Ex-"Bild"-Chefredakteur -
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt wegen Betrugsverdachts eingestellt. Der Verdacht habe sich nach den Ermittlungen nicht bestätigt, teilte die Staatsanwaltschaft am Montag.
Reichelt musste im Herbst 2021 seinen Posten als Chefredakteur bei Deutschlands größter Boulevardzeitung in Berlin räumen und den Konzern verlassen. Hintergrund seines Karriereendes bei "Bild" waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen. Der Journalist selbst hatte später von einer "Schmutzkampagne" gegen ihn gesprochen und Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Springer hatte Reichelt angezeigt
Bei den nun eingestellten Ermittlungen ging es nicht um mutmaßlichen Machtmissbrauch, sondern um einen Betrugsverdacht in Verbindung mit Reichelts ausgehandeltem Abschied von Springer. Seine ehemalige Arbeitgeberin, die Axel Springer SE, hatte Anzeige gegen Reichelt erstattet. Springer warf Reichelt vor, wahrheitswidrig versichert zu haben, die noch in seinem Besitz befindlichen Dokumente und Dateien des Verlags vernichtet zu haben. So soll er vorgetäuscht haben, eine wesentliche Bedingung im Rahmen der Vertragsauflösung erfüllt zu haben, um die vereinbarte Abfindungssumme ausgezahlt zu bekommen. Dieser Verdacht habe sich nach den Ermittlungen nicht bestätigt, hieß es weiter.
Staatsanwaltschaft sieht keine Anhaltspunkte für versuchten Betrug
Tatsächlich soll Reichelt aber vom Verlag in Zusammenhang mit einem anderen Rechtsstreit gebeten worden sein, Unterlagen zur Verfügung zu stellen und nicht zu vernichten. Man bezeichnet das als sogenannten "document hold". Dieser Bitte soll er auch nachgekommen sein. Daher ist laut Staatsanwaltschaft aber davon auszugehen, dass bei der Auszahlung der Abfindungssumme dem Verlag durchaus bewusst war, dass sich noch Unterlagen bei dem Beschuldigten befanden. Da man die Abfindungssumme trotz dieses Wissens ausgezahlt hat, kann die Behauptung des Beschuldigten, alle Unterlagen bereits gelöscht zu haben, nicht ursächlich für die Auszahlung gewesen sein.
Vor diesem Hintergrund bleibt auch offen, wie es weiter hieß, ob der Beschuldigte überhaupt beabsichtigte, durch die Erklärung die Verlagsgesellschaft zu täuschen, oder vielmehr davon ausging, dass sich diese ohnehin nur auf andere Dokumente und Dateien bezog, die ausdrücklich nicht von dem "document hold" erfasst waren. Daher liegen aber auch keine Anhaltspunkte für einen versuchten Betrug vor, wie die Staatsanwaltschaft weiter mitteilte.
Neben dieser Strafanzeige verlangte Springer von dem früheren Chefredakteur in einem arbeitsrechtlichen Streit die Rückzahlung einer Abfindung. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht endete jedoch vor rund zwei Monaten überraschend mit einer außergerichtlichen Einigung. Auf was genau sich die Parteien geeinigt haben, blieb unklar.
Sendung: Fritz, 30.10.2023, 16 Uhr