Berliner Staatsanwaltschaft - Zwei Ärzte wegen mehr als 1.000 vorgetäuschter Operationen angeklagt
Sie hätten das "Barret-Syndrom" und bräuchten eine Operation, soll ein Schöneberger Arzt mehr als 1.000 Privatpatienten nahegelegt haben. Bei dem Eingriff wurden die Betroffenen dann aber nur betäubt - und abgerechnet wurde die komplette OP.
Zwei Ärzte aus Berlin sollen über einen Zeitraum von fünf Jahren mehr als 1.000 Patienten von medizinisch nicht erforderlichen Operationen überzeugt haben. Bei den dann vorgenommenen Eingriffen sollen die Patienten nur betäubt worden sein, die Operationen selbst wurden wohl nicht durchgeführt.
Abgerechnet worden seien die Operationen gegenüber den Patienten jedoch. Dies soll, so die Berliner Staatsanwaltschaft in einem Schreiben vom Dienstag, das eigentliche Ziel der beiden Ärzte und einer 55 Jahre alten Arzthelferin gewesen sein. Gegen die drei Beschuldigten hat die Staatsanwaltschaft nun Anklage wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in 1.052 Fällen und des banden- und gewerbsmäßigen Betruges in 1.764 Fällen erhoben.
"Barrett-Syndrom" wider besseren Wissens diagnostiziert
Zwischen Januar 2013 und Juni 2018 soll der inzwischen 72-jährige angeklagte Internist in seiner Praxis in Schöneberg bei Privatpatienten, die ihn wegen Speiseröhrenbeschwerden, insbesondere Sodbrennen, aufsuchten, wider besseres Wissen ein "Barrett-Syndrom" diagnostiziert haben. Dieses mache - als mögliche Vorstufe einer Krebserkrankung - eine ambulante Operation unter Vollnarkose erforderlich. Ein nun ebenfalls angeklagter 67 Jahre alter Anästhesist soll dann die Betäubungen übernommen haben, ohne dass die Operationen durchgeführt worden seien.
Da vor diesem Hintergrund auch die Einwilligung der Patienten in Operationen unwirksam war, wertet die Staatsanwaltschaft diese 1.052 Fälle jeweils als gefährliche Körperverletzung.
Rechnungen für nicht erfolgte OPs für über 1.000.000 Euro
Der Anästhesist soll im Anschluss an die Behandlungen insgesamt Rechnungen mit einem Gesamtwert von 137.623 Euro für die nicht indizierten Narkoseleistungen gestellt haben. Der Internist unter Mithilfe der Arzthelferin, die auch seine Lebensgefährtin ist, schrieb Rechnungen für die nicht erfolgten Operationen über rund 1.051.100 Euro.
Beim "Barrett-Syndrom" handelt es sich um eine krankhafte Gewebeveränderung infolge einer chronischen Refluxerkrankung, die als Krebsvorstufe angesehen wird. Sie wird von Magensäure verursacht, die wiederholt zurück in die Speiseröhre fließt. Geschieht dies über einen längeren Zeitraum hinweg, kann sich das Gewebe im unteren Bereich der Speiseröhre verändern.