Einsatz der Bundespolizei nach Auswärts-Fahrt - Bahnreisende von Hertha-Fans mutmaßlich sexistisch und rassistisch beleidigt

So 10.11.24 | 20:41 Uhr | Von Marc Schwitzky und Lynn Kraemer
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Symbolbild: Beamte der Bundespolizei stehen am 19.03.2024 auf dem Berliner Hauptbahnhof vor einem ICE-Zug. (Quelle: Picture Alliance/Sebastian Gollnow)
Video: Torsten Michels | Bild: Picture Alliance/Sebastian Gollnow

Im Rahmen des Auswärtsspiels in Darmstadt ist es zu einem Vorfall mit Hertha-Fans gekommen, die Personen im Zug sexistisch und rassistisch beleidigt sowie sexuell belästigt haben sollen. Hertha BSC reagierte öffentlich auf den Vorfall. Von Marc Schwitzky und Lynn Kraemer

Am Samstag sollen Bahnfahrende von mitreisenden Fans des Fußball-Zweitligisten Hertha BSC sexistisch und rassistisch beleidigt worden sein. Die Fußballfans befanden sich auf der Rückfahrt vom Auswärtsspiel in Darmstadt.

Die Berliner Sängerin Mine hatte den Fall in einer Instagram-Story festgehalten [instagram.com]. Darin beschreibt sie, dass sich Hertha-Anhänger ihr und anderen Fahrgästen des Zuges gegenüber übergriffig verhalten und sich immer wieder sexistisch und rassistisch geäußert haben sollen.

Vorfall in Instagram-Story festgehalten

Mine teilte dort mit, dass die Personen, in Fankleidung von Hertha BSC, alkoholisiert gewesen seien und filmte, wie sie beim Gang durch den Wagen immer wieder angesprochen wird. Dabei fällt unter anderem der Satz: "Sie gehört uns."

Zudem listet sie eine Reihe an sexistischen und rassistischen Äußerungen auf, die während der Fahrt gefallen seien. So sei einer Person nach dem Einsteigen "ching chang chong" und "Nudelpfanne" zugerufen worden. Gegenüber rbb|24 berichtete die Musikerin, dass die Person eine Geige dabei gehabt habe und dazu gedrängt worden wäre, für die Hertha-Fans zu spielen, sie zu belustigen. Laut Mine griff das Servicepersonal der Deutschen Bahn lange nicht ein.

Mehrmals belästigt und beschimpft

Im Gespräch mit rbb|24 erzählte Mine, dass rund 300 Hertha-Fans in Darmstadt in den Zug eingestiegen seien. Teile jener Gruppe haben dann die Wägen geflutet und Menschen von Sitzplätzen verjagt. Viele Fahrgäste - vor allem Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund - seien in einen weit entfernt liegenden Wagen geflüchtet, um weitere Konfrontationen zu vermeiden.

Der Spießrutenlauf der Sängerin begann, als sie sich eine Flasche Wasser im Bordbistro holen wollte und dafür durch mehrere Wagons laufen musste, wie sie sagte. Schon auf dem Weg wurde sie laut eigenen Angaben mehrmals von Hertha-Fans beleidigt und angefasst, doch eine Person soll sie bis ins Bordbistro verfolgt und von hinten mehrmals berührt haben. Dort angekommen, berichtet Mine, habe der Hertha-Fan ihre Bitte nicht respektiert, sie nicht weiter anzusprechen und Abstand zu halten. Im Gegenteil, er habe sie als "Fotze" und "dreckige Hure" beleidigt.

Die 38-Jährige sei daraufhin auf ihren Sitzplatz zurückgekehrt, soll auch auf dem Rückweg mehrere Mal belästigt worden sein. "Es gab keinen einzigen Moment, wo ich einfach in Ruhe durchlaufen konnte. Es war auch echt schwer, sich den Weg durchzubahnen, weil sie mir teilweise den Weg versperrt haben und auch nicht wollten, dass ich da irgendwie durchkomme", erinnert sie sich.

Polizei bestätigt Vorfall

Dass das Bahnpersonal nicht eingeschritten sei, könne Mine gut nachvollziehen. "Die Fans haben sich von externen Getränkelieferanten an den Haltestellen immer Bier, also kistenweise Alkohol nachliefern lassen und waren schon alle so dermaßen betäubt. Es war einfach für alle, glaube ich, keine einfache Situation."

Auf Anfrage von rbb|24 bestätigte eine Sprecherin der Bundespolizei Berlin am Sonntag, dass es im ICE 574 zu einem Vorfall gekommen sei. Demnach wurde die Polizei am Samstag um 18.45 Uhr kontaktiert. Die Einsatzkräfte seien anschließend in Berlin-Spandau hinzugestiegen und stellten mehrere Personalien fest. Aufgrund einer genauen Personenbeschreibung konnte ein 42-Jähriger ausfindig gemacht werden. Er sei der Polizei bereits bekannt. Aufgrund des Tatbestands der Beleidigung wurde er aus dem Zug begleitet.

"Ich habe das ehrlich gesagt noch nie gemacht, aber ich war schon öfter im Zug unterwegs mit größeren Fangruppen und hatte da leider immer wieder mal schlechte Erfahrungen gemacht. Ich finde es auch einfach wichtig, da einzuschreiten und zu versuchen, zumindest das, was man zur Anklage bringen kann, zur Anklage zu bringen", erklärt sich Mine. "Ich habe Anzeige erstattet wegen Beleidigung und die Bundespolizei gerufen. Die Person wird jetzt zur Verantwortung gezogen."

Hertha verurteilt Verhalten der Fans

Hertha BSC reagierte am Sonntagmittag mit einer Stellungnahme. Demnach verurteilt und bedauert der Verein "die beschämenden Vorkommnisse", die "leider nach wie vor zur Realität" rund um Fußballspiele gehören.

Und weiter: "Der Appell an unsere Gemeinschaft lautet daher, sich in solchen Fällen entschieden dagegenzustellen, um derartige Geschehnisse sofort zu unterbinden. Rassistische und sexistische Beleidigungen dürfen nirgends einen Platz finden. Verunglimpfende Personen ändern sich nur dann, wenn sich das gesamte Klima ändert – das kann uns nur zusammen gelingen."

Man wolle in Bezug auf den Vorfall explizit die Gespräche mit den Hertha-Fans suchen. Laut Verein wurde der Kontakt zur Betroffenen gesucht und sie zu einem persönlichen Treffen eingeladen. Mine bestätigt gegenüber rbb|24 das Gesprächsangebot und dass sie es bereits angenommen habe. "Ich finde es super, dass der Verein so direkt reagiert hat", sagt sie.

Hertha hilft bei Ermittlung und Aufklärung

Auf Nachfrage von rbb|24 erläuterte Hertha BSC außerdem, wie nun weiter vorgegangen werde: "In diesem Fall können wir den Personenkreis zu bestimmten Gruppen zuordnen, welche uns bekannt sind. Konsequenzen ziehen wir in der Regel nur gegenüber einzelnen Personen. Hier wird jeder Fall individuell betrachtet."

Der Polizei, die für die Täterermittlung zuständig ist, werde Hertha die Zusammenarbeit anbieten. Weiter erklärte der Klub: "Bei einem offensichtlichen Zusammenhang einer Grenzüberschreitung oder einer Straftat und einem bekannten Täter, werden wir diesen in den Sicherheitsbeirat einladen. Dort wird geprüft, ob diese Person für zukünftige Veranstaltungen von Hertha BSC eine Gefahr darstellt. In diesem Fall können wir ein Stadionverbot aussprechen."

Der Verein bemühe sich grundsätzlich, "die Wege zu Heim- und Auswärtsspielen für alle Fans möglichst sicher zu gestalten." Deshalb werde sich im Vorfeld der Spiele immer mit zahlreichen Beteiligten ausgetauscht, "um vielseitige Problematiken einzuschätzen und proaktiv einzudämmen."

Und trotzdem: Hertha nehme wahr, "dass in seltenen Fällen Teile des Auswärtsblockes gegnerische Fankurven mit diskriminierenden Inhalten diffamierten." Der Verein betont aber: "Eine voranschreitende Verrohung der Kurve nehmen wir nicht wahr. Unsere Fanbasis ist sehr vielseitig und heterogen. Es gibt in den Fanszenen immer Gruppen, die sich stärker von anderen absetzen wollen. Es gibt immer Gruppen, die zum Extremen neigen. Dies ist kein Hertha-Phänomen, sondern findet sich in der allgemeinen Subkultur und Fankultur wieder."

Viele Reaktionen auf Social Media

Mines Instagram-Stories haben über mehrere Soziale Plattformen bereits große Aufmerksamkeit erhalten und die Sängerin hat viele private Nachrichten erhalten. "Ich habe das Gefühl, 90 Prozent sind wirklich solidarische Menschen, auch Hertha-Fans selbst, die sagen, sie schämen sich dafür, dass es Fans gibt, die so sind. Sie versichern mir auch, dass das nicht alle sind. Und das glaube ich natürlich auch. Ich glaube, das ist ein Problem, was trotzdem natürlich im Verein besprochen werden sollte." Sie habe jedoch auch viele Beleidigungen und Drohungen erhalten. "Aber die blocke ich halt direkt weg", macht die Musikerin klar.

Deutsche Bahn will Vorfall nachgehen

Auch die Deutsche Bahn äußerte sich auf Anfrage von rbb|24 in einer schriftlichen Stellungnahme: "Die Schilderung des Vorfalls macht uns betroffen, so etwas sollte keine Reisende auf der Fahrt mit der DB erleben müssen. [...] Rassismus, Diskriminierung, Mobbing oder sexuelle Belästigung haben bei uns keinen Platz – weder gegenüber unseren Kund:innen noch gegenüber unseren Mitarbeitenden." Dem Vorfall werde nachgegangen. Das könne jedoch unter Umständen einige Zeit in Anspruch nehmen.

Laut der Deutschen Bahn sind an jedem Wochenende mehr als 100.000 Fußballfans in Fern- und Nahverkehrszügen unterwegs. Fast alle Fahrten würden problemlos verlaufen. Doch: "Durch eine Minderheit von gewaltbereiten Störer:innen entstehen der DB jedes Jahr etwa zwei Millionen Euro Kosten."

Für Mine ist nach diesem Vorfall klar: "Ich passe auf jeden Fall auf, mit welchem Zug ich zukünftig am Wochenende fahre. Und das ist eigentlich schade, weil die Bahn für jeden zugänglich sein sollte, ist sie aber nicht. Es ist einfach kein Safe Space. Und das betrifft halt nicht nur Züge, in denen Fangruppen sitzen."

Sendung: Fritz vom rbb, 10.11.2024, 14:30 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky und Lynn Kraemer

81 Kommentare

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  1. 81.

    Ein Wagen des hier eingesetzten Zuges hat (von 2. Klasse ausgehend) 88 Sitzplätze und der Zug insgesamt 918. Davon ausgehend, dass die 1. Klasse wie immer ziemlich leer war, wären also ein voller Wagen mehr als 10% der Fahrgäste. Haben Sie den Artikel gelesen? Es muss für manche Menschen, vor allem Frauen, eine Qual gewesen sein, in diesem Zug gefangen zu sein. Und nun versuchen Sie das ganze hier mit zu Ihren Gunsten angepassten Zahlen zu relativieren, obwohl Ihrer Rechnung nach jede 9.-10. Person ein auf Krawall gebürsteter und/oder sexistischer und/oder rassistischer, wahrscheinlich alkoholisierter Störenfried ist? Wie wohl würden Sie sich in einem langen Gebäude fühlen, in welchem Sie für einen gewissen Zeitraum "eingesperrt" sind und von jeder 8. Person eine Beleidigung oder (sexuelle) Belästigung oder sogar einen Übergriff zu befürchten haben?

  2. 80.

    In einem Stadion vielleicht nicht viele, in einem Zug jedoch eine Gefährdung für die Sicherheit und das Wohlbefinden der Fahrgäste und des Personals. Womit bewegen sich viele Fans? Bingo, also hören Sie auf zu relativieren und sparen sich den whataboutism für die Kurve!

  3. 79.

    Das sind keine. Grüße an die wahren Fans. Ha Ho He.

  4. 78.

    Absoluter Unsinn, den Sie hier schreiben. Pauschal geht es Ihnen hier darum, Ihren Hater-Sprech loszuwerden.
    Armselig …

  5. 76.

    Wozu diese kommerzielle sogenannte Spitzensport überhaupt?

    Vielleicht könnten die Jungs mal selber Sport treiben, aber zu Hause, und ohne Alkohol!

  6. 75.

    Wieso ist es so uneingeschränkt akzeptiert, Fußballfans pauschal zu diffamieren und zu homogenisieren?
    Zu einem Heimspiel der Hertha kommen ca. 50.000 Fans. Selbst wenn im Anschluss 1.000 davon in der S-Bahn randalieren würden, reden wir von nur 2%.
    Ins Darmstädter Stadion passen 1.700 Auswärtsfans, in einen ICE-Wagon ca. 70. Selbst wenn die Randalierer am Samstag zwei Wagen besetzt hätten, reden wir nur über knapp 8%.
    Ein derartig undifferenzierter Diskurs über irgendeine andere gesellschaftliche (Rand-)Gruppe dieser Größe, würde einen gehörigen Aufschrei nach sich ziehen.
    Es ist zurecht nicht in Ordnung, solche Sprüche über Arbeitslose abzusondern (z. B.: "2% von denen sind faul, wir sollten daher ALLEN das Bürgergeld streichen!") oder über Politiker ("8% der Parlamentarier stehen für antidemokratisches Gedankengut, wir sollten das Parlament abschaffen, um das zu unterbinden!"). Aber bei Fußballfans ist das OK? Kennste einen, kennste alle? Das ist nichts anderes als Doppelmoral.

  7. 74.

    "die Wägen geflutet"
    Kein Berliner benutzt dieses Wort. Bitte ortsübliche Sprache benutzen.

  8. 72.

    Nun, wenn den Hertha-Fans seit Jahren eingeredet wird, ein Big-City-Club zu sein, auf andere Vereine von oben herab blickend, Verbündeten im Berliner Senat und in der Hauptstadtpresse zu haben - was soll da am Ende heraus kommen?
    Gelebte Arroganz.
    Ich doch verwundert, dass hier mal wieder das Forum genutzt wird, um über Links-und Rechtsradikale zu fabulieren. Hier geht es einfach um die nicht hellsten Kerzen, den Hertha-Fanboys, die die zweite Klatsche (ist das nun auch eine Serie?) verkraften mussten. Es sind Fußballfans, kann von denen etwas anderes erwarten.
    Dazu auch noch vom Big City Club aus der 2.Liga.

  9. 70.

    Der Regierende Bürgermeister und seine Innensenatorin werden einen Teufel tun. Sind selber Herthafans und eher damit beschäftigt, ihren Lieblingsverein maximal zu unterstützen.
    Zum Beispiel braucht Hertha die zweite Saison hintereinander weder fürs Stadion noch für die Geschäftsstelle Miete zu zahlen. Das sind Millionen im zweistelligen Bereich, die der Stadt dadurch aktuell fehlen. Auch deshalb werden soziale Projekte gerade gestrichen.

  10. 69.

    Ich kann diese allgemeine Geschwafel, denn nichts anderes ist das Statement von Hertha Bsc dazu, nicht mehr hören. In der Lebensrealität wird es so sein, dass niemand ein Stadionverbot erhalten wird.

  11. 68.

    Wir sollten nicht davon ablenken, dass solche und ähnliche Besuffskies regelmäßig zu Fußballspielen aller Art unterwegs sind. Durch sowas bekommt auch die Fan-Szene insgesamt ein ganz schlechtes Image. Auch wenn diese Proleten und Sexisten eine Minderheit sind. Die Straftaten und die Schäden, die durch dieses Klientel entstehen, sind immens! Alleine die DB spricht von zwei Millionen Euro Kosten pro Jahr, die auf das Konto dieses Milieus gehen.

  12. 67.

    "Es hilft wenig, mit dem Finger auf Fußballfans zu zeigen, wir müssen in alle Bereiche der Gesellschaft schauen."
    Das sicherste Rezept, damit nie etwas passiert. Hier geht es konkret um besoffene und randalierende "Fußballfans", die keine Grenzen kennen und sich für den Nabel der Welt halten. Damit könnte man erst einmal anfangen und sich später dann "in alle Bereiche der Gesellschaft" vorarbeiten...

  13. 65.

    Sexismus ist kein singuläres Problem des Fußballs, es ist ein strukturelles gesellschaftliches Problem! Es hilft wenig, mit dem Finger auf Fußballfans zu zeigen, wir müssen in alle Bereiche der Gesellschaft schauen. Toxische Männer im Fußball und selbstherrliche Politiker und Manager sind zwei Seiten einer Medaille.
    Prävention gegen Sexismus (wie auch gegen jede Menschenfeindlichkeit) fängt in der Schule an, da kann m. E. noch am ehesten männlichkeitsideologischer Radikalisierung vorgebeugt werden, doch dazu sind die Entscheidungsträger*innen in der Bildungspolitik jedoch noch nicht bereit, wie eine Sendung im ZDF unlängst aufgezeigt hat.

  14. 64.

    Das Statement von Hertha BSC ist ja auch ein Witz. Sowas hat doch nichts "gesamtgesellschaftlichem Klima" zu tun. Sondern mit schlechtem Charakter, Alkohol-Missbrauch und cheauvinistischem "Männlichkeits"-Wahn. Was sind das nur für ... (das Wort sag jetzt nicht).

  15. 63.

    Die besoffenen Typen halten sich wahrscheinlich auch noch für die Aushängeschilder der deutschen Leitkultur. Vorbild für die ganze Welt. Fürchterlich :-(

  16. 62.

    Ich habe soetwas schon mit anderen angetrunkenen Fans erlebt: Die Reaktionen der anderen Fahrgäste? Keine, weder wurde Hilfe geholt noch wurde gesagt, dass es unpassend sei. Die Stimmung war sogar so bedrohlich, dass sich die Zugbegleiter nicht mehr in den Wagen trauten und dort sogar geraucht und andere Fahrgäste angegangen wurden. Am Südkreuz stürmten dann Bundenpolizisten den Wagen. Sehr unangenehm, vor allem wenn das keine geeigneten Möglichkeiten gibt sich zur Wehr zu setzen.

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