Bundesgerichtshof - Fall zum Haus in Rangsdorf wird teilweise neu aufgerollt - kein Zwangsabriss

Fr 14.03.25 | 11:37 Uhr
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Archivbild: Die Beklagte in der Verhandlung zu einer Grundstücksräumung in Rangsdorf wartet am 17.01.2025 in einem Sizungssaal im Bundesgerichtshof (BGH) auf den Beginn der Verhandlung. (Quelle: Picture Alliance/Uli Deck)
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Audio: rbb24 Inforadio | 14.03.2025 | Jens Lehmann | Bild: Picture Alliance/Uli Deck

Seit elf Jahren schwelt der Streit darum, ob eine Familie ihr Haus in dem Brandenburger Ort Rangsdorf abreißen muss. Nun gab der Bundesgerichtshof bekannt, dass der Fall teilweise neu verhandelt wird.

Der Fall einer Familie aus dem brandenburgischen Rangsdorf (Teltow-Fläming), die wegen eines Behördenfehlers bei der Zwangsversteigerung ihr Haus verlieren sollte, wird nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe vom Freitag teilweise neu aufgerollt.

Zwar ist klar, dass das Grundstück dem ursprünglichen Eigentümer gehört, er kann die Herausgabe verlangen. Aber die Familie muss das Haus nicht abreißen und kann für die Baukosten Ersatz verlangen.

Mit dem Urteil des BGH geht das Verfahren zurück an das Oberlandesgericht in Brandenburg. Dieses habe die beklagte Familie unter anderem zu Unrecht zum Abriss ihres Einfamilienhauses verurteilt, so der BGH.

Verfahren zieht sich seit mehr als zehn Jahren

Die Familie hatte das Baugrundstück im Jahr 2010 bei einer Zwangsversteigerung erworben und darauf ihr Haus gebaut. 2014 entschied jedoch das Landgericht Potsdam, dass die Zwangsversteigerung fehlerhaft war. Das Amtsgericht Luckenwalde (Teltow-Fläming) habe nicht ausreichend nach dem Eigentümer gesucht - einem US-Bürger, der nicht in Deutschland lebt. Der hatte erst nach dem Zuschlag von der Zwangsversteigerung erfahren und das Grundstück zurückgefordert.

2023 urteilte das Brandenburger Oberlandesgericht (OLG) schließlich, dass die Familie binnen eines Jahres das Haus abreißen und das Grundstück räumen muss. Zudem sollte sie eine Grundschuld über 280.000 Euro plus Zinsen für die Baukosten löschen und dem Eigentümer rund 6.000 Euro für die Nutzung des Grundstücks zahlen. Dagegen legte die Familie Revision am Bundesgerichtshof ein und hatte nun Erfolg.

Räumung nur nach Entschädigung

Zwar habe der Kläger als rechtmäßiger Eigentümer wie vom OLG angenommen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs und auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks, entschied der Karlsruher Senat. Das Zurückbehaltungsrecht der Familie für den Hausbau habe die Vorinstanz aber zu Unrecht verneint.

Die Eheleute müssten das Grundstück also nur räumen, wenn der klagende Eigentümer ihnen für das Haus sogenannten Verwendungsersatz - also eine Entschädigung für die Investitionen in das Haus - zahlt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 14.03.2025, 10:20 Uhr

Kommentar

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58 Kommentare

  1. 58.

    Der Eigentümer hat ebenfalls keine Fehler begangen.
    Merken sie was, da müssen zwei Parteien gegeneinander prozessieren, die sich völlig korrekt verhalten haben.

    Und genau das ist das eigentliche Problem! Aber darüber entscheidet weder der BGH noch das BVerfG.

  2. 57.

    Menschliches und korrektes Urteil.
    Die Kläger haben schließlich keinen Fehler begangen.

  3. 56.

    "Das Verhalten der Brandenburger Richter war immer unakzeptabel und pietätlos."

    Da Sie offenbar nicht zwischen Judikative und Exekutive entscheiden können, würde ich jetzt mal die Beurteilung der Brandenburger Richter auch nicht so sehr ernst nehmen, wenn das okay ist.

  4. 55.

    Prima !!!

  5. 54.

    Meines Wissens greift die Amtshaftung bei Richtern überhaupt nicht. Das Land entschädigt freiwillig und bisher nur die Häuslebauer.
    Das ist ja genau der Punkt. Deswegen klagen ja auch beide Parteien durch alle Instanzen und BVerfG.

  6. 53.

    Nun könnte der Eigentümer seinerseits das Land in Amtshaftung nehmen oder vor das BVerfG ziehen. Denn die entscheidend Frage ist, ob das BGH-Urteil auch das GG richtig abgewogen hat.

    Aber wird das Land auch dem Bodeneigentümer die notwendigen Schadensersatz gewähren, ist noch die nächste Frage. Denn eigentlich haftet ja für die Richtersprüche niemand.

  7. 51.

    Tut mir leid, meine Vermutung in meinem letzten Kommentar war doppelt falsch.
    Wie aus dem Kommentar-Artikel zu diesem Fall hervor geht, hatte das Finanzamt die Adresse und der Eigentümer zahlte seine Grundsteuer, er hatte sogar einen Winterdienst beauftragt.

  8. 50.

    Hmm, so wie hier in in Deutschland der Erbe/Eigentümer nicht bekannt war, wusste der vielleicht auch nicht von seinem "Glück", (jetzt) Eigentümer des Grundstücks zu sein.

  9. 49.

    Richtig mit einer Einschränkung. Nicht er sondern vermutlich seine Erben werden dem Land gegenüber SE geltend machen. Grund dafür sind die langen Bearbeitungszeiten bei den Gerichten, leider.

  10. 48.

    Wieso wird hier nicht das Verursacherprinzip angewendet? Das Gericht hat unrechtmäßig Privateigentum versteigern lassen, der Käufer hat auf dem Grundstück gebaut, muß den rechtmäßigen Eigentümer nun entschädigen, von der deutlich eingeschränkten Lebensqualität der Häuslebauer ganz zu schweigen... Der Fehler wurde von der zuständigen Behörde gemacht, also muss sie entsprechend entschädigen.

  11. 46.

    Leider ist Ihre Beschreibung laienhaft. Der Entscchädigungsanspruch gegenüber dem Land Brandenburg für den fehlerhaften Kauf ist klar und ausgeurteilt. Hier geht es nun maximal um eine Aufrechnung des momentanen Besitzers gegenüber dem rechtmäßigen Eigentümer, die heute doch sehr überraschend gekommen ist. Für die es i.Ü. durchaus gute Gründe gibt, die in Frage zustellen.

  12. 44.

    Wenn der Eigentümer eine Entschädigung zahlen muss, wird er sich diese bei der Behörden zurück holen. Die Behörde wird am Ende zahlen müssen.

  13. 43.

    Eigentum verpflichtet! Wenn sich ein Eigentümer Jahrzehnte nicht um sein Eigentum kümmert dann sollte er in dem Fall glücklich sein wenn er den Versteigerunserlös abzüglich der Verfahrenskosten ausgezahlt bekommt.

  14. 42.

    Wer's ein wenig juristischer mag schaut mal bei der LTO.de - zusammengefasst:
    - Bedauerlicherweise ist die Familie nur Besitzer und war leider nie Eigentümer. Da kann auch nichts einfach im Grundbuch geändert werden, weil es nach Grundgesetz Zwangsenteignungen nur in sehr seltenen Ausnahmefällen geben darf.
    - Das AG hat vor der Versteigerung einen Fehler gemacht. Und der/die Rechtspfleger:in wird sich bestimmt nicht glücklich damit fühlen.
    - Wenn das OLG Brandenburg festgestellt hat, wie hoch der Ersatz sein soll, muss der Eigentümer das zahlen, ansonsten darf die Familie in dem Haus wohnen bleiben. Solange bis er den Ersatz leistet.
    - Der Eigentümer muss das Haus danach selbst auf eigene Kosten abreißen lassen, wenn er das möchte.
    - Das Land Brandenburg (und nicht die Kommune/der Kreis) kann als Trägerin der Justiz ggf. für den verbliebenen Schaden haften. Es hat sich zu Entschädigungszahlung schon bereit erklärt.

  15. 41.

    Super kommentiert, genau richtig!
    Ich hoffe für die Familie, dass die Vernunft beim Alteigentümer siegt!!

  16. 40.

    Im einfachsten Fall wird das Grundbuch korrigiert auf den wahren Eigentümer, sie dürfen in ihrem Haus bleiben und der Grundstückseigentümer bietet einen Pachtvertrag für sein Grundstück an, es sah ja bisher nicht so aus, als wollte er selbst das Grundstück bewohnen.

  17. 39.

    Eine Entschädigung kann nur stattfinden wenn klar ist wie hoch der Schaden ist. Da das Schicksal des Hausen noch vollkommen unklar ist, kann der Schaden auch nicht beziffert werden. Das sollte sogar für juristischen Laien nachvollziehbar sein.