Sabotage im Oktober 2022 - Sensible Bahnkabel in Berlin laut Bericht immer noch ungesichert

Fr 28.07.23 | 12:40 Uhr
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Ein Bahn-Mitarbeiter steht an einem Gleis (Quelle:dpa/Michael Reichel).
Audio: rbb24 Inforadio | 28.07.2023 | Michael Ernst | Bild: dpa-Zentralbild

Vor neun Monaten durchtrennten Unbekannte wichtige Bahnkabel neben der Trasse bei Berlin-Karow. Der Fernverkehr in ganz Norddeutschland stand daraufhin still. "Spiegel"-Recherchen legen offen: Die Bahn hat daraus offenbar nichts gelernt.

Auch neun Monate nach dem Sabotageangriff auf die Bahninfrastruktur im Norden Berlins sind die betroffenen Stellen offenbar nicht ordnungsgemäß gesichert. Das zeigen Recherchen des "Spiegel".

Die Online-Ausgabe des Magazins [spiegel.de/€] veröffentlichte am Freitag Fotos, die im Juli an der nach wie vor leicht zugänglichen Stelle des Sabotageakts gemacht wurden. Darauf zu sehen sind frei liegende Glasfaserleitungen und Kabel für die Telekommunikation in einer Böschung. Die Kabel ragten dem Bericht zufolge aus maroden Führungen heraus und waren mit Zahlen und Symbolen beschriftet.

Eisenbahn-Bundesamt reagiert besorgt

Der "Spiegel" hat die Deutsche Bahn mit diesen Erkenntnissen konfrontiert. Dort sei man überrascht gewesen: Man habe die ordnungsgemäße Verlegung in Auftrag gegeben, sagt eine Bahn-Sprecherin. "Die Arbeiten sollen bis zum kommenden Wochenende abgeschlossen sein."

Am Freitag steuerte dann eine Bahnsprecherin nach: Ihren Angaben zufolge sei die Stelle inzwischen wieder ordnungsgemäß abgesichert. "Kommunikationskabel sind üblicherweise in Betontrögen verlegt, die mit Betonplatten abgedeckt sind", teilte sie mit. "Das ist ein weltweit anerkannter Standard. An der besagten Stelle fehlte offensichtlich die Abdeckung." Dies sei mittlerweile behoben. "Die Kabel sind jetzt ordnungsgemäß verlegt."

Die Spiegel-Recherche hat auch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) auf den Plan gerufen. "Die Fotos zeigen einen Verstoß gegen die einschlägigen anerkannten Regeln der Technik. Grundsätzlich sind Kabel geschützt zu verlegen", teilte das Amt auf Anfrage am Freitag mit. "Das EBA hat den Sachverhalt bereits in der Aufsicht aufgegriffen und wird, je nach Befund vor Ort, über das weitere Vorgehen entscheiden."

Berlin ist Spitzenreiter bei Bahn-Sabotage

Bei dem Sabotageangriff am 8. Oktober 2022 waren in Berlin-Karow sowie im nordrhein-westfälischen Herne von Unbekannten zentrale Datenkabel für den Zugfunk der Bahn durchtrennt worden. Dadurch war das Zugfunknetz der Bahn ausgefallen. Der Zugverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands musste für mehrere Stunden eingestellt werden. Auch Berlin war betroffen: Zahlreiche Fernzüge mussten stundenlang im Hauptbahnhof verharren oder konnten Berlin nicht ansteuern.

Die Bundesanwaltschaft hatte danach das Ermittlungsverfahren übernommen. Wegen möglicher verfassungsfeindlicher Sabotage hatte die Behörde ein Verfahren gegen unbekannt eingeleitet. Das Bundeskriminalamt übernahm die Ermittlungen.

In dem "Spiegel"-Bericht heiß es weiter, dass in den vergangenen zwei Jahren die Zahl von Sabotageakten an Bahnanlagen deutlich zugenommen hat - und in Berlin bundesweit am höchsten liegt. Laut internen Statistiken der Bahn sind allein im vergangenen Jahr über 1.500 Sabotageaktionen verübt worden, im Jahr 2021 waren es demnach nur rund 1.200. Die meisten der Taten im vergangenen Jahr (310) seien in Berlin verübt worden, so der Bericht.

Sendung: rbb88,8, 28.07.2023, 11:30 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    Als was soll ich denn Ihrer Meinung nach platziert werden? Als Bewegungsmelder, Kameramann oder Wachmann? Umsonst würde ich das auch nicht machen wollen. Und ob das auf Dauer billiger ist glaube ich nicht.

  2. 14.

    Das Problem ist allgegenwärtig und nicht in den nächsten 30 Jahren lösbar. Das ist die einzige Wahrheit und Realität, wer etwas anderes sagt, ist ein mieser Lügner. Die Kabeltröge kann man ungehindert öffnen und dies überall entlang der Strecke. Der Artikel erweckt die falsche Annahme, dass es nur ein punktelles Problem ist. Die Strafen gegen kritische Infrastruktur müssen deutlich höher werden und kritische Infrastruktur besser überwacht werden. Teilweise jedoch unlösbar aufgrund der immensen kosten und der riesigen Infrastruktur

  3. 13.

    Da habe ich gar nicht anderes erwartet. In Berlin dauert es doch alles 100 Jahre bis was erledigt ist.

  4. 12.

    Antwort auf Sachse
    Wenn man Sie geschickt platziert braucht man gar nicht soviele.
    Ausserdem auf Dauer bestimmt billiger als immer wieder Schäden und wir Kunden die nicht transportiert werden können.
    Man muss langfristig denken und planen.
    Heute ist viel möglich, dafür ist doch die Technik erfunden worden.

  5. 11.

    Da braucht man aber ganz viele Bewegungsmelder, Kameras und auch Wachpersonal bei dem Streckennetz der Bahn. Und wer soll das dann bezahlen?

  6. 10.

    Der Witz ist doch nicht die Schächte abzusichern, sondern ein möglichst fluides Netz zwischen den Knoten aufzubauen. Lieber Spiegel, frag doch mal die Amerikaner wie es zum ARPAnet kam, einem Vorfahren des Internets.

  7. 9.

    In nahezu ganz Deutschland und auch anderen Staaten verlaufen parallel zu den Gleisen die üblichen Kabelkanäle. Diese sind in der Regel mit Betonplatten abgedeckt, ähnlich wie kleine Bürgersteigplatten. Sowas kann man nicht hundertprozentig absichern. Das Bahnnetz in Deutschland ist rund 38.000 km lang. Soll man da alle paar Meter einen Wachposten hinstellen?

  8. 8.

    Einziger Aktionär und damit Besitzer der DB ist der dt. Staat mit der Verpflichtung, den Btrieb am Laufen zu halten.
    Ist mir ein großes Rätsel, weshalb die DB von den 1,3 Mrd. Gewinn in 2022 nicht in die marode Infrastruktur (Schienennetz, Signaltechnik, Kabelnetz etc.) investiert.
    Aber was frag ich - seit 2009 CSU- und jetzt FDP-gesteuert - beides Autofahrerparteien.

  9. 7.

    "Wegen möglicher verfassungsfeindlicher Sabotage hatte die Behörde ein Verfahren gegen unbekannt eingeleitet. " Welche Täter wurden denn ermittelt? Gleiche Frage auch zu Anschlägen vorher. Wenn man weiß, wer es ist, kann man auch ein besseres Schutzkonzept erstellen.

  10. 6.

    Vielleicht erstmal die Frage: Wie machen es denn die Bahnen in anderen Ländern? Oft muß man ja nicht das Fahrrad neu erfinden. Oder gibt es das Problem mit den Anschlägen nur in Deutschland? Gibt es eigentlich besondere örtliche Schwerpunkte bei der Art Sabotage oder tritt das an allen Strecken zufällig verteilt auf?

  11. 5.

    Nichts ist 100% sicher,aber man könnte Bewegungsmelder installieren die sofort eine Meldung geben das jemand unbefugtes sich dort aufhält in Verbindung mit einem Wachdienst und Kameras die auch Nachts aufzeichnen.
    Dann würde man diese Diebesbande vielleicht bekommen und dann entsprechend hart bestrafen.

  12. 4.

    Betontröge und Betonabdeckungen klingt besser, als es ist.
    Da kann jeder, der geschätze 5 oder 10 Kilo anheben kann, an die Kabel gelangen. Das ist ein Witz. Ich sehe auch gern verrutschte Steine.

  13. 3.

    Solche Kabel draußen irgendwo im Wald an der Bahnstrecke sind nie vollständig zu schützen, es sei denn ich stelle 24/7 alle 50m einen Aufpasser dorthin.

  14. 2.

    "Sensible Bahnkabel in Berlin laut Bericht immer noch ungesichert"
    Natürlich - eine richtige Sicherung kostet Geld, schwere Vorfälle sind selten, und betroffen sind ja immer nur die Fahrgäste.
    Also wozu was ändern? LIeber aussitzen.
    Davon abgesehen schützen auch Betontröge sicher gegen vieles, aber nicht gegen Kriminelle, die partout an die Kabel wollen...

  15. 1.

    Na dann wünsch ich mal gutes Gelingen all die Kabel gegen unbefugten Zugriff zu sichern, fast alle Kabel liegen auf den Offenen Strecken lediglich in Trögen, die lediglich mit offen aufgelegten Trogdeckeln abgedeckt sind. Die Kosten dafür werden immens sein.

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