Mehrweg-Angebotspflicht ab Januar - "Die Kunden gehen immer den einfachsten Weg"
Ab Januar müssen größere Restaurants, Cafés und Imbisse Mehrwegverpackungen anbieten. Deutschland setzt damit eine EU-Verordnung zur Müllvermeidung um. Jetzt müssen nur noch die Kunden mitspielen. Von Thomas Rautenberg
Renato Clari hat in seinem italienischen Restaurant mit Lieferdienst alle Vorbereitungen getroffen. Plastikschalen in unterschiedlichster Größe stehen bereit. Suppen, Salate, Pasta kann der Restaurantchef seinen Kunden künftig in Pfand-Verpackungen mit auf den Weg geben. Selbst für die Pizza to go hat Clari mit entsprechenden Kunststoff-Verpackungen vorgesorgt. Allerdings weiß er nicht, ob das funktioniert. "Die Pizza muss warm bleiben, die darf nicht verrutschen oder verschmieren. Da muss man sehen, ob das wirklich funktioniert."
Mehrweg-Verpackungen haben ihren Preis
Wer will, kann im Kreuzberger Restaurant Amici Amici sein Essen in einer Pfandverpackung bekommen. Pappkartons und Aluminiumfolien für Pizza und Pasta wären dann passé. Vorausgesetzt natürlich, die Kundschaft macht mit und ordert das Essen in der ökologisch wertvolleren Verpackung. Ohne Mehrkosten wird das nicht gehen. Zum einen kommt das Pfand obendrauf, das bei Rückgabe natürlich erstattet wird. Zum anderen muss Restaurantchef Clari die Verpackungen kaufen, spülen und lagern. "Noch haben wir das nicht kalkuliert, rechnen aber mit einem Preisplus zwischen zwei und sechs Prozent."
Angebotspflicht ab Januar gilt nicht für alle
Ab Januar müssen Gastronomiebetriebe mit über 80 Quadratmeter Fläche und mindestens fünf Angestellten umweltfreundliche Mehrwegverpackungen anbieten. So schreibt es die sogenannte Mehrweg-Angebotspflicht vor, mit der der Bund eine entsprechende EU-Verordnung zur Müllvermeidung umsetzen will. Diese Regelung bedeutet natürlich auch, dass es viele Ausnahmen geben wird. Kleine Imbisse und Steh-Cafés dürfen weiterhin Einwegverpackungen oder Wegwerfbecher verkaufen.
Es sei total unverständlich, dass kleinere Betriebe von der Regelung ausgenommen würden, die verkauften doch das ganze To-go-Material, sagt Thomas Lengfelder, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Berlin. "Die Kunden gehen immer den einfachsten Weg. Und insofern werden sie an den Kiosken meistens auch den Wegwerfbecher nehmen."
Müllmenge auf hohem Niveau
Nach wie vor landen jährlich rund 750.000 Tonnen Einwegverpackungen im Berliner Müll. Das entspricht in etwa 60 Prozent des gesamten Müllaufkommens. Allein 175,000 To-go-Becher werden täglich in die Tonnen geworfen. Der Müll entsteht flächendeckend in der gesamten Stadt.
Will man ihm beikommen, muss auch es auch ein flächendeckendes Pfandsystem für wiederverwendbare Verpackungen geben, sagt Barbara Menz von der Deutschen Umwelthilfe, eine Poollösung, der sich möglichst viele Unternehmen anschließen können. "Ein deutschlandweites Pfandsystem wäre natürlich die beste Lösung. Dafür müsste es jetzt eine politische Rahmensetzung geben. Beispielsweise über eine Einweg-Verpackungssteuer, die die Verwendung solcher Materialien teurer macht."
Schmaler Grat zwischen Erfolg und Misserfolg
Ab Januar müssen größere Gastro-Betriebe Mehrwegverpackungen für den Außer-Haus-Verkauf vorhalten. Ob das Angebot wirklich genutzt wird oder Currywurst und Pizza weiterhin auf einer Pappe und in Alufolie eingeschlagen über den Ladentisch gehen - darüber entscheiden letztendlich die Verbraucher. Restaurantchef Renato Clari möchte jedenfalls sein Unternehmen dauerhaft auf Mehrweg-Verpackungen umstellen. Das spare Geld für das Einweg-Material und sei ökologisch sinnvoll, sagt er.
Sendung: Inforadio, 28.12.2022, 07:35 Uhr
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