Schwierige Bewerberlage - Immer weniger Polizeianwärter in Berlin und Brandenburg

Fr 13.01.23 | 18:53 Uhr | Von Marcus Latton
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Auszubildende der Polizeischule beobachten einen Einsatz des Mobilen Einsatzkommandos (Quelle: dpa/Christian Charisius)
Audio: rbb24 Inforadio | 13.01.2023 | Marcus Latton | Bild: dpa/Christian Charisius

Die Berliner Polizei verzeichnet leicht rückläufige Bewerberzahlen. So haben sich im vergangenen Jahr 10.636 Personen für eine Ausbildung beworben. 1.138 von ihnen wurden eingestellt. Das sind knapp 1.000 Bewerber weniger im Vergleich zu 2020. Das geht aus Zahlen der Polizei hervor, die rbb|24 vorliegen.

Viele scheitern an den Zugangshürden. So müssen Polizeianwärter neben sportlichen Eignungstests Prüfungen zur charakterlichen Eignung, Wissensabfragen und Diktate meistern. Eine Absenkung der Qualitätskriterien kann sich die Polizei nach eigenen Angaben nicht leisten. Einzig die Mindestkörpergröße wurde abgeschafft.

Konkurrenz zum öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft

Doch selbst, wenn ein Bewerber, der die Prüfungen überstanden hat, zusagt, heißt das erstmal wenig. Die Berliner Polizei komme an einen Punkt, an dem kurz vor Ausbildungsbeginn viele ihre Stelle nicht antreten, sagt Benjamin Jendro, Sprecher des Berliner Landesverbands der Gewerkschaft der Polizei. "Das sind dann manchmal die 100 Besten. Das ist ein Defizit, das man so schnell nicht mehr aufholen kann." Angehende Polizisten würden sich oft auf mehrere Stellen in mehreren Bundesländern oder bei der Bundespolizei bewerben, bei der sie mehr Geld verdienen.

Hinzu kommt laut Jendro, dass die Polizei in Zeiten des Fachkräftemangels mit der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst um geeignete Bewerber konkurriert. Anreize wie eine höhere Bezahlung könnten nur ein Hebel sein, um den Mangel zu beheben. "Wir müssen auch über die Qualität der Bewerber sprechen." Viele scheiterten am Auswahlverfahren – und auch während der Ausbildung verliere die Polizei viele Anwärter, weil diese die Leistung nicht erbringen oder kündigen würden.

Zuletzt stabile Bewerberlage in Brandenburg

In Brandenburg scheint die Situation anders. Vor ein paar Jahren noch hätten sich jährlich 5.000 Menschen an der Hochschule der Polizei in Oranienburg beworben, sagt Pressesprecher Patrick Schüring. In den letzten zwei Jahren habe sich die Zahl aufgrund des demografischen Wandels auf 3.700 bis 3.800 eingepegelt. Dass die Leistungen der Anwärter nachlassen, kann Schüring nicht bestätigen.

"Wir haben einen relativ gleichbleibenden Satz, was die Durchfallquote im Wissenstest oder in den Sportprüfungen betrifft", so Schüring. "Aber von einer Verschlechterung der Bewerberlage kann nicht die Rede sein." In Brandenburg gelte aber das Gleiche wie in Berlin: Viele angehende Beamtinnen und Beamte bewerben sich parallel bei der Bundespolizei und anderen Sicherheitsbehörden. Viele wählen dann den für sie attraktivsten Arbeitgeber.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.01.2023, 11:50 Uhr

37 Kommentare

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  1. 37.

    Entzückend - wer will denn einen Beruf erlernen in dem er mit Straftätern zu tun hat und von der nächsten Führungskraft, bei allem was er tut, im Stich gelassen wird.

    Politik und die höhere Führung sollte sich mal selbst fragen, warum sie diesen Beruf eigentlich ausführen? Die Bezahlung darf als Argument natürlich ausgenommen werden. Und Höhere Führungskräfte dürfen sich auch fragen, ob sie Führungskräfte oder nur Vorgesetzte sein wollen - danach würde sich die Motivation junger Menschen vielleicht ändern....

    Erfordert aber Nachdenken - nicht nur vier Stunden ohne Denken aus dem Fenster starren.... Sorry, sobald die Schulterklappen goldene Färbung bekommen steigt mein Zweifel an der Kompetenz enorm....

  2. 36.

    Da wird man dann wohl auch die nehmen müssen, m dir keine Kommata richtig setzen können, nur damit dir Stellen besetzt werden.

    Bei der ganzen Steuerung der Berufsberatung und Ausbildungslenkung braucht es ein Umdenken. Nicht alle brauchen Abitur und ein BWL Studium.

  3. 35.

    MIt Sicherheit nicht, da ich die Dienstnummer/Name (so eine getragen wurde) erinnere, das ist ja schon länger her.

    Wie würden Sie es denn nennen, wenn sie während einer gültigen Coronaschutz-Verordnung, die eine Maskenpflicht auf der Wilmersdorfer Straße beinhaltete, auf dem Stuttgarter Platz von der Seite mit

    "Ey, kriegst du Verwarnung weil keine Maske."

    angepflaumt werden? Wo er sich befand wusste er ja auch nicht...

    Was meinen Sie wohl, warum die Berliner Polizei für ihre Auszubildenden extra Deutschlehrer angestellt hat, die diesen beibringen soll, sich vernünftig auszudrücken?

    Und wenn Sie dann mal die Gelegenheit haben, sich mal mit einem dieser Lehrer zu unterhalten (hatte ich, als ein solcher Patient in der Charite war), schlagen Sie nur noch die Hände über dem Kopf zusammen...

  4. 34.

    Wer möchte denn heute noch zur Polizei? Man wird angegriffen und bespuckt, die Politik steht nicht mehr hinter ihnen. Warum also sollte man dem Staat dienen, wenn der Staat bei Angriffen die Augen schließt. Sollen sich unsere Politiker doch selber schützen.

  5. 32.

    Weshalb sollen denn nicht genug Bewerber für den Polizeidienst in BB zur Verfügung stehen? Die Bildungspolitik ist doch unter der Ministerin ERnst vorbildlich, makellos und nicht zu beanstanden. Sogar Aufholunterricht gibt es.

  6. 31.

    Von Grünen und Linken geschmäht, verunglimpft und unter Generalverdacht gestellt, Prügelknabe für den Straßenmob und Büßende für die eklatanten Fehler der Politik, die Langsamkeit und die Kuschelurteile der Justiz. Die Liste kann man noch lang fortsetzen. Irgendwann sind dann sicheres Geld und Arbeitssicherheit nicht mehr so wichtig. Das möchten sich junge Menschen nicht für ihr Leben antun. Bei Lehrern hat das auch schon dehr gut geklappt.

  7. 30.

    Früher als Kind wollte man mal Polizist/in, Feuerwehrmann/frau, Astronaut/in werden, oder sonst einen ehrenwerten Beruf erlernen. Und heute? Da wollen alle Youtube/Twitter-Internet-Stars, Sänger/innen, Vollzeit-Aktivist/innen, Gangster/innen, oder sonst was Kontraproduktives werden. Schaut genau hin, unseren kleinen Smartphone-Zombies kleben diese Dinger 24/7 im Gesicht und die bekommen um sich herum überhaupt nichts mehr mit. Was soll denn da in Zukunft noch groß kommen, ausser das es sich alle gut gehen lassen.

  8. 29.

    Die Anforderungen wurden nicht heruntergeschraubt?

    Hm, als ich mich vor langer Zeit (1999) beworben habe, wollte man niemanden mit einer Zeugnisnote schlechter als 2 in Deutsch.

    Heute wird man von Polizisten angesprochen, die kaum einen graden Satz sprechen können und sich nicht Mal im eigenen Einsatzgebiet auskennen...

  9. 28.

    Vielleicht sollte man auch mal die vorsintflutlichen Einstellungsvoraussetzungen überarbeiten. Ich kenne mehrere Leute (ich eingeschlossen), die gerne zur Polizei gegangen wären. Aber eine kleine Fehlsichtigkeit und schon ist Schicht im Schacht. In Zeiten von Brillen als ausschließliche Sehhilfe sicher nachvollziehbar. Heutzutage gibt es Kontaktlinsen in jedweder Ausführung - die kann einem keiner vom Kopf schlagen. Und wenn mir jemand etwas ins Auge sprüht, was die Kontaktlinse angreift, hätte ich vermutlich auch ohne Kontaktlinse eine mittlere Verätzung - ändert also nichts.

    Von Bezahlung, Ausstattung und Wertschätzung (besonders in Berlin) sprechen wir jetzt mal nicht.

  10. 27.

    De facto wurden die Anforderungen an Bewerber sogar drastisch herunter gesetzt. Bei uns (Justizvollzug) von 100% auf 40 %. Und das merkt man dann auch, wenn in Auseinandersetzungen Insassen intelligenter sind. Jetzt wird sogar um ab 18jährige geworben. Und viele der teuer und locker durch die Ausbildung kommenden, wechseln dann sofort in andere Bundesländer (auch Zoll etc), wo sie gut bis 300 Euro mehr verdienen können. Zudem ist die inhaftierte Klientel andernorts weitaus weniger schwierig.

  11. 26.

    An den Badeorten an der Ostsee sind nur nette Gäste, die Wohnungen sind noch günstig und man kann den ganzen Tag spazierenfahren. Wozu sich dann bei gleichem Gehalt in Berlin rumärgern?

  12. 25.

    "in der freien Wirtschaft"

    In einer Demokratie ist die Wirtschaft immer frei, sonst hätten wir den Sozialismus.

  13. 24.

    Kann ich gar nicht verstehen. Ich darf bei rot über die Ampel brettern, mir Straßenschlachten liefern und X bezahlte Überstunden schieben, die super bezahlt wird man bei der Polizei auch noch, man ist ja Beamter. Und das beste ist, die Bürger und vor allem die Politiker danken es einem. Hmm, wieso die wohl nicht wollen. Eines der großen Rätsel (nicht nur, aber vor allem) in Berlin. FINDE DEN/DIE FEHLER!!!!

  14. 23.

    Daran ist auch die Besoldung schuld. Von allen 16 Bundesländern zahlt Berlin den Beamten und Richtern die niedrigste Besoldung

  15. 22.

    Kleine Anmerkung, nicht die Gesellschaft sondern die Klientelpolitik des Senats stellt die Polizei ins schlechte Licht. Wo ist übrigens der Aufschrei in den Medien das der Linke Mob durch Mitte zieht und die Politik schweigt.

  16. 21.

    Und dann muss auch über Leumund,
    Sozialverhalten, Staatsrechtlicher
    Gesinnung und Ansehen der Ausbildung
    gebenden Landesregierung gesprochen
    werden.
    Welcher junge, weltoffene Mensch will
    am 1.Mai, an Sylvester und diversen
    Staatsbesuchen und sonstigen politischen
    Affären für den Senat von Berlin
    den Boxsack geben ?

  17. 20.

    "Also bewerben sich die cleveren - und die wollen wir ja eigentlich haben - bei mehreren Behörden."
    Das ist in der freien Wirtschaft gang und gäbe. Da ist dann die Firma gefragt - z.B. bei Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen, Entlohnung. Wer gute Leute haben will, muss sich was einfallen lassen. Wer die dann auch halten will kann gleich noch eine Schippe drauflegen.
    Auf der anderen Seite der Medaille stehen dann aber Bewerbungen die einem Worträtsel gleichen oder Leute, die mit Erschrecken feststellen, das Arbeit auch anstrengend sein kann.
    Das "Mittelmaß", also durchaus "formbare" neue Mitarbeiter wird aber zugleich zusehends kleiner.
    Das Problem trifft nicht nur Behörden - nur fehlt es hier an Flexibilität beim künftigen Arbeitgeber und auch bei der Schaffung eines Umfeldes in dem sich der "Neue" gut aufgehoben fühlen kann hapert es gewaltig.

  18. 19.

    Aha, eine Absenkung der Qualitätskriterien kann sich die Polizei nicht erlauben. Fakt ist, dass beim Eignungtest der 2000m-Lauf z.Z. ausgesetzt ist, weil viele Bewerber diesen nicht in der vorgegebenen Zeit schaffen. Der Teststandard ist schon seit langem so weit abgesenkt, dass er bereits auf niedrigstem Niveau ist. Leider bekommt die Berliner Polizei als Nachwuchs nur Masse und wenig Klasse.

  19. 18.

    " fragt man sich wirklich ob hier Deutschland völlig bekloppt geworden ist. "

    die Frage ja bejaht werden

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