Fußball - Warum die Fans von Gladbach und Union keinesfalls unbedingt befreundet sind

Di 24.09.24 | 11:52 Uhr | Von Ilja Behnisch
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Ultas von Borussia Mönchengladbach (imago images)
Bild: imago images

Wenn Borussia Mönchengladbach und Union Berlin aufeinander treffen, heißt es oft, die Fans seien befreundet. Stimmt nicht. Eine besondere Verbindung zwischen beiden Klubs gibt es aber - auch wenn niemand genau weiß, warum. Von Ilja Behnisch

Wenn Thomas Weinmann, den wirklich alle immer nur "Tower" nennen, Recht behält, wird der kommende Samstag für die Polizei von Mönchengladbach ein eher ruhiger Arbeitstag. Zumindest für den Teil, der sich um die Sicherheit rund um das Bundesliga-Spiel zwischen der heimischen Borussia und dem 1. FC Union Berlin kümmern muss (Samstag, 28.9., 15:30 Uhr). "Keiner hat groß was zu tun", sagt "Tower", Fan-Beauftragter der Borussia. "Das kann dann mal wirklich schön sein, dass man mal nicht gucken muss, ob es irgendwo irgendwelche Aufeinandertreffen gibt."

Von einer Fan-Freundschaft zwischen Gladbachern und Unionern kann man hier und da lesen. Dass das falsch ist, macht "Tower" im Gespräch recht deutlich: "Wir haben mit gar keinem eine Fan-Freundschaft. Das ist schonmal ganz einfach", sagt er, "es gibt immer nur einzelne Gruppierungen, Fan-Clubs oder einzelne Fans, die in irgendeiner Form eine Freundschaft mit anderen haben."

Auf der anderen Seite sieht man das offenbar ähnlich: Schaut man im sogenannten Union-Forum [unionforum.de], gibt es eine schöne Wortmeldung zum Thema - von einem User namens "Ente", der aufgrund seiner insgesamt über 4.800 Beiträge in diesem Forum den ehrenvollen Titel "Erleuchter" trägt. Ente also schreibt am 27. März 2023 auf die Frage, ob der 1. FC Union Berlin denn Fan-Freundschaften zu anderen Vereinen pflege würde: "Es gibt keine Fan-Freundschaften zu anderen Vereinen. Es gibt nur Kontakte einzelner Gruppen."

"Sottocultura" und die "Hammerhearts"

Dass zuweilen trotzdem von einer Fan-Freundschaft zwischen Gladbach und Union gesprochen wird, liegt an der innigen Verbindung, die zwei recht prominente Gruppen zueinander pflegen. Die Rede ist von "Sottocultura", einer Ultra-Gruppierung der Borussia, und den "Hammerhearts", einer Ultra-Gruppierung der Köpenicker. Woher genau die freundschaftliche Bande rührt, weiß wohl niemand mehr so genau.

Als Startpunkt wird immer mal wieder das Jahr 2008 genannt, als Hooligan-Gruppen beider Vereine rund um ein Berliner Gastspiel in Düsseldorf ihre Zuneigung füreinander entdeckt haben sollen. Düsseldorf ist seit jeher schon aufgrund der geographischen Nähe ein Erzrivale der Gladbacher. Und im Fußball wie im Leben gilt nicht selten: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

Union-Ultras bauen Gladbach-Choreo ab

Im Schatten der Hooligans sollen sich dann, so Kenner der Szene, auch die besagten Ultra-Gruppierungen miteinander solidarisiert haben, ehe die Bande im August 2018 auch ganz offiziell gemacht wurde. Bei einem Union-Gastspiel in Köln hing erstmals ein "Sottocultura-Fahne" über jener der "Hammerhearts". In der rigoros durchdeklinierten Szene ein untrügerisches Zeichen für: Ja, es ist Liebe.

Eine Liebe, die immer wieder auch zu gemeinsamen Auswärtsfahrten genutzt wurde - zumindest solange Gladbacher und Unioner noch international spielten. Was bei den Gladbachern inzwischen auch schon wieder eine halbe Ultra-Generation her ist. Und eine Liebe, die auch immer mal wieder mit Tatkraft erneut wird: so etwa im April dieses Jahres, als Union-Ultras eine geplante, dann aber unterbundene Choreographie der Gladbach-Ultras "bis in die Morgenstunde" abbauten, weil diese gerade in Polizei-Gewahrsam weilten [faszination-fankurve.de].

Gladbachs Fanprojekt kaufte ein Union-Stadionaktie

Es ist aber auch eine Liebe, die zumindest bei Außenstehenden durchaus für Verstimmung gesorgt hat. So äußerten sich vor allem im Sommer 2018 immer wieder Teile der Unioner Fan-Szene kritisch. Grund dafür waren Vorwürfe, Gladbachs "Sottocultura" pflege Kontakte zu rechtsextremen Fangruppierungen, insbesondere zu solchen des rumänischen Klubs Poli Timisoara. Aber auch den "Hammerhearts" werden immer wieder rechte Tendenzen nachgesagt. In offiziellen Statements weisen die Ultras jegliche dieser Vorwürfe von sich [hh04.de].

Nicht von der Hand zu weisen sind die sogenannten "Doppel-Leute", wie "Tower", der Gladbacher Fan-Beauftragte, sie nennt - also Fußball-Fans, deren Sympathien sowohl den Gladbachern als auch den Unionern gelten. "In Berlin gibt es die ja wirklich zuhauf", sagt er und erinnert sich daran, dass das Fan-Projekt Mönchengladbach einst sogar eine Stadion-Aktie kaufte, als der 1. FC Union so Geld für den Um- und Ausbau der Spielstätte an der Alten Försterei sammelte. "Einer von diesen Doppel-Leuten hatte keine Kohle, aber die Aktie. Dann haben wir das quasi stellvertretend für ihn übernommen."

Von einer Fan-Freundschaft würde er natürlich trotzdem niemals sprechen. Dass am Samstag, wenn Gladbach auf Union trifft, "keiner groß was zu tun hat", reicht ja auch vollkommen aus.

Sendung: rbb24, 23.09.2024, 22 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

10 Kommentare

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  1. 10.

    Die Werderaner sind von den Unionern ja immer schon gut willkommen geheißen worden. Wobei einige FCU Auswärtsfahrer das gute Verhältnis durch ihre saudumme Prügelattacke in einer SVW Kultkneipe vor Jahren mal schwer auf die Probe gestellt haben. Aber spätestens durch die "Ihr liefert, wir liefern" Aktionen bestehen auch ausserhalb der aktiven Fanszenen viele Sympathien unter den Anhängerschaften.

    Zum FC St. Pauli ist vor allem das ehemals recht gute Verhältnis der Ultras stark gestört, was m. E. zu gutem auch Teil an den "Antifa-Hools" der Hamburger liegt, die es mehr mit Babelsberg03 halten und FCU Gästefans in HH schon stark bedrängt haben. Private, freundschaftliche Kontakte von "normalen Fans" sind da ausgenommen und durchaus reichlich vorhanden.

  2. 9.

    Ach,die Union Ultras bringen Politik ins Spiel.Der Grosse Teil der Unioner sehen das,zum Glück,genau andersrum.

  3. 8.

    Ganz einfach. Mal in Hamburg als Auswärtsfan dabeisein und sie denken anders. In St Pauli ist es entspannt und man trinkt und quatscht vor dem Spiel zusammen.

    Wenn die Ultras dann die Politik ins Spiel bringen mit „die Hamburger sind ja alle links und Antifaschisten“ ist das nicht mein Problem.

    Es gibt Städte/Vereine wo ich auswärts nicht so gerne hinfahre, auch weil ja angeblich die Unioner alle so böse sind….

  4. 7.

    Sympathie zu St.P.,wer denkt sich denn sowas aus?Mit BMG,nur die beiden Ultra Gruppierungen und auf'n Acker.

  5. 6.

    Gladbach hat genau eine Fanfreundschaft. Und diese schon seit Jahrzehnten. Und die ist mit dem FC Liverpool.
    Ist entstanden, als die Borussia international häufiger gegen die Reds gespielt hat und später Gladbacher für die Stadionkatastrophe gespendet haben.

  6. 5.

    „Hertha und Union eine Nation „ sangen wir in den 70er da kamen auch mal Hertha Frösche in die Alte Försterei

  7. 4.

    Gladbach hat vor 4 Jahren noch international gespielt.

  8. 3.

    Offiziell hat Union keine Fanfreundschaften zu anderen Vereinen, es gibt aber durchaus Sympathien für Werder, St.Pauli und die Gladbacher waren ein paar mal in Europa in Unions Block anwesend, was aber kein Ruhmesblatt war.

  9. 2.

    Es gibt durchaus Leute, die noch genau wissen, wie das angefangen hat. ; ) Da gab es eben zunächst nur ein paar Leute, die über private Kontakte Gladbacher kennen- und mögen gelernt haben.
    Aber das darf für die anderen gern ein Geheimnis bleiben.
    Wichtig ist doch, dass dieser Austausch auch zur Völkerverständigung und dem gegenseitigen Kennenlernen dient.
    Dem Normalfan kann es ja egal sein und ich finde es sehr angenehm, wenn die Atmosphäre mal nicht feindselig ist (wie völlig unnötigerweise z.B. gegen St. Pauli), sondern freundlich. Die Stimmung ist ja dadurch nicht schlechter.
    Eisern

  10. 1.

    Es gibt wichtigeres als dieses Gerede. Ultras sind politisch neutral, werden aber gerne von anderen instrumentalisiert. Und was die Freundschaften angeht: Diese Liebe wird nicht ewig halten, egal welcher von beiden Vereinen sich äußert, harmlos ist es auf jeden Fall.

    Im Westberlin sang man: Eisern Berlin.

    Also harmlos!

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