Regeländerung gefordert - Kinderärzte beklagen Überlastungen durch Krankschreibungen

Do 28.03.24 | 11:47 Uhr
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Symbolbild:Mit einem Otoskop untersucht eine Kinderärztin den Mund und Hals eines Mädchens.(Quelle:picture alliance/dpa/C.Charisius)
Audio: rbb24 Inforadio | 28.03.2024 | Volker Kinkel | Bild: picture alliance/dpa/C.Charisius

Kinderärzte fordern, Arztpraxen zu entlasten und die Regelungen für die Krankschreibung von Kindern zu ändern. Es komme einem "unnötigen Einsatz von pädiatrischen Ressourcen" gleich, wenn Kinderärzte harmlose Krankheiten bescheinigen müssten, sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Michael Hubmann, der "Ärzte Zeitung".

Eltern könnten harmlose Erkrankungen selbst managen. "Vor allem aber können wir schlichtweg nicht beurteilen, ob zur Betreuung eines Kindes ein Elternteil zu Hause bleiben muss oder ob das innerfamiliär anders geregelt werden könnte. Absurderweise wird aber genau das von uns gesetzlich verlangt", so Hubmann. Arztpraxen seien als "Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet".

Job-Freistellung für Kinder bis zwölf Jahren

Als unnötige Arbeit wertete Hubmann auch Atteste, die notwendig seien, damit Kinder bei kleineren gesundheitlichen Leiden wieder zurück in die Kita oder die Schule könnten. Er führte das Beispiel eines Mückenstichs an, der von einer Kita als Hautausschlag gewertet werde. Dafür würde dann ein Elternteil aus seiner Arbeit gerissen, um das Kind abzuholen und in die Praxis zu kommen. Ein solches Szenario sei "kein Witz, das ist Alltag und ein gesellschaftlicher Schaden", so Hubmann.

Wenn ein Kind unter zwölf Jahren krank wird, können sich Eltern von der Arbeit freistellen lassen. Voraussetzung ist in der Regel ein ärztliches Attest, das die Erkrankung, aber auch das Fehlen alternativer Betreuungsmöglichkeiten bestätigt. Die Kinderkrankschreibung kann jeweils für bis zu fünf Tage erfolgen - bei längerem Ausfall müssen also Folgebescheinigungen ausgestellt werden. Die Kasse übernimmt dann einen Großteil des Verdienstausfalls und zahlt Kinderkrankengeld - in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Dazu brauchen Eltern eine ärztliche Bescheinigung.

Gesundheitsminister will unnötige Bürokratie reduzieren

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bereits angekündigt, unnötige bürokratische Lasten in Arztpraxen zu reduzieren. Generell gilt seit dem 7. Dezember bereits, dass sich Patientinnen und Patienten bei leichteren Erkrankungen nicht mehr in Praxen begeben müssen, um eine Krankschreibung für den Job zu erhalten. Bedingung ist, dass man in der Praxis bekannt ist und keine schweren Symptome hat. Auch die Krankschreibung zur Betreuung können Eltern seit Dezember wieder telefonisch und ohne Praxisbesuch beantragen.

Eine ähnliche, mehrfach verlängerte Sonderregelung während der Corona-Krise war zuvor im Frühjahr 2023 ausgelaufen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.03.2024, 10:43 Uhr

20 Kommentare

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  1. 20.

    Stimmt: Früher waren viele Elternpaare sogar noch zusammen, wenn das erste Kind eingeschult wurde. Das waren natürlich andere Lebensrealitäten, ganz real.

  2. 19.

    Sie müssen bedenken, dass heute die bezahlten Urlaubstage viel weniger sind und sich viele Menschen auf Grund des grassierenden sozialen Elends inzwischen nur noch drei Urlaubsreisen pro Jahr leisten können. Da braucht es aktive Entspannung, am besten per App oder teurem Kursus, für den ja das Geld auch erstmal verdient werden muss. Und dann erstmal der schlimme Stress, weil man mindestens alle fünf Minuten auf sein Smartphone gucken muss, das bei vielen Menschen bereits mit der Hand verwachsen zu sein scheint. Meines Wissens: Wer das Ding mal ausschaltet, stirbt.

  3. 18.

    Leider dürfen Erzieher*innen/Lehrkräfte keine medizin. Einschätzungen abgeben und keine noch so kleinen Maßnahmen durchführen. Selbst wenn sie es täglich bei den eigenen Kindern tun (Bsp. Splitter entfernen). Zudem haben m.E Eltern immer weniger Wissen über Krankheiten und Hausmittel.
    Die Forderung der Schulen nach ärztl. Attesten ist rechtl. unvegründet. Das kann bei hohen, unbegründet erscheinenden Fehlzeiten angeordnet werden, ist aber eher selten.

  4. 17.

    Bei uns ist der Arbeitgeber gar nicht das Problem, sondern die Schulen, die rigoros ab dem 3. Fehltag Atteste verlangen, obwohl das Brandenburger Schulgesetz den Eltern viel mehr Freiraum für die Abmeldung gewährt. Bei jeder Erkrankung, die wir auch ohne Arztbesuch kurieren können, jedes Mal ein enormer Zeitaufwand und zusätzliche Kosten - ein Attest muss bei den meisten Arztpraxen bezahlt werden. Das Schulamt kann sicherlich mit wenig Aufwand schon viel erreichen, um die Situation zu verbessern

  5. 16.

    In der 60er Jahren und auch noch später hat es gereicht, dass ein Elternteil berufstätig war bzw. konnte die Mutter lange zu Hause bleiben. Da waren keine Krankschreibungen nötig. Heute müssen beide arbeiten oder alleinerziehende Elternteile mehrere Jobs haben um über die Runden zu kommen.

    Das eigene Leben und die eigenen Erinnerungen lassen sich nicht auf alle und auf heute übertragen. Wir haben alle unterschiedliche Lebensrealitäten, die ihre Berechtigung haben und real sind.

  6. 15.

    Das Problem ist das Deutschland eingeführte und umgesetzte Unterversorgungsgesetz in allen Branchen/ Bereichen. Geburtenjahrgänge nicht beachtet.

  7. 14.

    Die Bürokratie ist überall überdimensioniert. Da hilft auch Digitalisierung weniger, da alle Daten, die Digital verarbeitet werden sollen, müssen auch erstmal erfasst werden. Das bindet zu viel Arbeitskraft. Und nicht immer werden dadurch Vorgänge beschleunigt und vereinfacht

  8. 12.

    "Eltern könnten harmlose Erkrankungen selbst managen. "
    Was soll uns das denn jetzt sagen ?
    Ob eine harmlose Krankheit vorliegt oder nicht kann doch immer erst der Arzt beurteilen.
    Dann kommt diese Frage wer das Kind zu Hause betreut .
    Normalerweise sollte das ein Elternteil übernehmen, es erfolgt also eine Krankschreibung. Worin besteht das Problem ?
    Will man jetzt den Eltern die Entscheidung überlassen ob das Kind ernstlich erkrankt ist oder nicht, nur um die Kinderärzte zu entlasten ? Muss man eben für ausreichend Kinderärzte sorgen ! Aber dann sinkt womöglich der Verdienst des Arztes/ der Ärztin und das geht ja nun gaaaaarnicht.

  9. 11.

    Was hat denn das mit den Kinderkranktagen zu tun? Es geht hier um kranke Kinder, nicht um auf der Arbeit überlastete Eltern.

  10. 10.

    Der Kolkwitz muss direkt unterstellen, dass (kennste das Wort?) man nur betrügen will.

  11. 9.

    Neulich DIE Ausrede in der Schule für das Zuspätkommen: Meine Katze hat geweint...Tierarzt ja/nein?
    Was meinen Foristen wie die Eltern das sehen?

  12. 8.

    @rbb24: Nach meinem Kenntnisstand sind es 15 Tage Anspruch auf Freistellung für jeden arbeitenden Elternteil, bei Alleinerziehenden 30 Tage.
    https://www.kindergesundheit-info.de/themen/krankes-kind/recht/berufstaetigkeit/
    Sie schreiben von nur fünf Tagen?

  13. 7.

    Früher waren die meisten auch zufrieden mit dem was sie hatten, heute heißt es nur noch „mehr mehr mehr, und alles für mich!“……solche Ansprüche kann (sich) eben niemand normal sterblicher erfüllen und dann übernimmt man sich weil man zu viel von allem will.

    Das Leben genießen so wie es ist kann doch heute kaum noch jemand, welche Einflüsse die Werbebranche und die Medien hatten und haben sieht man ganz gut wenn man sich die Ansprüche und den Lebensstil der meisten Jugendlichen aus den letzten Jahrzehnten vor Augen hält und mit der eigenen Jugend vergleicht.

  14. 6.

    Früher gab es auch keine dauerhaften Reizüberflutungen und unnötig viele Dinge zu erledigen. Die Zeiten sind gar nicht vergleichbar! Ein Mitarbeiter im Büro hat heute bspw mind 5 verschiedene Posteingänge zu bedienen + Telefon + Online-Meeting. Früher gab es einen Posteingang, Telefon und fertig. Das macht auf Dauer mega Stress!!! Früher gab es auch keine Tausenden von Nachrichtenfluten von Lehrern der Kinder und Co.. Vergleiche zu ziehen ist ein absoluter Witz! Keiner sagt, dass es früher leichter war, aber ANDERS!!!

  15. 5.

    Früher gab es auch keine dauerhaften Reizüberflutungen und unnötig viele Dinge zu erledigen. Die Zeiten sind gar nicht vergleichbar! Ein Mitarbeiter im Büro hat heute bspw mind 5 verschiedene Posteingänge zu bedienen + Telefon + Online-Meeting. Früher gab es einen Posteingang, Telefon und fertig. Das macht auf Dauer mega Stress!!! Früher gab es auch keine Tausenden von Nachrichtenfluten von Lehrern der Kinder und Co.. Vergleiche zu ziehen ist ein absoluter Witz! Keiner sagt, dass es früher leichter war, aber ANDERS!!!

  16. 4.

    Neulich DIE Ausrede in der Schule für das Zuspätkommen: Meine Katze hat geweint...Tierarzt ja/nein?
    Was meinen Foristen wie die Eltern das sehen?

  17. 3.

    Neulich DIE Ausrede in der Schule für das Zuspätkommen: Meine Katze hat geweint...Tierarzt ja/nein?
    Was meinen Foristen wie die Eltern das sehen?

  18. 2.

    Dat haut einem vom Stuhl
    Bin 1960 geborener und grüble wie das früher lief.
    Übrigens , ne 35 Stunden Woche gab es nicht und trotzdem lebten wir und hatten Freude.
    Seltsam das heute alle überlastet sind.

  19. 1.

    Oh Klasse, der Freifahrtskrankenschein kommt also wieder bzw. bleibt bestehen. Das man damit viel mehr Schaden als nur den zeitlichen Aufwand in Arztpraxen, scheint wohl niemanden bewusst zu sein.

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