Offener Brief - Streit bei den Berliner Grünen eskaliert vor Landesparteitag

Fr 08.12.23 | 17:22 Uhr | Von Angela Ulrich
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Symbolbild: Delegierte halten auf der Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Berlin ihre Stimmzettel hoch. (Quelle: dpa/Skolimowska)
Bild: dpa/Smolimowska

Seit Tagen brodelt es bei den Berliner Grünen. Kurz vor dem Landesparteitag ist eine neue Eskalationsstufe erreicht: In einem Offenen Brief wenden sich gleich neun Kreisvorstände gegen Unterstützer der Kandidatin für den Landesvorsitz Tanja Prinz. Von Angela Ulrich

Der parteiinterne Streit bei den Berliner Grünen wird vor der Landesdelegiertenkonferenz (LDK) am Samstag schärfer. In einem Offenen Brief, der dem rbb vorliegt, werden Unterstützer der Kandidatin für den Landesvorsitz, Tanja Prinz, scharf angegriffen.

Die Kritik von mehreren Bezirks- und Kreisvorständen richtet sich gegen die Gruppierung "GR@M" (Grüne Real @ Mitte) aus dem Kreisverband Mitte. Diese Strömung schüchtere Mitglieder ein und setze sie "psychisch unter Druck", heißt es in dem Brief. Es werde "eine Kultur des Misstrauens" gesät: "Wir sorgen uns, dass die aggressive und unversöhnliche Art von GR@M die Handlungsfähigkeit unserer Partei gefährdet."

Neun Kreisvorstände unterzeichnen Brief

Unterschrieben ist der Offene Brief, der beim Landesparteitag verteilt werden soll, von neun grünen Kreisvorständen: Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln, Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf. Die Unterzeichner betonen, sie repräsentierten die "breite Basis der Partei".

Hintergrund ist der Streit um die Kandidatin des Realo-Flügels, Tanja Prinz. Diese wird von der Gruppierung der "GR@Ms" unterstützt und hatte sich in einer parteiinternen Vorwahl knapp gegen die bisherige Landesvorsitzende Susanne Mertens durchgesetzt. Prinz steht für einen Teil der Realos, die intern deutliche Kritik am Landesvorstand und dem Kurs der Berliner Grünen insgesamt äußern. Sie wollen ein stärkeres Gegengewicht zu den Parteilinken bilden.

Vorwurf der Spaltung

Zur Wahl von Prinz aufgerufen haben auch prominente Realo-Grüne wie Ex-Fraktionschefin Silke Gebel, die Bundestagsabgeordneten Hanna Steinmüller und Stefan Gelbhaar sowie der Moabiter Abgeordnete Taylan Kurt. Sie haben sich auf "X" (vormals Twitter) mit Prinz solidarisiert. Dagegen wollen nicht nur die Parteilinke, sondern andere Teile der Realos die Wahl von Tanja Prinz an die Parteispitze verhindern. Sie werfen der 44-jährigen Bezirkspolitikerin aus Tempelhof-Schöneberg und ihren Unterstützern der "GR@M"-Gruppierung vor, die Grünen zu spalten.

Bei der Landesdelegiertenkonferenz am Samstag in einem Hotel in Moabit werden erst zwei Leitanträge diskutiert. Am frühen Nachmittag stellen sich die beiden Kandidaten für den Landesvorsitz zur Wahl: neben der Reala Tanja Prinz der aktuelle Landeschef und Vertreter des linken Flügels, Philmon Ghirmai. Traditionell wählen die Grünen erst den Frauenplatz für den Landesvorsitz. Erreicht niemand in vier Wahlgängen eine absolute Mehrheit, kann eine weitere Wahl mit neuen Kandidatinnen anberaumt oder der Parteitag unterbrochen werden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 08.12.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Angela Ulrich

11 Kommentare

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  1. 11.

    Kann man machen, es landen dann wahrscheinlich beide Parteien unter der 5% Hürde. Verständlicherweise lässt man es also lieber.

  2. 10.

    Hm, Frau Prinz gehört doch aber dem rechten Parteiflügel an.

  3. 9.

    27 Prozent haben für die Kandidatin gestimmt.

    Ein großer Teil der Basis hat auf linkeste Politik keinen Bock mehr.

  4. 8.

    Ach ist das herrlich, die Leute sehen schon ihren politischen Abstieg.

  5. 7.

    Vielleicht wäre es ja wirklich besser, wenn sich die beiden anscheinend zunehmend unversöhnlich gegenüberstehenden Parteiflügel organisatorisch trennen würden. Die „Linksgrünen“ könnten sich ja dann mit den Überresten der Linkspartei zusammentun, während die „Rechtsgrünen“ als Partner einer künftigen bürgerlichen Regierungskoalition zu sehen wären.

  6. 5.

    Sehe ich etwas anders. Es kann nicht schlecht sein eigene Meinungen zu vertreten und auch mal gegen die Parteilinie zu reden. Natürlich denke ich mal das die Grünen kaum mehr diese Wahlergebnisse einfahren werden.
    Wenn ich mir andere Parteitage ansehe , Beispiel Bayern , Wahlergebnisse über 90Prozent , das sagt viel mehr über diese Partei Kultur aus.

  7. 4.

    Wenn man mittel- und langfristig den Anspruch hat aktiv mit zu regieren und zu gestalten, bleibt nix anderes übrig als sich breiter und jenseits von einfachen Fahrtrichtungen aufzustellen. Die grüne Bilanz der letzten Jahre Regierungsarbeit in Berlin ist ja eher überschaubar.
    Das dies zu kontroversen Diskussionen führt, ist natürlich klar und auch zu begrüßen. Wenn das ins Aggressive oder gegenseitige Misstrauen übergeht, wird es grenzwertig. Dann ist der Vergleich mit den großen Parteien vielleicht gar nicht so verkehrt.
    Mal sehen was für Ergebnisse dabei rauskommen.

  8. 3.

    Die Grünen sind in den Regierungen für den Machterhalt schon weit nach rechts außen gerutscht und nun will da jemand noch weiter ein "stärkeres Gegengewicht zu den Parteilinken bilden", die Grünen werden immer mehr zu einer "CDU 2.0".

  9. 2.

    Und Ihre messerscharfe Analyse basiert jetzt auf welchen konkreten Fakten? Innerhalb der Alternativen Liste/ Grünen hat man sich schon vor Jahrzehnten gefetzt. Ganz egal, was man von den konkreten Inhalten jeweils hält - aber Streit gehört zu eine funktionierenden Demokratie.

  10. 1.

    Das Gezoffe der Grünen untereinander war zu erwarten. Es sind Begleiterscheinungen des politischen Abstiegs.

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