Elbe-Elster - Erstes Treffen nach Kritik an Bedingungen in Flüchtlingsunterkunft
Die Kritik an den Bedingungen in der Flüchtlingsunterkunft Doberlug-Kirchhain war deutlich: Rassismus, kaum Bildungsangebote, schlechte Anbindung an die Stadt. Jetzt hat es ein ersten Treffen gegeben - allerdings ohne die Geflüchteten. Von Iris Wussmann
Nach deutlicher Kritik an den Zuständen in der Geflüchtetenunterkunft Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster) haben sich am Mittwoch einige Akteure zu einem ersten Gespräch in Herzberg (ebenfalls Elbe-Elster) getroffen. Mit dabei waren der Landkreis als Träger der Einrichtung, Mitglieder des Flüchtlingsrates Brandenburg und Vertreter der Gruppe "No Border Assembly".
Diese hatte die Kritik von Geflüchteten Anfang Februar veröffentlicht. Die Rede ist unter anderem von rassistischen Äußerungen des Personals und unzulässigen Durchsuchungen der Zimmer. Gefordert wurden außerdem bessere Transportmöglichkeiten, psychologische Betreuung und ein schnellerer Zugang zu Sprach- und Integrationskursen.
Gespräch ohne Geflüchtete
Rund zwei Stunden haben Landkreis und Vertreter von "No Border Assembly" hinter verschlossener Tür über alle Kritikpunkte gesprochen. Allerdings war keiner der rund 40 Bewohner mit dabei, die die Vorwürfe erhoben haben. Der Landkreis war davon ausgegangen, dass sie zusammen mit "No Border Assembly" zu dem Treffen kommen würden. "Ich glaube, es gab ein kommunikatives Missverständnis", sagte Karl Philipp von der Gruppe nach dem Treffen. "Die Bewohnenden wurden nicht direkt eingeladen."
Weil sie gefehlt haben, war das Gespräch für beide Seiten schwierig. Der Landkreis wurde vom zuständigen Dezernenten Dirk Gebhard vertreten. Er erklärte, dass sie konkret wissen müssten, wo es klemmt, um reagieren zu können. Das gelte auch für die Anschuldigungen an die Mitarbeiter der Unterkunft. "Wir haben ganz klar kommuniziert, dass wir zu solchen Vorwürfen natürlich die ganz konkreten Sachverhalte benötigen, um dem nachzugehen."
Gebhard könne sich Rassismus von Mitarbeitern in der Unterkunft nicht vorstellen, sagte er. Die Vertreter von "No Border Assembly" wollten keine konkreten Beispiele liefern. Sie seien nur Vermittler, könnten aber nicht für die Betroffenen sprechen, so Karl Philipp. "Wir sind nicht die Bewohnenden. Wir können nicht sagen, ob das stimmt oder nicht, ob wir das gut heißen oder nicht." Damit bezog er sich auf Vorschläge, die der Landkreis zum Beispiel zu mehr Buslinien gemacht hat. Es brauche noch einen Austausch und Abklären mit den Bewohnern der Unterkunft, so Philipp.
Er erklärte außerdem, dass seine Gruppe den Beschwerdebrief nicht geschrieben habe. Sie hätten nur geholfen, ihn zu veröffentlichen.
Neues Treffen geplant
Dezernent Dirk Gebhard sprach nach dem Treffen von einem konstruktiven Gespräch. "Wir haben unsere Standpunkte zu den einzelnen Punkten dargestellt und auch, wo wir noch mehr Informationen benötigen."
Laut Landkreis war das Treffen ein erstes Abtasten, deshalb sei auch kein Vertreter des Betreibers, dem Johanniter-Regionalverband Südbrandenburg, dabei gewesen. Ein weiteres Treffen soll es in naher Zukunft in der Unterkunft in Doberlug-Kirchhain geben. Ein genauer Termin steht noch nicht fest.
Unterkunft vom Land übernommen
Die ehemalige Lausitz-Kaserne war Ende 2015 zur Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt geworden. Das Innenministerium hatte die Schließung der Einrichtung im Juni 2022 angekündigt - unter anderem, weil damals nur gut 200 Plätze belegt waren.
Im Juli 2023 hat schließlich der Landkreis Elbe-Elster die Unterkunft übernommen. Seitdem ist sie eine Gemeinschaftsunterkunft für Schutzsuchende. Aktuell leben dort 450 Geflüchtete aus Afghanistan Syrien, afrikanischen Ländern und der russischen Föderation.
Wer ist "No Border Assembly"?
Bei "No Border Assembly" handelt es sich nach eigenen Angaben um eine Gruppe, in der sich Menschen für das Recht auf Bewegungsfreiheit für alle und gegen Abschiebungen organisieren. Auf ihrer Webseite werden beispielsweise Termine von Massenabschiebungen veröffentlicht, offenbar um mögliche Betroffene zu warnen.
Im Internet und auch auf selbst organisierten Demonstrationen protestiert die Gruppe etwa gegen Unterdrückung jeder Art, setzt sich für ein staaten- und führerloses Miteinander ohne Grenzen ein, äußert sich stark antikapitalistisch und setzt sich gegen sogenannten "Neokolonialismus" ein.
Außerdem organisierte die Gruppe bereits eine Kundgebung für Solidarität mit Palästina. Der israelische Staat wird im Zusammenhang mit den Angriffen auf den Gaza-Streifen als alleiniger Agressor im aktuellen Nahost-Konflikt genannt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 28.02.2024, 15:10 Uhr