstücke/Erschließungskosten - sollte daher nicht zu oft, gemacht werden.

  10. 7.

    Immer "nur" Familien, Familien, Familien und Riesenhütten.
    Deutschland ist (auch) Singleland. Aber so ein Single ist ja nüscht wert.
    Ist genauso, wie mit den neuen Wohnungen in Berlin z.B..
    Alles immer nur für Familien mit Kindern.
    Der Rest kann sehen, wo er bleibt.

  11. 6.

    Wenn ich im Bericht allerdings lese, dass dort Villen und große Häuser mit teilweise 1000qm großen Grundstücken erschlossen worden sind, darf man da schon mal hinterfragen, ob man das ganze nicht hätte etwas steuern können. Die jungen Familien sind das bestimmt nicht gewesen.

  12. 3.

    Die Überschrift ist kritisch aber berechtigt. Die Arbeitsweise einiger StA, wie z.B. Potsdam, stellt Anlass für Ermittlungen dar.

  13. 2.

    Hoffentlich wird dort die Möglichkeit gegeben, dass auch Familien, die Wohnungen bevorzugen günstige Wohnungen in Mehrfamilienhäusern finden. Mehrfamilienhäuser führen zu geringerer Verdichtung von Flächen und sind gut für Mensch und Umwelt.

  14. 1.

    In die eigenen Leute zu investieren ist schlau. Man muss auch gönnen können.

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