Prozessbeginn in Berlin -
Vor dem Berliner Landgericht hat am Freitag der Prozess um den Tod eines Fans von Hertha BSC begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft einem 24-Jährigen Körperverletzung mit Todesfolge vor.
Der Angeklagte soll am 19. Mai vergangenen Jahres nach dem Fußball-Relegationsspiel zwischen Hertha BSC und dem Hamburger SV in Berlin dem Hertha-Fan mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Dadurch sei dieser zu Boden gefallen und mit dem Hinterkopf auf dem Asphalt aufgeschlagen. Der 55-Jährige erlitt laut Anklage ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und starb etwa einen Monat später in einem Krankenhaus. Der Angeklagte war zunächst geflohen und Wochen später gefasst worden.
Vor Gericht sagte der inzwischen 25-Jährige, er habe an dem Tag viel Alkohol und Kokain konsumiert, der Tod des Opfers tue ihm "unendlich leid". Er fühle sich verantwortlich. Allerdings sei er zuvor "provoziert und geschlagen" worden.
Der 55-Jährige sei als Fußgänger unterwegs gewesen und habe auf die Motorhaube geschlagen, so der junge Mann. "Ich war aufgebracht und wollte ihm eine Ansage machen." Er selbst sei erheblich alkoholisiert gewesen. Sie hätten sich dann angeschrien.
Augenzeuge widerspricht Angeklagtem
"Ich hatte nicht vor, ihn zu schlagen", hieß es weiter in der Erklärung des Angeklagten, die sein Verteidiger verlas. Der Hertha-Fan habe ihm "auf die Ohren" geschlagen. "Da habe ich selbst ausgeholt und einfach nach vorn ohne Ziel geschlagen." Er habe "unglücklich" getroffen und sei "verblüfft" gewesen, als der "große Mann einfach nach hinten umfiel". Er habe sich nicht vorstellen können, dass der Mann derart schwere Verletzungen erlitt. Weil ihn nach dem Geschehen mehrere Leute attackiert hätten, sei er weggelaufen. Später habe er versucht, "alles zu verdrängen".
Als ein Augenzeuge sagte ein 45-Jähriger im Prozess, der Mann aus dem Fahrzeug mit Rostocker Kennzeichen habe nach seiner Beobachtung Streit gesucht. "Von dem Opfer ging keine Gefahr aus", schilderte der Zeuge. Der Mann aus dem Auto habe den Hertha-Fan, der zuvor vor dem Fahrzeug gestanden habe, verfolgt. Der Hertha-Fan habe zunächst nicht reagiert. Der Angeklagte sei dem Opfer dann so nahe gekommen, dass sie "Nase an Nase" gestanden hätten. In dieser Situation habe der Hertha-Fan dem Mann ins Gesicht gefasst, um ihn wegzuschieben. "Dann ist schon der Schlag passiert."
Urteil voraussichtlich Ende März
Der Angeklagte war zunächst unerkannt entkommen. Die Polizei hatte seinerzeit mit einem Phantombild nach einem Verdächtigen gesucht, der eine Jacke mit Vereinslogo des FC Hansa Rostock getragen haben soll. Am 3. August 2022 war der Rostocker schließlich festgenommen worden. Ende September wurde er von weiterer Untersuchungshaft verschont und ist seitdem frei.
Für den Prozess hat das Landgericht sieben weitere Verhandlungstage vorgesehen. Das Urteil soll Ende März gesprochen werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 24.02.2023, 12 Uhr