Meisterwerk der Bildhauerkunst - Petition fordert Rückgabe der Büste der Nofretete an Ägypten

Do 24.10.24 | 06:11 Uhr
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Die Büste der Königin Nofretete (um 1340 v.Chr) steht im Neuen Museum. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
Audio: radio3 vom rbb | 24.10.2024 | Paul Sonderegger | Bild: dpa/Christophe Gateau

Seit 100 Jahren kann man sie in Berlin sehen und genau so lange wird ihre Rückgabe nach Ägypten gefordert: Die Büste der Nofretete sei "unrechtmäßig" nach Deutschland gelangt, heißt es in einer neuen Petition. Die zuständige Stiftung widerspricht.

In einer Online-Petition wird die Rückgabe der Büste der Nofretete nach Ägypten gefordert. Die Büste aus dem Alten Ägypten befindet sich seit 1912 in deutschem Besitz und ist die Hauptattraktion des Ägyptischen Museums in Berlin, das sich im Neuen Museum auf der Museumsinsel befindet.

Gestartet hat die Petition der Archäologe und ehemalige Generalsekretär der ägyptischen Altertümerverwaltung, Zahi Hawass, wie die Petitions-Plattform change.org in Berlin mitteilte. Stand Mittwochnachmittag haben seit dem 18. Oktober bereits knapp 21.000 Menschen die Forderung unterzeichnet.

Initiator: Büste "unrechtmäßig" aus Ägypten entfernt

Die Petition richtet sich demnach an Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und die Direktion des Neuen Museums in Berlin. Als eines der bedeutendsten Artefakte Ägyptens sollte die Büste in ihr Ursprungsland zurückkehren, heißt es darin. Laut dem Archäologen wurde die Büste "unrechtmäßig" aus Ägypten entfernt. Die Forderung stütze sich auf internationale Abkommen zum Schutz von Kulturerbe, darunter ein Unesco-Übereinkommen von 1970.

"Ziel dieser Petition ist es, den Dialog wieder in Gang zu bringen, die Rückgabe der Büste nach Kairo voranzutreiben und eine würdige Antwort von Seiten der deutschen Behörden zu erhalten", sagte Hawass.

Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Nofretete wurde "rechtmäßig" Berlin zugesprochen

Die etwa 50 Zentimeter hohe Büste der Königin Nofretete gilt als Meisterwerk der Bildhauerkunst der Amarna-Zeit im 14. und 13. Jahrhundert vor Christus. Sie wurde am 6. Dezember 1912 bei Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft im ägyptischen Tell-el-Amarna gefunden und 1913 mit Genehmigung der ägyptischen Altertümerverwaltung nach Deutschland gebracht. Die Büste wird seit 100 Jahren öffentlich ausgestellt.

Laut Angaben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wurde die Büste bei der "damals üblichen" Fundteilung der deutschen Seite rechtmäßig zugesprochen. Seitens der ägyptischen Regierung gibt es keine Rückgabeforderung, wie die SPK rbb|24 auf Anfrage mitteilte. Die Berliner Museen würden seit Jahrzehnten eng und vertrauensvoll mit Museen aus vielen Herkunftsländern ihrer Sammlungsobjekte zusammenarbeiten. Mit dem ägyptischen Ministerium für Tourismus und Antiken sei die SPK im engen Austausch.

Erste Rückgabeforderungen bereits vor 100 Jahren

Die Debatte über eine Rückgabe der Büste gibt es schon lange: Dass sie erst zwölf Jahre nach ihrem Fund öffentlich ausgestellt wurde, lag laut dem Historiker Sebastian Conrad daran, dass die Deutschen Sorge gehabt hätten, dass Ägypten Rückgabeforderungen hätte erheben können. Das habe sich bewahrheitet: Erste Forderungen seitens der ägyptischen Regierung habe es 1924 gegeben, sagte Conrad dem rbb im vergangenen Februar.

Laut dem Historiker waren die damaligen Regeln "aus der imperialistischen Zeit". Die Hierarchie zwischen den europäischen Ländern und Ägypten sei so groß gewesen, dass man nicht einfach von einer Gesetzeslage sprechen könne. "Es waren aufoktroyierte Regeln, die heute kein Land mehr akzeptieren würde", sagte Conrad damals.

Sendung: radio3 vom rbb, 24.10.2024, 7:30 Uhr

50 Kommentare

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  1. 50.

    Die heutigen Ägypter betrachten sich als Araber, richtig?
    Es waren keine Araber, welche die ägyptischen Altertümer angefertigt haben.

    Ägyptische Altertümer stehen in Museen der gesamten Welt. Das lässt sich als Raub begreifen, aber es zeigt auch die Wertschätzung der Welt für die Kultur des antiken Ägypten.
    Die Wertschätzung der ägyptischen Nation für die eigenen Errungenschaften kam erst durch die Anstrengungen fremder Völker auf, welche die Altertümer freilegten und bargen.
    Das Ägyptische Museum in Kairo wurde von Ausländern gegründet und lange betrieben, während die Ägypter hauptsächlich den Handel mit den Altertümern betrieben. Auch die Rettung wichtiger antiker Bauten wurde erst durch Hilfe aus dem Ausland möglich, Stichworte: Abu Simbel, Insel Philae etc.

  2. 49.

    Dürfen berühmte Kunstwerke deutscher Künstler nur in Deutschland ausgestellt werden? Die Büste der Nofretete würde heute niemand kennen, wenn deutsche Forscher sie damals nicht ausgegraben hätten. Sie wurde im Januar 1913 im Rahmen der Fundteilung mit Genehmigung der ägyptischen Altertümerverwaltung nach Deutschland gebracht. Grabräuber oder korrupte Menschen hätten sie ansonsten sicherlich Anfang des 20. Jahrhunderts entwendet. In Ägypten, Syrien und im Irak stehlen und zerstören Grabräuber das Erbe der Menschheit bis heute.

  3. 48.

    Man freut sich immer wieder, wenn in einem Forum bemerkenswerte Denkanstöße vorgetragen werden.
    Vielen Dank, denn diese erweitern im Hinblick auf die 'juristische' Gegenwart Entscheidendes wie ich meine und tragen zur Verdichtung der Schutzwürdigkeit des Objektes umfassend bei. Nicht, dass man selbst derart Überlegungen anstellte, aber Sie haben es kurz und knackig ins Forum getragen.
    Denn Hr Z.Hawass hat ja auch offenbar viele Befürworter, darunter sich klug gebende Historiker. Wenn man sich vorstellt, was die Rückgabe der zweifellos bedeutenden/wertvollen Benin-Kunstobjekte an Nigeria "brachte", war die dortige Regierung den hehren Anforderungen trotz aller Zusicherungen nicht gewachsen. Aus Recht wurde Unrecht namens der Weltkultur: Ist das namens der Sprache nicht mächtigen Objekte überh. vertretbar? Noch mal so eine Entwicklung? So kann es m.A.n. eben nicht gehen!!! Trotz aller 'Zusicherungen', die man ja zur Genüge kennt!

  4. 47.

    Zahi Hawass verscheuert lieber selber Artefakte,der sollte mal den Ball ganz flach halten!!! Ist nur meine Meinung, nicht mehr! Grüße an alle!

  5. 46.


    Sie haben sehr gut erklärt, wie der rbb mit Wertungen lenkt und damit Politik macht anstatt zu informieren.

  6. 45.

    "... haben seit dem 18. Oktober bereits knapp 21.000 Menschen die Forderung unterzeichnet."
    Ob es "bereits" so viele sind, ist Ansichtssache und Wertung. Ebenso gut könnte man sagen "erst 21.000", angesichts von 80.000.000 Deutschen und nochmal so vielen Ägyptern (glaube ich).
    Es sind 21.000, das ist der Fakt. Jede kommentierende Einordnung ist da ganz überflüssig...

  7. 44.

    Es sei vielleicht nachdenkenswert, ob Nationalismus im Zusammenhang mit Kultur-Eigentum überhaupt ein angemesses Argument sein kann:
    Die Kunst des Alten Ägypten ist Welt-Kulturerbe.
    Das gegenwärtige Ägypten hat mit der auf seinem Territorium gelegenen Kultur des Alten Ägypten nichts mehr gemeinsam außer dem gemeinsamen Orts-Bezug,
    Selbst noch das 1000 jährige junge Ägypten ist dem Alten Ägypten ebenso fremd wie alle anderen Länder auf der Welt. Es ist ihm in keinster Weise verwandt, weder in Werten noch in seiner Ästhetik. Eine geistige Erbschaft ist schlicht nicht erkennbar
    Aus schieren nationalistisch-romantischen Territorial-Bezügen eine Art von Eigentums-Naturrecht abzuleiten ist fragwürdig.
    Im Erhalt und in der Würdigung des Altägyptischen Erbes hat sich Deutschland in hervorragender Weise für den Verbleib dieses hervorragenden Denkmals in hiesiger Obhut unzweifelhaft legitimiert.

  8. 42.

    Herr Hawass schreibt in der Petition mehrfach, die ägyptische Regierung wolle die Rückgabe. Die SPK erklärt laut Artikel dagegen ausdrücklich, dass es seitens der ägyptischen Regierung keine Rückgabeforderung gibt.
    Was denn nun? Ich weiss es nicht - finde den Unterschied aber beträchtlich.
    Sollte diese oder eine zukünftige ägyptische Regierung offiziell die Rückgabe fordern: Klar, dann muss man darüber reden. Aber nur, weil Hans, Franz oder hier Zahi persönlich irgendwas finden, bleibt es eine Privatmeinung und damit ungefähr so relevant wie mein kleiner Kommentar hier.

  9. 41.

    Hm...?
    Wo sind denn die Büsten „gelandet“, die Frau Roth und Frau Baerbock zurückgebracht haben? Wissen Sie was ich damit meine? Nirgends auf der Welt wird so fahrlässig, unbedarft umgegangen mit Kunstgegenständen... Wie im „Kindergarten“?

  10. 40.

    " Diese Büste gehört eindeutig zu Ägypten also gebt sie zurück "

    Wenn das so eindeutig ist können Sie sicher auch glaubhafte Quellen benennen die das ohne jegliche Zweifel belegen oder ??

  11. 39.

    Haben sich der Initiator der Petition und seine Unterstützung vielleicht auch mal vor Augen geführt, dass es sinnvoll ist, mobiles Weltkulturerbe überall in der Welt zu verteilen, damit Schäden durch menschliche Aggression und Naturkatastrophen möglichst gering gehalten werden? Die Büste ist in Berlin angemessen ausgestellt und öffentlich zugänglich. So sollte es sein.

  12. 38.

    Ich geb Ihen recht, es ist wichtig, wann man anfängt eine Geschichte zu erzählen und es wird kaum möglich sein alles aufzudröseln. Aber die Frage stellt sich hier kaum, für Deutschland stellt sich einzig die Frage, ob man sich seiner eigenen Verantwortung stellen möchte, ungeachtet davon, ob andere Länder, Völker usw. ähnliche Greueltaten verübt haben oder eben nicht. Diese Büste gehört eindeutig zu Ägypten also gebt sie zurück, und für Genozide die bis heute ihre Spuren hinterlassen, zahlt. Moral ist vielleicht subjektiv, Ethik ist es eher nicht. Diebstahl und Mord sind universal zu verurteilen.

  13. 37.

    „moralisch ist es deshalb nicht richtig.“
    Genau darin liegt das Problem. Wessen Moral ist gemeint? Ich will Ihnen das an einem Beispiel erklären: Bevor die Herero das heutige Namibia bevölkert haben, haben sie die Ureinwohner (die San)mit Gewalt Richtung Südafrika vertrieben. Wollen Sie erkennen, dass Geschichte nicht bis in das letzte Detail geheilt werden kann? Die Debatte ist erlaubt. Dann aber alles auf den Tisch.

  14. 36.

    Sie sprechen von Recht, aber hier geht es um Gerechtigkeit. Eurpas Kolonisierung ganzer Kontinente hat den größten Leichenhaufen der Geschichte hinterlassen und sie reden davon genau diese Rechte und Gesetze zu respektieren, die diese Ausbeutung und den Raubbau an Mensch und Land legitimiert haben und das immernoch tun. Meinetwegen sei das rechtskonform, moralisch ist es deshalb nicht richtig.

  15. 35.

    Sehr geehrter Herr Zebulon, vielen Dank für Ihren Hinweis. Wir haben die Stelle im Text korrigiert. Mit freundlichen Grüßen

  16. 34.

    Und? Sehr merkwürdige Annahme, Ägypten hat auch Museen, die Artefakte der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dazu braucht es sicher keine europäischen Großstädte.

  17. 33.

    "Die Büste der Nofretete sei "unrechtmäßig" nach Deutschland gelangen, heißt es in einer neuen Petition."

    GELANGT, lieber rbb. Da steht es nun schon fettgedruckt und trotzdem bemerkt es niemand bei Ihnen.

  18. 32.

    Das frz. Verb „oktroyieren“ heißt bereits aufzwingen. Deshalb ist „aufoktroyieren“ falsch.

  19. 31.

    Was sind das für Leute, die in Deutschland alles Geschichtliche „in die Tonne treten wollen“ und nur die Gegenwart arrogant anmutend akzeptieren? Denn die Gegenwart wird auch moralisch anders bewertet werden... wir durchleben nämlich „die gute alte Zeit“ von morgen...

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