Mögliche Kooperation in Kommunen - Wegner und Redmann distanzieren sich von Merz-Äußerungen zur AfD
CDU-Chef Friedrich Merz hat eine mögliche Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD auf kommunaler Ebene angedeutet. Berlins Regierender Bürgermeister und der Brandenburger CDU-Vorsitzende zeigen sich entrüstet. Merz relativiert unterdessen.
- Friedrich Merz deutete an, es könne in Gemeinden Zusammenarbeit mit AfD geben
- Parteikollegen von Friedrich Merz (CDU) distanzieren sich von seinen Aussagen
- AfD-Landesvorsitzende sehen bereits Zusammenarbeit
CDU-Parteichef Friedrich Merz ist mit seinen Äußerungen zu einem möglichen gemeinsamen Vorgehen mit der AfD auf kommunaler Ebene auf heftige Kritik in der eigenen Partei gestoßen.
Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner schrieb auf Twitter: "Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da ZUSAMMENarbeit geben? Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist."
Auch der Brandenburger CDU-Chef Redmann widersprach Merz. "Gerade in Brandenburg besteht kein Zweifel, wes Geistes Kind die AfD ist", sagte Redmann. Ihre Nachwuchsorganisation Junge Alternative sei erst jüngst vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. "Wer Extremisten in den eigenen Reihen duldet und fördert, kann kein Partner der CDU sein. Deshalb sind und bleiben für uns Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD sowohl auf der Landes- als auch auf der Kommunalebene ausgeschlossen."
JU Berlin: "Ziemlich unglücklich ausgedrückt"
Ebenfalls geäußert hat sich der Berliner Landesvorsitzende der Jungen Union, Harald Burkart - und eine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD grundsätzlich abglehnt. "Die JU Berlin will keine Zusammenarbeit auf Bundes-, Landes und kommunalpolitischer Ebene mit der AfD", sagte Burkart am Montag dem rbb. CDU-Chef Friedrich Merz sei von Medien missverstanden worden und habe sich "ziemlich unglücklich ausgedrückt", sagte der Berliner JU-Chef.
Brandenburger AfD-Chefin: Arbeiten bereits zusammen
Die AfD in Brandenburg zeigt sich unterdessen erstaunt angesichts der Debatte um CDU-Chef Merz' Äußerungen zur AfD. Landeschefin Birgit Bessin sagte am Montag im rbb24 Inforadio, auf sachlicher Ebene werde in kommunalen Parlamenten schon lange mit ihrer Partei gearbeitet. "Da sitzt die AfD schon mit am Tisch und wird auf gleicher Augenhöhe betrachtet."
Die Berliner AfD-Landeschefin Kristin Brinker begrüßt die von CDU-Chef Friedrich Merz angestoßene Diskussion über eine Zusammenarbeit mit ihrer Partei. Die AfD stehe schon lange auf kommunal-, landes- und auch bundespolitischer Ebene bereit, sagte Brinker am Montag dem rbb.
"Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass es eine Zusammenarbeit mit der AfD auf Parlamentsebene geben muss, egal auf welcher Ebene - an der AfD kommt keine Partei mehr vorbei", so Brinker. Die AfD bekomme bereits Zustimmung zu eigenen Anträgen, insbesondere auf Berliner Bezirksebene. "Uns würde es freuen, wenn wir endlich pragmatische Arbeit zum Wohle aller leisten könnten", so Brinker.
Merz rudert zurück
Nach der scharfen Kritik durch Parteikollegen ruderte CDU-Chef Friedrich Merz beim Umgang mit der AfD zurück. Die Beschlusslage der Union gelte. "Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben", twitterte Merz am Montag.
Im ZDF-Sommerinterview hatte er am Sonntag angedeutet, eine Zusammenarbeit könne es in bestimmten Gemeinden geben. Wenn in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister von der AfD gewählt worden sei, dann seien das demokratische Wahlen, so Merz. "Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet." Was er damit genau meint, blieb in dem Interview jedoch offen.
Empörte CDU- und CSU-Politiker
CSU-Chef Markus Söder betonte, die AfD sei demokratiefeindlich und spalte die Gesellschaft. "Die CSU lehnt jede Zusammenarbeit mit der AfD ab - egal auf welcher politischen Ebene", twitterte er.
Die Vizepräsidentin des Bundestages, Yvonne Magwas, die auch dem CDU-Präsidium angehört, schrieb auf Twitter: "Ob Ortschaftsrat oder Bundestag, rechtsradikal bleibt rechtsradikal. Für Christdemokraten sind Rechtsradikale IMMER Feind!" Die Bundesvorsitzende der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz (CDU), sagte mit Blick auf die AfD: "Die Partei u. ihre menschenverachtenden demokratiefeindlichen Inhalte bleiben die gleichen, egal auf welcher Ebene." Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen betonte, seine Partei habe ein Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen. "Jeder, der das ändern will, muss dafür auf einem Bundesparteitag der #CDU eine Mehrheit finden."
Linnemann verteidigt Merz
Der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verteidigte dagegen Merz: Für die CDU sei klar, dass es "keine Zusammenarbeit mit der AfD" gebe, "egal auf welcher Ebene", sagte Linnemann der "Bild" (Montag). "Das sieht auch Friedrich Merz so, wenngleich er zu Recht auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweist. Denn wenn es im Kommunalparlament etwa um eine neue Kita geht, können wir nicht nur deshalb dagegen stimmen, weil die AfD mitstimmt. Wir machen uns von Rechtsradikalen nicht abhängig."
Die AfD liegt in einer Insa-Umfrage bundesweit bei 22 Prozent und damit nur noch vier Prozentpunkte hinter der Union. Damit legte die AfD in der wöchentlichen Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" um zwei Punkte zu. In den Erhebungen anderer Meinungsforschungsinstitute hatte die AfD zuletzt bei 20 Prozent gelegen. CDU/CSU kommen bei Insa auf 26 Prozent (minus 1 Punkt).
Sendung: rbb24 Inforadio, 24.07.2023, 08:00 Uhr