Kommentar | Brandenburger Finanzpolitik - Lieber ein Paket ohne Mätzchen

Di 05.12.23 | 20:18 Uhr
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Dietmar Woidke (M, SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, eröffnet die gemeinsame Sitzung von Brandenburger Kabinett und der Landkreisspitze von Ostprignitz-Ruppin im Festsaal des Universitätsklinikums Ruppin-Brandenburg. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Bild: dpa/Soeren Stache

Das Nein des obersten deutschen Gerichts zu Hilfspaketen der Bundesregierung hat auch Brandenburg aufgeschreckt. Dort will man nun beim "Brandenburg-Paket" nachbessern. Doch dazu hätte es nicht kommen müssen, kommentiert Thomas Bittner.

Als das Entlastungs-Paket 2022 in den Landtag eingebracht wurde, sagte Finanzministerin Katrin Lange (SPD), man werde das Hilfsprogramm ohne "Framing-Mätzchen" einfach "Brandenburg-Paket" nennen. Das sollte Solidität und Ernsthaftigkeit zeigen. Doch es wäre ehrlicher gewesen, das zusätzliche Geld als das zu benennen, was es war: Ein "Leider-nur-mit-Schulden-machbar-Paket".

Dass man sich die aktuell eingesetzten Summen von zukünftigen Generationen geborgt hat, hätte man alle wissen lassen müssen. Der Versuch, kurz vor einer möglichen Niederlage beim Landesverfassungsgericht jetzt das Ruder noch mal rumzureißen, ist das Eingeständnis einer unsoliden Haushaltsführung.

Notfonds müssen gut begründet sein!

Auf den Landesrechnungshof, der das Schuldenmanagement kritisierte, wurde lange nicht reagiert. Es war von Anfang an klar, dass jede Ausgabe aus diesem Topf im Zusammenhang mit der erklärten Notlage stehen muss. Doch die "Kenia-Koalition" konnte der Versuchung nicht widerstehen, mit den zusätzlichen Milliarden allerlei Koalitionsprojekte mitzufinanzieren: die Beitragsfreiheit für Kitas, die ohnehin kommen sollte. Oder die Transformation zu emissionsarmen Technologien, die eher mit dem Klimawandel zu tun hat als mit dem Ukraine-Krieg.

Keiner bezweifelt, dass in Krisenzeiten der Staat handlungsfähig sein muss. Und dass Schuldenmachen im Ausnahmefall besser ist, als Menschen in Not allein zu lassen. Aber gerade für Notfonds muss jede Ausgabe gut begründet sein.

Der Plan der Landesregierung ging schief

Besonders unseriös war ein Posten im Wert einer halben Milliarde Euro, der sich "pauschale Vorsorge für weitere Maßnahmen" nannte. Es war ein Reservetopf ohne konkret hinterlegte Projekte, der im Wahljahr 2024 hätte aufgebraucht werden können. Diese Pauschale war das Eingeständnis, dass man 2022 noch gar nicht wissen konnte, was in zwei Jahren genau gebraucht wird.

Warum aber hat man sich dann in unsicheren Krisenzeiten auf einen Doppelhaushalt für 2023 und 2024 eingelassen? Um ein Jahr vor der Wahl keine Haushaltsdebatten führen zu müssen? Der Plan ging schief, er wird jetzt mit dem Nachtragshaushalt für 2024 bestraft.

Wahrscheinlich wird das "Brandenburg-Paket" jetzt deutlich kleiner. Und damit auch die Kreditaufnahme. Und manche Ausgabe landet da, wo sie hingehört: im regulären Haushalt. Das ist gut so. Denn das ist ehrlich. Und wäre Politik ohne Mätzchen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 05.12.2023, 19:30 Uhr

19 Kommentare

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  1. 18.

    Aus dem Hilfspaket für die Notlage werden auch Schwimmbäder, Krankenhäuser und Vereinsstrukturen finanziert. Das Verfassungsgericht des Landes prüft das Paket aufgrund einer Klage der AfD-Fraktion.

  2. 17.

    Das sehe ich auch so. Der Verfassungsklage der AfD werden deshalb von Fachleuten Chancen eingeräumt.

  3. 16.

    Genau, denn beispielsweise weder der anthropogen verursachte Klimawandel (Energiewende egal), noch die weiter vererbte Dummheit (Bildung egal) wird man mit dieser schuldengebremsten Rosskur weder verzögern geschweige denn rückgängig machen können.
    Man könnte die Kette beliebig fortsetzen und sie haben alle eines gemein.
    So ein Erbe wäre für die zukünftige Generation tatsächlich irreversibel.

  4. 15.

    Wir drehen uns doch im Kreis „Josti“. Alle meine Kommentare haben nichts gegen erfolgreiche (!) Investitionen und Kredite dafür. Selbst das wird nicht reichen. Die Privatwirtschaft muss das 9fache bringen. Mit den richtigen Bedingungen. Das ich kein vertrauen in die Brandenburger Investitionspolitik habe darf doch, angesichts der 34jährigen Erfolglosigkeit, nicht verwundern. Sehen Sie mal nach dem Süden. Was die aus den Geldern gemacht haben und über den Finanzausgleich das Vielfache und länger zurückgezahlt als erhalten. Ich weiß auch woran das liegt. Ist Ihnen aufgefallen, dass der bayrische FM auch die Möglichkeit illegaler Schulden geprüft hat? Es war verlockend, wenn alle das machen.. Und hat dann entschieden: Wir machen sowas nicht und kommen mit den legalen Schulden und Haushalt aus. Stark!

  5. 14.

    Genau, denn weder unser karbonisiertes Erdhabitat, noch die weiter vererbte Dummheit kann man nach einem Weiterso einfach rückgängig machen. Diese Last wiegt für die Folgegenerationen unumkehrbar schwer.
    Menschengemachte Konstrukte, wie die Geldwirtschaft kann man im Zweifel ändern.

  6. 13.

    Wir drehen uns doch im Kreis „Josti“. Alle meine Kommentare haben nichts gegen erfolgreiche (!) Investitionen und Kredite dafür. Selbst das wird nicht reichen. Die Privatwirtschaft muss das 9fache bringen. Mit den richtigen Bedingungen. Das ich kein vertrauen in die Brandenburger Investitionspolitik habe darf doch, angesichts der 34jährigen Erfolglosigkeit, nicht verwundern. Sehen Sie mal nach dem Süden. Was die aus den Geldern gemacht haben und über den Finanzausgleich das Vielfache und länger zurückgezahlt als erhalten. Ich weiß auch woran das liegt. Ist Ihnen aufgefallen, dass der bayrische FM auch die Möglichkeit illegaler Schulden geprüft hat? Es war verlockend, wenn alle das machen.. Und hat dann entschieden: Wir machen sowas nicht und kommen mit den legalen Schulden und Haushalt aus. Stark!

  7. 12.

    Es gibt keine linke oder rechte Finanz- und Wirtschaftspolitik, sondern nur gute und schlechte Politik. Das hat schon Gerhard Schröder richtig erkannt.
    Das heißt in guten Zeiten Sparen und Subventionen abbauen um Geld in schlechten Zeiten ausgeben zu können. Die Schuldenbremse ist in der aktuellen Situation völlig ungeeignet.
    Jedes Unternehmen macht auch Schulden um zu investieren. Ansonsten wäre es über kurz oder lang weg vom Fenster. Durch Investitionen entstehen auch Werte und von der Leistungsfähigkeit unserer Infrastruktur hängt auch unserer Wohlstand ab.
    Die mangelhaften Pisa-Ergebnisse haben was mit dem maroden Zustand unserer Schulen zu tun. Die Infrastruktur unserer Nachbarn ist besser. Wir sollten mal endlich aufwachen.

  8. 11.

    „dass wir dringend in Bildung, Energiewirtschaft, Infrastruktur und Landesverteidigung investieren müssen“
    Das ist richtig. Es ist eine Daueraufgabe, die komischer Weise bei linksgerichteten Regierungen dann beginnt, wenn man selbst Verantwortung hat. Besser: So finanziert, auch mit Krediten, unter Einhaltung einer (Über)Schuldenbremse.

    Es fällt auf...
    Das vorzugsweise ganz bestimmte politische Richtungen, mit dem Suchen nach Geld zum verteilen/zuteilen/umverteilen beschäftigen .... als mit dem Bedingungen schaffen für das Schaffen von Werten. Diese viele Zeit ... Wie im Kinderzimmer während einer Taschengelddiskussion.

  9. 10.

    Das gesamte Konstrukt der Schuldenbremse ist falsch, da diese für wirtschaftlich schlechte Zeiten viel zu unflexibel gefasst ist und die Politik zwingt in der Rezession sich irgendwelche Gründe auszudenken.
    Entscheidend ist wofür Kredite aufgenommen werden müssen. Im investiven Bereich kann man Kosten und Nutzen sehr gut darstellen.
    Es dürfte doch jedem halbwegs rational denkenden Menschen klar sein, dass wir dringend in Bildung, Energiewirtschaft, Infrastruktur und Landesverteidigung investieren müssen. Wenn man die Positionen klar darstellt macht man sich nicht juristisch angreifbar und die Wähler verstehen das auch.
    Sozialleistungen sind aus den laufenden Einnahmen zu bezahlen. CDU und FDP machen den Leuten weis, man könnte Haushaltslücken schließen, indem man die Schwachen gegen die noch Schwächeren ausspielt. Das kann nicht funktionieren.

  10. 9.

    Da wird ums Geld gerungen und Lindner befördert Beamte.
    Raus mit dieser Truppe aus dem Bundestag.
    Neuwahlen, dann kann Union SPD und Grüne weitermachen.
    P.s. blau braun macht euch keine Hoffnung....

  11. 8.

    Der Kriegsbeginn ist natürlich nebst Sprengung von Nordstream nicht neu. Aber die damit einhergehenden Rohstoffverwerfungen, Fluchtentwicklungen, Miltär- und zivielen Hilfsunterstützungen sind natürlich dynamisch. Deswegen Nebenwirkungen.
    Es ist ja klar, dass als Begründung nicht einfach "Ukrainekrieg" stehen darf. Man muss dies natürlich mit den konkreten Nebenwirkungen begründen. Natürlich konvergieren die Prognosen zu den Nebenwirkungen mit den tatsächlichen Nebenwirkungen bei stationärer Kriegsführung, je länger der Krieg dauert, aber für 2024 lassen sich noch genug Notfallnebenwirkungen vorbei an irgendwelchen Kenntnissen, begründen.
    Und ganz ehrlich, für mich ist die Art und Weise der Definition "Schuldenbremse" alles andere als realpolitisch umsetzbar. Das ganze Leben ist dynamisch. Hier so zu tun, als wäre Deutschland ein isoliertes Land im Hilbertraum (Linearsystem), welches strengen Kriterien der Orthogonalität und Superposition genügt ist sowas von blauäugig und weltfremd.

  12. 7.

    „beispielsweise werden jahrzehntelang versäumte Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Decarbonisierung ja nicht dadurch gelöst, indem man jetzt nichts bis sehr wenig mit Mitteln aus dem laufenden Haushalt macht“
    Das stimmt, dass man lieber legal investieren muss... statt alles aufzuessen. Die Schuldenuhr tickt... ein Blick darauf schadet nicht, um auch mal abzubauen wenn RICHTIG investiert wurde.
    Die letzten 34 Jahre in Brandenburg wurde in gescheiterte Großprojekte verschwendet statt klug investiert. Ich bin deshalb sogar für kleinere Strafen, wegen Verschwendung: Wenigstens die Rückzahlung plus Zinsen.

  13. 6.

    "Der Ukraine-Krieg und alle damit verbundenen Nebenwirkungen sind eindeutig eine Notlage" Der Ukrainekrieg ist aber nicht mehr neu und überraschend ist er auch nicht mehr, deshalb taugt dieser nicht mehr als Begründung für eine Notlage, da etwas nicht mehr Neues in der normale Haushaltsplanung berücksichtigt werden muß.

  14. 5.

    Der Ukraine-Krieg und alle damit verbundenen Nebenwirkungen sind eindeutig eine Notlage, schon in der alten Regelung. Aber beispielsweise werden jahrzehntelang versäumte Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Decarbonisierung ja nicht dadurch gelöst, indem man jetzt nichts bis sehr wenig mit Mitteln aus dem laufenden Haushalt macht. Und ein sozialer Kahlschlag ist wenig zielführend, wie man in den USA etc. sehen kann.
    Wer sich ein wenig mit Aufbau- und Strategiespielen auskennt, weiß, dass uns eine Sparpolitik mit Sicherheit um die Ohren fliegt. Und das Argument der zukünftigen Generationen hinkt ja ebenfalls.
    Denn was nützt denen eine geringere Schuldenlast mit einer Erderwärmung von 3-4°C, keinen Wohlstand über eine starke Wirtschaft und keine klugen Köpfe mehr für die Zukunft. Und sowas sinkt, wie das Vermögen der wohlhabenden steigt, ebenfalls exponentiell!!

  15. 4.

    Was ist mit der Grundsteuer liebe Landesregierung. Brandenburg setzt wie Rheinland-Pfalz, wo ein Gericht die Verfassungsmäßigkeit der Bodenrichtwerte anzweifelt, auf das Bundesmodell.
    Das dröhnende Schweigen der Landesregierung zu diesem Thema klingelt förmlich in den Ohren. Will man sich nicht äußern da es sich um eine weitere Maßnahme handelt, die nicht Verfassungskonform ist ?

  16. 3.

    Die Nachbesserungen sind wenig überzeugend. Es ist gut, dass die AfD das Verfassungsgericht um Entscheidung bittet.

  17. 2.

    auf der einen Seite den Bund nach Steuern anbetteln und auf der anderen Seite muss Brandenburg erklären wieso sie seit Jahren Steuern nicht erhebt und Steuergelder / Pachteinnahmen verschenkt?

  18. 1.

    Dem ist (fast) nichts hinzuzufügen. Außer: Es wird weiter versucht zu tricksen... die Lebenserfahrung sagt, dass wird sich bitter rächen. Eine solche Politik ist nicht für, sondern gegen die Bevölkerung gemacht.

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