Datenauswertung - Viele junge Frauen verlassen Brandenburg nach der Schulzeit

Mo 19.08.24 | 06:20 Uhr | Von Götz Gringmuth-Dallmer und Roberto Jurkschat
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Lesende Frauen am Landwehrkanal in Berlin © dpa/Annette Riedl
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 19.08.2024 | Franziska Tenner | Bild: dpa

Bei jungen Erwachsenen in Brandenburg gibt es statistisch gesehen einen Männerüberschuss. Laut Experten liegt das vor allem an der Abwanderung junger Frauen nach der Schulzeit. Von G. Gringmuth-Dallmer und R. Jurkschat

Unter jungen Erwachsenen in Brandenburg herrscht statistischer Männerüberschuss. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen, in dem viele Menschen die Weichen für ihre spätere Karriere stellen, eine Familie gründen oder sich für einen neuen Wohnort entscheiden, kommen auf 100 junge Frauen 115 Männer.

Das zeigen Zahlen der Bevölkerungsfortschreibung vom Amt für Statistik-Berlin-Brandenburg, die Ende Dezember erhoben wurden. Insgesamt lebten demnach 130.537 junge Männer in Brandenburg - aber nur 113.473 junge Frauen.

Ökonomische und soziale Gründe

Bereits am Zensus 2011 ließ sich erkennen, dass es einen deutlichen Männerüberschuss in dieser Gruppe gibt - insofern handelt es sich nicht um einen neuen Trend. Die Frage ist nur, welche Gründe es dafür gibt.

Ein von Natur aus ein leichter Jungenüberschuss bei Neugeborenen existiert laut Forschern zwar - allerdings ist die Differenz demnach gering und erklärt nicht, warum sie gerade unter jungen Erwachsenen so groß ist.

Anhand der Zahlen des Zensus 2011 lässt sich erkennen, dass die Anteile von Jungen und Mädchen in der Schulzeit noch recht dicht beieinander liegen. Erst danach, wenn - soziologisch gesprochen - zunehmend soziale und ökonomische Faktoren eine Rolle für die Wahl des Wohnortes spielen, nimmt die Differenz zu. Soziologen gehen deshalb davon aus, dass es junge Frauen aus Brandenburg nach der Schulzeit häufiger in andere Regionen zieht.

Umzug nach der Schulzeit

Damit ist Brandenburg nicht allein: Alle neuen Bundesländer verlieren junge Frauen, wie Statistiker in einem Bericht des Landesamtes für Statistik Berlin-Brandenburg feststellen.

Der Männerüberschuss "entsteht, da absolut mehr Frauen die neuen Länder verlassen als Männer. Vor allem die Stadtstaaten Berlin und Hamburg gewinnen diese Frauen hinzu." Eine mögliche Erklärung sei, dass Frauen häufiger als Männer einen urbanen Lebensstil bevorzugen - und dort hinziehen, wo viele andere Frauen leben.

Die Soziologin Katja Salomo vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung (WZB) vermutet zudem, dass der Männerüberschuss etwas mit dem Arbeitsmarkt in Ost und West zu tun haben könnte. "Frauen verlassen die neuen Bundesländer auch deshalb öfter, weil sie häufiger in Dienstleistungsberufen arbeiten, in der Pflege oder in Kitas. Und da sind die Unterschiede bei den Löhnen in Ost und West besonders groß", sagt Salomo im Gespräch mit rbb|24. Für das zusätzliche Geld in den alten Bundesländern würden viele Frauen einen Umzug in Betracht ziehen. Zudem gebe es insgesamt mehr Dienstleistungsberufe in Westdeutschland.

Wenige junge Frauen in der Prignitz

Was Brandenburg betrifft, zeigen sich beim genaueren Blick auf die Karte feine Unterschiede zwischen Landkreisen und Gemeinden in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen. Insgesamt sind junge Männer in 347 der 413 Brandenburger Gemeinden in der Mehrheit. Diese Mehrheiten fallen vielerorts hauchdünn oder moderat aus - manchmal aber auch auffällig groß.

Bei den Landkreisen liegt die Prignitz mit einem Verhältnis von 1.296 Männern auf 1.000 Frauen an der Spitze, dicht gefolgt vom Landkreis Oder-Spree (1.271 : 1.000) - während die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder) nur einen minimalen Männerüberschuss in der Altersgruppe aufweist (1.065 : 1.000)

Auf Gemeindeebene ist der zahlenmäßige Unterschied in Bliesdorf (Märkisch-Oderland), Lenzerwische (Prignitz), Gollenberg (Havelland) und Carmzow-Wallmow (Uckermark) enorm. Dort liegt die Frauenquote bei nicht mal einem Viertel. Wobei in Bliesdorf die dortige Asylunterkunft diese Auffälligkeit teilweise erklären dürfte, da junge Männer unter Geflüchteten ebenfalls eine große Gruppe ausmachen.

Frauenüberschuss in Potsdam

Die Statistik zeigt allerdings auch, dass das Geschlechterverhältnis in 55 Brandenburger Gemeinden umgekehrt ist; dort gibt es mehr junge Frauen als Männer - zum Beispiel in Potsdam.

Soziologin Katja Salomo wundert das nicht. Einen Männerüberschuss gebe es in vielen Altersgruppen in Ostdeutschland zwar schon länger. Allerdings seien die Städte davon oft ausgenommen. "Frauen machen in der Tendenz höhere Bildungsabschlüsse, das heißt auch, dass ein spezialisierterer Arbeitsmarkt in den Städten für Frauen oft die passenderen Jobs bietet."

Andererseits seien viele Schulen, Kitas und andere Einrichtungen, die für junge Familien wichtig sind, in ländlichen Gebieten aufgrund größerer Abwanderungswellen seit der Wiedervereinigung zusammengelegt worden. "Das sind Einrichtungen, die vielen Frauen wichtig sind. Wenn man versuchen will den Trend zum Männerüberschuss umzukehren, müsste man versuchen, die ländlichen Gebiete für junge Familien attraktiver zu machen", so Salomo.

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.08.2024, 12:30 Uhr

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Beitrag von Götz Gringmuth-Dallmer und Roberto Jurkschat

104 Kommentare

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  1. 104.

    Sorry, ist aber so. Sorry, ist nicht so. Wem wollen Sie denn den immergleichen Unfug noch erzählen. Einige sind links, linksradikal, einige sind rechts einige rechtsradikal. Sie haben von Brandenburg keine Ahnung, plappern ungefiltert den Unsinn nach, den man Ihnen vorkaut. Bedauernswert.

  2. 103.

    Glauben Sie wirklich, jungen Frauen ziehen aus den ländlichen Regionen Brandenburgs weg, weil die Männer ihnen dort zu blöde sind? Schauen Sie mal in sich rein, ob dies in ihrer Jugend ein ausschlaggebender Grund für einen vorübergehenden oder kompletten Wegzug aus der angestammten vertrauten Heimat und von der Familie war oder gewesen wäre. Die Liebe zieht schon einige weg. Aber erst, wenn sie diese durch Zufall in einer anderen Region gefunden haben. Warum sind Sie von zu Hause weggezogen?

  3. 102.

    ......übrigens finde ich die Stadt Cottbus interessant. Eine Stadt und trotzdem gibt es dort sehr viel weniger junge Frauen als junge Männer, 46,7% zu 53,3%. Das finde ich interessant. Ähnliches gilt für die Stadt Brandenburg.

  4. 101.

    Da ist wohl das Kriegsbeil ausgegraben, teuerstes Dagmar:
    "Wenn es in Berlin genügend Wohnraum zu mieten gäbe, dann sehe die Realität noch viel positiver aus."
    Punkt A: gibt es doch!!!
    Punkt B: "mit über 3,6 Millionen Einwohnern" und dieses Niveau bleibt wohl die nächsten 250 Jahre, oder?
    Punkt C: die "Realität" für Männlein oder Weiblein?
    Wo will denn das Dagmar nun hin, erst auf "nur" Brandenburg begrenzend, nun ausweiten auf Berlin.
    War das Dagmar dieses Jahr überhaupt schon mal auf Brandenburgs/Berlins Strassen bzw. im Freien oder wurde das Ermessen zu Kommentaren ausschliesslich aus digitalen Beiträgen resultiert?
    Die Kommentare wirken eher analytisch und nicht Erfahrungsbedingt.
    Schade.

  5. 100.

    Ja was würdet Ihr denn machen? Ist doch logisch von da abzhauen, ich meine Brandenburg, wenn die vielen Jungs dort jung, viral, rechtsradikal sind? Das zieht sich durch die gesamte Brandenburegre Landschaft, wie ein Krebsgeschwür. Sorry, ist aber so!

  6. 99.

    Ich kann diese ,,Landmädchen'' nur zu gut vestehen! Die Jungs da in Brandenburg, in der Mehrzahl, sind teilweise unreflektiert und bewegen sich zwischen Moped, Anglerverein und Schützenverein, was soll die Mädchen an solchen Typen reizen?

  7. 98.

    >"Ich wüsste nicht warum ich mich verpflichtet fühlen sollte hier eine glabale Abhandlung"
    Haben Sie aber, in dem Sie als Grund für die Abwanderung vieler junger Frauen das für Sie typisch Brandenburger Abschirmverhalten gegenüber allem und jedem Neuen annahmen. Das ist definitiv nicht typisch Brandenburg, auch wenn dies vereinzelt so rüberkommt. Bei solch einem... bloß nichts neues in meiner Nachbarschaft... gehen selbst den meisten langjährigen Brandenburgern die Hutschnüre hoch. Allenfalls, wenn sich der / die / das Neue als Rückschritt des sonst gewohnt lockeren offenen Lebens erweist.

  8. 97.

    Danke, eine Top Antwort. Mir fällt dazu nur noch der Titel "Märchenprinz" von der Österreichischen Band EAV ein. Passt wunderbar dazu.

  9. 96.

    Na ja, die Aussage "viele junge Frauen verlassen Brandenburg nach der Schulzeit", beschreibt das Land Brandenburg auch nicht in seiner Gänze, und darüber hinaus wird im Artikel kein Vergleich zu anderen Bundesländern gezogen..
    Das haben spezifische Aussagen so an sich, schon immer..
    Ich wüsste nicht warum ich mich verpflichtet fühlen sollte hier eine glabale Abhandlung zum diesen Thema abzuliefern.

  10. 95.

    Natürlich gibt es in Brandenburg eigentlich nur 2 richtige Großstädte als Oberzentren ab 100.000 Einwohner. Die Landesplanung Brandenburg gliedert die anderen Städte nach ihrer Bedeutung für das zugehörige Umland. Daher gibt es für diese Städte auch eigene Entwicklungsförderungen. In diesen Mittelzentren hält sich die Einwohnerzahlt seit Jahren gleich bis leicht steigend. Das aber auch, weil viele Menschen aus weiter entfernten Dörfern dorthin ziehen, z.B. aus Altersgründen, beruflich oder familiär orientiert. Der Anteil ausländischer Nationalitäten steigt ebenso leicht. In den weiter entfernten ländlichen Regionen nimmt die Bevölkerung schon auch ab. Insgesamt steigt die Bevölkerunszahl in Brandenburg aber leicht in den letzten 10 Jahren von 2,4 Mio in 2013 auf 2,5 Mio 2023. Also noch sterben die Brandenburger nicht aus! ;-)

  11. 94.

    ... Und wenn es Mal alternativen gibt, z
    B. Tesla in Grünheide oder Intel in Magdeburg, ist es dem Brandenburger auch nicht Recht und es wird Stimmung dagegen gemacht. Überhaupt wird in Brandenburg Stimmung gegen alles gemacht. Blöd keine Veränderung, ich könnte ja was verlieren oder mir nimmt jemand was Weg.

  12. 93.

    "Wir hängen einfach einen mit leichtbekleideten Herren daneben und für Sprüche gibts 'ne Retourkutsche,"
    Und das zeugt von was ? Intelligenz kann es nicht sein.
    Aber, doller Hengst ! Schreiben Sie doch ein Buch drüber !

  13. 92.

    "Na Horschti... Berlin ist nur eine Stadt, Brandenburg hat mindestens 27 richtige Städte!"

    Sie haben was von mittelgroßen Städten geschrieben; da ging ich von ca. 50k aufwärts aus. Großstädte gehen übrigens ab 100k los. Und Städte wie Bernau oder Oranienburg sind doch Teil des Ballungsraum Berlin.

    Aber egal. Welche dieser Städte haben denn keinen Rückgang der Bevölkerung (seit ???)? Dürften die wenigsten sein.

  14. 91.

    Ich zitiere nochmal Ihre Worte aus ihrem Kommentar [Dagmar] vom 19.08.2024 um 10:45:
    >"In Brandenburg geht es einen großen Teill der Einheimischen darum , die nach der Wende entstandene grüne industriarme Verhältnisse zu bewahren, möglichs ohne Zugereiste aus Berlin und dem Westen, und natürlich auch ohne viele Touristen."
    Dass dies nicht typisch Brandenburg ist, sondern in anderen Bundesländern auch so ist, war die Grundlage meines Kommentars [toberg] vom 19.08.2024 um 13:27, hier als Beispiel eben das Bundesland Berlin.
    Vergleiche helfen auch, manche Aussagen zu relativieren. So wie Sie als Berlinerin es im Kommentar [Dagmar] vom 19.08.2024 um 10:45 darstellten, ist diese ihre Meinung rein von Vorurteilen gespickt und stellt nicht das Bundesland Brandenburg in Gänze dar.

  15. 90.

    Das stimmt schon !
    Und offen zu sein, für neue Zuzügler, Häuslebauer, Kleingarten-Besitzer, Camper/Dauercamper, usw.
    Einfach als Stadt/Gemeinde offen und unvoreingenommen sein, Viele Grüße.
    Viele Brandenburger Orte, leben seit Jahrzehnten/Jahrhunderten vom Zuzug - Und das ist auch gut so.

  16. 89.

    Es ging um Brandenburg, und dann äußere ich mich zu Brandenburg und nicht zu Hessen, Bremen oder Hamburg etc...

  17. 88.

    Was an der Meldung ist neu?! Das war schon vor 1991ff. nicht anders. Und dann gibt es tatsächlich immer noch Forschende, die ihren Lohn dafür von Uni o.ä. erhalten, um im Jahr 2024, nach > 30 Jahren, die Gründe für die Abwanderung nicht WISSEN sondern lediglich Vermutungen (!) äußern. Und was für welche. OMG. Weil junge Frauen vllt. lieber urban leben wollen. Aha. Oder, weil Frauen häufiger in Dienstleistungsberufen arbeiten + die gäbe es im Westen deutlich mehr. Du liebe Güte. Man ging dahin, wo es eine gute Ausbildung/Studium und anschließend einen gut bezahlten Job gab. Es würde mich sehr wundern, wenn es - in den besonders betroffenen Landkreisen Prignitz, LOS und EE - nicht die gleichen Gründe sind.

  18. 87.

    Na ja, Berlin ist die Hauptstadt mit über 3,6 Millionen Einwohnern, einen regen Tourismus obendrauf, in so fern ist diese Äußerung ein reiner realitätsferner ein Wunschtraum.
    Wenn es in Berlin genügend Wohnraum zu mieten gäbe, dann sehe die Realität noch viel positiver aus.

  19. 86.

    Na klar, während in den Städten das Plumpsklo im Kabüffchen auf der halben Treppe als Errungenschaft gefeiert wurde, hatte man auf dem Dorf schon Badestuben in fast jedem Gehöft. Heute haben Dorfbewohner Telefon und Internet oder dachten Sie, die läuten die Kirchenglocke? Die Frauen auf dem Land wissen, was sie wollen und sind in der Lage, es sich zu nehmen. Sie laufen nicht vermummt 2m hinter ihrem Ernährer her und dürfen sogar Auto fahren. Was Sie beschreiben, kommt einem Heimatfilm nahe und diese Filmchen spielten definitiv nicht die Situation auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nach, weder damals noch heute.

  20. 85.

    In ein mittelgroße Kleinstadt ab vielleicht 20.000 Einwohner in Brandenburg gibt's wirklich alles was Mensch braucht. Miete auch recht billig.

    Kannste nicht meckern!

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