Interview | Olympiastadion-Geschäftsführer Timo Rohwedder - "Wir werden alles tun, dass Hertha hier in den nächsten Jahren optimale Bedingungen hat"
Seit acht Jahren ist Timo Rohwedder Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH. Im Gespräch erklärt er, welche Herausforderungen und Highlights auf den historischen Bau zukommen und welche Rolle Hertha und Union dabei spielen.
rbb|24: Timo Rohwedder, Sie sind seit acht Jahren Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH und bleiben es für fünf weitere. Wie würden Sie Ihre Beziehung zur Arena im Westend beschreiben?
Rohwedder: Sie ist mir ans Herz gewachsen. Nicht nur das Stadion, sondern das gesamte Team unserer GmbH. Wir sind eine kleine, aber feine Familie, die sich jeden Tag um das Olympiastadion Berlin kümmert.
Was war für Sie in all den Jahren der größte Moment im Stadion?
(überlegt) Puh, den einen Moment gibt es nicht. Das ist querbeet. Die Leichtathletik-Europameisterschaft war ein Highlight; viele Spiele von Hertha BSC, in denen sie begeistert haben; das Istaf; großartige Konzerte, die wir hier hatten; die Pyronale... Es ist eigentlich immer wieder toll, wenn man hier im Stadion ist. Sowohl bei Veranstaltungen, aber auch an veranstaltungsfreien Tagen, wenn man unten auf der blauen Laufbahn ist, am Rasen steht und in das Rund des Olympiastadions guckt.
Neuer Vertrag bedeutet oft auch: neue Ziele: Was ist Ihr vordringlichster Plan?
Das Allergrößte, das momentan ansteht und immer mehr Dynamik aufnimmt, ist die Fußball-Europameisterschaft im nächsten Jahr in Deutschland und mit sechs Spielen hier im Olympiastadion. Aber es geht auch darum, an Themen dranzubleiben, an denen wir schon arbeiten. Wir wollen eine attraktive Veranstaltungsstätte sein und bleiben.
Lassen Sie uns gerne konkreter auf diese Themen schauen. Wie haben sich die Ansprüche an ein modernes Stadion verändert?
Es ist ganz wichtig, dass wir technisch weiterhin auf dem neuesten Stand bleiben und mit dem Eigentümer, dem Land Berlin, aufrüsten. Ein Beispiel ist, dass wir das modernste WLAN-System in einem Stadion in Deutschland unser Eigen nennen können. Auch am Thema Nachhaltigkeit arbeiten wir schon seit Jahren. Es geht darum, im Olympiastadion die CO2-Emissionen zu reduzieren. Wir haben - um nur ein Beispiel zu nennen - im vergangenen Jahr eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Stadions in Betrieb genommen, mit der wir so zwölf, 13 Prozent unseres Stromverbrauchs erzeugen. Technik, Nachhaltigkeit und attraktive Veranstaltungen sind also zentrale Themen.
Themen, mit denen finanzielle Aufwände verknüpft sind.
Wir haben glücklicherweise eine EM, die auch beim Eigentümer Mittel freimacht. Um dieses Event herum steht ein Budget von rund 22 Millionen Euro zur Verfügung. Das kommt natürlich allen Besuchern und Veranstaltern zugute. Wir werden zum Beispiel unsere Rollstuhlfahrer-Plätze ausbauen und die sanitären Anlagen - auch für Menschen mit Handicap. Wir haben energetische Nachhaltigkeitsprojekte geplant. Es ist noch nicht final, aber wir arbeiten daran, auch im Bereich Wärmerückgewinnung Einsparungen erzielen zu können. Sie dürfen auch nicht vergessen: Eine Band wie Coldplay würden Sie heutzutage gar nicht mehr in ein Stadion bekommen, wenn Sie nicht Nachhaltigkeitsprojekte umsetzen und auch ein möglichst nachhaltiges Stadion sind.
Schauen wir auf Ihren wichtigsten Mieter: Seit Sie im Jahr 2015 Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH sind, begleitet Sie der Wunsch von Hertha BSC, die Arena zu verlassen. Können Sie das verstehen?
Wenn ein Verein so einen Wunsch hegt, steht im das natürlich frei. Wir werden aber alles tun, dass Hertha hier in den nächsten Jahren optimale Bedingungen hat. Das ist weiterhin eines unserer Hauptziele. Was dann einmal kommt? Dazu müsste man eine Glaskugel bemühen.
Ein Auszug von Hertha BSC würde die Rahmenbedingungen maßgeblich verändern. Wie wichtig ist der Klub für den Stadion-Standort - oder anders gefragt: Besorgt Sie, was den Verein und seine Fans begeistert?
Hertha ist unser Haupt- und Ankermieter mit 17 Heimspielen, die dann verloren gingen. Maßgeblich ist für uns vor allem auch, wo gebaut würde. Auf dem Gesamtgelände des Olympiapark Berlin sind lärmemissionsrechtlich keine zusätzlichen Großveranstaltungen mehr möglich. Die Waldbühne, das Maifeld und wir als Olympiastadion Berlin sind seit Jahren an einer Obergrenze angelangt. Insofern ist der Standort eines potentiellen neuen Hertha-Stadions für uns von großem Interesse. Wenn es an einem anderen Ort entstünde, hätten wir hier natürlich noch Möglichkeiten, zusätzliche Großveranstaltungen einzuwerben, um die oder einen Teil der wegfallenden Heimspiele von Hertha zu kompensieren. Zurzeit ist uns das nicht möglich und mit einer weiteren Spielstätte hier auf dem Gelände wäre es das auch nicht.
Mit wie viel Spannung schauen Sie gerade auf das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen, bei denen das Stadion-Thema ja sicherlich auch eine Rolle spielen wird?
Wir sind natürlich nicht an Koalitionsverhandlungen beteiligt, wie Sie sich vorstellen können.
Aber Sie werden diese ja natürlich im Blick haben.
Also wir sind Teil der Prüfgruppe, die den Standort hier im Olympiapark prüft und bringen da unsere Sichtweisen und Standpunkte ein. Dort soll bis September evaluiert werden, ob der Olympiapark beziehungsweise ganz speziell das Lindeneck eine Option sein kann.
Kein Fußball-Bundesligist im Olympiastadion ist ein fernes Szenario, gleich zwei eine mittelfristiges. Übernächste Saison wird - so der Plan - neben Hertha BSC auch der 1. FC Union im Westend auflaufen, während in Köpenick um- und neugebaut wird. Gab es dazu mit Ihnen bereits konkrete Gespräche?
Wir wissen von den Plänen und es ist schon darüber gesprochen worden, aber nicht im Detail. Das müssen wir machen, wenn es bei Union so weit ist und feststeht, das und wann umgebaut wird. Es ist ab 2024 möglich, aber ob es in dem Jahr schon dazu kommt, ist ja noch nicht sicher. Sobald es das ist, ist es natürlich selbstverständlich, dass wir uns mit allen Parteien an einen Tisch setzen und eine solche Saison durchplanen müssen. Wir hätten mit zwei Vereinen jede Woche ein Bundesliga-Spiel im Olympiastadion Berlin.
Schon der Bundesliga-Spielbetrieb eines Klubs ist beizeiten herausfordernd. Es käme ein weiterer dazu, der zudem europäische Ambitionen hat. Der Zustand des Rasens ist ein Dauerproblem. Es gibt auch Sorgen wegen des zusätzlichen Lärms. Haben Sie Bedenken?
Nein, habe ich nicht. Es ist natürlich eine Menge Arbeit. Personal und Rasen sind wichtige Punkte. Es hat natürlich auch Auswirkungen auf die Zahl der Konzerte, die man im Zweifel in einem solchen Sommer durchführen könnte. Wir haben aber bei den Conference-League-Spielen von Union schon bewiesen, dass wir beide Vereine unterbringen können. Auch diese Situation werden wir also meistern.
Bevor Union zeitweise ein- oder Hertha BSC komplett auszieht, wird die Fußball-EM 2024 mit sechs Spielen im Olympiastadion zu Gast sein. Wie weit sind dafür die Planungen fortgeschritten?
Es laufen die Abstimmungen mit der sogenannten EURO 2024 GmbH. Da sind wir im regelmäßigen Austausch. Es gibt Arbeitstreffen, in denen es darum geht, was noch alles vorzubereiten und umzusetzen ist. Noch sind die Kolleginnen und Kollegen der Euro nicht vor Ort. Aber ab Januar 2024 werden wir hier sukzessive immer mehr Personal begrüßen. Dann werden die Abstimmungen noch intensiver, als sie es jetzt ohnehin schon sind. Die Vorfreude ist absolut da, aber ich habe auch größten Respekt, was unser Team leistet und was noch vorbereitet werden muss.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Johannes Mohren, rbb Sport.
Sendung: rbb24 , 13.03.2023, 22 Uhr