Steigende Umsätze und Start-ups - Games-Branche in Berlin und Brandenburg ist schon jetzt ein "Big Player"

Do 11.05.23 | 06:07 Uhr | Von Frank Preiss
  5
Symbolbild:Gamer am Bildschirm mit bunt leuchtender Tastatur.(Quelle:imago images/A.Hettric)
Video: rbb24 Abendschau | 11.05.2023 | Carla Spangenberg | Bild: imago images/A.Hettric

Wenn am Donnerstag in Berlin der Deutsche Computerspielepreis verliehen wird, feiern gleich sechs Nominierte ein Heimspiel: Berlin und Brandenburg sind die Herzkammer der deutschen Games-Branche. Das belegen aktuelle Zahlen aus einer Branchenstudie. Von Frank Preiss

  • Sechs Nominierte für Computerspielepreise aus der Region
  • Umsätze seit 2015 um 75 Prozent gestiegen
  • Jedes fünfte Unternehmen sitzt in Berlin und Brandenburg
  • Frauen sind bei den Beschäftigten unterrepräsentiert
  • Games-Branche hofft auf "House of Games"

Wenn an diesem Donnerstag im "Spindler & Klatt" in Berlin die Deutschen Computerspielpreise verliehen werden, können sich besonders viele Entwickler und Produzenten aus der Region Berlin-Brandenburg Titelhoffnungen machen.

In der Kategorie "Bestes Deutsches Spiel" ist beispielsweise "Beholder 3" des Berliner Unternehmens "Paintbucket Games" nominiert. In anderen Kategorien haben zudem Firmen aus der Region wie "Meander Books", "Yager Development", "Randwerk Games", "Playing History" und "Fein Games" gute Chancen auf die mit mehreren zehntausend Euro dotierten Preise.

Dass so viele Computerspiele-Entwickler ausgerechnet aus Berlin-Brandenburg kommen, ist kein Zufall. Erst vor wenigen Tagen ist eine Studie mit dem Titel "Games-Branche in Berlin-Brandenburg - eine Untersuchung des Wirtschaftsfaktors" [medianet-bb.de] veröffentlicht worden, die all jene eines Besseren belehrt, die annehmen, Zocken sei nichts anderes als sinnentleerte Zeitverschwendung.

E-Sport-Heimat ist Berlin-Brandenburg

Im Auftrag des Branchennetzwerks Medianet Berlin-Brandenburg wurden im Herbst letzten Jahres insgesamt 61 Unternehmen befragt, und die dabei eingesammelten Daten sind tatsächlich beeindruckend. Der Games-Standort Berlin-Brandenburg wächst rasant: Wurden hier 2015 noch 138 Games-Unternehmen erfasst, waren es 2022 bereits 182 – fast ein Drittel mehr. Der Umsatz hat sich in diesem Zeitraum von 255 Millionen Euro auf 446 Millionen Euro sogar um 75 Prozent gesteigert.

Zugleich ist die Region Berlin-Brandenburg, dabei insbesondere zentrale Berliner Bezirke, das bundesweite Zentrum der Games-Branche. Brandenburg spielt dabei mit ein paar wenigen Unternehmen in Potsdam nur eine untergeordnete Rolle. In der gesamten Region sind derzeit 301 Unternehmen beheimatet, damit haben 20 Prozent der deutschen Games-Branchenvertreter hier ihren Sitz. Bei den deutschen E-Sport-Unternehmen sind es sogar 40 Prozent.

182 der 301 Berliner und Brandenburger Games-Unternehmen sind als Entwickler oder Publisher tätig, bewegen sich also im "Kernmarkt", wie es in der Studie heißt. Die übrigen 119 Unternehmen agieren als reine Dienstleister und arbeiten mit Firmen außerhalb der Games-Branche zusammen. Kooperiert wird beispielsweise mit den Branchen Film und Musik, Pharma, Bildungswesen, Touristik, Wohnungsbau, Umwelt, Automobil und Verlage - ein weiterer Beleg dafür, dass die Games-Branche weitaus mehr ist das ein Spiele-Lieferant und in vielen anderen wichtigen Wirtschaftszweigen vertreten ist.

Branche ist noch im Grundschulalter

Auch der Blick auf die Umsätze belegt, dass die Games-Branche in Berlin und Brandenburg ein ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor ist: Die Unternehmen in der Region haben im Jahr 2022 einen Anteil von 12 Prozent des gesamten Umsatzes der deutschen Games-Branche ausgemacht. Mehr als jedes dritte Games-Unternehmen arbeitete zwar defizitär. Gleichzeitig erwirtschafteten rund 27 Prozent aller befragten Unternehmen eine Rendite von über 15 Prozent. Berücksichtigt werden muss dabei, dass die Spieleentwicklungen oft mehrere Jahre brauchen, weshalb gerade neugegründete Unternehmen oft erst nach langer Zeit eine positive Rendite erzielen.

Dass die Branche in der Region noch sehr jung ist, zeigen folgende Zahlen aus der Studie: Das Durchschnittsalter der Kernmarkt-Unternehmen liegt hier bei 6,4 Jahren. Größtenteils besteht die Branche in der Region aus jungen Start-Ups. Nur drei aller Unternehmen gibt es schon länger als 20 Jahre. Drei Viertel der Branchenvertreter agieren unabhängig, das übrige Viertel gehört zu übergeordneten Konzernen.

Zu wenige Frauen unter den Beschäftigten

Beim Personal der Games-Branche zeigt sich schnell, dass Computerspielen nach wie vor eine Männerdomäne ist: Der Frauenanteil liegt bei rund 28 Prozent, divers sind zwei Prozent, der Rest männlich. "Im Vergleich zur Filmwirtschaft, wo der Frauenanteil über alle Teilmärkte hinweg bei rund 47 Prozent liegt, hinkt die Games-Branche hinterher", bemerkt dazu die Studie.

Im Kernmarkt, also in der Entwicklung und Veröffentlichung von Spielen, arbeiten in Berlin und Brandenburg rund 2.600 Beschäftigte. Das sind 22 Prozent aller Beschäftigten der deutschen Games-Branche. Insgesamt arbeiten 3.700 Menschen im Games-Bereich, die meisten (78 Prozent) als Angestellte, jeder fünfte Beschäftigte ist freiberuflich tätig.

Ein Problem, das die Games-Branche in Berlin und Brandenburg mit vielen anderen Wirtschaftsbereichen teilt, ist derweil der Fachkräftemangel. Nur 17 Prozent aller Games-Unternehmen in der Region bilden aus. Bemängelt wird von den Firmen, es gebe nur wenige einschlägige Ausbildungsgänge. In Hochschulen stehe Allroundwissen zu sehr im Vordergrund.

Gründungen scheitern oft an bekannten Problemen

Trotzdem wird der Standort Berlin-Brandenburg von der Games-Branche sehr geschätzt und oftmals bevorzugt, was vor allem auf die hiesigen Vernetzungsmöglichkeiten zurückgeführt wird. Zudem wurden in der Umfrage der Studie Fördermöglichkeiten als Standortvorteil ausgemacht. Wobei auch deutliche Kritik an staatlicher Unterstützung geäußert wird: Nur jedes dritte Unternehmen gibt beispielsweise der Unterstützung für Gründungen gute Noten.

Mehr Neugründungen stehen zudem ganz grundsätzliche Berliner Probleme im Weg, wie die Studie ergeben hat: zu hohe Mieten, Energiekosten und die Wohnungsknappheit. Zudem werde insbesondere in Brandenburg schnelleres Internet benötigt.

Viel Hoffnung legt die Branche derweil auf die Gründung eines "House of Games", eines Branchentreffpunkts und Ansiedlungszentrums in Berlin, das auf 15.000 Quadratmetern bis 2026 entstehen soll. Auch im schwarz-roten Koalitionsvertrag wurde dieses Projekt als unterstützenswert erwähnt. Derzeit läuft die Standortsuche.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.05.2023, 15:00 Uhr

Beitrag von Frank Preiss

5 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 5.

    Der Abschnitt bezieht sich auf die Beschäftigtenzahlen. Das Geschlechterverhältnis zumindest zw. männlichen u. weiblichen Spielenden beträgt ca. 50:50. Das unterstreicht, wie sehr Frauen in Entwicklung, Vertrieb und Vernetzung etc. unterrepräsentiert sind. In Deutschland in allen Ablegern größerer Konzerne ein so großes Problem wie im Ausland: Eine extrem toxische, misogyne Unternehmenskultur, die mitunter sexualisierte Gewalt ausdrücklich miteinschließt, sorgt für viele Vergehen und Verbrechen gerade in männlich dominierten Machtzirkeln, ob Blizzard-Activision oder Ubisoft. Wenn man zudem die Reichweite von Spielen berücksichtigt mit mehr als doppelt so großen Umsätzen wie Film- und Musikbranche zusammen, dann unterstreicht das die gefährliche Wirkung, die toxische Unternehmen haben können.

    Nicht thematisiert ist der weltweite neoliberale Druck auch auf die Spielebranche. Statt Innovativer Inhalte und Techniken, geht es um hohe Renditen für investorgesellschaften.

  2. 4.

    Der RBB könnte ja mal über den BIG Clan aus Mariendorf berichten. Die sind international ziemlich erfolgreich. Gerade letztes Wochenende Trackmania ordentlich gerockt und aktuell auf Platz 1 der Grand League Tabelle...

  3. 3.

    Ich bin ja trotz meines Rentenalters ein Spielefreak, aber finde, das es wichtigere Branchen gibt, die unterstützt werden müssen :-)

  4. 2.

    Weil es nur 28% sind. Würde jetzt auch nicht wissen was dagegen sprechen würde, dass man 50% erreicht.

  5. 1.

    Warum ist es wichtig, mehr Frauen in die Branche zu holen? Die Quote ist doch gar nicht schlecht. Ich würde sogar schätzen, dass sie dem Anteil entspricht oder höher ist als der Frauenanteil bei den Nutzern.

Nächster Artikel