Berlin - Techno-Clubs als Kulturerbe: Clubcommission hofft auf mehr Unterstützung
Die Berliner Techno-Kultur hat es auf die Liste des Immateriellen Kulturerbes der Bundesrepublik geschafft. Doch sie wird durch Verteilungskämpfe um knappe Flächen bedroht, sagt die Berliner Clubcommission - und wünscht sich Zuschüsse vom Staat.
Nach der Entscheidung, die Berliner Techno-Kultur zum immateriellen Kulturerbe zu erklären, hoffen die Clubbetreiber in der Hauptstadt auf staatliche Finanzhilfen.
Der Vorsitzende der Berliner Clubcommission, Marcel Weber, beklagte am Samstag in der rbb24-Abendschau eine zunehmende Bedrohung der bestehenden Clubkultur in der Stadt. "Durch die Corona-Pandemie haben wir jetzt noch mal endgültig eine ganz andere Situation. Es gibt kaum noch Raum in dieser Stadt. Es gibt einen großen Verteilungskampf um die wenigen Flächen, die noch da sind", sagte Weber.
Die Clubszene werde es auf Dauer nur mit Zuschüssen vom Bund oder dem Land Berlin schaffen, das Bestehende zu erhalten. "Seit vier Jahren gibt es einen Entschließungsantrag auf Bundesebene, dass Clubs als Kulturstätten anerkannt werden. Und ich hoffe einfach, dass diese Entscheidung jetzt, dass wir Kulturerbe geworden sind, auch noch mal so ein bisschen Wind unter die Flügel gibt", sagte Weber.
"Spüren im Herzen, dass es eine wichtige Entscheidung ist"
Auch bei der Suche nach geeigneten Immobilien hofft Weber seinen Worten zufolge auf die Unterstützung der Landesregierung: "Das Land Berlin hat ja auch einige Immobilien noch brachliegen."
Die Kultusministerkonferenz hatte am Mittwoch entschieden, die Berliner Techno-Kultur in das Verzeichnis des immateriellen deutschen Kulturguts aufzunehmen. Die Berliner Klubszene entwickelte sich im Lauf der 1980er Jahre zu einer der weltweit maßgeblichen Keimzellen der Techno-Kultur. Die elektronische Musikrichtung wurde insbesondere zu einer Art Soundtrack der Wendejahre nach der deutschen Wiedervereinigung, symbolisch dafür stehen legendäre Clubs wie der 1991 eröffnete "Tresor" und die jährliche Loveparade, später weltberühmte Clubs wie das Berghain.
Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) würdigte die Neuaufnahmen als wichtiges Zeichen für einen erweiterten Kulturbegriff, der sich gegen "die absurde Trennung" von ernster Kultur und Unterhaltungskultur wende. Bezeichnend dafür sei die Aufnahme der Berliner Techno-Kultur. "Ob Subkultur oder traditionelle Handwerkstechnik, all das gehört zum kulturellen Reichtum unseres Landes", erklärte sie in Berlin. "Ich glaube, dass wir alle vor allem im Herzen spüren, dass es eine wichtige Entscheidung ist, über die wir uns sehr, sehr freuen", sagte der Clubcommission-Vorsitzende Weber dazu am Samstagabend.
Seit 2013 eigene Kulturerbeliste
Ebenfalls neu aufgenommen wurden die Finsterwalder Sanges-Tradition, das Bergsteigen in Sachsen, die Schwälmer Weißstickerei aus Hessen, der Kirchseeoner Perchtenlauf in Bayern und der Viez, ein Obstwein aus Moselfranken. Die nationale Liste des immateriellen Kulturguts umfasst damit nun 150 Einträge.
Kulturerbeverzeichnisse gehen auf ein internationales Übereinkommen der UN-Kultur- und Wissenschaftsorganisation Unesco von 2003 zurück, das 2006 in Kraft trat. Es soll den Erhalt von menschlichen Bräuchen, Traditionen und kulturellen Leistungen fördern. Gedacht war es als Ergänzung zu älteren Abkommen zum Schutz materiellen Kulturerbes etwa in Form von Baudenkmälern.
Deutschland trat dem Abkommen zum Erhalt immateriellen Kulturguts 2013 bei und legte anschließend selbst eine entsprechende Liste an, die nach und nach erweitert wird. Darauf finden sich unter anderem auch die Hip-.Hop-Kultur aus Heidelberg, die Oberammergauer Passionsspiele, der rheinische Karneval, die Bäcker- und Brotbackkultur sowie die deutsche Schützenvereinstradition.
Sendung: rbb24 Abendschau, 16.03.2024, 19:30 Uhr