Deutschlandweiter Vergleich - Bildungsniveau in Berlin und Brandenburg laut Studie besonders schlecht
Der "Bildungsmonitor 2023" stellt Berlin und Brandenburg ein schlechtes Zeugnis aus. In einem deutschlandweiten Vergleich des Bildungsniveaus stehen beide Bundesländer zusammen mit Bremen an letzter Stelle.
- "Bildungsmonitor 2023" vergleicht Bildungsniveau von allen Bundesländern
- Berlin und Brandenburg wird geringes Niveau attestiert
- in Berlin sind die Kompetenzen in Mathematik und Deutsch niedrig, in Brandenburg gibt es einen hohen Anteil verspätet eingeschulter Kinder
Das Bildungsniveau in Berlin und Brandenburg ist im deutschlandweiten Vergleich schlecht. Das geht aus einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Demnach stehen Berlin (39,2 Punkte) und Brandenburg (39,4) im "Bildungsmonitor 2023" [insm-bildungsmonitor.de] zusammen mit Bremen (36,4) am Ende des Rankings.
Berlin: Viele Jugendliche ohne Ausbildungsplatz
Berlin weist laut Studie in den Handlungsfeldern Betreuungsbedingungen, Input-Effizienz, Förderinfrastruktur und Internationalisierung Stärken auf:
- Die Betreuungsrelationen (Kinder/Jugendliche je Lehrkraft) sind gut.
- Relativ ausgeglichene Altersstruktur der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen.
- Ein hoher Anteil der Kinder besucht Ganztagsangebote in Kitas und Schulen.
- In Berlin gibt es den höchsten Anteil an Bildungsausländern unter den Studierenden.
Verbesserungspotenzial bestehe in Berlin in den Handlungsfeldern Berufliche Bildung, Bildungsarmut, Schulqualität und Integration, heißt es:
- Der Anteil von Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz ist trotz Fortschritten hoch.
- Die durchschnittlichen Kompetenzen in Mathematik und Deutsch sind niedrig.
- Besonders enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg.
Brandenburg: Hoher Anteil verspätet eingeschulter Kinder
Brandenburg hat gemäß der Studienergebnisse Stärken in den Handlungsfeldern Integration und Internationalisierung:
- Nur wenige ausländische Schulabsolventen erreichen keinen Schulabschluss.
- Der Anteil der Bildungsausländer an allen Studierenden ist hoch.
Deutliches Verbesserungspotenzial bestehe vor allem bei den Bereichen Hochschule/MINT, Digitalisierung, Forschungsorientierung und Zeiteffizienz:
- Gemessen an der akademischen Wohnbevölkerung werden wenige Personen an Hochschulen ausgebildet.
- Wenig IT-Nachwuchs von Hochschulen und beruflicher Bildung.
- Die Forschungsausgaben je Forscher sind die niedrigsten der Bundesländer.
- Hoher Anteil verspätet eingeschulter Kinder
Bildungsniveau hat sich dramatisch verschlechtert
Generell habe sich das Bildungsniveau in Deutschland in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert, heißt es. Vor allem in Sachen Schulqualität, Integration und Bildungsarmut gebe es negative Entwicklungen, hält der "Bildungsmonitor 2023" der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) fest.
Im Langzeitvergleich ist das Bildungsniveau bis 2013 in vielen Felder gewachsen, dann allerdings kontinuierlich zurückgegangen. Dabei habe sich die Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft vertieft. Der Monitor, der zum 20. Mal erschienen ist, vergleicht die Bildung anhand verschiedener Indikatoren wie Lernerfolg, Bildungsinfrastruktur oder Betreuungsrelation.
Einen Grund für die Entwicklung sieht IW-Studienautor Axel Plünnecke darin, dass Kitas und Schulen "noch keine gute Antwort darauf gefunden haben, dass die Schülerschaft in den vergangenen Jahren deutlich heterogener wurde". So seien die Ergebnisse von Kindern aus bildungsfernen Haushalten oder mit Migrationshintergrund besonders stark gesunken.
Leichte Verbesserungen beim Ausbau frühkindlicher Bildung, der Ganztagsinfrastruktur sowie der Betreuungsrelation konnten dies laut Studie nicht ausgleichen. "Es fehlt an Qualität beim Ganztag und an gezielter Förderung", so Plünnecke.
Sachsen, Bayern und Thüringen schneiden am besten ab
Im aktuellen Ländervergleich schneiden Sachsen (63,4), Bayern (57,9) und Thüringen (55,3) erneut am besten ab. Allerdings sank in den beiden östlichen Bundesländern das Bildungsniveau gegenüber dem Vorjahr und stieg nur in Bayern "minimal" . Danach folgen Hamburg, Baden-Württemberg und das Saarland, sowie ein "breites Mittelfeld". Gegenüber 2013 hat Baden-Württemberg (-9,6 Punkte) im Ländervergleich am stärksten verloren.
Die Durchschnittswerte im Lesen und Zuhören bei Viertklässlern lagen im Langzeitvergleich 2021 im Bundesdurchschnitt auf dem Niveau des schlechtesten Bundeslandes Bremen im Jahr 2011.
Die Forscher des IW forderten den Ausbau frühkindlicher Bildung, mehr Selbstbestimmung für Schulen, jährliche bundesweite Vergleichsarbeiten in allen Klassenstufen sowie die gezielte Förderung von Schülern und mehr hochwertige Ganztagsangebote. INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben beklagte, dass Deutschland in der Bildungspolitik den Anschluss an die Weltspitze verliere. Besonders kritisch seien dabei die mangelnden Sprachkenntnisse in der Grundschule. Er verlangte eine Vorschulpflicht für alle Kinder, die schlecht Deutsch sprechen.
"Bildungsmonitor" stand immer mal in der Kritik
Der "Bildungsmonitor" stand in den vergangenen Jahren immer mal wieder in der Kritik - 2019 äußerte sich auch der Deutsche Lehrerverband kritisch: Das sei keine Studie im eigentlichen Sinn, sondern beurteile Bildungssysteme nach den Vorstellungen der Wirtschaft, sagte Heinz-Peter Meidinger damals als Verbandspräsident.
Bereits im Jahr 2014 hatte Rosemarie Hein (Die Linke) den Bildungsmonitor als "zu einseitig" kritisiert. Inklusion oder die allgemeine Weiterbildung kommt darin demnach überhaupt nicht vor. Auch die Schulqualität und Förderkompetenz würden sehr einseitig bewertet, sagte die Bildungsexpertin.
Die Organisation INSM, in deren Auftrag die Studie erstellt wurde, wird nach eigenen Angaben von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziert.
Sendung: rbb24 Inforadio, 30.08.2023, 10:20 Uhr