Warnstreik in Berlin und Brandenburg - Post-Mitarbeiter legen zweiten Tag in Folge Arbeit nieder

Di 07.02.23 | 09:10 Uhr
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Ein Demonstrant trägt am 06.02.2023 eine Capy mit dem Post-Logo, während er zusammen mit anderen Angestellten der Deutschen Post vor der Ver.di Bundeszentrale auf der Schillingbrücke streikt. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: rbb24 Inforadio | 06.02.2023 | Stephan Ozsvath | Bild: dpa/Annette Riedl

Die Gewerkschaft Verdi macht vor den Post-Tarifgesprächen in dieser Woche weiter Druck. Bereits am Montag gab es auch in Berlin und Brandenburg Warnstreiks. Am Dienstag wird der Ausstand fortgeführt. Betroffen sind auch Briefwahlunterlagen.

  • Post-Streik wird am Dienstag fortgesetzt und ausgeweitet
  • Warnstreik bremst eine Million Briefe und mehrere hunderttausend Pakete aus
  • Bis zu 2.000 Streikende am Montag in Berlin und Brandenburg
  • Post reagiert mit Unverständnis auf die Proteste
  • Briefwahlunterlagen rechtzeitig abschicken oder persönlich abgeben

Auch am Dienstag haben zahlreiche Post-Beschäftigte in Berlin und Brandenburg die Arbeit für einen ganztägigen Warnstreik niedergelegt. Die Warnstreiks hätten begonnen, sagte Verdi-Fachbereichsleiterin Benita Unger am Dienstagmorgen. Zur Beteiligung machte sie zunächst keine Angaben. Betroffen ist laut Verdi die Paket-, Brief-, und Verbundzustellung. Doch auch in den Brief- und Paketzentren sei zum Warnstreik aufgerufen worden, betont Unger.

"Zusätzlich werden die Beschäftigten der regionalen Briefverteilzentren in Berlin-Tempelhof, Schönefeld, Hennigsdorf und Stahnsdorf, sowie der Paketzentren in Ludwigsfelde, Rüdersdorf und Börnicke in den Arbeitskampf gerufen", hatte die Gewerkschaft zuvor mitgeteilt.

Geringere Auswirkungen am Montag

Bereits am Montag wurde wegen des Warnstreiks der Postbediensteten die Zustellung von rund einer Million Briefe und mehrerer hunderttausend Pakete ausgebremst. Insgesamt seien die Auswirkungen aber geringer gewesen als bei den mehrtägigen Warnstreiks im Januar, berichtete ein Postsprecher in Bonn.

Aufgrund der am Wochenanfang typischerweise eher niedrigen Sendungsmengen seien am Montag bundesweit "lediglich rund 6 Prozent der durchschnittlichen Tagesmenge bei Paketsendungen und nur rund 2 Prozent der durchschnittlichen Tagesmenge bei den Briefsendungen betroffen", sagte der Postsprecher.

Etwa 2.000 Streikende in der Region

Nach Angaben des Unternehmens hatten sich am Montag bundesweit 5.300 Beschäftigte an dem Ausstand beteiligt. Die Gewerkschaft Verdi sprach von 8.000 Streikenden. Etwa 2.000 davon hätten sich in der Region Berlin-Brandenburg daran beteiligt, sagte eine Gewerkschaftssprecherin dem rbb.

Die Gewerkschaft will mit den Arbeitsniederlegungen in der laufenden Tarifrunde ihrer Forderung nach 15 Prozent mehr Lohn Nachdruck verleihen. Die weitergehenden Warnstreiks am Dienstag sind nicht nur wie am Montag vor allem in Berlin und Rostock, sondern auch in Dortmund, Hamburg, Saarbrücken, Polch (Rheinland-Pfalz), Nürnberg, Frankfurt/Main und Stuttgart geplant. Zuletzt hatten Postmitarbeiter Ende Januar die Arbeit in Berlin und Brandenburg niedergelegt.

1.500 Streikende vor Verdi-Zentrale

Zu einer Kundgebung am Montagvormittag vor der Verdi-Bundeszentrale in Berlin kamen gut 1.500 Brief- und Paketzusteller aus Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg zusammen. Gewerkschaftschef Frank Werneke verteidigte dabei die Forderung nach 15 Prozent mehr Lohn. Angesichts der hohen Inflation müssten die Reallöhne gesichert werden.

Die Verdi-Verhandlungsführerin Andrea Kocsis verwies darauf, dass die Post zurzeit Rekordergebnisse einfahre. "Davon holen wir uns jetzt Euren Anteil", rief sie den Streikenden zu. "Jetzt seid erstmal Ihr dran, bevor wir über Dividenden sprechen."

Bei der Post stieß das Vorgehen der Gewerkschaft allerdings auf Unverständnis. Ein Unternehmenssprecher sagte, der Konzern habe für die nächste Runde der Tarifverhandlungen am Mittwoch und Donnerstag bereits ein Angebot angekündigt. Die neuerlichen Warnstreiks seien deshalb überzogen. Das Verhalten der Gewerkschaft gehe zulasten der Kundinnen und Kunden des Konzerns.

Post verweist auf rückläufige Geschäfte

Gleichzeitig bemühte sich das Unternehmen, die Erwartungen der Streikenden zu dämpfen. Um die Arbeitsplätze in Brief- und Paketgeschäft zu sichern, seien Einkommenssteigerungen in der von Verdi geforderten Größenordnung "nicht vertretbar", bekräftigte der Konzern.

Das Ergebnis des Brief- und Paketgeschäfts sei deutlich rückläufig und reiche schon heute nicht mehr für die notwendigen Investitionen aus. Der von Verdi angeführte Konzerngewinn werde zum übergroßen Teil im internationalen Geschäft erwirtschaftet.

Möglicher Einfluss auf Wahlgeschehen in Berlin

In Berlin könnte der Post-Streik auch Einfluss auf die rechtzeitige Zustellung von Briefwahlunterlagen haben. Landeswahlleiter Stephan Bröchler hat Briefwählenden am Montag geraten, spätestens am Dienstag die ausgefüllten Unterlagen für die Wiederholungswahl zur Post zu bringen, sagte er am Montag im rbb|24-Inforadio.

Die Post ist zuversichtlich, dass die Briefwahl nicht unter dem Streik leiden wird. "Die Briefwahl genießt für die Deutsche Post absolute Priorität, und wir haben alle nötigen Vorkehrungen getroffen - also Sonderleerung der Briefkästen und Sonntagszustellung an die Wahlämter - damit die abgeschickten Unterlagen pünktlich zur Zählung ankommen", teilte das Unternehmen auf rbb-Anfrage mit.

Die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen findet am kommenden Sonntag statt, die Wahllokale schließen um 18 Uhr. Bis dahin können Wahlscheine auch persönlich beim Bezirkswahlamt oder beim Rathaus abgegeben werden, sagte Bröchler. Das sei die "sicherste Methode".

Sendung: Antenne Brandenburg, 07.02.2023, 08:50 Uhr

Hinweis: Die nächste Verhandlungsrunde findet am Mittwoch und Donnerstag statt, nicht, wie es in einer früheren Version dieses Beitrags hieß, am Donnerstag und Freitag.

116 Kommentare

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  1. 116.

    Alles gut. Ich habe 25 Jahre nur im reinen Nachtdienst gearbeitet und bin seit meinem Coming Out als Schwuler am Arbeitsplatz durch Vorgesetzte durchgehend gemobbt worden. Geblieben bin ich nur wegen der mir nun zeitlebens zustehenden Postbetriebsrente, die nicht unerheblich ist.

  2. 115.

    Ich weiß natürlich warum bei uns keiner anfängt...das Abschreckende sind die Arbeitsbedingungen,der Zeitdruck Doppeltouren laufen und und ich könnte noch mehr aufzählen.Aber ich habe das Gefühl das wollen hier viele nicht verstehen!!!Glauben wir haben alle keine richtige Lust zum Arbeiten.Und viele Kunden wissen auch leider nicht wie es im Betrieb aussieht(nämlich seit langem überhaupt nicht gut!!)

  3. 114.

    Sorry,aber das war ironisch gemeint! Ich arbeite bei der Post schon über 25 Jahre!
    Ich kann deswegen oft nur mit dem Kopf schütteln,wenn ich diese teilweise beleidigenden Kommentare über die Postler lese.Dann rutscht mir schon mal solche Ironie raus(leider nicht gekennzeichnet)!
    Ich weiß wie es läuft und es ärgert mich so vieles an diesem Arbeitgeber!

  4. 113.

    Das fragen sie mal am besten unsere Bundesregierung. Wenn ich für's Zuhause bleiben unter Berücksichtigung aller Leistungen ähnlich gut dastehe braucht sich niemand wundern warum wir an vielen Stellen "Personalmangel" haben. Es gibt genügend Personal, nur fehlt es an Motivation. Und nein, die meisten Arbeitgeber können damit nicht (mehr) konkurrieren...

  5. 112.

    Das fragst Du allen Ernstes jetzt? Bei solch miesen Verträgen, angefangen mit befristeten 3 Monatsverträgen. Schichtdienst mit nur 3-4 Std. täglich in den Briefzentren. Wer Glück hat bekommt einen befristeten 1 Jahresvertrag bei guter Führung. Zusteller/innen haben nach Vorgaben zu Arbeiten. Schaffen sie es nicht, dann war’s das. Es ist verdammt schwierig bei der Post AG heutzutage noch eine Festeinstellung zu erhalten.

  6. 111.

    Uuups, Korrektur: Wenn ich bei 6-8 rauskommen will, kann ich NICHT mit 15% rein gehen. Das ist keine Basis für seriöse Verhandlungen. Das sollten die Verdi Spezialisten wissen ! Da der Drops aber gelutscht ist und nun niemand sein Gesicht verlieren möchte, wir uns das noch lange begleiten.

  7. 110.

    Das habe ich schon so oft gedacht...fangt mal bei uns an...dann schauen wir mal für wie lange?
    Warum bekommen wir einfach kaum oder gar keine Leute? Ich verstehe es nicht!!

  8. 109.

    Sie können gerne bei uns anfangen, wir suchen noch Zusteller. Die mit so einer Meinung bei uns angefangen haben ,waren schnell wieder weg, weil sie gemerkt haben, das es eine anstrengende Arbeit ist. Aber sie können es ja mal versuchen

  9. 107.

    Danke, aber ja ich weiß das. Wenn ich bei 6-8 rauskommen will, kann ich mit 15% rein gehen. Das macht es der Gegenseite schwer sein Gesicht zu wahren. Und ja, ich weiß auch sehr gut wie Verhandlungen erfolgreich laufen ...

  10. 106.

    Verstehen kann ich die Postler schon,aber das sie der Befölkerung Schaden und nicht ihrem Arbeitgeber finde ich schon eine Überlewgung wert!

  11. 105.

    Können Sie sich bei der Post bewerben und die Arbeit besser machen. Die Post sucht immer Mitarbeitern.

  12. 104.

    wissen Sie wie viel die Post bereits war zu geben? 2%. Das Unternehmen hat über 8 Milliarden Gewinn gemacht, und ist nicht bereits 300 Millionen an seine Mitarbeiter zu verteilen. Sie Sagen sie sollen 10% fordern, dann könnte Sie maximal 5% bekommen und auf 2 Jahre verteilt!!. Ja mit der Post muss man hoch anfangen. Das Ziel ist nicht 15% das wissen alle, die Hoffnung liegt zwischen 6 und 8 %. Das nennt dich Verhandelung.

  13. 103.

    Mal unabhängig von den Leistungen der Post in den letzten 6 Monaten erscheint mir eine Forderung von 15% bei einer Inflationsrate von 8,6% im Januar vielleicht nicht ganz so schlau. Das baut nur eine Riesen Kluft auf und tut der gerechtfertigten Sache nicht gut. Wenn es Verdi tatsächlich um die Angestellten gehen würde, wäre man mit 10% darein gegangen um sich am Ende bei 7-8% zu treffen. Machtspiele tun niemanden gut und da nun keiner sein Gesicht verlieren möchte, wird uns dieser konstruierte Bullshit noch ne ganze Weile erhalten bleiben !

  14. 102.

    #Lothar
    Mir ging es genau umgekehrt. Ich wolte mit 62 in Pension gehen und bekam das Angebot 3 Monate früher zu gehen. So kam es dann auch. Danach ging es bei den Kollegen Schlag auf Schlag. Ausnahme, wer gerade befördert worden war. Da fand man später das Angebot, 1000 Sozialhilfestunden in Einrichtungen abzuarbeiten. Das hat eine Kollegin vor Kurzem noch getan.

  15. 101.

    Geil, Danke! Hab heute extra nen Tag Urlaub genommen und die Lieferung vonnem 25Kg Paket auf heute terminiert, damit ich auch da bin und das annehmen kann.. Nu hat sich mein heute nicht erschienener DHLler selbst in den Hintern getreten. Morgen buckelt er das Ding dann umsonst.. oder Donnerstag, wer weiss das schon..

  16. 100.

    Bei uns kommt die Post oft zerknüllt im, am oder unter dem Briefkasten an. Jetzt erstmal gar nicht mehr. Ob das nur am Gehalt liegt? Die Netzagentur jedenfalls hat die Postzustellung durch die Post absolut nicht im Griff. Möglichkeit sich zu beschweren = Null. Schön, liebe Mitarbeitenden, dass ihr erstmal streikt. Wie wäre es mit ordentlicher Arbeit?

  17. 99.

    Ein Beispiel..Krankenpflegerin oder Krankenpfleger wertschätze ich sehr,egal was der Einzelne leistet ,die müssen sich es in meinen Augen auch nicht erst verdienen,wenn wir sie nicht hätten...egal wie sich jeder einbringt,sie tun was für die Kranken,der eine mehr,der andere weniger.Da braucht man auch keine großen Leistungen bringen,da tun es auch schon kleine Dinge!

  18. 98.

    Wann hat man sich denn In Ihren Augen,Wertschätzung und Respekt verdient???Würde mich mal interessieren!

  19. 97.

    So isses gewesen. Ich war gleich zu Eröffnung all der neuen Briefzentren ab 2000 mit unseren ausgesuchten Teams durch Deutschland getourt um sie einzeln neu zu Implimentieren. Neue Labels mußten her und zu Hunderten gedruckt werden. Computer mußten neu eingerichtet werden. Arbeiter/innen mußten neu an die Maschinen instruiert werden. Wir wohnten in Hotels und es war eine anstrengende aber auch hoch interessante Erfahrung die ich habe machen dürfen. Im kleinen BZ 13 Henningsdorf z.B. wurde mir sogar Sprechverbot mit den Kollegen zugeteilt, worauf ich natürlich dem Schichtleiter darauf hinwies es sei sogar meine Aufgabe mit allen zu sprechen wenn’s um die Arbeit ging. Das passte denen überhaupt nicht. Im BZ 14 war man umgekehrt dankbar für unsere Kollegiale Unterstützung aus dem BZ10.

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