47 von 129 Standorten sollen schließen -
Einen Großteil ihres Geldes werden sie nicht wiedersehen - aber die Versammlung der Gläubiger des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof hat am Montag trotzdem dem Insolvenzplan zugestimmt. Damit könnte wenigstens ein Teil der Kaufhäuser gerettet werden.
- Zustimmung der Gläubiger zu Insolvenzplan ist Voraussetzung für eine Rettung übriger Karstadt-Standorte
- Gläubiger müssen laut Medienberichten auf mehr als eine Milliarde Euro verzichten
- Verbliebene Filialen sollen binnen drei Jahren verkleinert und modernisiert werden
Lieferanten, Vermieter, die Liste derjenigen, denen der marode Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) Geld schuldet, ist lang. Seit Jahren handelt sich die Geschäftsführung von Rettungsplan zu Rettungsplan, auf dem Weg wurden und werden Filialen geschlossen und Tausende Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Deutschlands letzte große Warenhauskette ist insolvent - und um überhaupt noch etwas zu retten, mussten die Gläubiger dem Insolvenzplan zustimmen. Das bedeutet, dass sie nur noch einen Bruchteil ihres Geldes zurückbekommen werden. Am Montag aber gab die Gläubigerversammlung ihre Zustimmung und Galeria Karstadt Kaufhof eine letzte Chance.
"Damit ist für Galeria der Weg frei, das Warenhausgeschäft in Deutschland im Rahmen des neuen Konzepts fortzuführen", teilte das Unternehmen am Montag mit. Der Plan des Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz und des Sachwalters Frank Kebekus sieht unter anderem vor, 47 der derzeit noch 129 Galeria-Standorte zu schließen.
Nach rbb-Informationen wird der Standort in Cottbus zum 30. Juni 2023 geschlossen, der in Potsdam nicht. In Berlin sollen die Kaufhäuser in der Wilmersdorfer Straße (Charlottenburg) und in der Müllerstraße (Wedding) zum 31. Januar 2024 schließen - wobei für die Müllerstraße eine Wiedereröffnung nach jahrelanger Sanierung im Raum steht. Nicht betroffen sind die Berliner Filialen Ring-Center, Alexanderplatz, Hermannplatz, Tempelhofer Damm, Kurfürstendamm, Schloßstraße, Carl-Schurz-Straße und Tegel.
Mehr als eine Milliarde Euro sind weg
Die Gläubiger müssen nun Medienberichten zufolge auf mehr als eine Milliarde Euro verzichten. Hätten sie den Plan aber abgelehnt, hätte das laut des Sachwalters Frank Kebekus katastrophale Folgen für den Konzern gehabt. Dann wäre nach seinen Worten die Schließung aller Filialen und die Kündigung aller Mitarbeitenden unvermeidlich gewesen. "Jedem Beteiligten ist bewusst, dass die Zustimmung für die Gläubiger kein einfacher Schritt war", sagte Kebekus am Montag. "Deswegen bedanke ich mich ausdrücklich für das klare Votum." Es zeige "das Vertrauen in das neue Warenhauskonzept", fügte Geiwitz hinzu. Nun habe Galeria Karstadt Kaufhof "beste Chancen für eine Rückkehr in die Erfolgsspur".
Ob diese Rückkehr gelingen wird, ist momentan aber noch äußerst zweifelhaft. Die Warenhauskette hatte zunächst angekündigt, 52 Häuser zu schließen und mehr als 4.000 Mitarbeiter zu entlassen. Später gelang es einem Bericht des "Handelsblatts" zufolge, wenigstens fünf Standorte weiter zu betreiben, weil deren Vermieter GKK beim Preis entgegenkamen. Das Unternehmen werde sich auf "chancenreiche Standorte" konzentrieren, erklärte Galeria.
Die verbleibenden Filialen sollen demnach innerhalb von drei Jahren umgebaut werden. Etwa sollen "Gastronomie-Angebote und sinnvolle Ergänzungen wie Versicherungen, Schneidereien, Reinigungen oder Bürger-Services" geschaffen werden und die Kaufhäuser "zum beliebten Treffpunkt in der Innenstadt" machen. Besonderes Augenmerk soll auf den Segmenten "Bekleidung, Beauty und Home" liegen. Ähnliche Wiederbelebungsversuche hatte es in der Vergangenheit bereits gegeben, ohne nennenswerte Fortschritte. Manager von Thomas Middelhoff bis Stephan Fanderl, Eigner wie Nicolas Berggruen, die nordamerikanische Handelskette HBC oder die Signa Holding des Investors Rene Benko hatten sich erfolglos an der Sanierung versucht.
Standorte werden entweder verkleinert oder geschlossen
17.000 Menschen arbeiten momentan noch für den Konzern, bald werden es mindestens 4.000 weniger sein. Am Rande des Gläubigertreffens in Essen demonstrierten am Montag rund 20 Galeria-Betriebsräte aus ganz Deutschland gegen weitere Opfer der Beschäftigten. Sie sprechen von mehr als 5.000 Beschäftigten, die sich einen neuen Job suchen müssen. Der Stellenabbau trifft nicht nur die Schließungsfilialen, sondern auch die Konzernzentrale in Essen und die verbleibenden Warenhäuser. Denn viele von ihnen sollen verkleinert werden.
In die ehemalige Kaufhof-Filiale in Cottbus zum Beispiel zieht dem Immobilienfonds-Manager Verifort Capital zufolge im kommenden Jahr etwa die TEH Textilhandels GmbH, Markenname "Aachener", aus Dortmund ein, die auch Interesse an anderen Häusern angemeldet hatte. Sie wird aber nur gut die Hälfte der Ladenfläche in Cottbus belegen, was aus dem Rest des Hauses werden soll, ist noch offen.
Bei Ablehnung des Insolvenzverfahrens wären Gläubiger wohl leer ausgegangen
Für die Gläubiger gab es trotz der hohen finanziellen Einbußen kaum eine andere Wahl, als dem Plan zuzustimmen. Denn bei einer Ablehnung des Insolvenzplans hätten sie wohl überhaupt nichts von ihrem Geld wiedergesehen. Nun können sie dagegen - auch dank eines Millionen-Zuschusses des umstrittenen GKK-Eigentümers René Benko - zumindest damit rechnen, einen kleinen Teil ihrer Forderungen bezahlt zu bekommen.
Karstadt und die ehemalige Metro-Tochter Kaufhof blicken angesichts der Konkurrenz durch den Online-Handel von Amazon bis Zalando, Mode-Ketten wie Zara sowie durch Shopping-Center auf einen stetigen Niedergang zurück. GKK hatte Ende 2022 zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren versucht, sich mithilfe eines staatlichen Schutzschirmverfahrens zu retten. Das erste Verfahren 2020, gestützt von Steuergeld, hatte dem Konzern nur vorübergehend geholfen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.03.2023, 17 Uhr