Ampel-Aus - Vorbereitungen für Neuwahlen laufen in Berlin bereits an

Do 07.11.24 | 22:29 Uhr
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Archivbild: Eine Hand steckt am 17.09.2013 einen Stimmzettel für die Bundestagswahl 2013 in einen Stimmzettelumschlag. (Quelle: dpa-Bildfunk/Karl-Josef Hildenbrand)
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Bild: dpa-Bildfunk/Karl-Josef Hildenbrand

Die Ampelregierung ist am Ende. Bundeskanzler Scholz hat angekündigt, dem Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Es könnte also zu Neuwahlen in nur wenigen Monaten kommen. Das wäre für Berlin eine enorme Herausforderung.

  • Nach Ampel-Aus sind Neuwahlen möglich
  • Berlin beginnt bereits mit Vorbereitungen für Wahlen
  • Landeswahlleiter visiert Wahltermin im März an
  • 30.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer in Berlin gesucht
  • Noch keine konkreten Pläne aus Brandenburg bekannt

Die Vorbereitung für eine Neuwahl des Bundestages sind in Berlin bereits gestartet. Der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler sagte im Interview mit rbb|24 am Donnerstag: "Das hat ab heute absolute Dringlichkeit. Wir haben jetzt viel Arbeit vor uns." Gerade die Suche nach Wahlhelferinnen und Wahlhelfern, Wahllokalen und Papier stellten eine große Herausforderung dar.

Bröchler erklärte, dass die Landes- und die Bezirkswahlleitungen eine Neuwahl zwischen dem 9. März und Ende März in den Blick ihrer Planungen nehmen würden. Dafür habe es heute schon mehrere Besprechungen gegeben, um alles auf den Weg bringen zu können. "Unser Ziel ist es, ab morgen dann direkt loslegen zu können."

Seit dem späten Mittwochabend steht fest: Die Ampelkoalition ist gescheitert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat seinen Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. In einem Statement kurz danach gab Scholz bekannt, im Januar die Vertrauensfrage stellen zu wollen. Dann könnten Neuwahlen anstehen.

Neuwahlen im Januar oder im März

Wenn ein Kanzler dem Parlament die Vertrauensfrage stellt, bedeutet es, er möchte von den Abgeordneten wissen, ob er noch die Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten hat. Wird das mit "Ja" beantwortet, kann er weiter regieren. Das ist jedoch in diesem Fall eher unwahrscheinlich. Spricht ihm das Parlament das Misstrauen aus, wird nur wenige Wochen danach neu gewählt. Die genauen Fristen schreibt das Grundgesetz vor.

Kanzler Scholz hat angekündigt, am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen zu wollen. Sollte er keine Mehrheit im Bundestag bekommen, schaltet sich der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein. Der hat dann 21 Tage Zeit, das Parlament aufzulösen. In einem Statement von Donnerstagvormittag hat er gesagt: "Dazu bin ich bereit." Sobald der Bundespräsident das Parlament auflöst, muss es Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen geben. Nach dem Zeitplan von Scholz wäre das vermutlich im März.

Es könnte aber noch viel früher zu Neuwahlen kommen. Das wäre der Fall, wenn Scholz die Vertrauensfrage im Parlament schon früher stellt. CDU-Chef Friedrich Merz hat etwa gefordert, dass der Bundeskanzler das sofort tue - spätestens aber in der kommenden Woche. Würde es so kommen, würden die Neuwahlen vermutlich schon im Januar stattfinden. Im ARD-"Brennpunkt" am Donnerstagabend sagte er, ohne eine umgehende Vertrauensfrage im Bundestag sei die Union nicht bereit, mit Scholz über geplante Gesetzesvorhaben zu sprechen.

"Wir sind nicht unvorbereitet"

Eine Neuwahl trifft den Politikwissenschaftler und Landeswahlleiter Bröchler nicht völlig überraschend. "Ich habe meine Leute im Landeswahlamt schon vor einiger Zeit gebeten, zu schauen, was wir tun müssten, wenn es vorgezogene Wahlen gibt. Wir sind also nicht unvorbereitet." Doch der Berg an Arbeit sei dennoch ein sehr großer.

"Wir müssen jetzt sehen, dass wir die Papierversorgung für die Wahl klären können. Die Herausforderung hier ist, dass das alle anderen Bundesländer jetzt ja auch machen." Er sei aber zuversichtlich, dass es am Ende genug Papier für die Wahlzettel und genügend Wahllokale geben werde. "Die Wiederholungswahl ist noch nicht so lange her. Wir schauen gerade, welche Wahllokale wir wieder mieten können."

Für eine Neuwahl würden rund 30.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer benötigt, die beim Ablauf der Wahl und beim Auszählen unterstützen. Um diese große Zahl an Freiwilligen in so kurzer Zeit zu akquirieren, plane man eine gemeinsame Kampagne mit den Bezirken. Weniger dürften es nicht werden, so Bröchler. "Es müssen 30.000 werden. Wir haben keine Alternative. Bis dato haben wir das auch immer hinbekommen, weil vielen Berlinern klar ist, dass das wichtig ist. Mich freut es, dass das auch junge Menschen motiviert."

Fünfte Wahl als Landeswahlleiter

Auch wenn die Zeit bis zu möglichen Neuwahlen denkbar knapp ist, soll es keine Pannen-Wahl wie im Herbst 2021 werden. Damals mussten Menschen stundenlang warten, um ihre Stimme abzugeben. Viele kamen gar nicht mehr an die Reihe. Bröchler trat nach dieser Wahl sein Amt an. "Das ist jetzt meine fünfte Wahl, die ich organisiere. Ich bin optimistisch. Aber es wird natürlich auch viele Überstunden bedeuten."

Sollte Olaf Scholz die für den 15. Januar angekündigte Vertrauensfrage früher stellen, dann würde die Neuwahl ebenfalls früher stattfinden. "Das würde für uns den Druck enorm erhöhen", so der Landeswahlleiter Bröchler. "Wenn der Bundespräsident uns diese Aufgabe aufgibt, dann müssen wir das auch schaffen."

Bei einer Neuwahl wird auch in Brandenburg gewählt werden müssen. Auch dort werden dann viele Wahllokale und tausende Wahlhelferinnen und Wahlhelfer gebraucht. Auf rbb|24-Anfrage wollte der Landeswahlleiter Brandenburgs Josef Nußbaum am Donnerstag zunächst keine Auskunft geben.

Sendung: rbb24 Inforadio, 07.11.2024, 15 Uhr

Kommentar

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130 Kommentare

  1. 129.

    Die Große Koalition mag früher CDU und SPD gewesen sein. So groß ist die SPD allerdings längst nicht mehr. Eine Große Koalition ist heutzutage dann eher CDU und AfD. Tut mir leid, aber das ist wahrscheinlicher und auch ehrlicher.

  2. 128.

    Wie Merz und viele weitere Experten vorschlagen, müsste Scholz die Vertrauensfrage unverzüglich stellen und nicht bis zum 15.01.2025 verschleppen. Andererseits steht Herrn Merz offen, ein Misstrauensvotum zu stellen.

  3. 127.

    Von mir aus kann das ruhig nen paar Monate dauern - gut Ding will Weile haben!

  4. 125.

    „ Es gibt keine große Koalition mehr, denn dazu müssten auch die Wahlergebnisse der SPD groß sein.“

    Wieso? In den Umfragen reicht das dicke für eine GroKo.

  5. 124.

    Wenn es richtig dicke für Hr Merz kommt, muss er in die Koalition mit SPD und Grüne gehen, das wäre der absolute Brüller und dann bin ich mal gespannt was er da zu zu sagen hat.
    Manchmal denke ich die Muppets Show läuft wieder im Fernsehen,mit seriöser Politik hat das alles nicht mehr viel zu tun.
    Und nicht so streng mit Hr Lindner ins Gericht gehen, er ist nun mal der Finanzminister gewesen,er musste den Haushalt immer im Blick haben ,und dafür auch gerade stehen ,wenn er das Geld was er nicht hatte mit vollen Händen raus geschmissen hätte ,irgendwer muss es ja verdienen oder erwirtschaften.
    Wenn man heute so den einen oder anderen Beitrag gesehen hat war die Wirtschaft und der Mittelstand eher mit dem Papier was Lindner vorgestellt hat ,einverstanden ,als das was der Kanzler zu diesem Thema zum besten gegeben hat.

  6. 123.

    2. Versuch

    Der wahre Grund, daß CDU-Merz und Co. jetzt zur Eile drängen, ist, daß Sie das neue Rentenpaket II verhindern wollen, welches die SPD noch durchsetzen will! Das ist der CDU/CSU+FDP zu sozial!

  7. 122.

    Das fast Unglaubliche ist aber, daß einige FDP-MitGlieder zur SPD wechseln! Das hätte ivh nicht für möglich gehalten! Und das geht weiter, mehrere Wechselanträge von FDP zu SPD.

  8. 121.

    Habe mal irgendwo aufgeschnappt, daß eine Minderheitsregierung (was ja jetzt Sache ist) die lebendigste Variante der Demokratie sein soll. (ohne Gewähr)

    Danach wäre die aktuelle Demokratiedemonstration einer Minderheitsregierung das beste, was überhaupt gerade passieren kann, speziell im Hinblick auf die Signalwirkung für andere Staaten; ohne einzelne Namen zu nennen.

  9. 120.

    Hoffentlich erscheinen dann nicht wieder diese sinnlosen Wahlplakate, die nur Geld kosten und Müll produzieren. Die Versprechen darauf werden sowieso nicht eingehalten.

  10. 118.

    Ein bisschen Vorlauf sollte es schon geben. Man sieht es am o.g. Artikel, es müssen Vorbereitungen getroffen werden. Wird heute die Frage gestellt muss innerhalb von 60 Tagen neu gewählt werden und es kommt Weihnachten. Ich glaube nächstes Jahr ist ausreichend, die Kommunen etc haben jetzt Zeit in den Vorlauf zu gehen.
    Dramatisiert das doch nicht so...

  11. 116.

    auja: SPD 30% Grüne 40% FDP 1% afd 4% bsw 2% CDU 23%

  12. 115.

    "Herr Scholz hat durch sein Verhalten gestern die Vertrauensfrage an uns alle gestellt..."
    Echt, hat er?
    Sind diese "uns alle" jetzt auch gerade mit ihnen im selben Raum?

    An mich jedenfalls hat der Bundeskanzler diese Frage nicht gestellt...

  13. 114.

    Es gibt keine große Koalition mehr, denn dazu müssten auch die Wahlergebnisse der SPD groß sein.
    Unter einer Dreierkoalition wird es keine demokratischen Mehrheiten mehr geben. Deswegen bin ich mal gespannt wie Merz das Kaninchen aus dem Zylinder ziehen will, ohne gegen seine eigenen Postulate zu verstoßen. Aber wir kennen ja die Lösung bereits: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!“

  14. 113.

    Herr Scholz hat durch sein Verhalten gestern die Vertrauensfrage an uns alle gestellt. Seine Unproffesionalität im Umgang mit Kritik, zeigt dass es dringend an der Zeit ist, für Neuwahlen!!! Vertrauensfrage...JETZT!!!

  15. 112.

    >"Ich bin für eine große Koalition mit CDU und SPD.....dann läuft es hier wieder."
    Wäre ne Variante. Dann aber unter Leitung von Boris Pistorius. Der hat seine Truppe im Griff ohne Larifari. Ich traue ihm auch eine feste Hand und strikte Meinungen als Bundeskanzler zu.

  16. 111.

    Danke Pb (Kommentar 55) für diesen Kommentar.
    Das trifft es genau, ich sehe es genauso.

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