Interview | Tennis in Berlin - "In den Bezirken gibt es viele Widerstände"

Di 17.09.24 | 20:37 Uhr
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Klaus-Peter Walter, Präsident des Tennisverbandes Berlin-Brandenburg (imago images/tennisphoto.de)
Bild: imago images/tennisphoto.de

Der Laver Cup führt die Tennis-Weltspitze nach Berlin. Klaus-Peter Walter, Präsident des Berlin-Brandenburger Tennis-Verbandes, freut sich über das Event und darüber, dass Tennis generell im Aufschwung ist. Wenn nur die Politik nicht wäre.

rbb|24: Herr Walter, mit dem Laver Cup kommt der ganz große Tennis-Zirkus in die Stadt. Was erhofft sich der Präsident des Tennisverbandes Berlin-Brandenburg von diesem Turnier?

Klaus-Peter Walter: Wir freuen uns über die große Aufmerksamkeit und dass Berlin in diesem Zusammenhang weltweit erwähnt wird. Das Sportliche spielt sicher eine eher nachgeordnete Rolle. Es fiebert wohl kaum jemand mit, ob nun das europäische oder das Team Welt gewinnt. Aber als Event ist es wichtig, dass so etwas stattfindet.

Wie kommt es zustande, dass das Turnier nun in seiner siebten Ausgabe in Berlin Station macht?

Die Organisatoren hinter dem Laver Cup agieren weltweit und hatten sich schon im vergangenen September, Oktober vorgenommen, Berlin zum nächsten Austragungsort zu machen. Die Veranstalter sind also auf uns zugekommen. Wir als Verband sind seit Dezember 2023 in Kontakt mit ihnen. Wir bestreiten ja einen Teil des Rahmenprogramms, mit mehreren, kleinen Tennisplätzen, um den Sport noch bekannter zu machen.

Insgesamt acht Kleinfeldplätze werden im wahrsten Sinne des Wortes ausgerollt vor der Arena am Ostbahnhof, so dass man sich unter Anleitung ausprobieren kann. Zudem kann man seine Aufschlagsgeschwindigkeit messen lassen. Sollte man seinen eigenen Schläger mitbringen?

Auch die haben wir vor Ort. Wir hatten das Gleiche schon einmal für das WTA-Turnier auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß organisiert, das war ein voller Erfolg. Da sind 500, 600 Kinder gewesen, das ist toll angekommen. Das erhoffen wir uns auch dieses Mal. Zumal das Wetter ja mitzuspielen scheint.

Einer der Stars beim Laver Cup ist Deutschlands Top-Spieler Alexander Zverev, aktuell Nummer zwei der Welt. Hinter ihm klafft jedoch ein großes Loch. So mancher Experte und Spieler sagt, Deutschland brauche mehr kleinere, sogenannte Future- und Challenger-Turniere, um dieses Loch zu stopfen. Um den Talenten, die es gibt, den Einstieg in den Profi-Sport zu erleichtern.

Wir haben in Deutschland mit der Bundesliga ein Format, welches relativ viele Spielmöglichkeiten und gesicherte Einkünfte eröffnet. Aber es ist schon richtig, und es ist auch Bestandteil des neuen Leistungskonzepts des Deutschen Tennis-Bundes, welches insbesondere bei einer Forcierung von kleineren Turnieren ansetzt. Allerdings ist das auch eine Geldfrage. Selbst Turniere der untersten Kategorie bringen Kosten auf, die man nicht mal so eben einfach stemmen kann als Verein.

Barbara Rittner, ehemals Weltklasse-Spielerin und von 2009 bis Februar 2024 Bundestrainerin des DTB, nimmt auch die Landesverbände in die Pflicht, die eher an sich als an das große Ganze denken würde. Hat sie Recht?

Zu meiner großen Überraschung ist es tatsächlich so, dass viele Landesverbände sich dem Leistungssport nicht so zugehörig fühlen. Da dümpeln die verbandsinternen Turniere oftmals vor sich hin. Aber Berlin-Brandenburg ist immer dabei, weil wir die Wichtigkeit sehen, insbesondere für die nächste Generation. Und auch wenn es eher den Breitensport betrifft, aber: Wir haben hier ungefähr 200 Turniere pro Jahr, mit teils sensationellen Matches.

Die Nachfrage in der Breite scheint auch zu wachsen. Der DTB gab unlängst Wachstumszahlen bekannt, im dritten Jahr hintereinander.

Als ich 2011 anfing, lagen wir in unserem Verband bei 39.000 Mitgliedern. Jetzt haben wir 47.000.

Ausgerechnet in der Corona-Zeit gab es auch bundesweit große Zuwächse. Weil Alexander Zverev 2021 in Tokio Olympiasieger wurde?

Weil uns gelungen ist, die Politik darauf hinzuweisen, dass Tennis weit entfernt voneinander stattfindet. Deshalb konnte das relativ früh wieder stattfinden. Und so kamen viele neu hinzu.

Wie steht es heute um den Tennissport in Berlin und Brandenburg?

Es sieht gut aus. Auch, weil vieles selbst finanziert wird. Es sind die Mitglieder, die Sorge dafür tragen, dass Innovationen und Investitionen stattfinden. Natürlich nehmen wir auch Fördergelder. Aber es sind die Mitglieder, die das neue Klubhaus oder die neue Garderobe bauen, die die Anlage sanieren. Auch die Übungsleiter können von ihrem Angebot leben. In anderen Sportarten liegen wir da häufig unter dem Mindestlohn. Dann ist es für die Entwicklung der Sportart natürlich schwierig.

Das klingt ein wenig nach dem alten Vorurteil, Tennis sei ein Sport für Reiche.

Überhaupt nicht. Es gib natürlich die unterschiedlichsten Vereine. Und aber auch solche, bei denen der Jahresbeitrag für Kinder zum Beispiel bei 110 oder 120 Euro liegt. Ich denke, das kann man leisten.

Wie könnte sich Berlin-Brandenburg noch verbessern in Sachen Tennis?

Es gibt speziell in den Bezirken erstaunlicherweise unglaublich viele Widerstände, den Tennissport zu akzeptieren. Und dann werden Außenplätzen in Berlin-Mitte gekapert, damit ein neues Schulgebäude entstehen kann, obwohl es überhaupt keine Schüler gibt. Und das bei einem Verein, der sich vorbildlich für behinderte Kinder engagiert. Das gleich passiert in Kreuzberg. Der Verein auf dem Gelände des Jahnsportparks könnte drei Mal so viele Mitglieder haben, wenn noch ein paar Plätze mehr gebaut würden. Aber die Bezirke sehen das alles komplett anders. Das macht uns schon Sorgen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Ilja Behnisch.

Sendung: rbb24, 17.09.2024, 22 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Schon klar: Berlin braucht ganz dringend mehr Tennisplätze! Das muss auch unbedingt Vorrang haben vor Schulbau, Parkplätzen, Grünanlagen, Gewerbeflächen und Wohnungsbau. Wann legt die Politik endlich ihre Scheuklappen ab und handelt entschlossen im Sinne des Tennissports?

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