80 Jahre Bunker "Fuchsbau" in Oder-Spree - "Wir haben nicht geahnt, was hier unten ist"

Mo 28.10.24 | 18:10 Uhr
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Bunker Fuchsbau
Audio: Antenne Brandenburg | 28.10.2024 | Eva Kirchner-Rätsch | Bild: Eva Kirchner-Rätsch/rbb

Unter den Nazis von Zwangsarbeitern in die Rauener Berge gegraben, kontrollierte später das DDR-Militär vom "Fuchsbau" aus den Luftraum. Dieses Jahr wird die Bunkeranlage 80. Heute gibt es dort Führungen, was früher als streng geheim galt.

Der Bunker "Fuchsbau" südlich von Fürstenwalde (Oder-Spree) gilt nicht nur bei Historikern als ein Stück Militärgeschichte. Denn die Rauener Berge hüten seit nunmehr 80 Jahren einen geheimen Ort. Der Bunker, tief in den Berg hineingegraben, ist heute ein Museum in dem drei Epochen aufgearbeitet werden. Noch heute ist er begehbar und wird von Menschen aus der Region besucht.

Zwangsarbeiter der Nazis graben Anlage in den Berg

Führungen, wie die am vergangenen Samstagvormittag, sind gefragt und beginnen meist vor dem Bunker. Das schlichte, dunkelgrüne Bürogebäude lässt kaum erahnen, was im Inneren des Berges wartet.

Achim Pötsch, der die Führung leitet, begrüßt die Interessierten und blickt zunächst auf die Anfänge der 9.000 Quadratmeter großen Anlage. Die Geschichte des Fuchsbaus begann ihm zufolge 1943 mit der Errichtung eines Konzentrationslagers. Südlich des damaligen Ortes Ketschendorf errichtete die SS ein Außenlager des KZ Sachsenhausen in unmittelbarer Nähe der Reichsautobahn - der heutigen A12. Die dort in vier Baracken eingepferchten Menschen waren billige Arbeitskräfte.

Mit verschiedenen Arbeitskommandos wurden im Gebiet um den Scharmützelsee Ausweichstellen der SS-Führung gebaut. Das größte dieser Kommandos war für den Bau einer großen unterirdischen Fernmeldeanlage, den "Fuchsbau", bestimmt, wie Pötsch erklärt. "Der ehemalige Nazi-Bunker wurde als Nachrichten-Bunker für viele Fernschreib-Verbindungen geschaffen. 1943 hat man angefangen, zu bauen. Und im November 1944 ist das Ganze in Betrieb gegangen."

Bunker FuchsbauUnterirdische Führungen durch den "Fuchsbau"

Verbotene Zone in der DDR-Zeit

Durch einen 40 Meter langen Gang betreten die Gäste während der Führung die Anlage, die bis zu 25 Meter unter die Erde geht. Gespannte Blicke rechts und links, auch bei Besucherin Karin Tiersch. Die ehemalige Rauenerin, die heute in Berlin lebt, wusste bisher kaum etwas über die ominöse Anlage. Zu DDR-Zeiten war alles streng geheim. Lediglich Gerüchte und Mutmaßungen habe es gegeben, sagt Tiersch. "Uns wurde gesagt: Wenn etwas ist, geht hier die Erde auf. Wir haben nicht geahnt, was hier unten ist." Jetzt, wo sie den Bau betreten kann, sei sie überwältigt.

Achim Pötsch erklärt auf der Führung, dass das Bauwerk nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst ungenutzt war. Ab den 1960er-Jahren folgte die Rekonstruierung und der Ausbau für eine Nutzung durch die Deutsche Post und die Nationale Volksarmee der DDR. Ab 1975 wurde der Bunker erweitert und nach der deutschen Wiedervereinigung sogar noch einige Jahre von der Bundeswehr genutzt.

Flugüberwachung und Kontrolle aller Sirenen in der DDR

Während der Ausführungen ihres Guides, passieren die Besucher Schleusen, tonnenschwere Stahltüren, klettern durch winzige Luken. Immer wieder gibt Pötsch Einblicke in die Vergangenheit. "Die diensthabende Besatzung betrat den Bunker, danach die Wartungsdienste für einzelne Anlagen und bei Übungen die sogenannte Gefechtsbesatzung." Es geht vorbei an der einstigen Poststelle, in der die Besucher die teilweise immer noch vorhandene Technik selbst ausprobieren können. Es werden Tasten gedrückt und Telefonanlagen bedient. Dazu gibt es einen Blick in die Rechenzentrale und in den Raum, von dem aus sämtliche Sirenen in der ehemaligen DDR ausgelöst werden konnten. "Am Anfang, als es in Betrieb ging, waren es 11.000. Zum Schluss waren es 35.000 Sirenen", erklärt Achim Pötsch.

Eine der letzten Stationen der Tour ist der zentrale Führungssaal der Anlage - ein acht Meter hoher Raum. Dieser sei so hoch gebaut worden, weil mit dem sogenannten automatisierten Führungssystem alle Flugbewegungen auf zwei vier Mal vier Meter großen Leinwänden darstellen konnte. Von dort aus wurde also der gesamte Luftraum der ehemaligen DDR überwacht.

Nach zweieinhalb Stunden geht die Führung zu Ende. Dass das technische Denkmal mit seinen Anlagen überhaupt noch in einem gepflegten Zustand ist und betreten werden kann, ist den zahlreichen ehrenamtlicher Helfern zu verdanken. Dies wird am vergangenen Samstag auch von den Interessierten honoriert. Anlässlich des 80-jährigen Bestehens ist nun auch eine Broschüre erschienen, die die Geschichte der Anlage zusammenfasst.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.10.2024, 16:40 Uhr

Mit Material von Eva Kirchner-Rätsch

22 Kommentare

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  1. 22.

    Ganz genau!
    Ich schätze Mal, im Regierungsviertel.
    Da wurde damals derart viel Erde bewegt, nix hätte für Aufregung gesorgt. Sogar Tunnelbohrmaschinen waren vor "kurzem" noch im Einsatz...

  2. 21.

    Na klar, fast nur aufrechte Antifaschisten nach dem zweiten Weltkrieg in der DDR. Das glauben Sie doch nicht wirklich?

  3. 20.

    Und die Funktionäre in der DDR waren nach dem zweiten Weltkrieg natürlich keine Ex-Nazis? Wissen Sie es nicht besser oder wollen Sie uns für dumm verkaufen? Übrigens, so viel Natisprüche wie in der Lausitz und in Sachsen habe ich im Westen nicht gehört. Und es waren nicht nur Jugendliche, sondern auch jede Menge Mittelalter bis Rentner- erkennbar am Dialekt.

  4. 19.

    Spätestens seit Erfindung der Wasserstoffbombe war dieser Bunker, militärisch gesehen, ein verlorener Posten. Russen und Amerikaner bauten speziell gasdruckgefederte Hängekonstruktionen in massives Gestein. Nur so waren die Erschütterungen eines Direkttreffers mit der damit verbundenen kinetischen Energie (Vibrationen) überhaupt zu bewältigen. Einzig die vermeintliche Geheimhaltung besagter Bunkeranlagen galt als Garant für das mögliche Überleben einer ersten nuklearen Angriffswelle. Die hätte allerdings genau diesen Bunker getroffen. Man sieht hieran schön, welchen Stellenwert die DDR mit ihrer NVA bei den Sowjets hatte und man sieht, welche Opfer man bereit war zu bringen. Der Kalte Krieg muss erst noch aufgearbeitet werden.

  5. 18.

    Einfach mal auf der Homepage des Bunkers vorbeischauen. Dort kann man sich zu Führungen anmelden. Alle notwendigen Informationen sind dort auch zu finden.

  6. 17.

    Sorry, dreimal 24 Stunden - das war jetzt mind. 1x zu viel...

    Aber falls es jemanden interessiert: von diesen Bunkern gab es mindestens 20, jedenfalls im Norden, jedes FLA-Raketen-Regiment der Luftverteidigung hatte so einen Gefechtsstandbunker. Die Besatzung war, wenn ich mich richtig erinnere, jeweils 6-8 Mann, davon 2 Diensthabende Offiziere und der Rest war Mannschaft: Funker und andere.

  7. 16.

    Ich war auch Funker im DHS bei der Luftverteidigung. Wir mussten im 24-Stunden-Dienst in einem solchen Bunker (allerdings viele kleiner) im 24-Stunden-Dienst an solchen riesigen Planchetts den Luftraum im Norden überwachen. Man war praktisch 24 Stunden eingeschlossen. Ob dieser Bunker heute noch existiert, weiß ich nicht.

  8. 15.

    Ich war auch in diesem Bunker, als Soldat (Funker) des Obersten Kommandos der Luftstreitkräfte/Strausberg Nord! Ich mußte eine Depesche, bei einer Übung persönlich in diesen Bunker bringen. Das war 1979. Ich kann mich och gut an die riesige Wand der Flugüberwachung und den vielen Obersten erinnern.

  9. 14.

    Hat man heute eine Ahnung wo Regierungsbunker uä sind? Was für eine Aussage, hat nichts mit DDR zu tun

  10. 13.

    "..die große Ausnahme.."--- Nun, immerhin bestreiten Sie weder die fleißige Mithilfe alter Nazi-Generäle bei der Gründung der NVA noch die glänzenden Karrieren mancher Euthanasieärzte (Nationalpreisträger!). 1948 wurde die National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD) als Auffangbecken für "geläuterte" NS-Kader gegründet. Die Herkunft der Mitgliedschaft der SED in ihren frühen Jahren liest sich ebenfalls interessant. Aber vielleicht kann man sich auch darauf einigen, dass die schlechten Nazis in den Westen gingen und die "Guten" in der DDR blieben. Es wird mir übrigens immer ein Rätsel bleiben, wie man in der DDR sich selbst Absolution erteilen konnte, indem man sich nach dem Krieg einfach als antifaschistisch erklärte (Vakuum 33-45?). Ich empfehle in diesem Zshg. die Deklaration der Volkskammer vom 12.4.90, beginnend mit den Worten "Wir, die ersten frei gewählten Parlamentarier der DDR, bekennen uns zur Verantwortung der Deutschen in der DDR für ihre Geschichte...".

  11. 12.

    Auf dem Gebiet der DDR waren etliche KZ, Betriebe die Zwangsarbeiter ausbeuteten, oder für Nazi-Schergen Bunker und co.bauten, und die ingesamt 9 Millionen NSDAP - Mitglieder waren auf dem ganzen Gebiet gleichmäßig verteilt, wobei viele von ihnen eine "Karriere" machten.
    Die Sowjets haben in von ihr besetzte Zone anfangs Nazi- Verbrecher verfolgt, aber nach der Gründung der DDR damit aufgehört, aber die weiter Aufarbeitung der DDR-Führung erschöpfte sich in einigen "Schauprozesen", um sich danach den Siegel "Antifaschistischer Staat" zu verpassen. Ergo, es war auch keine Aufarbeitung sondern nur eine Makulatur. Fazit, eine richtige Aufarbeitung fand weder hüben noch drüben statt, und man verfuhr in beiden Staaten nach dem Motto "woher Personal nehmen, wenn nicht stehlen".
    Übrigens, die DDD hatte im Vergleich zur BRD wenig Einwohner

  12. 11.

    Die Dimension in der alten BRD, wo zahlreiche Altnazis, selbst Kriegsverbrecher, wieder zu Amt und Würden kamen und ihr durch Rüstung und Zwangsarbeit erwirtschaftetes Vermögen zurückerhielten, war ja wohl eine gänzlich andere als in der DDR, wo solche Fälle die große Ausnahme blieben. Hier eine Gleichsetzung vorzunehmen, ist Geschichtsklitterung. In der Bundesrepublik waren die personellen Kontinuitäten aus der Nazizeit eher die Regel als die Ausnahme. Dort konnte es ein Hans Globke, Mitverfasser der Nürnberger Rassegesetze, bis zum Chef des Bundeskanzleramtes und engen Mitarbeiter Adenauers bringen. Und nicht selten saßen nach 1949 alte Kommunisten bei Verhören des Staatsschutzes in der Bundesrepublik Beamten gegenüber, die schon vor 1945 in Polizei und Gestapo entsprechende Positionen innehatten.

  13. 10.

    Die Übernahme von Nazi-Funktionseliten in das neue System war sicher kein Ruhmesblatt BEIDER deutscher Staaten. Das betraf u.a., wie Sie richtig schreiben, die Justiz in der Bundesrepublik, aber auch, wie Sie sicher wissen, Militär(NVA) und medizinisches Leitungspersonal(Euthanasieärzte) in der DDR. Von der Vorstellung, in einer der beiden Landeshälften hätte von 1933-1945 ein Vakuum bestanden, sollte man sich, so glaube ich, langsam verabschieden.

  14. 9.

    Ach was?:
    "Dazu gibt es einen Blick in die Rechenzentrale und in den Raum, von dem aus sämtliche Sirenen in der ehemaligen DDR ausgelöst werden konnten. "Am Anfang, als es in Betrieb ging, waren es 11.000. Zum Schluss waren es 35.000 Sirenen"" diese Angaben sorgen schon für etwas Heiterkeit

  15. 8.

    RBB, leider habt Ihr meinen Beitrag nicht gesendet, Westdeutschland hat nicht nur Naziegenschaften übernommen, sondern auch einen Großteil der Richter.

  16. 7.

    Was für ein Gewese
    Die zentrale Luftüberwachung,war in Staussberg.In den Fuchsbau ist man im Alarmfall gezogen.Was nach 1975 geschah weiß ich nicht,auf alle Fälle wurde zu dieser Zeit der Fuchsbau als rückwärtige Führungsstaffel der Luftverteidigung bezeichnet.

  17. 6.

    Naja, also Bunker aus der NS-, Zeit wurden hüben wie drüben nach dem Krieg weiterverwendet. Ich erinnere nur an die Bunker der Marine.
    Und dass amerikanische Stützpunkte von 8 bis 16 Uhr einfach mal zu besuchen sind, stimmt auch nur bedingt. Da muss man sich vorher anmelden, dann wird man durchleuchtet und dann könnte es möglicherweise klappen. Das kommt auch auf den Stützpunkt an. Neuralgische Anlagen würde keiner freigeben.

  18. 5.

    Na dann hast du das wohl nie auf dem Flughafen Tempelhof probiert!!! Der einzig freie Zugang war der zur US Disco.

  19. 4.

    Kein Wort darüber, wann man den Bunker regulär besichtigen kann und was das kostet. Schade. Das hätte mich mehr interessiert als die Meinung von irgendwelchen Besuchern im O-Ton.

  20. 3.

    Der Punkt mit den Sirenen sollte heute zu denken geben, das ging schon mal auch ohne moderne Digitaltechnik. Auf dem Photo der Führung herrscht sehr viel Unordnung bei der Technik, das war nie so im Betrieb.

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