Planinsolvenz - Spremberger Krankenhaus geht zu 80 Prozent in kommunale Hand über
Der Weg für die Sanierung des finanziell angeschlagenen Krankenhauses in Spremberg (Spree-Neiße) ist frei: Die Stadt übernimmt 80 Prozent der Anteile. Im Krankenhaus selbst spüren manche bereits eine Aufbruchstimmung. Von Thomas Krüger
Die Stadt Spremberg (Spree-Neiße) wird zum Mehrheitseigner des in finanzielle Schieflage geratenen örtlichen Krankenhauses. Wie die Stadtverordneten in einer Sitzung am Mittwoch einheitlich beschlossen, erwirbt die Stadt 80 Prozent der Anteile am Krankenhaus.
Bisher war das anders - Spremberg war deutschlandweit das einzige Krankenhaus, das mehrheitlich durch die Mitarbeiter über einen Förderverein geführt wurde. Nur 49 Prozent gehörten der Stadt. Doch das geht in der aktuellen Situation nicht mehr.
Mitte September hatten die Stadt und die Krankenhausgesellschaft bekanntgegeben, dass die Klinik umstrukturiert werden soll, weil das Geld ausgeht. Am Amtsgericht Cottbus wurde ein Schutzschirmverfahren beantragt - also im Kern eine Insolvenz in Verbindung mit einem Sanierungskonzept.
Ausbau des ambulanten Bereichs
Vor allem die Umstände in der Corona-Pandemie haben dazu geführt, dass das Krankenhaus weniger Einnahmen und mehr Ausgaben hatte. So kam es zur Schieflage. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll nun ein Sanierungsplan das Haus wieder auf Kurs bringen. Das soll dadurch gelingen, dass der ambulante Bereich erheblich ausgebaut und Liegezeiten verkürzt werden.
Mitverantwortlich für dieses Konzept ist der Generalhandlungsbevollmächtigte in diesem Verfahren, Mark Boddenberg. "Spremberg ist mit 218 Betten im Vergleich ein sehr kleines Krankenhaus - und diese Bettenanzahl ist insofern problematisch, als dass man sie im dem Abrechnungssystem, in dem wir uns im Moment bewegen, nicht wirtschaftlich betrieben kann", so Boddenberg. Das habe nichts mit der Qualität der Gesundheitsversorgung in Spremberg zu tun, die sei "erstklassig."
Wenn man es jetzt schaffe, das Krankenhaus von den stationären Leistungen hin zum ambulanten umzubauen und umzustrukturieren, und dabei die Gesundheitsversorgung auf hohem Niveau "zu 80/90Prozent" zu erhalten, dann sei das "ein großer Wurf", so Boddenberg.
Dieser Umbau soll mit der kompletten Mannschaft des Krankenhauses Spremberg geschafft werden, verspricht der Generalhandlungsbevollmächtigte. "Es wird keine einzige Kündigung geben." Der Umfang der Arbeit werde sich nicht groß ändern, sagt er. Sie werde aber "anders sein", effizienter, schlanker und damit kostengünstiger werden müssen, um die "erheblichen Verluste der Vergangenheit" auszugleichen.
Aufbruchstimmung im Krankenhaus
4.000 stationäre Aufenthalte im Jahr, 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 218 Betten - diese drei Zahlen beschreiben das Krankenhaus. Und doch gehört laut der Chefärztin der Gynäkologie, Sabine Manka, viel mehr dazu. Es gebe gerade Aufbruchsstimmung, wie es sie schon einmal vor 25 Jahren gab, als der Förderverein gegründet und dieses besondere Gesellschaftermodell ins Leben gerufen wurde. "Alle warten nur darauf, dass endlich etwas passiert, dass die Grundlagen geschaffen werden, die Finanzierung stimmt und wir unsere Ideen umsetzen können."
Und die Ärztin wisse, was künftig unter der neuen Struktur zu verstehen sei. "Ambulant wird nicht das sein, was wir uns unter ambulant vorstellen - also nicht: Früh um sieben Uhr kommen und 14 Uhr wieder nach Hause gehen." Auch wer kurzzeitig stationär aufgenommen wird, gelte dann noch als ambulant.
Erwartung an Landesregierung
Mit der Übernahme von 80 Prozent der Anteile hat die Stadt laut Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos) auch mehr Verantwortung. Mit insgesamt rund vier Millionen Euro will die Stadt den Umbauprozess in den nächsten zwei Jahren mitfinanzieren. Herntier hat klare Vorstellungen für die Zukunft des Krankenhauses. "Es muss eine enge Kooperation mit dem Carl-Thiem-Klinikum Cottbus geben, was dann wahrscheinlich schon ein Landeskrankenhaus ist." Die Digitalisierung werde in fünf Jahren gerade auch für ein Krankenhaus im ländlichen Raum eine große Rolle spielen, so Herntier. Dabei erwarte sie von der Landesregierung Unterstützung.
Erst seit Anfang Dezember ist Tobias Grundmann neuer Geschäftsführer des Spremberger Krankenhauses. Der 31-Jährige ist davon überzeugt, mit dem neuen Weg in die richtige Richtung gehen zu können. "Der Stand, den das Krankenhaus in der Bevölkerung hat, ist außergewöhnlich." Das lasse ihn hoffen und zuversichtlich sein, dass der Transformationsprozess, der mit den Stadtverordneten angeschoben werde, gemeinsam gemeistert werde.
Krankenhausreform angekündigt
Nachdem die finanzielle Schieflage im September bekannt geworden war, hatte die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) ihre Forderung an den Bund erneuert, die Kliniken rasch finanziell zu unterstützen und die Finanzierung grundsätzlich umzugestalten. "Viele Krankenhäuser in Deutschland stehen wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand", so Nonnemacher damals. Grund seien unter anderem finanzielle Einbußen in der Corona-Pandemie und hohe Energiekosten.
Damit für eine Klinik bei der Behandlung von Patienten nicht finanzielle Aspekte eine Rolle spielen, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Anfang der Woche Vorschläge für eine Krankenhausreform vorgestellt [tagesschau.de]. Nach den Plänen sollen die Kliniken in Zukunft wieder die medizinische Versorgung in den Mittelpunkt stellen. Eine Basisvergütung soll neben das Fallpauschalen-System treten. Das soll den ökonomischen Druck in kleinen wie großen Krankenhäusern verringern.
Sendung: Antenne Brandenburg, 07.12.2022, 15:40 Uhr