Kommentar | Landratswahl in Oder-Spree - Wenn etwas nicht funktioniert, sind "die da oben" schuld
Bei der Landrats-Stichwahl in Oder-Spree lag für gut eine Stunde der AfD-Kandidat vorn, erst die Briefwahlstimmen drehten das Ergebnis noch. Warum sind so viele Brandenburger bereit, rechtsradikal zu wählen? Ein Kommentar von Andreas Oppermann
Mit Politik und politischen Leistungen hat das knappe Ergebnis wenig zu tun. Der bislang von der SPD geführte Landkreis Oder-Spree ist schuldenfrei. Die Arbeitslosigkeit liegt bei circa sechs Prozent. Die Region zwischen dem Flughafen Berlin-Brandenburg und der neuen Tesla-Fabrik zählt zu den wirtschaftlich dynamischsten in ganz Europa - und Tesla hat schon jetzt mehr als 10.000 Arbeitsplätze geschaffen. Auch im ländlichen Raum des Landkreises ist die Lage deutlich besser als noch vor fünf Jahren: vielerorts Zu- statt Wegzug, Verbesserung der Infrastruktur und ein reges kulturelles Leben.
Keine Personenwahl
Mit Persönlichkeit hat das knappe Ergebnis auch nichts zu tun. Der AfD-Mann Rainer Galla ist in der Region unbekannt. Vor vier Jahren aus dem Westen in die Region gezogen, hat er sich um kommunale Belange nicht gekümmert. Anders als Frank Steffen, der letztlich erfolgreiche Kandidat der SPD - oder die von CDU, Grünen und Freien Wählern im ersten Wahlgang. Sie kommen von hier, sind verwurzelt und schon lange politisch engagiert.
Wenn es also nicht um Fakten und Personen geht, dann müssen es Stimmung und Einstellungen sein. Der deutliche Frust über die Krisen, die uns alle plagen. Und der unbedingte Wille, jede Veränderung abzulehnen. Aber auch eine Verachtung von Institutionen, die vor allem in den Corona-Jahren stark gewachsen ist. Wenn etwas nicht funktioniert, sind "die da oben" schuld, auch wenn sie vielleicht schon an einer Lösung arbeiten. Sicher ist nicht alles optimal, sicher gibt es auch gerade rund ums Tesla-Gelände zum Beispiel Verkehrsprobleme. Aber die Verächter der Ämter, Ministerien und Politik glauben nicht, dass Probleme auch gelöst werden können.
AfD ist rechtsradikale Partei, die Ressentiments bedient
Und dann gibt es natürlich noch einen Grund, warum die AfD fast gewonnen hat: Sie ist eine rechtsradikale Partei und kann auch gerade deshalb punkten. Denn sie spricht Ressentiments an, die in der Bevölkerung vorhanden sind. Nicht nur die Verachtung von Institutionen, sondern auch die Sympathie für den russischen Faschisten Wladimir Putin. Auch latente Ausländerfeindlichkeit wird adressiert. Ein Gemisch, das im Kern demokratiefeindlich ist, weil zu viele unseren Staat und unsere Demokratie ablehnen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 15.05.2023, 16:10 Uhr