Interview | Sonderausschuss Strukturentwicklung - "Wir bräuchten noch mehr Menschen in der Lausitz"
Vier Jahre lang hat ein Sonderausschuss die Strukturentwicklung in der Lausitz begleitet. Am Mittwoch legt er seinen Abschlussbericht vor. Im Interview spricht der Vorsitzende darüber, was bisher gut läuft - und wo es im Strukturwandel noch hapert.
rbb24: Herr Roick, Sie haben vier Jahre lang dem Sonderausschuss für Strukturentwicklung in der Lausitz vorgesessen. Der Landtag wollte mit dem Ausschuss den Strukturwandel nach dem Braunkohleausstieg parlamentarisch begleiten. Aus Ihrer Sicht: Haben sich die vier Jahre Arbeit gelohnt?
Wolfgang Roick: Definitiv! Ich glaube fest daran, dass die Thematik in der Lausitz angekommen ist. Es gab viele, die gesagt haben, "Ihr wollt Strukturwandel machen und hier passiert gar nichts". Unsere Sitzungen im Raum Lausitz haben dazu geführt, dass man sich vor Ort direkt mit dem Thema beschäftigen musste. Auch die Arbeit der Wirtschaftsregion Lausitz, mit ihren fünf Werkstätten, die auch in der Lausitz tätig waren und auch für Gespräche sorgten, haben das Bild vom Strukturwandel erstmal im Theoretischen geprägt. Aber mittlerweile gibt es ja viele sichtbare Dinge, wie zum Beispiel das Bahnwerk in Cottbus.
Welche drei Ergebnisse sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten, die der Ausschuss hervorgebracht hat?
Der Auftrag war erstens, die Wettbewerbsfähigkeit stärken und entwickeln, dann Bildung und Fachkräfteentwicklung und die Stärkung und Entwicklung der Lebensqualität. Für all diese Dinge haben wir gute Beispiele - bei der Wettbewerbsfähigkeit zum Beispiel das Bahnwerk in Cottbus, aber auch andere Firmen, die sich mittlerweile mit Unterstützung aus diesem Lausitztopf angesiedelt haben.
Dann werden wir auch einige Berufsschulen fördern, sodass auch unsere jungen Menschen eine gute Ausbildung haben und für den Fachkräftemarkt zur Verfügung stehen. Und nicht zuletzt, da denke ich zum Beispiel an Senftenberg, eine Stadt in meinem Wahlkreis, haben wir etwas für die Lebensqualität gemacht. Unser Theater [Neue Bühne Senftenberg, Anm. d. Red.] kann zukünftig in guten Räumen seine Bühnenbilder gestalten. Die Menschen, die tagsüber hart arbeiten, können dann zum Abend einen schönen Abschluss setzen, indem sie ein gutes Theaterstück sehen können.
Wir sind bei diesen drei Punkten, die wir uns vorgenommen haben, auf einem guten Weg. Dadurch, dass die Kommunen, die Ministerien, aber auch die Menschen aus Betrieben wie der BASF in den Werkstätten der Wirtschaftsregion Lausitz arbeiten, haben wir da auch vielfältige Meinungen und Ansichten über die Lausitz, die dann strukturiert werden und am Ende in den Entscheidungen der interministeriellen Arbeitsgruppe münden.
Was funktioniert denn aus Sicht des Ausschusses besonders gut im Strukturwandel?
Es klappt sehr gut in den Werkstätten. Die niedrigschwellige Anmeldung von Ideen, von Projekten, dann die Bearbeitung in den Werkstätten - bis eben dann zur Bestätigung durch den Lausitzbeauftragten der Landesregierung beziehungsweise durch die interministerielle Arbeitsgruppe, die vierteljährlich tagt. Auch der Bund ist immer mit dabei. Es ist alles Bundesgeld, das darf man nie vergessen.
Was noch nicht so gut läuft - das hat einfach mit der demografischen Entwicklung in der Lausitz zu tun - ist das Fachkräfteproblem. Wir bräuchten noch mehr Menschen in der Lausitz, mit möglicherweise schon guten Abschlüssen, aber es gibt auch ganz viele Handwerksbetriebe, die Menschen suchen, die eine Ausbildung aufnehmen. Natürlich haben wir an der BTU Cottbus-Senftenberg auch Möglichkeiten, sich zu qualifizieren. Wenn ich unterwegs bin und mit jungen Menschen spreche, dann sage ich immer, geht ruhig hinaus in die Welt, aber wenn ihr wiederkommt, dann bringt am besten noch jemanden mit.
Die Arbeit des Sonderausschusses wird mit Ende der Legislaturperiode ebenfalls eingestellt. Im September wird ein neuer Landtag gewählt. Der Strukturwandel ist dann aber noch nicht vollendet. Wäre es auch für den nächsten Landtag sinnvoll, einen Sonderausschuss Strukturentwicklung in der Lausitz einzusetzen?
Definitiv ja! Wir sind uns auch im Ausschuss darüber einig und so wird es auch in den Empfehlungen stehen. Wenn wir über das vereinbarte Ausstiegsjahr 2038 reden, dauert der Strukturwandel mindestens ebenso lang. Insofern empfiehlt es sich wirklich, in der nächsten Legislaturperiode wieder einen Sonderausschuss einzusetzen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Dirk Schneider für Antenne Brandenburg. Für die Onlinefassung wurde es redigiert und gekürzt, inhaltlich aber nicht verändert.
Sendung: Antenne Brandenburg, 19.06.2024, 15:40
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