Kommentar | Verkehrschaos durch Ukraine-Konferenz - Die Welt retten kann man auch im Flughafenhotel
Zwei Tage lang legte die Ukraine-Konferenz den Berliner ÖPNV und in Teilen auch den Straßenverkehr über Stunden lahm. So gerechtfertigt die Hilfe für Kiew ist: Solche Veranstaltungen gehören ausgelagert, kommentiert Sebastian Schöbel.
Zum Glück sprach dann noch Jens Spahn (CDU) Tacheles. "Es nervt die Leute", sagte der ehemalige Dahlemer Villenbesitzer und Ex-Gesundheitsminister der "Rheinischen Post". "Und es macht die Stimmung nicht besser in einer Zeit, in der eh schon alle gereizt sind."
Wie man in Berlin allerdings inzwischen weiß, ist dieser Jens Spahn meistens sehr weit weg von den Sorgen der Berlinerinnen und Berliner. So auch hier: Er meinte nämlich nicht das durch die Ukraine-Konferenz verursachte Verkehrschaos in der Stadt, sondern die Fanmeile am Brandenburger Tor. "Die gefährdet die Arbeitsfähigkeit des Parlaments", so Spahn.
Müssen Berliner:innen das auch noch ertragen?
Arbeitsfähigkeit zu bewerten ist schwierig, wie Spahn selbst weiß. Was seit Dienstag in der Bundeshauptstadt los war, lässt sich hingegen recht einfach erklären: Mitten in der Stadt fand eine Art Mini-G7-Treffen statt, inklusive allerhöchster Sicherheitsstufe, weiträumiger Hochsicherheitszonen, Panzern auf den Straßen und Scharfschützen auf den Dächern. Der ÖPNV kam zeitweise zum Erliegen, wichtige Straßen waren gesperrt.
Zu den Uefa-gebrandeten Fahrzeugen der Europameisterschafts-Maschine gesellten sich also noch etliche schwarze Limousinen und Transporter, die vor den Hotels in bester Lage parkten oder in Konvois unter Blaulicht durch die Stadt rasten.
Was die Frage aufwirft: Müssen das Berliner:innen auch noch ertragen? Neben den etlichen Protesten auch auswärtiger Demonstranten (mehr als 7.000 im vergangenen Jahr) und diversen Großveranstaltungen von nationaler Bedeutung? Kann man zum Beispiel der Ukraine die – absolut verdiente und unzweifelhaft dringliche – Hilfe nicht vielleicht auch im Konferenzsaal eines Flughafenhotels in Schönefeld zukommen lassen?
Und wenn man schon im schicken City-Cube der Messe konferieren will, muss man dann unbedingt ein Hotelzimmer im Adlon buchen? Vor allem, wenn man weiß, dass für den Weg dorthin die halbe Stadt über Stunden lahmgelegt werden muss?
Mit dem FEX in die Innenstadt
Ein ernst gemeinter Vorschlag zur Güte: Baut doch am Flughafen BER einen abgesicherten Sonderbereich für Staatsgäste und ihre Konferenzen, inklusive schicker Hotels, Tagungssäle und Wänden mit austauschbarer Motivtapete (für das unvermeidliche Gruppenfoto).
Sogar eine eigene Shoppingmeile für gestresste Diplomat:innen auf Mitbringsel-Suche wäre denkbar: Die Reste der "original Berliner Mauer" als Briefbeschwerer oder den coolen Berlin-Hoodie können wir euch auch in Brandenburg verkaufen, dafür müsst ihr nicht zum Brandenburger Tor juckeln.
Und wer von den Damen und Herren Diplomaten doch noch unbedingt nach Berlin reinfahren will, setzt sich in den FEX oder versucht sein Glück auf der A113. Der Rest bleibt bitte der Innenstadt fern und lässt den Berlinerinnen und Berlinern das kleine bisschen Rest von funktionierendem ÖPNV übrig.
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