Kein Ausstieg aus defektem ICE - Bahn entschuldigt sich bei gestrandeten Rollstuhlfahrern

Mo 24.07.23 | 15:17 Uhr
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Symbolbild: Eine Rollstuhlfahrerin steht an einem Gleis der Deutschen Bahn und wartet auf einen Zug. (Quelle: imago mages/M. Gstettenbauer)
Bild: imago images/M. Gstettenbauer

Nach einer Odyssee im Fernverkehr der Deutschen Bahn hat sich der Konzern bei Fahrgästen im Rollstuhl entschuldigt. "Wir nehmen die Schilderungen zum Anlass, die Abläufe in diesem besonderen Einzelfall im Hinblick auf die spezifischen Bedarfe mobilitätseingeschränkter Fahrgäste noch einmal aufzuarbeiten", teilte die Bahn am Montag mit. "Für die entstandene Situation der mitreisenden Fahrgäste mit Rollstuhl möchten wir uns in aller Form entschuldigen."

Regionalbahnhof in Nennhausen hatte keinen Hublift

Wegen eines technischen Defekts war ein ICE in Richtung Hannover am Sonntagnachmittag im brandenburgischen Nennhausen (Havelland) gestrandet. Die meisten Fahrgäste konnten den Zug nach einiger Zeit verlassen und in einem anderen ICE ihre Fahrt fortsetzen. Lediglich zwei Fahrgäste im Rollstuhl, darunter der niedersächsische SPD-Landtagsabgeordnete Constantin Grosch, und eine Begleitperson mussten im kaputten ICE sitzen bleiben.

Der Grund: An dem Regionalbahnhof in Nennhausen habe es keinen Hublift gegeben, über den sie den Zug hätten verlassen können, schrieb Grosch auf Twitter. Die Bahn verwies auf Anfrage auf die eigenen Vorschriften, die es zum Schutz der Fahrgäste und aus versicherungstechnischen Gründen unmöglich machten, den Kunden auf andere Weise aus dem Zug zu helfen.

Der defekte ICE konnte Groschs Schilderungen zufolge schließlich nach Stendal fahren, wo die Mitarbeiter erst unter seiner Anleitung einen Hublift hätten einsetzen können, um die Fahrgäste aus dem Zug zu holen. "Wir sollen um 17 Uhr in Hannover ankommen. Zwei Stunden später als geplant und circa eine Stunde später, als die anderen gestrandeten Fahrgäste", schrieb Grosch auf Twitter.

Sendung: Antenne Brandenburg, 24.07.2023, 15:25 Uhr

35 Kommentare

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  1. 35.

    Ja - in diese Richtung!
    M.E. wird man bei den "jetzigen Zuständen" in den Öffis (unzuverlässig, dreckig, unzureichen ect.) sehr wenige Leute vom Autofahren abbringen. Da lockt man auch mit einem kostengünstigen Ticket keinen bzw. nur wenige hinterm Ofen vor.
    Und wenn da nicht zügig gegengesteuert wird - und dies ist nur mit viel Geld machbar, fahren meine (noch nicht geborenen) Urenkel auch noch mit dem Auto durch die Gegend. Leider!

  2. 34.

    ich bin auch körperlich eingeschrenkt. diese situation kenne ich schon aus der vergangenheit. im grunde ist schon mal der ansatz falsch behinderte menschen als letzte zu befördern in einem notfall. es muss genau umgekehrt sein frauen kinder und behinderte zuerst dann alle anderen. . dass das peronal der deutschen bahn ungeschult auf die trassen geschickt wird ist ein NOGO und in meinen augen unentschuldbar. im ernstfall (brandt oder ähnliches) wären jene menschen also diesem geschehen hilflos ausgesetzt. sorry .. an die deutsche bahn.. ** das ist für mich schon lange ein grund diesen service nicht mehr zu nutzen*** wenn ein bahnangestellter kein treppenlift oder rollstuhlhub bedienen kann oder an manchen bahnhöfen diese ausstattung nicht mal exestiert. schämt euch deutsche bahn ag

  3. 33.

    Das ist zwar noch kein Quellenbeleg, aber eine nachvollziehbare Erklärung. Danke. An kaputten Aufzügen kann man das gut nachvollziehen. Erschreckend, wenn es denn wirklich so zutrifft, was das für mobilitätseingeschränkte Zielgruppen systematisch bedeutet.

  4. 32.

    Auch das ICE Unglück von Eschede ist ja im Endeffekt auf fehlende Wartumg bzw.fehlende Ersatzteile zurückzuführen.Das das betreffenden Rad nicht rund läuft wurde bereits in München festgestellt,aber es war kein Radsatz verfügbar,so sollte er erst in Hamburg getauscht werden,wozu es aber bekannterweise nicht mehr kam,da der unrund laufende Radreifen in Eschede brach.Für die Wartung hat man daraus nichts gelernt,nur wurden wieder Vollräder in den ICE eingebaut.

  5. 31.

    Entschuldigung. Mein Kommenentar um 10:27 war eine Antwort auf Helmut Krüger, nicht auf Ralf S.
    (Irgendwie nicht mein Tag.)

  6. 30.

    Auch wenn Sie sich auf meinen Beitrag beziehen und nicht auf denjenigen von Ralf S.:
    Mit meiner Bemerkung meine ich vor allem die Instandhaltung einschlägiger Hilfsmittel und -wege: Da unterscheidet die Deutsche Bahn AG, auch etliche andere Unternehmen m. W., zwischen dem sicherheitsrelevanten Bereich, bei der Bahn also Fahrwerk und Bremsen und dem "Service-Bereich". Das sind dann Klimaanlagen, Toiletten, Fahrstühle und Rolltreppen. Deren Wartung setzt de facto im Nachhinein ein, als eine Politik der Wiederinbetriebsetzung nach einkalkulierten Ausfällen.

    Das Zauberwort, das eher der Orwell´schen Newspeak entstammen könnte, heißt:
    "Ereignisorientierte Instandhaltung."

    Übersetzt: Keine großen Instandhaltungsmaßnahmen vornweg, sondern Wiederinbetriebsetzung hinterher, nachdem das "Ereignis", der Defekt, eingetreten ist. Deshalb gibt es auch keine durchgehend in Anspruch nehmbare Barrierefreiheit. Die Hinterher-Reparatur kann dauern, im Ernstfall bis zu sechs Wochen.

  7. 29.

    "Barrierefreiheit steht - nicht nur bei der Deutschen Bahn AG - dauerhaft unter Vorbehalt"

    Da würde mich jetzt tatsächlich mal eine Quelle interessieren. Danke.

  8. 27.

    Dann sind Sie also der Meinung, dass wir jetzt erstmal schön "aus-/aufbauen" sollten, was in Deutschland mittlerweile (wegen endloser Planungsverfahren, NIMBY-Bürgerinitiativen, Naturschutz, Ausschreibungen usw. usf.) bekanntlich einige Jahrzehntchen dauern kann. Und wenn wir damit endlich fertig sind (wobei wir natürlich nicht den Sanierungsbedarf vergessen dürfen, der jetzt schon riesig ist), so in vierzig bis fünfzig, vielleicht auch sechzig Jahren, kann es auch mit dem kostengünstigen ÖPV losgehen.

    Klaro: Wir haben ja auch keine Klimakrise und die vielbeschworene Verkehrswende sollen doch unsere Urenkel durchführen.

  9. 26.

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    Meine Ehefrau ist gehörlos, sehbehindert und auf einen Rollstuhl angewiesen.
    Was wir 2022 und 2023 so erlebt haben, spottet jeder Beschreibung. Dabei geht es nicht nur um Ein- und Aussteigen aus dem Zug. Oder das trotz angemeldeter Mobilitätshilfe diese schlicht nicht da ist.
    Was uns besonders aufregt ist auch das Verhalten der Fahrgäste im Zug und des Bordpersonals, das nicht dafür sorgt dass die für Rollstuhlfahrer vorgesehenen Plätze einfach besetzt werden, trotz Reservierung. In fast jedem Fall war Gepäck gestappelt dort abgelegt oder/und mit Kinderwagen zugestellt.
    Es war jedes mal ein Kampf den Leuten klar zu machen das wir erstens reserviert haben und zweitens die Rollstuhlplätze frei zu halten sind.
    Es gibt entsprechende eindeutige „Bildchen“ an der Scheibe. Leider ist es so dass es das Bordpersonal nicht mehr zu interessieren scheint welche Regeln gelten und uns auch nicht geholfen hat.
    Ich rede von gut 40 Bahnfahrten im Fernverkehr.

  10. 25.

    Barrierefreiheit steht - nicht nur bei der Deutschen Bahn AG - dauerhaft unter Vorbehalt, d. h. vorbehaltlich einer Kalkulation, die derartige Störungen mit derartigen Auswirkungen ggü. "den doch ach so Wenigen" ganz bewusst in Kauf nimmt. Das ist kein Zufall, das ist systematisches Vorgehen und genau darin liegt die Problematik.

  11. 24.

    Eben nicht. Bitte sehen Sie doch von Belehrungen ab, wenn diese nicht korrekt sind:

    ENSCHEDE = tragische Explosion einer Feuerwerksfabrik im Mai 2000.

    ESCHEDE = tragischer ICE-Unfall im Juni 1998.

    Enschede und Eschede befinden sich zudem in unterschiedlichen Ländern.

    Schönen Abend.

  12. 23.

    Das mit den wirren Themen lasse ich mal unbeantwortet dahin gestellt.
    Das mit Eschede ist natürlich richtig. War ein Tippfehler aus Unachtsamkeit. Zumindest ist dadurch niemand zu Schaden gekommen. Würde mich ja gerne für die Korrektur bedanken, wäre sie nicht mit einer Beleidigung einher gegangen.

  13. 22.

    >“ In Enschede ist eine brutale Entgleisung eines ICE mit vielen Toten und Verletzten passiert.“
    Was für ein mies recherchierter Kommentar. Das ICE Unglück war in Eschede.
    [Kurzkommentator] vom 24.07.2023 um 19:02 darf sich ebenso uninformiert einreihen. Mal ganz abgesehen davon, dass dieser Kommentar von Kurzkommentator sowas von wirre Themen verwürfelt.

  14. 21.

    In Enschede ist eine brutale Entgleisung eines ICE mit vielen Toten und Verletzten passiert. Da ist keine Knallfroschfabrik explodiert, sondern ein Radreifen gebrochen. MfG

  15. 20.

    Kann der Fahrgast mit Rolli auch bei Regio und S-Bahn. Unglaublich aber wahr. Und meistens sind die Personale entspannt & locker drauf. Schlechten Tag hat wohl Jeder mal. Auch Rollis.
    Und an alle, welche der Meinung sind, daß das Personal zu blöde ist für die Bedienung eines Hublifts, sollten die entsprechenden Unfallverhütungsvorschriften, Bedienungsanleitungen, Gesetze zum Bedieneb von Hubfahrzeugen & Geräten und eben auch die Versicherungsbedingungen lesen und verstehen.
    Was wäre, wenn der Herr Landtagsabgeordnete wegen Fehlbedienung aus Unwissenheit mit dem Rollstuhl abstürzt o.ä.von dem Hublift? Wenn man einen E-Rolli nimmt, können da bis zu 300kg fallen. Da reicht auch die relativ geringe Höhe welche da ne Rolle spielt.

  16. 19.

    „Ich frage mich, wann es zum nàchsten Enschede kommt.“

    Was hat eine explodierende Feuerwerksfabrik mit Problemen bei der Eisenbahn zu tun?

  17. 18.

    Für alle Betroffenen klingt Gt es absolut unlogisch, aber solche Vorschridten haben i.d.R. einen versicherungsrelevanten Hintergrund. Im Notfall wird die Situation ganz anders bewertet als bei einer Störung wie der beschriebenen. Das bringt potenzielle Helfer auch in die Zwickmühle: Sie könnten, dürfen aber nicht handeln (bzw. täten es auf eigene Gefahr).

  18. 17.

    @sabi: Ich glaube da nicht so recht dran. Selbst wenn es Herrn Schäuble getroffen hätte, würde nix passieren.

  19. 16.

    Kann ich nachvollziehen. Gerade für solche individuellen Transportaufgaben wurde das Auto erfunden.
    Ich als noch körperlich mobiler ÖPNV Junkie und auch Fernverkehrteilnehmer kann ihnen sagen: Bahn fahren ist nur für die bewegliche Rollkoffer-Armada gedacht. Mehr als einen mittleren Rollkoffer darf man bei uns nicht haben, geistige wie körperliche Unbeweglichkeit schon gar nicht. Da ist der Zug im wahrsten Sinne des Wortes abgefahren.
    Anders übrigens ist es bei unserem regionalen Busbetrieb. Meist schon Niedrigflurbusse mit ausklappbaren Rampen und die Busfahrer freundlich unterstützend. Hier kann ein Rollstuhlfahrer an jeder Haltestelle rein und raus.

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