Interview | Olympiastadion-Geschäftsführer Timo Rohwedder - "Wir werden alles tun, dass Hertha hier in den nächsten Jahren optimale Bedingungen hat"

Mo 13.03.23 | 09:18 Uhr
  10
Das Berliner Olympiastadion (imago images/Shotshop)
Bild: imago images/Shotshop

Seit acht Jahren ist Timo Rohwedder Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH. Im Gespräch erklärt er, welche Herausforderungen und Highlights auf den historischen Bau zukommen und welche Rolle Hertha und Union dabei spielen.

rbb|24: Timo Rohwedder, Sie sind seit acht Jahren Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH und bleiben es für fünf weitere. Wie würden Sie Ihre Beziehung zur Arena im Westend beschreiben?

Rohwedder: Sie ist mir ans Herz gewachsen. Nicht nur das Stadion, sondern das gesamte Team unserer GmbH. Wir sind eine kleine, aber feine Familie, die sich jeden Tag um das Olympiastadion Berlin kümmert.

Was war für Sie in all den Jahren der größte Moment im Stadion?

(überlegt) Puh, den einen Moment gibt es nicht. Das ist querbeet. Die Leichtathletik-Europameisterschaft war ein Highlight; viele Spiele von Hertha BSC, in denen sie begeistert haben; das Istaf; großartige Konzerte, die wir hier hatten; die Pyronale... Es ist eigentlich immer wieder toll, wenn man hier im Stadion ist. Sowohl bei Veranstaltungen, aber auch an veranstaltungsfreien Tagen, wenn man unten auf der blauen Laufbahn ist, am Rasen steht und in das Rund des Olympiastadions guckt.

Timo Rohwedder, Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH. / pictures alliance/dpa/Andreas Gora
Timo Rohwedder, Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH. | Bild: pictures alliance/dpa/Andreas Gora

Neuer Vertrag bedeutet oft auch: neue Ziele: Was ist Ihr vordringlichster Plan?

Das Allergrößte, das momentan ansteht und immer mehr Dynamik aufnimmt, ist die Fußball-Europameisterschaft im nächsten Jahr in Deutschland und mit sechs Spielen hier im Olympiastadion. Aber es geht auch darum, an Themen dranzubleiben, an denen wir schon arbeiten. Wir wollen eine attraktive Veranstaltungsstätte sein und bleiben.

Lassen Sie uns gerne konkreter auf diese Themen schauen. Wie haben sich die Ansprüche an ein modernes Stadion verändert?

Es ist ganz wichtig, dass wir technisch weiterhin auf dem neuesten Stand bleiben und mit dem Eigentümer, dem Land Berlin, aufrüsten. Ein Beispiel ist, dass wir das modernste WLAN-System in einem Stadion in Deutschland unser Eigen nennen können. Auch am Thema Nachhaltigkeit arbeiten wir schon seit Jahren. Es geht darum, im Olympiastadion die CO2-Emissionen zu reduzieren. Wir haben - um nur ein Beispiel zu nennen - im vergangenen Jahr eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Stadions in Betrieb genommen, mit der wir so zwölf, 13 Prozent unseres Stromverbrauchs erzeugen. Technik, Nachhaltigkeit und attraktive Veranstaltungen sind also zentrale Themen.

Auf dem Gesamtgelände des Olympiapark Berlin sind lärmemissionsrechtlich keine zusätzlichen Großveranstaltungen mehr möglich.

Olympiastadion-Geschäftsführer Rohwedder über die Bedeutung des Standorts eines potentiellen neuen Stadions für Hertha BSC

Themen, mit denen finanzielle Aufwände verknüpft sind.

Wir haben glücklicherweise eine EM, die auch beim Eigentümer Mittel freimacht. Um dieses Event herum steht ein Budget von rund 22 Millionen Euro zur Verfügung. Das kommt natürlich allen Besuchern und Veranstaltern zugute. Wir werden zum Beispiel unsere Rollstuhlfahrer-Plätze ausbauen und die sanitären Anlagen - auch für Menschen mit Handicap. Wir haben energetische Nachhaltigkeitsprojekte geplant. Es ist noch nicht final, aber wir arbeiten daran, auch im Bereich Wärmerückgewinnung Einsparungen erzielen zu können. Sie dürfen auch nicht vergessen: Eine Band wie Coldplay würden Sie heutzutage gar nicht mehr in ein Stadion bekommen, wenn Sie nicht Nachhaltigkeitsprojekte umsetzen und auch ein möglichst nachhaltiges Stadion sind.

Schauen wir auf Ihren wichtigsten Mieter: Seit Sie im Jahr 2015 Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH sind, begleitet Sie der Wunsch von Hertha BSC, die Arena zu verlassen. Können Sie das verstehen?

Wenn ein Verein so einen Wunsch hegt, steht im das natürlich frei. Wir werden aber alles tun, dass Hertha hier in den nächsten Jahren optimale Bedingungen hat. Das ist weiterhin eines unserer Hauptziele. Was dann einmal kommt? Dazu müsste man eine Glaskugel bemühen.

Ein Auszug von Hertha BSC würde die Rahmenbedingungen maßgeblich verändern. Wie wichtig ist der Klub für den Stadion-Standort - oder anders gefragt: Besorgt Sie, was den Verein und seine Fans begeistert?

Hertha ist unser Haupt- und Ankermieter mit 17 Heimspielen, die dann verloren gingen. Maßgeblich ist für uns vor allem auch, wo gebaut würde. Auf dem Gesamtgelände des Olympiapark Berlin sind lärmemissionsrechtlich keine zusätzlichen Großveranstaltungen mehr möglich. Die Waldbühne, das Maifeld und wir als Olympiastadion Berlin sind seit Jahren an einer Obergrenze angelangt. Insofern ist der Standort eines potentiellen neuen Hertha-Stadions für uns von großem Interesse. Wenn es an einem anderen Ort entstünde, hätten wir hier natürlich noch Möglichkeiten, zusätzliche Großveranstaltungen einzuwerben, um die oder einen Teil der wegfallenden Heimspiele von Hertha zu kompensieren. Zurzeit ist uns das nicht möglich und mit einer weiteren Spielstätte hier auf dem Gelände wäre es das auch nicht.

Mit wie viel Spannung schauen Sie gerade auf das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen, bei denen das Stadion-Thema ja sicherlich auch eine Rolle spielen wird?

Wir sind natürlich nicht an Koalitionsverhandlungen beteiligt, wie Sie sich vorstellen können.

Wir haben bei den Conference-League-Spielen von Union schon bewiesen, dass wir beide Vereine unterbringen können. Auch diese Situation werden wir also meistern.

Olympiastadion-Geschäftsführer Rohwedder über einen zeitweisen Einzug des 1. FC Union

Aber Sie werden diese ja natürlich im Blick haben.

Also wir sind Teil der Prüfgruppe, die den Standort hier im Olympiapark prüft und bringen da unsere Sichtweisen und Standpunkte ein. Dort soll bis September evaluiert werden, ob der Olympiapark beziehungsweise ganz speziell das Lindeneck eine Option sein kann.

Kein Fußball-Bundesligist im Olympiastadion ist ein fernes Szenario, gleich zwei eine mittelfristiges. Übernächste Saison wird - so der Plan - neben Hertha BSC auch der 1. FC Union im Westend auflaufen, während in Köpenick um- und neugebaut wird. Gab es dazu mit Ihnen bereits konkrete Gespräche?

Wir wissen von den Plänen und es ist schon darüber gesprochen worden, aber nicht im Detail. Das müssen wir machen, wenn es bei Union so weit ist und feststeht, das und wann umgebaut wird. Es ist ab 2024 möglich, aber ob es in dem Jahr schon dazu kommt, ist ja noch nicht sicher. Sobald es das ist, ist es natürlich selbstverständlich, dass wir uns mit allen Parteien an einen Tisch setzen und eine solche Saison durchplanen müssen. Wir hätten mit zwei Vereinen jede Woche ein Bundesliga-Spiel im Olympiastadion Berlin.

Schon der Bundesliga-Spielbetrieb eines Klubs ist beizeiten herausfordernd. Es käme ein weiterer dazu, der zudem europäische Ambitionen hat. Der Zustand des Rasens ist ein Dauerproblem. Es gibt auch Sorgen wegen des zusätzlichen Lärms. Haben Sie Bedenken?

Nein, habe ich nicht. Es ist natürlich eine Menge Arbeit. Personal und Rasen sind wichtige Punkte. Es hat natürlich auch Auswirkungen auf die Zahl der Konzerte, die man im Zweifel in einem solchen Sommer durchführen könnte. Wir haben aber bei den Conference-League-Spielen von Union schon bewiesen, dass wir beide Vereine unterbringen können. Auch diese Situation werden wir also meistern.

Bevor Union zeitweise ein- oder Hertha BSC komplett auszieht, wird die Fußball-EM 2024 mit sechs Spielen im Olympiastadion zu Gast sein. Wie weit sind dafür die Planungen fortgeschritten?

Es laufen die Abstimmungen mit der sogenannten EURO 2024 GmbH. Da sind wir im regelmäßigen Austausch. Es gibt Arbeitstreffen, in denen es darum geht, was noch alles vorzubereiten und umzusetzen ist. Noch sind die Kolleginnen und Kollegen der Euro nicht vor Ort. Aber ab Januar 2024 werden wir hier sukzessive immer mehr Personal begrüßen. Dann werden die Abstimmungen noch intensiver, als sie es jetzt ohnehin schon sind. Die Vorfreude ist absolut da, aber ich habe auch größten Respekt, was unser Team leistet und was noch vorbereitet werden muss.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Johannes Mohren, rbb Sport.

Sendung: rbb24 , 13.03.2023, 22 Uhr

10 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 10.

    Dann bitte für Hertha auch ein Grundstück mit Erbpacht für eine Apfel und nen Ei, wie bei Union!! Bekommt die Politik aber nicht hin, warum auch immer! Hertha hätte schon längst gebaut wenn das mal möglich wäre. Rot Rote Politik in Berlin was das angeht einfach ein graus. Aber klar Hertha zahlt ja jedes Jahr auch schön und lässt das Oly damit überleben...

  2. 9.

    So tot kann das Pferd nicht sein, wenn zu der Hertha trotz bescheidener sportlicher Erfolge in den letzten Jahren immer noch mindestens 45.000 Zuschauer durchschnittlich kommen.

  3. 8.

    Laut Rohwedders Aussage gehts darum, dass mit einem Stadionneubau, den Hertha sich im Olympiapark wünscht, dort ein weiterer Großveranstaltungsort hinzukommen würde, was lärmemissionsrechtlich unverträglich wäre. Der FCU zieht ja (notgedrungen) nur für die Saison 24/25 um, was sicher zu stemmen ist.

  4. 7.

    Hm, einerseits sind lärmessionsrechtlich keinerlei weitere Veranstaltungen im Oly und Umgebung mehr möglich, andererseits sollen (mindestens) 17 weitere Spiele pro Saison von Union dort ausgetragen werden. Ohne Fans dann, oder wie darf man sich das vorstellen?
    Wieviele Veranstaltungen dürfen denn pro Jahr im Olympiastadion plus Umgebung stattfinden? Diese Information hätte mich im Rahmen eines solchen Gesprächs interessiert.

  5. 6.

    Naja, Union baute sich selbst ein Stadion und kaufte das Areal. Hertha ist nur Mieter im Olympiastadion statt mehr Kohle dafür zu investieren etwas eigenes zu haben. Schade eigentlich. Tegel hätte Platz

  6. 5.

    "Auch interessant, in einem Satz wird gesagt, es lassen sich wegen Auflagen keine zusätzlichen Veranstaltungen auf dem Olympia-Gelände ausrichten."
    Da habe ich mich auch gewundert - erst heißt es, man sei an der Obergrenze des Möglichen, und dann wären auf einmal siebzehn zusätzliche Bundesligaspiele sowie auch offenbar beliebig viele europäische Spiele problemlos möglich.
    Soviele Konzerte lassen sich ja im Sommer gar nicht streichen...

  7. 4.

    1974 bin ich nach Berlin gezogen .Meine Frau ist seit Generationen in Friedenau ansässig.Ich war damals oft im Olympiastadion und im Mommsenstadion bei Tnnis Borussia.Ich war so tief beeindruckt und bin es immer noch von dieser einzigartigen Sportarena.Es war das zu Hause von Hertha BSC nach der Plumpe.Diejenigen die heute ständig nach einem neuen Stadion schreien haben vergessen oder waren nie dort,wenn 100.000 ihre Hertha anfeuerten oder eben die Gästemannschaft.Unbeschreiblich.Das war ein Erlebnisrausch mit den entsprechenden Spielen und Spielern, änlich Anfield Road oder Maracana.Aber Sehnsucht bei Seite.Wenn Herr Rohwedder seine Aufgabe als Herzenssache und begeistert über das Olympiastadion spricht kann ich es gut nachvollzien und ich wünsche Hertha dass sie von dem Gefasel der mangelnden Nähe des Publikums wegen der Tartanbahn Abkommen.

  8. 3.

    Die BVG heißt Union mit den passenden Farben am U-Bahnhof schon willkommen.

  9. 2.

    Aha, Umrüsten und weiter modernisieren für die anstehende EM. Und in ein paar Jahren heißt es dann wieder, die Steuermittel wurden alleinig für Hertha ausgegeben.
    Auch interessant, in einem Satz wird gesagt, es lassen sich wegen Auflagen keine zusätzlichen Veranstaltungen auf dem Olympia-Gelände ausrichten. Aber dann soll es auf einmal möglich sein neben Hertha auch Union zeitweise parallel in der Bundesliga und wohl auch europäisch im Olympiastadion spielen zu lassen...

  10. 1.

    Hertha? Ein totes Pferd kann man nicht reiten!

Nächster Artikel