Lehrer fehlen - Brandenburg erwägt mehr Selbstunterricht und Einsatz von Hilfslehrern

Mi 15.02.23 | 18:09 Uhr
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Archiv: Auf einer Tafel steht in einer Grundschule "1./2. Stunde fällt aus!!!" (Foto: Caroline Seidel/dpa)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 15.02.2023 | Michael Schon + Interview mit Bildungsministerin Ernst | Bild: Caroline Seidel/dpa

Einzelne Aktionen, um den Lehrermangel in Brandenburg zu kompensieren, reichen offenbar nicht mehr aus: Bildungsministerin Ernst will jetzt ein Maßnahmenpaket auf den Weg bringen - mit gravierenden Folgen für Schüler und Lehrkräfte.

  • In Brandenburg fehlen Lehrkräfte
  • Das Bildungsministerium plant deshalb eine Reihe Maßnahmen, wie damit umgegangen werden soll
  • Ziel ist, dass sich beispielsweise ältere Kinder öfter Wissen selbst aneignen, Lehrkräfte später in Ruhestand oder seltener in Teilzeit gehen

Brandenburg prüft drastische Maßnahmen, um den Auswirkungen des Lehrermangels entgegenzuwirken. Das geht aus einem Maßnahmenpapier hervor, das das Bildungsministerium Mittwochnachmittag auf einem Treffen mit Lehrerverbänden diskutieren wollte.

Es gebe von den Lehrerinnen und Lehrern seit langer Zeit die Forderung, entlastet zu werden - unter anderem von Organisationsaufgaben und Verwaltungsaufgaben. Den Forderungen komme man mit dem Maßnahmenpapier entgegen, sagte Ernst bei rbb24 Brandenburg aktuell.

Unter anderem soll die Selbstarbeit von Schülern ausgeweitet werden. Ältere Schüler sollen dann verstärkt selbständig lernen oder in hybriden Schulstunden unterrichtet werden. Ob auch ganze Schultage im Selbststudium verbracht werden sollen, wie in anderen Bundesländern bereits vereinzelt praktiziert, lässt das Papier offen.

"Es ist nicht die Rückkehr zu tageweisem Online-Unterricht geplant", stellte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) in diesem Zusammenhang klar. In der Zeit der Corona-Pandemie habe sich aber gezeigt, dass sich ältere Schüler bestimmte Inhalte gut selbstständig aneignen könnten.

Ernst zufolge gibt es vor allem von den Berufsschulen den Wunsch, diesen Weg zu gehen. Allerdings müsste die von der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission vorgeschlagene Maßnahme auch von Eltern und Schülern akzeptiert werden, sagte Ernst, weshalb eine Umsetzung schon im neuen Schuljahr für sie nicht vorstellbar sei.

Das Ministerium will außerdem die bestehenden Rahmenbedingungen für Unterricht und Klassengrößen so weit ausreizen, dass 200 Stellen nicht mit Lehrkräften, sondern mit Assistenzen für Verwaltungsarbeiten oder mit Schulsozialarbeitern besetzt werden. Lehrkräfte sollen gezielt nur für den Unterricht eingesetzt und von anderen Aufgaben entlastet werden. Allerdings werden an diesen Schulen dann auch die Klassen etwas mehr Schüler haben.

Auf seiten der Lehrkräfte sollen, wie bereits angekündigt, Seiteneinsteiger mit Bachelorabschluss verbeamtet werden können. Vorrausetzung dafür sei eine 18-monatige Weiterbildung neben der Lehrtätigkeit.

Des Weiteren sollen Lehrkräfte von bürokratischen Aufgaben entlastet und Anreize geschaffen werden, um ältere Lehrkräfte länger an Schulen zu halten.

Nach Angaben der Gewerkschaft GEW nutzt derzeit ein Großteil der Lehrkräfte die Möglichkeit, mit 63 Jahren in den Ruhestand zu gehen. Nach Ministeriumsangaben betrifft das 70 Prozent der Lehrkräfte. Bei dem Punkt späterer Ruhestand wolle man im Ministerium zunächst mit den Gewerkschaften ins Gespräch kommen, heißt es in der Erklärung.

"Wir möchte dafür werben, vielleicht ein, zwei Jahre mit weniger Stunden länger zu machen. Das würde uns sehr helfen", erklärte Ernst bei rbb24 Brandenburg aktuell. Auch über die Einschränkung von Teilzeitangeboten für Lehrer solle verhandelt werden. Derzeit nähmen laut Ministerium 27 Prozent der Lehrkräfte eine Teilzeitregelung in Anspruch.

Der Mangel an Lehrkräften im Land wird von Jahr zu Jahr größer. Ende Januar hatte die Lehrergewerkschaft GEW den Bedarf auf 1.800 neue Pädagogen für Schuljahr 2023/24 geschätzt.

Für das laufende Schuljahr war die unbefristete Neueinstellung von gut 1.300 Lehrern notwendig, im kommenden Schuljahr sind es auch wegen knapp 6.000 Schülern aus der Ukraine eben noch 500 mehr. "Da bundesweit Lehrermangel herrscht, werden diese nicht einfach auf dem Arbeitsmarkt zu finden sein", sagte Bildungsministerin Ernst. Schon für dieses Jahr konnte der Bedarf nur mit 30 Prozent Seiteneinsteigern gedeckt werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.02.2023, 19:00 Uhr

60 Kommentare

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  1. 60.

    Kurssystem abschaffen, das bindet viele personelle und räumliche Ressourcen in den Schulen.

  2. 59.

    Zu viele SChüler in der Oberstufe??? #Studenten

  3. 58.

    Lösungsvorschläge? ...ist nicht unsere Lohngruppe...dafür gibt es Personen die gewählt wurden und vor der Wahl versprochen haben diese lösen, also ran...

  4. 57.

    Meckern kann jeder. Was wären denn Ihre konstruktiven Vorschläge zur Lösung des Lehrkräftemangels? Würde mich interessieren.

  5. 56.

    Die geschilderten Maßnahmen sind aus meiner Sicht sinnvoll und praktikabel. Wer sich Unterricht nur als Lehrervortrag mit anschließender Aufgabenbearbeitungsphasen vorstellt, hat Maria Montessori nicht gelesen. Auch eine Auswahl und Bereitstellung guter analoger und digitaler Lehr- und Lernmaterialien sowie die Arbeit mit Wochenplänen kann sinnvoll sein. Auch können Fachlehrer Unterricht gemeinsam mit Quer- und Seiteneinsteigern planen und sich als Team die Verantwortung für mehrere Klassen teilen. Nur Mut, muss ja und wird schon!

  6. 54.

    Kurz und knapp.
    Ich bin Jahrgang 1944. Damals gab es fast nur 8 Klasenabschlüsse, wenige 10 Klassen.
    Trotz "geringen Schulbildung" bin ich meinen Weg gegangen wie viele andere auch.
    Hilfsschüler gab es schon damals, aber HILFSLEHRER, eine furchtbare Bezeichnung, die gab es nicht.

  7. 53.

    So hat er es doch gar nicht gemeint. Aber: Sie müssen sich anstrengen... sehr sogar.... um den eigenen Kindern gute Eltern zu sein... die Teilhabe und Chancen ermöglichen. Sie können das nicht verlagern. Im Interesse der Kinder selbst.
    Beispiel: Wenn es in Summe 600€ in 2022 für Laptops von "mir" gegeben hat, dann sollten Sie dem Kind das zukommen lassen (was Sie bestimmt auch gemacht haben).

  8. 52.

    Sie vertreten also die Ansicht das nur wer es sich „Leisten“ kann Kinder bekommen darf? Alle anderen werden dann wohl am besten zwangssterilisiert, oder wie darf ich ihren geistig wirren Ansatz verstehen?

  9. 51.

    Sie kennen die offizielle und einklagbare Lehrmeinung?

  10. 50.

    Quatsch? Ich weiß eben was ich täglich erlebe. Wenn man Schüler:innen mit Respekt gegenübertritt, weil sie das eben gut finden, dann verstehe ich nicht, dass das Quatsch sein soll. Es wird NIEMAND zum Gendern GEZWUNGEN! Auch wenn das die Gegner:innen gern behaupten. Aber wenn die Bedürfnisse der Schüler:innen „Quatsch“ sind, dann frage ich mich, wo man dann Respekt vor der Jugend hat.

  11. 49.

    Oh, eins veraß ich: Es gibt, wie in jeder Berufsgruppe, tatsächlich schlechte Lehrer. Profession, Passion und Persönlichkeit müssen zusammenkommen. Das betrifft nicht alle ausgebildeten Lehrer, ganz unbestritten. Bei Seiteneinsteigern fehlt ein Faktor a priori, der dringend und professionell nachgeholt werden muss. Die Leute werden allein gelassen und im kurzen Hemd ins kalte Wasser geschmissen. Am Ende rühmen sich Politiker mit geschönten Statistiken, die die Realität an den Schulen in keiner Weise wiedergeben.

  12. 48.

    Ich war viele Jahre in der Wirtschaft tätig in unteren bis hohen leitenden Positionen. Ich verunglimpfte nicht die Quereinsteiger. Ich beschreibe Erlebnisse. Den Leuten fehlt ein wesentlicher Teil der Ausbildung zum Lehrer und haben deshalb erhebliche Probleme im Unterricht und in der Unterrichtsgestaltung. Wenn Sie genau gelesen hätten, hätten Sie festgestellt, dass ich die Verursacher (Politik und Politiker) klar benenne und, ja, gebasht habe, nicht die Betroffenen. Die können einem eher leid tun.

  13. 47.

    Unter Schülern ist es kein Thema. Denn, gendern macht einsam...

  14. 46.

    Tja, genauso ist es! Es fehlen ja nicht nur Lehrer sondern auch Ärzte, Handwerker, Fachkräfte, Pflegepersonal, Erzieher usw. usw.!
    Unsere Infrastuktur war und ist für solch einen Bevölkerungszuwachs, wie er seit 2015 geschiet, nicht vorbereitet.
    Auch die fehlenden 1,4 Millionen Wohnungen bis 2024 zeigen dies auf.
    Die Probleme in den Schulen sind nix neues, an der Misere wird schon seit Jahren herumgedoktert ohne nennenswerten Erfolg. Leittragende sind Schüler, Lehrer und Eltern....... :-(

  15. 45.

    Die Verwaltungen behandeln das Problem wie immer: Lehrerschlüssel, Stundenzuweisungen usw. nach Kassenlage. Ergebnis: Im Durchschnitt haben wir das Problem statistisch (für ein 1/2 Jahr) gelöst. Die Lehrer sollen, durch Mehrarbeit die Ergebnisse der ganzen verfehlten Personalpolitik der vergangenen Jahre wegtragen? Nach der Notwehr kommt die Krankheit, bei diesen Arbeitsbedingungen.
    Eine kurzfristig wirkende Maßnahme gerät ganz aus dem Blick: Die vielen "abgesaugten" Lehrer in den Verwaltungen. Diese sind zwar den Schulen zugeordnet, aber unterrichten kaum noch. Statistisch aber ja! Und wenn alle "Spielräume" ausimprovisiert sind, kommt die 4-Tage-Woche... zuerst an den Grundschulen?
    Der Pensionierungswelle in den Schulen steht eine wachsende Unlust beim Nachwuchs, Lehrer zu werden, gegenüber. Ist es strafbar, die Zensusdaten nicht zu beachten?
    Viel lieber würde ich Artikel darüber lesen, wie man aus Brandenburger Zeugnissen überall geachtete und begehrte Abschlüsse macht.

  16. 44.

    Das „Gendern“ ist ebenso überflüssig wie einst das „Schreiben“ nach Gehör. Eine völlig überflüssige Aktion die nun mal unserer deutschen Sprache ganz und gar nicht entspricht. In einigen Jahren spricht kein Mensch mehr davon.

  17. 43.

    Im Gegensatz zu ihren Artikel ist die Realität in Brandenburg eine Andere. Mein Sohn ist Quereinsteiger (Bachelor-Abschluss Lehramt, leider Abbruch im Master - Corona geschuldet) und bekommt nur Vertrag bis Schuljahres Ende. Dann muss er zum Arbeitsamt. Nach den Ferien gibt es wieder eine befristete Einstellung.
    Wer lässt sich das gefallen bei diesem akuten Lehrermangel? Also ab in ein anderes Bundesland (in diesen Fall Berlin).
    Dies ist bestimmt keine Ausnahme und führt zur Verschärfung der ganzen Situation.

  18. 42.

    Na, neben der fehlenden Digitalisierung und Automatisierung ist vorallem der hohe Bürokratisierungsgrad ein Innovations- und Entwicklungshemmnis. Auch der Wandel in der Gesellschaft, dass Lehrer, Polizisten, Richter etc. nicht mehr als Respektspersonen akzeptiert werden und z.B. Eltern einfach die Schule oder den Lehrer verklagen hätte es bei uns nicht gegeben. Die "Grundordnung" muss wieder hergestellt werden, Bürokratie und Gesetze müssen auf ein Mindestmaß zurück gestutzt werden. Dann klappt es auch wieder mit "Made in Germany"-Standards.

  19. 41.

    Man spürt es förmlich, wie der Staat in den wichtigsten Bereichen den Bach heruntergeht. Die Ursachen hierfür müssen klar heraus gearbeitet werden, um evtl. noch etwas gegensteuern zu können. Aber was sage ich herausgearbeitet? Sie liegen klar auf der Hand, nur der weiße Elefant steht im Raume und niemand will ihn sehen. Denn die Benennung würde ganze Gebäude an Glaubenswahrheiten einstürzen lassen. Denn die Hauptursache ist ein extremes Tabu-Thema, weil dann gesagt werden müsste, die maßgeblichen politischen Akteure haben in den vergangenen Jahren nur Mist gebaut.

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