Autor:innentheatertage in Berlin - Fehlt dem deutschen Theater das Herz?

Mi 05.06.24 | 11:02 Uhr | Von Barbara Behrendt
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Auftakt der Autor:innentage am Deutschen Theater in Berlin (Bild: DT/Jasmin Schuller)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.06.2024 | Barbara Behrendt und Angela Ulrich | Bild: DT/Jasmin Schuller

Die Autor:innentheatertage in Berlin sind das Festival für neue deutschsprachige Dramatik, diesmal mit zehn Gastspielen. Und einem neuen Förderkonzept. Den Auftakt macht ein wilder Ritt durchs Osmanische Reich. Von Barbara Behrendt

  • Autor:innentheatertage am Deutschen Theater Berlin gestartet, Gastspiele aus dem deutschsprachigen Raum bis 15. Juni
  • Neues Konzept der "Langen Nach der Autor:innen": keine fertigen Stücke, sondern Inszenierungen von Textfragmenten
  • Auftaktinszenierung "Akıns Traum": größenwahnsinnige, fantastische Reise

Das Deutsche Theater hat zwar eine neue Intendantin, die bekannten Autor:innentheatertage gibt es aber weiterhin im Juni: die Leistungsschau in Berlin für neue Theaterstücke.

Zur Eröffnung spricht an diesem Dienstagabend die junge deutsch-amerikanische Autorin Patty Kim Hamilton über den Stand neuer Dramatik in Deutschland. Sie konstatiert ein zu verkopftes Theater, zu dem sie keinen Zugang finde, und fordert ein Theater der Emotionen: "Ich wünsche mir ein Theater der Gefühle. Ich wünsche mir ein Theater mit Herz. Das ist, was mir oft in der deutschen Dramatik fehlt – ein Theater, das blutet, ein Theater, das bewegt. Wo sind die Gefühle? Wo ist die Nähe? Why should I care? Ich glaube, wir Autoren und Autorinnen brauchen Mut, denn wir leben in einer Gesellschaft, die Emotionalität unter der Intellektualität und Rationalität einordnet."

"Wo sind die Gefühle?"

Im Vergleich zum gefühlsbetonten US-amerikanischen Theater, mit dem Hamilton aufgewachsen ist, ist das sicher richtig. Die Entwicklung im deutschsprachigen Theater ist tendenziell allerdings eine andere: Die Zeit der hoch intellektuellen Diskurs-Stücke, die ihre eigene Klugheit ausstellen möchten, ist längst vorbei. Selten sind so viele persönliche, emotionale und gleichzeitig gesellschaftspolitische neue Stücke entstanden wie in den vergangenen zehn Jahren.

Hamiltons Schlussfolgerung ist deutlich: Damit gute neue Texte entstehen können, brauche es Theater, die den Autor:innen nicht nur die große Bühne freiräumen, sondern ihnen gute Schreibbedingungen ermöglichen. Beides sieht sie bei den Autor:innentheatertagen gegeben.

Neues Förderkonzept

Das neue Förderkonzept des Festivals, die neue Ausrichtung hatte die Intendantin Iris Laufenberg bei der Eröffnung versäumt zu erklären. Fürs nicht fachkundige Publikum kaum zu verstehen, was es mit den vier Autorinnen auf sich hat, die sie zur Begrüßung auf die Bühne holt.

Bislang hatte eine Jury aus rund 150 bis 200 eingesandten fertigen Stücken drei oder vier auswählt, die dann bei den Autor:innentheatertagen uraufgeführt wurden, zuletzt in großen Kooperationen mit Theatern in Österreich und der Schweiz. Dieses Jahr gab es weder Ausschreibung noch Wettbewerb. Das DT lud stattdessen vier junge Autorinnen ein, über ein Jahr lang Texte zu entwickeln, ohne feststehendes Endergebnis.

Diese Textfragmente werden nun am Ende des Festivals in der "Langen Nacht der Autor:innen" ausschnitthaft präsentiert. Ob es fürs Publikum interessant sein kann, mit unfertigem Material konfrontiert zu werden, wird man dann erleben.

Zehn Gastspiele aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

Bis dahin sind zehn Gastspiele aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu sehen – meistens zwei oder drei pro Abend. Leider, auch das ist neu, überschneiden sie sich jeweils um Minuten, sodass es nicht möglich ist, mehr als ein Stück pro Abend anzuschauen. Eine ungeschickte Planung.

Neben dem spannend klingenden Gastspiel vom Theater Görlitz, mit einem Text von Lukas Rietzschel über den Aufstieg eines rechtsradikalen Bürgermeisterkandidaten (sogar inklusive anschließender Diskussion mit dem ehemaligen Kulturbürgermeister in Görlitz), ist das Braunschweiger Gastspiel von Guido Wertheimers Text über das heutige Berlin mit seinen jüdischen und nationalsozialistischen Spuren zu erleben.

"Akıns Traum" von Akın Emanuel Şipal

Doch auf die Eröffnungsrede auf der großen Bühne folgt direkt eine andere Inszenierung: "Akıns Traum" vom jungen, erfolgreichen Autor Akın Emanuel Şipal, ein Kölner Gastspiel inszeniert vom Hausherrn Stefan Bachmann, der im Sommer an die Wiener Burg wechselt.

"Akıns Traum" ist eine größenwahnsinnige, fantastische Reise durch die gesamte Geschichte des Osmanischen Reichs. Hauptfigur ist das Alter Ego des Autors: Er wird vom Traum heimgesucht, das Gelsenkirchen von heute, inklusive Akıns Frau, dee Kinder und der Migrant:innen aus der Türkei, mit dem mächtigen Osmanischen Reich in einem Theaterstück zu verbinden. Ein wilder Ritt vom Drogeriemarkt in Gelsenkirchen und den benötigten Feuchttüchern für den Babypopo bis hin zu den Osmans, Mehmets, Suleymans und Murats von damals – und den teils dominanten Ehefrauen und Müttern an ihrer Seite.

Sinnliche und komische Sprechoper

Oft fliegt man zwar aus der Kurve, in welchem Jahrhundert man sich gerade befindet, doch Stefan Bachmann weiß den Text als sinnliches, musikalisches und komisches Märchen zu inszenieren. Von der Bühne (Olaf Altmann) hängt ein Wald aus Leuchtstoffröhren herab, die sich heben und senken, warm und kalt leuchten können.

Und trotz ihrer gewaltigen Turbane und Goldumhänge treten die Schauspieler:innen in aller Lässigkeit auf. Einer der Herrscher liest lieber, statt Nachkommen zu zeugen, der nächste trinkt zu viel, der dritte ist impotent. Viele Szenen mutieren zur Sprechoper und geben dem Abend einen schönen Rhythmus.

Auch wenn das Stück mit großer Selbstreferenzialität immer wieder zur Schreibkarriere seines Autors zurückkommt und sich jedes Kommentars zur Türkei nach dem Osmanischen Reich enthält (im Verhältnis zum heutigen Gelsenkirchen) – Bachmann weiß die große Selbstironie und Verspieltheit des Textes auf die Bühne zu bringen.

Gesellschaftspolitische Stücke

Bis zum 15. Juni gastieren viele Stücke, die sich mit unserer gesellschaftspolitischen Gegenwart beschäftigen. Reine Nabelschau und WG-Stücke der jüngeren Autor:innen-Generation – das ist lange vorbei. Vom schwulen Fußballer-Paar geht es beim Festival hin zur Freundschaft zwischen einer ukrainischen und einer russischen Schauspielerin, bis zu Felicia Zeller, einer Autorin mit ganz eigenem Sprachduktus, die sich mit Opfern von häuslicher Gewalt beschäftigt.

Sendung: Rbb24 Inforadio, 05.06.2024, 07:55 Uhr

Beitrag von Barbara Behrendt

1 Kommentar

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  1. 1.

    Innentheatertage, lol, ihr seid so lächerlich, mit eurer falschen Rechtschreibung versteht man nicht mal mehr den Sinn.

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