AfD in Umfragen stärkste Partei im Osten - Rechtsextreme Volkspartei

Di 13.06.23 | 06:51 Uhr
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Archivbild: Wahlkampfauftakt der AFD (Alternative fuer Deutschland) zur Landtagswahl. (Quelle: dpa/A. Franke)
Bild: dpa/A. Franke

Es gibt viele Warnungen vor dem rechtsextremen Wesen der AfD - bis hin zum Verfassungsschutz. Doch damit ist sie nicht mehr aufzuhalten. Noch ist sie nur in Umfragen stärkste Partei im Osten. Eine Analyse von Olaf Sundermeyer

Man muss sich den Politiker Björn Höcke dieser Tage als zufriedenen Mann vorstellen. Dafür hat der Landes- und Fraktionschef der vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingestuften Thüringer AfD allen Grund: Innerhalb einer Woche machte eine Forsa-Umfrage seine AfD im Osten mit 32 Prozent als stärkste Kraft aus (im Westen 13 Prozent).

Dann sprach sich der Präsident des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen, Michael Brychcy (CDU), für eine Zusammenarbeit mit der AfD aus, gegen das Dogma der Bundes-CDU [mdr.de].

Und schließlich kam Höckes Fraktionskollege Robert Sesselmann als AfD-Kandidat bei der Landratswahl im Kreis Sonneberg auf gut 47 Prozent. Elf Prozent vor dem zweitplatzierten Kandidaten der CDU.

Erfolg auf Höckes radikalem Weg über die ostdeutsche Provinz

War es doch Björn Höcke, der den langen Marsch seiner Partei durch die Institutionen frühzeitig als einen politisch radikalen Weg über die ostdeutsche Provinz vorgezeichnet hat. Es ist sein Weg, Höckes Weg. Dem inzwischen die meisten Führungsfiguren in der AfD folgen.

Die übrigen Chefs der ostdeutschen Landesverbände sowieso, auch die Parteispitze um Tino Chrupalla und Alice Weidel. Weil dieser Weg erfolgreich ist. Relevante Zweifler an diesem Weg hat die Partei längst hinter sich gelassen.

Das Stigma "rechtsextrem" verfängt bei der AfD im Osten nicht mehr

Auch weil die in der Vergangenheit von einigen Spitzenfunktionären strapazierte Sorge vor dem Stigma "rechtsextrem" bei der AfD im Osten nicht mehr verfängt. Unerheblich, ob es wissenschaftliche Erkenntnisse oder journalistische Recherchen sind. Bei ihren Wählern kommen auch die Signale vom Verfassungsschutz als Frühwarnsystem der Demokratie offensichtlich nicht an. Rechtsextremismus ist hier großflächig normalisiert. Er kann kaum mehr problematisiert oder skandalisiert werden.

Der Brandenburgische Verfassungsschutzchef Jörg Müller nannte das angesichts der AfD-Umfragewerte in seinem Bundesland im Interview mit der FAZ "erfolgreiche Entgrenzung des Extremismus". So dürfte es auch dort für den Zuspruch der AfD keinen Unterschied machen, wenn der Verfassungsschutz sie künftig, wie schon in Thüringen, vom "Verdachtsfall" zu "gesichert rechtsextrem" hochstuft.

Das ist auch im CDU-geführten Potsdamer Innenministerium bekannt. Deshalb hat man dort als erstes Bundesland bereits im vergangenen Jahr einen Verfassungstreuecheck für Beamte initiiert: Angehende Polizisten, Lehrer, Justizvollzugsbeamte sollen künftig vor ihrer Einstellung auf ihre Treue zur Verfassung überprüft werden. Um zumindest den Vortrieb von Extremisten in staatliche Strukturen einzudämmen, und Schaden von der Demokratie abzuwenden. Sobald die AfD als "gesichert rechtsextrem" gilt, wäre Parteimitgliedern der Weg dorthin versperrt.

Seit ihrem parlamentarischen Aufstieg bei den Landtagswahlen 2014 in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, hat sich die Partei fortlaufend radikalisiert: Zugleich stiegen im Osten Wahlergebnisse und Zustimmungswerte. Das kann als Erfolg der AfD im jahrelangen Zusammenwirken mit zahlreichen Initiativen, Aktivisten und alternativen Medienprojekten der Neuen Rechten vermerkt werden: Ihnen ist gelungen, den Rechtsextremismus in den Augen vieler Menschen vom historischen Makel des Nationalsozialismus zu befreien, darüber gesellschaftsfähig zu machen.

Auf dem Makel von Schuld und auf der daraus resultierenden gesellschaftlichen Verantwortung künftiger Generationen fußten jahrzehntelang die Pfeiler an den Schutzzäunen der Anständigkeit. Die Zäune sind seit 2014 nach und nach eingerissen worden. Jetzt sind sie weg, im Osten ist die Anständigkeit fortan ungeschützt: Vor den 32 Prozent Zustimmung für eine rechtsextreme Volkspartei. Hier hat Deutschland seine historisch bedingte Sonderrolle im Umgang mit dem Rechtsextremismus verloren.

Er ist wie anderswo in Europa akzeptierter Teil einer politischen Landschaft, die sich quer durch die gesellschaftliche Mitte zieht: Wie in Frankreich, in Tschechien, Schweden, Italien, Spanien und so weiter. Der AfD-Rekordwert in den Umfragen ist der Gipfel eines längeren Aufstiegs in Folge von russischem Angriffskrieg, Krise und Inflation.

Die Angst vor dem Verlust der Herkunft treibt der AfD Wähler zu

Den langfristigen Erfolg im Osten hat der AfD ihre grundsätzliche Ablehnung der herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse gebracht, die Zuspitzung der Migrationsfrage, das für ihre Wähler vorrangige Thema, sowie der identitäre rechte Kulturkampf auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Zusammengefasst treibt die Angst vor dem Verlust von Herkunft und Identität viele Menschen im sozial relativ homogenen Osten der AfD zu.

So formulierte es in dieser Woche auch der Dresdner Schriftsteller Uwe Tellkamp ("Der Turm"), der durchaus als intellektuelle Stimme der ostdeutschen AfD-Klientel wahrgenommen werden kann. Im Video-Interview mit dem konservativen Publizisten Ralf Schuler sagte Tellkamp: "Was übersehen wird ist, was Menschen bleiben wollen. Das ist für mich das Angegriffenste, was es gibt: Eine Herkunft!" In der Sorge um den Verlust der Herkunft sieht Tellkamp vor allem ein Stadt-Land-Problem, das sich auch in den Umfragen für die AfD im Osten ausdrücke. "Die Stadt ist ein Biotop, wo die Herkunftsfrage eine viel geringere Rolle spielt, durch das soziale Leben, durch das schnelle Wechselnkönnen von Identitäten, von Berufsidentitäten, der Zu-Hause-Identität, durch den Wechsel des Alltags, im Land sind Sie (dagegen) viel verwurzelter." Als Beleg für seine Aussage führte Tellkamp auch die -im sächsischen Verhältnis geringere- Zustimmung der AfD in den Metropolen Leipzig und Dresden an.

Eingeübte Reflexe um Rechtsextremist im Landratsamt zu verhindern

Nach der Landratswahl im ländlich geprägten Kreis Sonneberg in Thüringen zuckten die eingeübten Reflexe einiger demokratischer Politiker, sich für die Stichwahl am 25. Juni hinter dem CDU-Kandidaten zu versammeln. Um bloß den ersten AfD-Landrat in Deutschland zu verhindern. Mit der gleichen Strategie, dem lokalen Schulterschluss demokratischer Parteien, wurde kürzlich erst ein AfD-Landrat in Oder-Spree (Brandenburg) verhindert, ein AfD-Oberbürgermeister in Cottbus (Brandenburg) und Görlitz (Sachsen), möglicherweise auch bei der anstehenden OB-Wahl in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern).

Diese Strategie gegen Rechtsextremisten in der Exekutive greift nur, solange kein AfD-Kandidat aus dem Stand über 50 Prozent kommt: Oder bis andere Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht mehr ausschließen wollen. Das aber erscheint nur als eine Frage von Zeit. Der Präsident des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen, Michael Brychcy (CDU), jedenfalls kündigte bereits an, als langjähriger Bürgermeister in seiner 12.000 Einwohner Stadt Waltershausen im Landkreis Gotha im kommenden Jahr nicht mehr kandidieren zu wollen. Wenn die AfD dort antritt, wäre sie wohl nicht aussichtslos. Zuletzt hatte sie der CDU dort bereits das Direktmandat für den Bundestag abgejagt. Höckes Weg ist auch dort erfolgreich.

Der AfD-Kurs ist klar darauf ausgerichtet, bei den wichtigen Landtagswahlen im kommenden Jahr in Brandenburg, Sachsen und Thüringen stärkste Partei zu werden. Ob ihr das gelingt, ist noch ungewiss. Alarmsignale jedenfalls werden sie nicht von ihrem radikalen politischen Weg über die ostdeutsche Provinz abbringen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 12.06.2023, 19:30 Uhr

134 Kommentare

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  1. 134.

    Wollen hier einige der sogenannten Demokraten die Wähler der AfD echt ausgrenzen, einsperren und umerziehen? Euer Ernst?

  2. 133.

    Vorab: Als überzeugter Christ habe ich nicht und werde ich nicht Parteien wählen, welche eine Politik machen, die in irgendeine extreme Richtung geht. Aber ich erkundige mich auch bei Personen, warum sie inzwischen z.B. die AFD wählen. Meist berichteten sie mir, dass sie von den großen gemäßigten Parteien inkl. der Grünen deren "wir schaffen das", "wir können immer helfen" und Asylpolitik mehr, als genug die Nase voll haben. Da sie auch die Probleme in D. sehen, wählt man als Denkzettel die AfD.

  3. 132.

    Nein, die Menschen sind keine mündigen Bürger. Sie benehmen sich wie trotzige Kindergartenkinder und sind aus Prinzip gegen alles was die Regierung beschließt. Man informiert sich nicht, sondern lässt sich mit Lügen aufhetzen und droht damit, Politiker der Grünen aufzuhängen solange es noch Bäume gibt. Das hat mit Vernunft nichts zu tun!

  4. 131.

    "Doch, mit Eisspray. Und die rechtsextremen Wähler mit ausgrenzen und kaltstellen."
    Aha, was schwebt ihnen denn so vor was man mit ca. 10 Millionen Wählern machen soll?
    Woher wissen sie wer am Wahltag sein Kreuz an welcher Stelle plaziert hat?

  5. 130.

    " Es wurden nicht 17 Mio. Wirtschaftsflüchtlinge aufgenommen, man hat sie als Kunden und billige Arbeitskräfte (ganz schäbig könnte man ``Konkursware`` sagen) aufgekauft und sich zum Teil dumm und dämlich daran verdient (Autohändler, Versandhäuser, Lebensmittelhersteller)."

    Das eine schließt das andere ja nicht aus. Wer wollte denn die "schöne" glitzernde "Westware"?

    "Auch die westdeutsche Wirtschaft befand sich 1989 in der Krise, das wird aber gerne mal vergessen."

    Ich habe das nicht vergessen, auch den Ausverkauf der wenigen noch konkurrenzfähigen Betriebe nicht. Treuhand, Schwarze Koffer, Elf Minol...

    "Und auch wenn Sie noch 10 Mal das Gegenteil behaupten, die Bevölkerung der DDR hat diesem Staat das Ende bereitet."

    Sie können das auch 100 x mal behaupten, es stimmt einfach nicht. Hätte nicht ausgerechnet FJS der DDR zugunsten seiner Amigos einen Milliardenkredit vermittelt wäre die DDR schon früher zusammengebrochen.

  6. 129.

    Ich bin gebürtiger Ostberliner und habe zur Wendezeit Bündnis 90/Grüne gewählt.
    Nun 23 Jahre später wähle auch ich AfD, es ist die einzige Partei, die sich klar zur Asylpolitik äußert. Wann begreifen die übrigen Parteien, das dies der Hauptgrund für den Erfolg der AfD ist ?

  7. 128.

    Wissen Sie was in Norwegen Strom kostet? Der ist dort fast umsonst, machen wir hier auch 5ct die kw/h bin ich sofort dabei und kaufe mir selbst so eine E Karre!

  8. 127.

    Was soll den bitte der "woke Stream" sein...?!?

  9. 126.

    "Es ist also wie wenn man in einen Kaugummi getreten hat. Man wird ihn nicht mehr los."

    Doch, mit Eisspray. Und die rechtsextremen Wähler mit ausgrenzen und kaltstellen. Man muß keine Menschen "zurückgewinnen" die unser GG abschaffen wollen.

    Wie beim Fußball, wer sich nicht an die "Spielregeln" hält sieht erst gelb, dann rot.

  10. 125.

    Aber eine rechtsextreme Partei zu wählen, die demokratie- und menschenfeindlich ist, soll eine Alternative sein?

  11. 124.

    Die Hersteller klammern sich am Verbrenner? Wo haben Sie den Unsinn her? Alle deutschen Autohersteller haben sich auf Elektroautos fokussiert. BMW ist noch offen, aber grundsätzlich geht der Trend dorthin.

  12. 123.

    Ich bin dafür: Flüchtlinge und Migranten first - Deutschland (Grundgesetz) danach.
    Auch hoffe ich das Wagenknecht ihre Absichten mit ner neuen Partei umsetzt.
    Dann haben wir drei extreme Parteien:
    - die AFD
    - die Wagenknecht-Partei
    - die GRÜNEN
    Wählen würde keine, alle Drei schaden Deutschland!

  13. 122.

    Die AfD ist wie ein Kaugummi.

    Warum sollten wir die AfD nicht regieren lassen? Weil sie uns schlecht regieren wird und viel schlimmer noch, weil sie dann nicht mehr abwählen geht. Eine demokratiefeindliche Partei wird immer alle anderen unfair aus dem Rennen werfen (s. heute Türkei, Ungarn, Polen, Russland und natürlich Deutschland 1933). Die Opposition wird mundtot gemacht. Keine Chance auf freie Wahlen mehr.

    Es ist also wie wenn man in einen Kaugummi getreten hat. Man wird ihn nicht mehr los.

  14. 121.

    Die AFD sagt seit Monaten nichts, dank Blockade in den Medien, und die gewählten AFD-Abgeordneten können nicht viel machen, weil sie in den Parlamenten weitgehend von allem ausgeschlossen sind. Ausschließlich die Altparteinen reden und machen und genau das beflügelt scheinbar die AFD. Und sie reden und machen immer weiter. Finde den Fehler!

  15. 120.

    Ein Desaster ist wie die Bürger in den " reichen" Ländern mit den Resourcen der Welt umgehen. Der AFD ist es doch völlig Schnurz was passiert Hauptsache sie können das System zerstören. Was besseres kommt da bestimmt nicht raus. Sollten sich mal alle in die Diskussion einbringen, solange es noch geht und nicht wie Lemmige hoffen, dass ein Abschaffen der demokratischen Grundwerte die Lösung ist.

  16. 118.

    Frag die AfD. Oder sag uns, was die AfD dazu veröffentlicht hat. Die Ampel ist ja auf dem Weg, sich der Mehrheit in der EU anzuschließen.

  17. 117.

    Viele wählen aus Protest die AfD weil sie mit dieser Politik die zur Zeit stattfindet nicht mehr einverstanden sind und keine Alternative in anderen Parteien sehen.

  18. 116.

    Woher wollen Sie denn wissen, was der Rest der Welt über die deutsche Umweltpolitik denkt? Viele Länder sind viel weiter als Deutschland. Selbst in Norwegen gibt es prozentual deutlich mehr Häuser mit Wärmepumpen als in Deutschland obwohl dort Öl und Gas gefördert und exportiert wird. Deutschland verspielt gerade seine Zukunft und wird zum Industriemuseum.

  19. 115.

    Aha, und da sowieso alles egal ist, wie das Klima wird, kann man auch einfach alles machen, was man will...
    Das erinnert an das Niveau der von Punkern ins Leben gerufenen Chaostage in Hannover.

    Außerdem gibt es genug Länder auf der Welt, wie China, die das Problem längst erkannt haben und handeln. Schon aus wirtschaftlichen Eigeninteresse. Während sich hier die Hersteller noch am verbrenner festhalten, wurden schon vor 10 Jahren in den chinesischen Großstädten sämtliche Motorroller durch Elektroroller ersetzt (verboten). Und die Elektroauto Produktion läuft auf Hochtouren.

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