2. Fußball-Bundesliga - Hertha will in Kiel den "Schubs" nach oben bekommen
Nach dem Sieg gegen Braunschweig will Hertha in Kiel nun auch auswärts Punkte sammeln. Die Holsteiner legten mit stark verjüngtem Kader allerdings einen Glanzstart in die neue Saison hin und werden die Berliner vor eine schwere Aufgabe stellen.
Fünf Fakten zum Spiel
- Aufeinandertreffen zwischen Hertha und Kiel sind selten. Zuletzt vor 21 Jahren im DFB-Pokal, als sich die Holsteiner im Elfmeterschießen durchsetzten. Das letzte Punktspiel gab es sogar vor über 40 Jahren, Herthas letzter Auswärtssieg in Kiel liegt fast 100 Jahre zurück
- Beide Teams schwächeln in der Defensive. Sowohl Hertha als auch Kiel kassierten in den ersten sechs Zweitliga-Spielen bereits elf Gegentore
- Hertha-Stürmer Haris Tabakovic erzielte in den vergangenen drei Partien immer mindestens zwei Tore
- Ähnlich wie bei Hertha, liegt auch hinter Kiel ein Umbruch im Sommer: 14 Spieler sind neu dazugekommen, 16 haben den Verein verlassen
- Herthas Fabian Reese stand in insgesamt 109 Zweitliga-Spielen für Kiel auf dem Rasen und war in der Vorsaison mit elf Toren und zehn Vorlagen Topscorer der Störche
Der Gegner-Check
So läuft es sportlich bei Holstein Kiel
In der neuen Saison präsentiert sich Kiel bislang in starker Form. Vier Siege haben sie aus den ersten sechs Zweitliga-Partien geholt und stehen somit auf dem dritten Platz. Für viele der Anhänger war dieser Saisonstart eine angenehme Überraschung. "Letztes Jahr haben wir ganz oft furchtbaren Fußball gespielt. Das sah schlimm aus, viele individuelle Fehler und vorne ging einfach nichts rein", erklärt Holstein-Fan und Podcaster Marc Drews.
Zum Saisonwechsel hat es einen großen Umbruch gegeben. Angreifer Fabian Reese, der am Sonntag (13:30 Uhr) im Hertha-Trikot auf dem Rasen des Holstein-Stadions stehen wird, ist nur einer von vielen gestandenen Zweitliga-Profis, die Kiel im Sommer verlassen haben. Stattdessen setzt man nun mehr auf junge Spieler. Im Vergleich zur vergangenen Saison wurde der Altersdurchschnitt des Kaders um fast drei Jahre gesenkt (27,09 auf 24,79).
"Es gab viele Fragezeichen, in welche Richtung es geht. Vor allem weil so junge Spieler verpflichtet wurden. Rein tabellarisch sieht es aktuell sehr gut aus, aber auch das, was man auf dem Spielfeld sieht, ist schon ein riesiger Unterschied zur letzten Saison. (...) Sie zeigen größtenteils eine sehr gute Leistung und es macht inzwischen wieder richtig Spaß und man hat wieder dieses Feuer für Holstein", schwärmt Drews.
Das bewegt die Fans
Nach diesen positiven Entwicklungen und dem erfolgreichen Saisonstart könnte man meinen, dass im Verein alles rosig wäre und die Stimmung im Stadion kaum besser sein könnte. Doch zuletzt hatte es großen Streit zwischen den Ultras und dem Vorstand gegeben. "Vor Beginn der Saison wurde eine erhöhte LED-Bande vor den Block gebaut. Dementsprechend waren die Zaunfahne und Choreos nicht mehr so gut zu sehen. Das war natürlich eine Sache, die bei den Fans nicht gut ankam und die Proteste waren groß", erklärt Drews.
Noch stärker sei der Unmut geworden, als der Verein kurzfristig einen Gesprächstermin mit den Anhängern zu diesem Thema abgesagt hatte. Mittlerweile sind die Wogen jedoch geglättet: Am vergangenen Samstag wurde die LED-Bande wieder abgebaut und gegen Hertha wird der Blick auf den Fanblock wieder frei sein.
Auf diesen Spieler muss Hertha achten
Trotz der vielen jungen Spieler könnte für Hertha vor allem ein gestandener Torjäger gefährlich werden. Steven Skrzybski erzielte bereits in der vergangenen Saison 15 Treffer für Holstein und ist auch in dieser Spielzeit immer für starke Offensivszenen gut. "Er ist einer, der gerne mal geniale Momente hat. Er ist der, den man taktisch am wenigsten aus dem Spiel nehmen kann, weil er für die besonderen Momente da ist", sagt Drews.
Aber auch den erst 18-jährigen Tom Rothe sollte die Berliner Defensive auf dem Schirm haben. "Er spielt eine überragende Saison und kann auch gute Flanken schlagen," schwärmt Drews. Die Leihgabe von Borussia Dortmund zieht es auf der linken Außenverteidigerposition immer wieder mit nach vorne und mit seinen präzisen Hereingaben bereitete Rothe bereits drei Treffer vor.
Die Stimmen der Trainer
Pal Dardai: "Es wird ein schwieriges Spiel. Für die 2. Liga spielen wir gegen eine Top-Mannschaft. Und die sind momentan der Favorit, vor allem zuhause. Das ist eine heimstarke Mannschaft, die guten Fußball spielt. Aber wir fahren dort hin, um zu gewinnen. Zum Schluss muss man vielleicht auch akzeptieren, dass man nur einen Punkt mitnimmt. Das ist dann auch schön. Aber wenn du gewinnen kannst, wäre das eine riesige Sache, die einen großen Schubs geben könnte."
Marcel Rapp: "Da kommt ein echter Brocken auf uns zu - eine Mannschaft mit sehr guten Einzelspielern. Aber wir haben in der Vergangenheit schon gezeigt, dass wir auch gegen solche Teams bestehen können."
So könnte Hertha spielen
Große Änderungen im Vergleich zum souveränen Auftritt am vergangenen Wochenende im Olympiastadion gegen Braunschweig wird Trainer Pal Dardai wohl nicht vornehmen. Allerdings muss er einen seiner Söhne ersetzen. Palko Dardai wird in Kiel wegen einer Bänderverletzung fehlen.
Hundertprozentig entschieden habe sich der Trainer noch nicht, wer ihn auf der Position im offensiven Mittelfeld vertreten wird. Mit Bence Dardai würde ein weiterer seiner Söhne bereitstehen. "Der ganze Trainerstab sagt, dass er spielen soll. Ich habe da eine andere Meinung. Das ist nicht das richtige Spiel für einen 17-Jährigen", erklärt der Coach.
Stattdessen wird wohl Neuzugang Bilal Hussein sein Startelf-Debüt geben. Gegen Braunschweig hatte der Schwede nach seiner Einwechslung eine gute Figur gemacht und bereits einen Treffer vorbereitet. "Er hat einen guten letzten Pass, ist sehr spielintelligent und läuft viel, auch auf der Achterposition. Er kann mit dem Rücken zum Tor spielen und hat eine sehr gute Bewegung. Es spricht also sehr viel für ihn, bis auf seine Robustheit", sagt Dardai.
Herthas mögliche Startelf: Ernst – Dudziak, Kempf, Leistner, Karbownik – M. Dardai, Bouchalakis – Reese, Hussein, Winkler – Tabakovic
Prognose
Auf die Zuschauer im Holstein-Stadion könnte am Sonntag ein Offensivfeuerwerk warten. Beide Mannschaften präsentierten sich zuletzt in Torlaune und zeigten gleichzeitig immer wieder wackelnde Defensiven. Tabellarisch gehen die Kieler zwar als Favoriten in die Partie, haben allerdings eine ordentliche 1:5-Klatsche gegen St. Pauli im Nacken, während Hertha zuletzt das wichtige Heimspiel gegen Braunschweig souverän gewann und nun auswärts heiß auf Punkte sein wird, um aus dem Tabellenkeller rauszukommen.
Redaktionstipp: Stürmer Tabakovic erzielt seinen nächsten Doppelpack und sichert Hertha in Kiel damit einen Punkt. Endstand: 2:2.
Gegner-Experten-Tipp: "Es werden viele Tore fallen", sagt Marc Drews. "Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, 3:2 für Kiel."
Sendung: rbb24, 22.09.2023, 18 Uhr