Grenzübergang Friedrichstraße - Urteil im Mordprozess gegen Ex-Stasi-Offizier am Montag erwartet
Ein heute 80 Jahre alter ehemaliger Stasi-Offizier soll vor einem halben Jahrhundert einen Mann an einem DDR-Grenzübergang heimtückisch erschossen haben. Am Montag wird in dem Prozess ein Urteil erwartet.
- Urteil am Landgericht wird Montagvormittag erwartet
- Mutmaßliche Tat liegt 50 Jahre zurück
- Anklage fordert 12 Jahre Haft für Ex-Stasi-Offizier
- Verteidigung fordert Freispruch, weil Tat nicht erwiesen sei
Rund 50 Jahre nach einem tödlichen Schuss am damaligen DDR-Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße in Berlin wird am Montagvormittag am Landgericht das Urteil erwartet. Die Staatsanwaltschaft hat zwölf Jahre Haft für einen Ex-Stasi-Offizier gefordert. Aus ihrer Sicht haben sich die Vorwürfe der Anklage bestätigt. Der 80-Jährige aus Leipzig habe sich des heimtückischen Mordes schuldig gemacht.
Ermittlungen kamen lange nicht voran
Nach Überzeugung der Anklage hat der damalige Oberleutnant am 29. März 1974 das 38 Jahre alte Opfer hinterrücks aus zwei bis drei Meter Entfernung an dem belebtesten Grenzübergang zwischen Ost und West erschossen. Der Angeklagte habe zur Tatzeit einer Operativgruppe des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit angehört und sei mit der "Unschädlichmachung" des Polen beauftragt worden, nachdem dieser mit einer Bombendrohung seine Ausreise habe erzwingen wollen.
Die Verteidigerin des deutschen Angeklagten forderte einen Freispruch. Es sei nicht erwiesen, dass ihr Mandant der Schütze sei. Der Mann hatte im Prozess geschwiegen. Seine Verteidigerin hatte zu Beginn erklärt, er bestreite die Vorwürfe.
Die Ermittlungen zu dem Fall kamen über viele Jahre nicht voran. Laut Staatsanwaltschaft Berlin gab es erst 2016 einen entscheidenden Hinweis zur möglichen Identität des Schützen aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv. Zunächst ging die Behörde jedoch von einem Totschlag aus. In diesem Fall wäre die Tat verjährt gewesen. Zuletzt sah die Staatsanwaltschaft jedoch das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt.
Angeklagter bstritt Vorwürfe bei Prozessauftakt
Bei dem Opfer handelte es sich der Anklage zufolge um einen Mann, der zuvor mit einer Bombenattrappe in die polnische Botschaft im damaligen Ost-Berlin eingedrungen war, um seine Ausreise in den Westen zu erzwingen. Einsatzkräfte der Staatssicherheit sollen entschieden haben, den Mann zum Schein ausreisen zu lassen. Zugleich sollen sie beschlossen haben, den 38-Jährigen währenddessen zu töten.
Laut Anklage wartete der damals 31-jährige Angeklagte, der Mitglied einer sogenannten Operativgruppe der Stasi war, im Transitbereich am letzten Kontrollpunkt hinter einer Sichtblende und schoss dem Opfer aus einem Abstand von knapp zwei Metern gezielt in den Rücken. Zum Prozessauftakt im März bestritt der 80-jährige Beschuldigte den Tatvorwurf.
Sendung: rbb 88.8, 14.10.2024, 08:30 Uhr