Sonntagabend bis Dienstagnacht - Bahn stellt wegen Warnstreiks den Schienenverkehr für 50 Stunden ein

Do 11.05.23 | 15:48 Uhr
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Symbolbild:Eine Person geht an einem Streikschild der EVG am Berliner Hauptbahnhof vorbei.(Quelle:imago images/A.Friedrichs)
Video: rbb|24 | 11.05.2023 | Nachrichten | Bild: imago images/A.Friedrichs

Die Eisenbahngewerkschaft EVG hat zu einem 50-stündigen Warnstreik aufgerufen: von Sonntagabend bis Dienstagnacht. In Reaktion darauf hat die Bahn angekündigt, den Schienenverkehr ganz einzustellen. Betroffen ist auch die S-Bahn.

  • Die Gewerkschaft EVG hat zu einem 50-stündigen Warnstreik aufgerufen
  • Die Bahn will den Fernverkehr in diesem Zeitraum ganz einstellen
  • Auch Regionalzüge, die Berliner S-Bahn und der Güterverkehr sollen betroffen sein

Die Deutsche Bahn stellt wegen eines Warnstreiks ab Sonntagabend den gesamten Fernverkehr für rund zwei Tage vollständig ein. Von Sonntagabend um 22.00 Uhr bis Dienstagnacht um 24.00 Uhr blieben sämtliche ICE- und IC-Züge in den Depots, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Auch der Regional- und S-Bahn-Verkehr in Berlin und Brandenburg werde weitgehend zum Erliegen kommen, hieß es.

"Alle Fahrgäste, die ihre für den 14. bis 16. Mai geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können ihr bis einschließlich 11. Mai gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich Sonntagabend flexibel nutzen", teilte die Bahn weiter mit. Alle nötigen Informationen hat die Bahn auf ihrer Internetseite [bahn.de] veröffentlicht.

Zuvor hatte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im laufenden Tarifstreit mit der Deutschen Bahn in diesem Zeitraum einen flächendeckenden 50-stündigen Warnstreik im Fern-, Regional- und Güterverkehr angekündigt.

Erneut nicht betroffen vom Warnstreik sind hingegen die BVG sowie die Nahverkehrsbetriebe in Brandenburger Kommunen, weil hier separate Tarifverträge laufen. Von der BVG hieß es am Donnerstagmittag, man werde die maximal mögliche Zahl und Größe von Fahrzeugen auf die Straßen und Schienen bringen. Fahrgäste sollten sich trotzdem auf vollere Fahrzeuge und etwas längere Wartezeiten einstellen.

Auch auf private Verkehrsunternehmen dürfte der Warnstreik massive Auswirkungen haben. So meldet die Brandenburger Ostdeutsche Eisenbahn GmbH (Odeg), dass von Sonntag (14. Mai) 19 Uhr bis zum Dienstag (16. Mai) 24 Uhr der Zugverkehr auf allen 15 Linien eingestellt werden muss. Grund: Die Odeg nutzt die Infrastruktur der DB, die bestreikt wird.

Bahn spricht von "irrsinnigem Streik" und will reden

"Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt", teilte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Donnerstag mit. "Insgesamt streiken wir 50 Stunden und erhöhen damit den Druck deutlich, weil uns die Arbeitgeber keine andere Wahl lassen", hieß es von EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch.

Die Bahn übt scharfe Kritik an diesem neuerlichen Warnstreik. "Dieser irrsinnige Streik ist völlig grundlos und restlos überzogen. Denn eine Lösung ist möglich. Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen. Das ist quasi ein Vollstreik ohne Urabstimmung. Millionen Reisende kommen nicht dahin, wo sie hinwollen, zur Schule, zur Arbeit, zu ihren Lieben", teilte Personalvorstand Martin Seiler mit. Zugleich signalisierte er Gesprächsbereitschaft. Man stehe bereit, auch am Wochenende, so Seiler.

Die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg kritisierte den Warnstreik. "Der EVG-Streik trifft gerade die Hauptstadtregion mit ihren mehr als 300.000 Pendlerinnen und Pendlern übermäßig", teilte der Verband am Donnerstag mit.

Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, führte aber ebenfalls zu vielen Ausfällen vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.

Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn will sich hingegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde.

Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2.850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden - um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.

Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG kritisiert vor allem, dass die Bahn in den Tarifverhandlungen keinen gesetzlichen Mindestlohn ohne Einschränkungen zusage, auf dem die dann erzielten Verhandlungsergebnisse aufbauen würden. Stattdessen würde die Bahn in den unteren Lohngruppen einen Deckel von 13 Euro ansetzen.

Dazu bemerkte Bahn-Personalvorstand Seiler am Donnerstag, am Dienstag sei die Deutsche Bahn auf die EVG zugegangen und habe die zentrale Forderung der Gewerkschaft zum Mindestlohn erfüllt. "Mitnichten hat die DB, wie die EVG behauptet, hier einen Deckel von 13 Euro vorgeschlagen; allein das vorliegende Angebot beläuft sich auf 13,20 Euro. Aber trotz erneuten Zugeständnissen will die EVG streiken", so Seiler.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.05.2023, 9:20 Uhr

174 Kommentare

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  1. 174.

    Wo genau ist festgelegt, dass sich die Bundesrepublik Deutschland als Eigentümer aus der geschäftlichen Strategie des DB Konzerns heraushalten muss?

  2. 173.

    Was ein Blödsinn. Die Staatlichen Gremien haben sich aus allen Tarifauseinandersetzungen heraus zu halten. Das hier nunmal der Bund auch der Eigentümer ist, ist nunmal Tatsache - überträgt jedoch nicht automatisch nach Art der Gutsherren aufzutreten. also ist es Korrekt wenn sich der Bundesminister für Verkehr hier zurückhält.

    Das blöde Geschwätz von umweltfreundlichen Verkehr soll fader Beigeschmack sein oder möchte Sie, dass die Streikenden Eisenbahner mit Gänseblümchen werfen. Mann - bleib mal auf'm Teppich.

  3. 172.

    Achso, ja die Bahn will reden. Deswegen hat man die Frist zu Verhandlungen (zur Abwendung des Streikes) bis heute 12 Uhr ungenutzt verstreichen lassen. Verstehe

  4. 171.

    Lese in dem von Ihnen verlinkten Artikel nicht, dass die Gewerkschaft GDL der Gewerkschaft EVG "in den Rücken fällt"

    GDL referiert doch nur, dass in der Praxis der Konkurrenz zwischen EVG und GDL für die jeweiligen Mitglieder offenbar Vorteile im Arbeitskampf mit dem Arbeitgeber rausspringen.

    Zudem dass die Kampfmassnahme der Bahn AG - 50 Std. Einstellung des Schienenverkehrs - technisch-organisatorisch so nicht notwendig wäre. Es sich also um eine Art Aussperrungsmassnahme gegen Reisende und Schienengütertransport handelt. Man kann annehmen, um deren Wut gegen Streik und Gewerkschaft zu richten.

  5. 170.

    Ach mann, hört auf zu Jammern
    Ich wünsche den Streikenden viel Durchhaltevermögen und einen guten Tarifabschluss

  6. 169.

    Pech, ganz einfach Pech. Was glauben Sie, wäre, wenn sie nach Frankreich zu Streikzeiten gereist wären? So geht es leider vielen Touris weltweit, und nun?

  7. 168.

    Das kommt davon, wenn einem einzigen Bahnunternehmen (DB) quasi als Monopolist fast das ganze Schienennetz gehört. Dann liegt alles lahm. Das Netz gehört aus dem Konzern ausgegliedert. In neutrale Hände einer unabhängigen staatlichen Instanz. So wie es bei Fernstraßen ja auch ist. Die gehören auch nicht der Spedition XY oder Flixbus.

  8. 167.

    Yeah ! Hab am Montag 60 Kilometer mit dem rad vor mir ! zwei ungeplante Auswärtsübernachtungen, und dann am Mittwoch Abend nach hause ! Warum ich dann nen Monatsticket habe ? Frag ich mich gerade auch ! Im Mai wäre nen Auto selbst bei Spritpreis 3 Euro billiger für mich gewesen !



  9. 166.

    Erschienen heute morgen bei Zeit online. https://www.zeit.de/mobilitaet/2023-05/evg-gewerkschaft-tarifstreit-deutsche-bahn-streik

    Schon erstaunlich das eine andere Gewerkschaft der EVG in den Rücken fällt. Normalerweise äußern sich Gewerkschaften nicht zu anderen Konflikten.

  10. 165.

    Die Bundesrepublik als alleiniger Eigentümer der DB hat hier die Möglichkeit, auf den Konzern einzuwirken und solche Tarifkonflikte zu deeskalieren ... wenn klimafreundlicher Verkehr so wichtig ist. Aber da sind wir beim Problem: Dem derzeitigen Verkehrsminister ist klimafreundlicher Verkehr nicht wichtig. Sektorziele werden ignoriert, gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen nicht erarbeitet und umgesetzt. Es wird einfach geltendes Recht gebrochen.

    Wer unter diesen Vorraussetzungen dann auch noch die Axt an verfassungsgemäße Arbeitnehmerrechte legen möchte hat einfach verfassungswidrige Ansichten.

  11. 164.

    Welches Interview meinen Sie? Das vom 27.03. ... da wendet er sich vor allem gegen die Deutsche Bahn als größten Eskalateur. Die Pendler sind also eher den Machtspielen des bundeseigenen DB-Konzerns ausgesetzt

  12. 163.

    Warum soll der Öffentliche Verkehr nicht bestreikt werden ?
    Nur weil sie ihn brauchen ?
    Sind das andere Menschen als sie oder Arbeitnehmer anderer Branchen ?

  13. 162.

    "Ich sehe hier kein Problem. Rauf auf den Drahtesel und losgestrampelt."
    Und sich vorzustellen, dass Menschen in einer Art tangiert werden können, die nicht akzeptabel ist - das können Sie nicht, oder?
    Meine Verwandten aus den USA haben 10 Jahre lang für ihren Traum gesparrt um nach Europa zu fliegen und (unter anderem) die Geburtsstadt ihrer Großväter zu besuchen. Am Sontag abend sind sie in München, den Bahnticket nach Berlin haben sie bereits in der Tasche. Alles aus Ersparnissen vorfinanziert: Hotel, Weiterflug ab Berlin nach Vilnius am Dienstag usw.
    Und sie haben nur zwei Wochen Urlaub im Jahr.
    Was schlagen Sie diesen Menschen für eine Lösung vor?
    Werden Sie sie vielleicht mit ihrem Drahtesel in München abholen?

  14. 161.

    Claus Weselsky von der GDL hält diese Maßnahme für unnötig und dieser meint das DB den durchaus im Notbetrieb Verkehr organisieren könnte. Dieser Unterstellt der EVG kein Interesse an einer Einigung, bis eben die GDL ihre Forderungen aufgestellt hat. Er geht davon aus das die GDL bessere Abschlüsse erzielt als die EVG.

    Die Pendler sind also wie vermutet auch noch den Machtspielen der Gewerkschaften ausgesetzt. Danke auch! Das bemerkenswerte Interview kann man in der Zeit nachlesen.

  15. 160.

    Ich habe volles Verständnis dafür, dass die Gewerkschaft etwas dafür tun muss, ihre Mitglieder bei der Stange zu halten und vor allem neue zu gewinnen.

  16. 159.

    Nun, inzwischen sollte aber mal der Hinweis gestattet sein, dass der öffentliche Verkehr nicht so bestreikt werden darf. Angesichts des Klimawandels sollen wir auf die Bahn etc. umsteigen. Jeder Streik widerspricht diesem Anliegen. Eventuell sollte auch das Streikrecht dem Klimaschutz gerecht werden.

  17. 158.

    Ich sehe hier kein Problem. Rauf auf den Drahtesel und losgestrampelt. So will es Berlin, so bekommt es Berlin.

  18. 156.

    Vor allem werden in Deutschland ständig Milliarden für alles mögliche freigegeben.
    Da hört man wenig von Ausgabenbegrenzungen.
    Daher sind auch keine großen Senkungen von Steuern und Sozialabgaben im unteren Lohnsegment mehr finanzierbar.
    Diese Senkungen wären aber nötig.
    Dann müsste die arbeitende Bevölkerung auch nicht streiken.
    Die Leute haben einfach die Schnauze voll.
    Sie müssen jeden Tag früh aufstehen, sind systemrelevant und ihnen bleibt immer weniger vom Lohn.

  19. 155.

    Ich gönne insbesondere den Beschäftigten im unteren Lohnsegment eine kräftige Lohnerhöhung.
    Dann muss der Konzern eben im oberen Lohnsegment Personal oder Löhne reduzieren.
    Ich glaube, dort gibt es noch große Einsparmöglichkeiten.
    - Management
    - Marketing / Werbung

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