Niederdeutsch-Gesetz - Plattdeutsch bekommt in Brandenburg gesetzlichen Schutz

Fr 21.06.24 | 15:44 Uhr
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Archivbild: Doris Meinke von der Zentralstelle für Niederdeutsch in Prenzlau (Brandenburg) unterrichtet am 07.11.2017 Plattdeutsch in einer dritten Klasse der Pestalozzi-Grundschule in Prenzlau. (Quelle: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 20-06.2024 | Fred Pilarski | Bild: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Als erstes Bundesland hat Brandenburg ein Niederdeutsch-Gesetz verabschiedet, das die Sprache schützen und fördern soll. Platt soll in Schulen und auf der Straße sichtbarer werden. Manchen Plattsprechern geht das Gesetz aber nicht weit genug.

Die niederdeutsche Sprache oder Plattdeutsch wird jetzt in Brandenburg gesetzlich geschützt und gefördert: Der Brandenburger Landtag hat am Donnerstag in seiner letzten Sitzung vor der Wahl das Niederdeutsch-Gesetz verabschiedet. Das Gesetz definiert ein niederdeutsches Sprachgebiet, regelt Interessenvertretungen sowie Ansprechpartner und wird als Bekenntnis zur Erhaltung und Förderung des Niederdeutschen interpretiert. Brandenburg ist das erste Bundesland mit einem Gesetz zur Förderung dieser Sprache.

"Mit dem Niederdeutsch-Gesetz unterstützen wir Menschen dabei, ihre Sprache zu erhalten und zu pflegen", sagte Brandenburgs Kultur- und Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) am Donnerstag. "Denn Sprache und Identität sind eben nicht nur Privatsache." Das Niederdeutsche gehöre nicht nur zum kulturellen Erbe, sondern auch zur Zukunft Brandenburgs, so die Ministerin.

Nur drei Prozent der Brandenburger sprechen Platt

Das Gesetz betrifft alle Menschen in Brandenburg, die sich der niederdeutschen Sprachgruppe zugehörig fühlen – unabhängig davon, ob sie Muttersprachler sind oder die Sprache gerade erst gelernt haben. Ihre Sprachenrechte werden definiert: Unter anderem sollen Platt-Lehrkräfte unterstützt, Lernmittel finanziert und die Geschichte der Sprache in den Schulen angemessen vermittelt werden. Außerdem will die Landesregierung einen Beirat schaffen, um den Austausch mit der Sprachgruppe zu fördern.

Das erstmals definierte Sprachgebiet umfangt fast das ganze Land Brandenburg mit Ausnahme der Lausitz und des Elbe-Elster-Kreises. In diesem Gebiet können nun beispielsweise zweisprachige Ortsschilder aufgestellt werden – ähnlich wie im niedersorbischen Sprachgebiet. Das wurde bislang ohne gesetzliche Grundlage in einigen Orten gemacht.

Anders als in den norddeutschen Ländern droht das Plattdeutsche in Brandenburg auszusterben: Nur weniger als drei Prozent der Brandenburger haben eine aktive Sprachkompetenz, was Platt angeht, wie eine Umfrage des Instituts für niederdeutsche Sprache ergab. Demnach sprechen etwa zwei Millionen Menschen deutschlandweit Plattdeutsch. In Brandenburg ist sie vor allem in den nördlichen Landkreisen präsent.

Platt ist eine Sprache und kein Dialekt

Als Interessenvertretung der Plattsprechenden wird der Verein für Niederdeutsch im Land Brandenburg anerkannt. Damit wird der Verein Ansprechpartner für die Landesregierung in Niederdeutsch-Fragen. Seine Geschäftsführerin Astrid Flügge freut sich über den politischen Stellenwert und Sichtbarkeit der Sprache, wie sie dem rbb sagte. Doch vieles sei im Gesetz unverbindlich geregelt, etwa die Schulbildung und die Lehrerfortbildung. Das häufigste Wort im Gesetz sei "kann". So könne man keine sterbende Sprache retten, sagte Flügge. Ministerin Schüle hatte das Gesetz ein "Ermöglichungsgesetz" genannt.

Bei der niederdeutschen Sprache handelt es sich nicht um einen Dialekt des Hochdeutschen, hieß es in einer Pressemitteilung des Kulturministeriums. Es handelt sich demnach um eine eigene germanische Sprache, die mit dem Englischen und Friesischen verwandt ist und in acht Bundesländern gesprochen wird. Bereits 2022 nahm der Landtag den Schutz und die Pflege der niederdeutschen Sprache in die Brandenburger Landesverfassung auf.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.06.2024, 14:20 Uhr

Mit Material von Fred Pilarski

12 Kommentare

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  1. 12.

    Nu will ick ji mol watt seggen: Mien Mauderspraak is un blivvt Platt. Mien firste Fremdspraak is Babendüütsch, denn kümmt Russisk un Ingelisk as de Twinning von't Platt. Miene Jrootellern von beede Sieten hebben et spraken duan und wi Lorbasse von't Dörp in' Kries Zauch-Belzig/Branneborch un Porsdsm hebben et ook. Ick bin nu söstich Jor oll und dat is fiftich Jor her. För un achter von Mauderkin Havel was Platt-Land un hüüde noch vertell ick mi mit ienige Früünde und Kollegen allens up Platt. Da is noch längs kien Lann unner. De Babendüütschen hebben us noch nich daud krecht!

  2. 11.

    Vor 100+x Jahren sprach man in fast ganz Brandenburg Platt. Nur Berlin war eine Sprachinsel, weil der Berliner Dialekt in der Stadt selbst entstanden war und sich zunächst auf Berlin beschränkte. Siehe zB das Ribbeck-Gedicht von Fontane wo er den Einheimischen Plattdeutsch in den Mund legt. Ribbeck ist ein Ort 20 km westlich von Spandau.

    Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat sich Berlinisch dann über Brandenburg ausgedehnt und das angestammte Platt fast völlig verdrängt. Das ist die heutige Situation, im größten Teil Brandenburgs wird Berliner Dialekt oder etwas sehr ähnliches gesprochen. Aber das war nicht immer so.

  3. 10.

    Meine Oma aus der Neumark konnte auch Plattdeutsch. Es hatte definitiv eine relevante Verbreitung.

  4. 8.

    Vor 200 Jahren waren es wohl an die 95 Prozent aller Leute.

  5. 6.

    "Gab es früher deutlich mehr als 3 Prozent Sprecher?"

    Kommt auf die Gegend an... im Fläming bspw. können viele über 80jähre noch platt sprechen und schreiben (süd- bzw. mittelmärkisch), was die Kinder und Enkel aber nicht übernommen haben. In den Städten oder in der Nähe Berlins ist Platt natürlich schon viel eher ausgestorben.

    Unter "Märkische Dialekte" gibt es einen recht ausführlichen Artikel bei Wikipedia.

  6. 5.

    Gibt es denn überhaupt genug muttersprachliche Lehrer, welche die lokale Variante aus der Gruppe des Ostniederdeutschen sprechen? Es gibt nicht nur eine in der Mark Brandenburg:
    https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4rkische_Dialekte

  7. 4.

    "Bei der niederdeutschen Sprache handelt es sich nicht um einen Dialekt des Hochdeutschen, hieß es in einer Pressemitteilung des Kulturministeriums." Falsch an dem Satz ist das Wort 'einen', es gibt mehrer Niederdeutsche Dialekte/Sprachen in Brandenburg - Lehrer müßten dann spezifisch für den zur Gegend passenden ausgebildet werden oder selbst Muttersprachler sein.

  8. 3.

    Zwar keine Ahnung in wie weit man den Schutz/ Förderung usw. von Brandenburg hier verstehen muß, aber das erste Bundesland sind sie nicht in Deutschland.

    In der Landesverfassung von MV, Artikel 16 Absatz 2 "Das Land schützt und fördert die Pflege der niederdeutschen
    Sprache., gibt es schon einen solchen Eintrag. Wenn man es genau wissen will seit wann, kann man bestimmt auch noch den genauen Zeitpunkt rausbekommen.

  9. 2.

    Ich verstehe "droht auszusterben" nicht. Gab es früher deutlich mehr als 3 Prozent Sprecher? Wenn ja, bitte eine Vergleichszahl angeben. Hätte gedacht, dass wat schon immer eher eine Randsprache (lokal, wie zahlenmäßig)

  10. 1.

    Interessanter Beitrag. Ich wusste nicht, dass drei Prozent der Brandenburger Plattdeutsch sprechen. Welche anderen Sprachen bzw. Dialekte gibt es denn eigentlich noch im Land?

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