Durchsuchungen auch in Berlin - Sieben mutmaßliche IS-Unterstützer bei bundesweiter Razzia festgenommen
Die Terrormiliz IS kämpft nach wie vor unter anderem in Syrien. Dafür wird auch in Deutschland Geld gesammelt. Die Justiz ist nun bundesweit gegen Helferinnen und Helfer vorgegangen. Auch in Berlin gab es Durchsuchungen.
Weil sie Spendengelder für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gesammelt haben sollen, hat die Bundesanwaltschaft sieben mutmaßliche Unterstützer festnehmen lassen. Zudem habe es am Mittwochmorgen in zehn Bundesländern Durchsuchungen gegeben, teilte die Karlsruher Behörde mit.
In Berlin wurden nach Angaben von Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner neun Objekte durchsucht. Es seien unter anderem Mobiltelefone und andere Datenträger beschlagnahmt worden. Es sei niemand festgenommen worden.
Die neun Beschuldigten seien zwischen 21 und 42 Jahre alt, konkretisierte die Berliner Polizei. Sie sollen dem gewaltsamen Jihad und der Ideologie des IS nahestehen. Im Rahmen der bundesweiten Razzia sei es in der Hauptstadt aber nur um "Beifang" und eher kleinere "Spenden" gegangen, ergänzte Büchner. Aber auch die seien strafbar.
Bundesweit seien mehr als 1.000 Kräfte des Bundeskriminalamts, der Landeskriminalämter der betroffenen Länder sowie der Polizei im Einsatz gewesen. Insgesamt wurden mehr als 100 Objekte durchsucht.
Durchsuchungen auch in den Niederlanden
Durchsuchungen gab es Informationen der Bundesanwaltschaft neben Berlin in Bayern, Bremen, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Auch in den Niederlanden wurde den Angaben nach ein Objekt durchsucht.
Festgenommen wurden drei Männer und vier Frauen in Bremen und Ulm (Baden-Württemberg) sowie in den Landkreisen Neuwied (Rheinland-Pfalz), Heinsberg und im Rheinisch-Bergischen Kreis (beide Nordrhein-Westfalen). Sie seien als Finanzmittler in ein internationale Finanzierungsnetzwerk eingebunden gewesen. "Durch ihr Sammeln von Spenden und deren Weiterleitung an den IS nahmen sie eine zentrale Rolle innerhalb des Finanzierungsnetzwerkes ein", hieß es.
Die oberste Anklagebehörde Deutschlands wirft den Beschuldigten in erster Linie Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor. Sie sollten noch an diesem Mittwoch und am Donnerstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Der entscheidet, ob sie in Untersuchungshaft müssen. Weiteren Beschuldigten werfen die Ermittler Geldzahlungen an das Finanzierungsnetzwerk zugunsten des IS vor.
Seit 2020 hätten zwei Anhängerinnen des IS von Syrien aus über den Online-Dienst Telegram für Geldzahlungen geworben, teilte die Bundesanwaltschaft weiter mit. "In das Netzwerk eingebunden waren Finanzmittler, die Gelder sammelten und Konten oder digitale Spendenkassen zur Verfügung stellten." Das gesammelte Geld sei an IS-Mitglieder in Syrien oder an von dort benannte Mittelsleute transferiert worden - insgesamt mindestens 65.000 Euro.
Gelder sollten Flucht oder Schleusung ermöglichen
Die Zahlungen dienten den Angaben zufolge dazu, den IS zu stärken. "Die Gelder wurden insbesondere zur Verbesserung der Versorgungslage von in den nordsyrischen Lagern Al-Hol und Roj inhaftierten Angehörigen der Vereinigung genutzt", erläuterte die Bundesanwaltschaft. "Teilweise wurde den Inhaftierten mit den Geldern die Flucht oder Schleusung aus den Lagern ermöglicht."
Die Kampagnen in sozialen Medien mit Titeln wie "Deine Schwester im Camp" laufen nach dpa-Informationen schon seit einigen Jahren. Sie sollen IS-Frauen finanziell unterstützen, die mit ihren Kindern seit der militärischen Niederlage der Terrormiliz in Syrien leben, vor allem in dem von kurdischen Gruppen kontrollierten Lager Al-Hol.
Immer wieder gab es Berichte, wonach Frauen, Kinder und Jugendliche, die sich dem IS bis heute zugehörig fühlen, gegen Zahlung hoher Geldbeträge aus dem Lager geschmuggelt wurden. Von den mehreren Dutzend IS-Frauen, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland zurückgekehrt sind, wurden etliche nach ihrer Ankunft inhaftiert und vor Gericht gestellt. Ein Teil von ihnen kam über Rückholaktionen mit ihren Kindern aus Syrien nach Deutschland, andere wurden abgeschoben oder kamen auf eigene Faust zurück.
Seit Anfang Januar 2014 können gemäß Strafgesetzbuch Taten von Mitgliedern oder Unterstützern des IS, die deutsche Staatsbürger sind, sich in Deutschland aufhalten oder hier tätig werden, strafrechtlich verfolgt werden. Das Innenministerium erließ ferner am 12. September 2014 ein Betätigungsverbot für den IS in Deutschland. Dieses umfasst unter anderem jegliche Beteiligung in sozialen Medien und Demonstrationen zugunsten des IS und jede Art von Unterstützungshandlung wie das Einwerben von Geld und Material sowie das Anwerben von Kämpfern. Diese Handlungen sind seither strafbar.
Sendung: rbb24 Inforadio, 31.05.2023, 9:20 Uhr