Tarifstreit im öffentlichen Dienst - Tausende bei Warnstreiks an Kliniken, in Bädern und bei der BSR im Ausstand
Operationen sind verschoben, Müll wird nicht abgeholt, das Schwimmbad bleibt geschlossen: In Berlin waren laut Verdi am Montag tausende Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im Ausstand. Am Dienstag sollen die Warnstreiks weitergehen.
- Im öffentlichen Dienst und in den städtischen Unternehmen Berlins gibt es am Montag und Dienstag Warnstreiks
- Betroffen sind unter anderem Kliniken, Wasserbetriebe oder auch die Stadtreinigung
- Laut der Gewerkschaft Verdi beteiligten sich am Montag mehr als 6.000 Beschäftigte
- Hintergrund ist der laufende Streit um die Tarife
Im öffentlichen Dienst und in den städtischen Unternehmen in Berlin gibt es seit Montagmorgen Warnsteiks. In einigen Bereichen soll es auch am Dienstag Arbeitsniederlegungen geben. Aufgerufen zu den Ausständen hat die Gewerkschaft Verdi. Hintergrund sind Tarifverhandlungen für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen.
Mehr als 6.000 Beschäftigte verschiedener Einrichtungen seien am Montag in den Ausstand getreten, teilte die Gewerkschaft Verdi am Abend mit.
So traten demnach hunderte Beschäftigte mehrerer Berliner Krankenhausträger am Morgen in den Warnstreik. Die Arbeitsniederlegungen hätten mit dem Frühdienst ab 5:30 Uhr begonnen, sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Max Manzey am Montag. Er sprach von schätzungsweise 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Charité, beim landeseigenen Klinikkonzern Vivantes und dem Jüdischen Krankenhaus. Der Ausstand soll auch am Dienstag noch andauern.
Ein Notdienst sollte in den Kliniken während des Warnstreiks sichergestellt werden. Die Charité hatte bereits vorab mitgeteilt, dass planbare Eingriffe verschoben werden. Die Versorgung von Notfällen, zeitkritische Operationen, Transplantationen und OPs von Kindern würden weiterhin durchgeführt.
Ein Sprecher der Vivantes-Kliniken betonte, die eigenen Häuser seien nur geringfügig von den Auswirkungen des Warnstreiks betroffen. Allerdings hätten auch dort "planbare Eingriffe" verschoben werden müssen, "weil einzelne OP-Säle nicht betrieben werden konnten". Auf die Patientenversorgung wirke sich der Warnstreik nicht aus, hieß es.
Außerdem wollten sich Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung (BSR) an dem Warnstreik beteiligen. Nach BSR-Angaben sollen am Montag und Dienstag mehrere Dienste wegfallen. Bio-, Restmüll- und zum Teil auch die Wertstofftonnen könnten erst ab Mittwoch wieder geleert werden, hatte die BSR angekündigt. Sämtliche 14 Recyclinghöfe sollten geschlossen bleiben. Auch die Straßenreinigung war demnach nur mit erheblichen Einschränkungen unterwegs.
Bei den Berliner Bäderbetrieben waren die Beschäftigten zwischen 6 Uhr morgens und 13 Uhr zum Warnstreik aufgerufen. Mehrere, aber nicht alle Standorte blieben am Montag geschlossen.
Auch bei den Wasserbetrieben rief Verdi zum Warnstreik auf. Hier seien die Auswirkungen aber kaum spürbar, sagte Pressesprecherin Astrid Hackenesch-Rump dem rbb am Montagmittag. Dank der hohen Automatisierung in den Klär-, Wasser- oder Pumpwerken seien nur wenige Mitarbeiter nötig, um den Regelbetrieb am Laufen zu halten. Für die sensiblen Bereiche gebe es "fest definierte Gruppen von Leuten, die im Dienst sind und nicht streiken", so Hackenesch-Rump weiter. "Wasser- und abwasserseitig" mache sich ein solcher Streik für die Berlinerinnen und Berliner deshalb in der Regel nicht bemerkbar.
Ihren Angaben zufolge werden routinemäßige Überprüfungen oder Reparaturen auf den Werken eventuell "ein- bis zwei Tage später ausgeführt". Für die Kundinnen und Kunden sei davon nichts zu merken.
Warnstreiks waren am Montag auch in den Dienststellen des Bundes, der Bundeswehr und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung geplant.Außerdem sollten sich Mitarbeiter des Studierendenwerks und der Hochschule für Technik und Wirtschaft an beiden Tagen am Warnstreik beteiligen.
Am Dienstag wird Verdi zufolge erstmals überhaupt am Bundeswehrkrankenhaus gestreikt. Für Dienstag sind zudem Warnstreiks zu erwarten in der Deutschen Rentenversicherung, der Bundesagentur für Arbeit, der Annedore-Leber-Berufsbildungswerkes und
der Rosa-Luxemburg-Stiftung die Arbeit nieder. Am Dienstag soll es auch eine gemeinsame Streikkundgebung in Berlin geben.
Hintergrund des Warnstreiks sind Tarifverhandlungen für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen. Verdi und der Beamtenbund dbb fordern für die bundesweit 2,5 Millionen Beschäftigten 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2.500 Euro. Die Gewerkschaften wiesen dies aber umgehend zurück. Das Angebot sei "nicht einigungsfähig", teilte Verdi mit.
Der Arbeitgeberverband KAV Berlin hat den Warnstreik kritisiert und die Gewerkschaften aufgefordert, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Vor dem Hintergrund des in der zweiten Verhandlungsrunde durch die Arbeitgeber vorgelegten Angebots stoßen die für zwei Tage angekündigten Warnstreiks in Berlin auf Unverständnis", teilte der KAV am Freitag mit.
Verdi erhofft sich vom Warnstreik Druck auf die Arbeitgeber. "Wir erwarten, dass auch die Signale aus Berlin gehört werden und bis zum 27. März - dem nächsten Verhandlungstermin - das Angebot deutlich nachgebessert wird", sagte Christoph Schmitz, Mitglied im Bundesvorstand von Verdi. Die Fortsetzung der Tarifverhandlungen ist vom 27. bis zum 29. März in Potsdam geplant.
Sendung: rbb24 Inforadio, 06.03.2023, 6 Uhr