Braunkohle-Ausstieg - EU-Kommission genehmigt Milliardenhilfe für Leag

Di 04.06.24 | 17:07 Uhr
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Archivbild: Wasserdampf steigt am 22.06.2022 aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG). (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 04.06.2024 | Andreas König | Bild: dpa/Patrick Pleul

Der Bund darf die Leag für den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung entschädigen. Nach monatelanger Blockade gibt die EU-Kommission grünes Licht. Es geht um 1,2 Milliarden Euro - plus eine halbe Milliarde Euro, die an Voraussetzungen gebunden sind.

Zur Abfederung des Kohleausstiegs in Ostdeutschland hat die EU-Kommission grundsätzlich grünes Licht für eine staatliche Entschädigung für das Bergbauunternehmen Leag gegeben.

Dabei geht es um einen Betrag bis zu einer Höhe von 1,75 Milliarden Euro, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag in Berlin weiter mitteilte. Hintergrund ist der vereinbarte schrittweise Kohleausstieg bis 2038.

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einem wichtigen Schritt vor allem für die Menschen der Region. "Damit sind Entschädigungsgelder für die soziale Absicherung der Beschäftigten im Übergang und für die Tagebaufolgenkosten gesichert."

Strenge Regel für staatliche Unterstützung

Deutschland hatte die geplante Entschädigung bereits 2021 bei der Kommission angemeldet. Die Leag erhält die Milliardensumme als Ausgleich für den vorzeitigen Kohle-Ausstieg bis 2038 und dadurch entgangene Gewinne. Die Kohleverstromung in Deutschland sollte eigentlich erst nach 2038 auslaufen.

Damit staatliche Gelder fließen können, müssen die Wettbewerbshüter in Brüssel grünes Licht geben. Wenn ein Land in der EU Firmen mit Staatsgeld unterstützen will, muss es sich an strenge Regeln halten. Nun gab es eine Grundsatzentscheidung der EU-Kommission. Diese habe in einer "vorläufigen" beihilferechtlichen Bewertung die Entschädigungsregelung für den Braunkohleausstieg der Leag im Grundsatz bestätigt, hieß es.

"Nicht nachvollziehbar": Grüne Liga hält Milliardenhilfe für unbegründet

Die Umweltschutzorganisation Grüne Liga nennt die EU-Entscheidung "nicht nachvollziehbar". Der Staat dürfe dem Konzern nur Nachteile ausgleichen, die tatsächlich durch den gesetzlichen Kohleausstieg entstünden, hieß es in einer Mitteilung vom Dienstag. Tagebaufolgen zu finanzieren, die von der Leag selbst verursacht worden seien, und zusätzlich entgangene Gewinne zu entschädigen, führe den Rechtsstaat ad absurdum.

Im gesamten beihilferechtlichen Verfahren zum Kohleausstiegsgesetz habe die Zahlung von 1,75 Milliarden Euro an die Leag nicht nachvollziehbar begründet werden können, so die Grüne Liga weiter. Demnach hatte die Leag beispielsweise Entschädigungsansprüche geltend gemacht für den Tagebau Welzow-Süd II, den sie jedoch zuvor bergrechtlich nicht beantragt habe. Auch die Abschaltung des Kraftwerks Jänschwalde lässt die Grüne Liga nicht als Begründung für die Zahlung gelten. Der vorherige Betreiber Vattenfall habe das Kraftwerk ohnehin Mitte der 2020er Jahre abschalten wollen.

Wirtschaftsminister Steinbach und Leag verweisen auf künftige Investitionen

Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) und das Unternehmen hingegen verwiesen auf den Transformationsprozess, den die Leag in den nächsten Jahren durchlaufen wird.

Steinbach räumte ein, dass die Leag als Verursacher von Bergbaufolgeschäden normalerweise die Kosten decken müsste. Das sei eine Belastung für die Investitionen und "für den Wandel der LEAG in ein Unternehmen, das sich dann überwiegend auf erneuerbare und dann irgendwann ausschließlich auf erneuerbare Energien abstützt", so Steinbach. Nun gebe es Planungssicherheit, weil die Bergbaufolgekosten von Brüssel "in dem von uns gewünschten Maße" anerkannt worden seien.

Auch das Energieunternehmen selbst verwies auf künftige Investitionen: "Die Leag ist auf dem Weg aus der Braunkohle raus im Jahre 2038, baut jetzt ein riesiges Portfolio Photovoltaik und Windverstromung auf, inklusive Großbatterien", sagte Leag-Vorstandsvorsitzender Thorsten Kramer. "Dafür wird dann natürlich ein Teil des Cashflows unseres Unternehmens verwendet und für die neuen Gaskraftwerke auch, wenn sie da in Zukunft gebaut werden."

Brandenburg und Sachsen kritisierten Verzögerungen

Die Entscheidung über die Zahlung hatte sich monatelang verzögert. Die EU-Kommission hatte wettbewerbsrechtliche Bedenken geäußert und seitdem geprüft, ob es sich möglicherweise um versteckte Subventionen handelt.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatten nach einer gemeinsamen Kabinettssitzung wegen der Verzögerungen Kritik geäußert. Woidke hatte "von der EU-Kommission möglichst noch vor den Europawahlen am 9. Juni eine klar positive Entscheidung zur Stützung des Strukturwandels bei der Leag" gefordert.

Der Kritik vorausgegangen war eine Entscheidung des Bundes, RWE für den vorzeitigen Kohleausstieg 2,6 Milliarden Euro zu zahlen. Die Kraftwerke in Nordrhein-Westfalen werden allerdings bereits 2030 alle stillgelegt sein.

Habeck: Vorgezogener Ausstieg nur im Konsens

Mit der milliardenschweren Entschädigungszahlung soll nun der Strukturwandel in der Kohleregion unterstützt werden. Bis 2038 soll dieser vollzogen sein. Immer wieder wird auch ein früherer Ausstieg diskutiert.

Die Koalition auf Bundesebene aus SPD, Grüne und FDP hatte in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, den Kohleausstieg "idealerweise" von 2038 auf 2030 vorzuziehen. Habeck hatte Anfang 2023 gesagt, ein auf 2030 vorgezogener Ausstieg auch im Osten müsse im Konsens vereinbart werden.

EU reformiert Emissionshandel - Kohleverstromung wird unrentabler

In einem Papier des Ministeriums von Montag wurde mit Blick auf die ostdeutschen Kohlereviere betont, der gesetzlich vereinbarte Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 habe Bestand. "Die Bundesregierung wird keine politischen Bemühungen unternehmen, um diese gesetzliche Frist zu verändern."

Zugleich hieß es: Ein möglicher marktgetriebener Ausstieg vor 2038, ebenso wie Maßnahmen der Länder und Reviere, blieben davon unberührt. Hintergrund ist eine Reform des europäischen Emissionshandels, der die klimaschädliche Kohleverstromung zunehmend unrentabler machen soll. Im Ministerium wird außerdem auf den fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien verwiesen sowie auf den geplanten Bau neuer Gaskraftwerke, die auf Wasserstoff umgestellt werden sollen - und die gesetzliche Möglichkeit, den Kohleausstieg auf 2035 vorzuziehen. Im Papier heißt es: "Für den Fall, dass die Kohleverstromung sich schon deutlich vor 2038 nicht mehr rechnet und der Ausstieg auch in den ostdeutschen Kohleregionen früher kommt, ist es wichtig, jetzt den Übergang so gut es geht vorzubereiten."

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.06.2024, 21:30 Uhr

50 Kommentare

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  1. 50.

    Inzwischen spricht sich ja Herr Habeck selbst auch nicht mehr so enthusiastisch für das Heizen mit Grünem Wasserstoff aus. Es gebe aber „einen heiklen Punkt, und das ist der Wasserstoff“. „Ich fürchte nur, dass es dafür nicht reicht.“ Der vorhandene Wasserstoff werde erst einmal für Bereiche wie die Stahlindustrie benötigt, in denen die Transformation nicht anders funktioniere, so Habeck.
    Wobei ich persönlich auch nicht glaube, das "Grüner Stahl" eine nennenswerte Rolle spielen wird, weil er viel zu teuer wäre und China als mit riesigem Abstand größter Hersteller von Stahl da nicht mitmacht.

  2. 49.

    Komisch, dass ganz viele die sich damit beschäftigen das anders sehen.

    Aber egal, hier kann sich ja auch jeder Physiker nennen, selbst ohne jedes Grundwissen in Physik.

  3. 48.

    Im Osten wird geprüft und geprüft und nochmals geprüft da wurde in NRW mit RWE zusammen schon fast 3 Milliarden € an RWE weitergeleitet was für Ungleichbehandlung . Wer den Grünen Wirtschaftsminister fügig ist bekommt halt das Geld
    da zählen Gesetzlichkeiten nicht wie Kohleausstieg erst 2038 wie von der Kohlekommision gefordert wurde.
    Sicherlich wird der Ablasshandel auf CO² die Kohleverstromung nicht gerade rentabel machen.
    Wer hält die Grundlast und die Frequenz im Netz die ungebauten Gaskraftwerke H²Reddy etc.....oder WKA mit Solarparks

  4. 47.

    Die Zulieferung von Grünem Wasserstoff durch Dänemark hatte Herr Habeck vereinbart. Doch die Dänen haben nochmal kalkuliert, der Wasserstoff wird einfach zu teuer und es wird nichts aus der Zulieferung von Dänemark. "Kopenhagen will weniger in die nötige Infrastruktur investieren als erwartet. Und dann ist da noch ein großes Preis-Problem." schreibt die WELT.
    In Dänemark selbst wird der Betrieb von Wasserstofftankstellen für Autos eingestellt, »Wir können die Stationen nicht weiter subventionieren.« Die Verbreitung von Wasserstoffautos habe »die Erwartungen nicht erfüllt« sagt das Unternehmen Everfuel dem SPIEGEL.

  5. 46.

    Ist ja interessant, LH2 Anlagen gibt es gar nicht.

    Wo war ich nur letztens zu einer Betriebsbegehung? ah bei einer Firma, die unter anderem LH2 Anlagen baut...muss ich wohl geträumt haben, wenn der SuperPhysiker das sagt...

    Das mit dem Behaupten, dass es gewissen Dinge nicht gebe wird langsam Trend...

  6. 45.

    Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit der Thematik beschäftigt, kommt zu der Erkenntnis, dass mit dem "Grünen Wasserstoff" ist ein Grünes Märchen. Es stimmen alle Parameter nicht (Energiedichte, Verfügbarkeit, kalkulierter Preis, Leitungen) um den Grünen Wasserstoff in nennenswerter Größenordnung wirtschaftlich einzusetzen. Habeck
    "erwartet" eine rasche Zunahme der Wasserstoffnachabefrage und -integration. „Das wird jetzt in kurzer Zeit einen sehr schnellen Hochlauf geben“, sagte er. Selbst wenn die oben genannte Kritikpunkte nicht wären, es gibt dafür überhaupt keine Infrastruktur. Großzügig, wie Habeck nun mal ist, sein GEG hat er nur "zum Test" auf die Bevölkerung losgelassen, redet er nun von neuen Leitungen von mehr als 10.000 Kilometern Längen, ergänzt durch Importterminals und Speicher. Professor Newman von der University in Perth meint, dass die Idee, LNG-Anlagen könnten Wasserstoff annehmen, ein „Trump‘sches Narrativ“ sei – eine oft wiederholte Behauptung ohne Grundlage

  7. 44.

    Deswegen wachsen Pflanzen in Wohngebäuden bei 0,1 Volumenprozent CO2 Gehalt gleich viel besser^^

    Witzbold...

  8. 43.

    Welche neuen Erkenntnisse? Das wusste man schon vor 30 Jahren und Wissenschafter die darauf hinwiesen wurden ausgelacht. Die Ölindustrie hat sehr genau schon in den 80er Jahren die Auswirkungen mit Computermodellen erforscht. Sie wussten was ihre Geschäfte auf der Welt verursachen und das ziemlich genau.

    Selbst heute werden wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert und verleugnet.

  9. 42.

    Ich denke,dass ist gut angelegtes Geld und wird unserer Region gut tun. Allen Menschen recht getan……, dass Sprichwort kennen sicher sehr Viele. Bedauerlich ist, dass einige noch immer nicht wissen woher das Wasser der Spree kommt und vergessen haben das die Kohle über viele Jahre uns Strom und warme Stuben geliefert hat. Es steht der Jugend absolut nicht zu die Vergangenheit unter den heutigen neuen Erkenntnissen, in Frage zu stellen. Hinterher ist man immer klüger.

  10. 40.

    Die Frage ist woher der "grüne" Wasserstoff kommen soll? Stand der Technik ist das heute vier mal mehr Energie rein muss wie aus dem Wasserstoff heraus kommt. Nur ein sehr geringer Teil des verfügbaren Wasserstoff ist grün, überwiegend wird dieser aus Erdgas oder Kohle gewonnen. Zudem hat niemand erprobt ob die Gasturbinen überhaupt mit Wasserstoff laufen, nicht mehr das zumischen wurde ausprobiert. Das man in Brandenburg den Ausstieg aus der Kohle versucht hinaus zustecken hat gründe in der Schwerindustrie. Die braucht für die Modernisierung der Prozesse Massiv Strom und die Wasserstoffleitung kommt in Eisenhüttenstadt erst 2038 und woher der Wasserstoff überhaupt kommen so weis niemand. So wie die Bevölkerung jedes Windrad oder Solarpark bekämpft wird das mit dem Ausbau ohne hin nichts. Das perfide ist das AMEH am HO5 20-30% CO2 einsparen könnte aber dazu Erdgas benötigt, dies ist aber zu teuer. Die Anlagen sind dazu vorhanden, der Klimaschutz lässt grüßen...

  11. 39.

    Sagt doch Leag-Chef Kramer, die Kohle wird durch Gaskraftwerke ersetzt. In der CO2 Bilanz sicherlich besser, aber Gas ist eben auch stark CO2 lastig. Vom Grünen Wasserstoff ist nicht die Rede. Dann kommt noch ein "Portfolio" für die Erneuerbaren. Die spannende Frage wird sein, wie lange Deutschland diese doppelte Infrastruktur von Erneuerbaren und Gaskraftwerken sich leisten kann, denn hierin liegt der Grund für Deutschlands höchsten Strompreis in der EU.

  12. 38.

    Naja, Habeck steht für die größeren Flops. Sogar der in dieser Frage unverdächtige TAGESSPIEGEL stellt fest, dass das Expertengremium Habecks behaupteten Erfolg wieder einkassiert.
    Ich persönlich, das sagt nicht der Expertenrat, gehe davon aus, dass Habecks GEG auch wieder einkassiert wird. Denn die Zumutungen sind gigantisch und die CO2 Einsparungen sind gering.

  13. 37.

    Das die SPD mit in der Regierung sass und auch die Grünen mit Gas aus Russland die Kohlekraftwerke ersetzen wollten, verschweigen sie wissentlich. Also netter Wahlkampf ihrerseits.

  14. 36.

    "PS: Jeder der glaubt CO2 wäre Pflanzendünger kann ja mal 10 oder 20% CO2 in der Atemluft einatmen."

    Wie alt sind sie? Zehn?

    Da sie ein Mensch sind und keine Pflanze, können sie auch kein CO2 durch Photosyntese in Zucker & Stärke umwandeln.

  15. 35.

    Ohne Einleitung von Grubenwasser wäre die Spree nur ein kleiner Bach.
    Mal schlau machen, bevor man etwas kommentiert.
    Übrigens, Berlin bangt um die Wasserzufuhr für die Spree,denn können die Bötchen nicht mehr durchs Regierungsviertel fahren

  16. 34.

    Mrd. Abfindungen für Konzerne? Lobbyisten beherrschen die deutsche Politik und die EU. Was soll man dazu noch sagen........

  17. 33.

    "zudem der vorzeitige Kohleausstieg vom Bundeswirtschaftsministerium auch nicht mehr verfolgt wird. "

    Naja, abwarten. Vielleicht kauft sich LEAG vorher noch frei, weil es sich nicht mehr rentiert. Anteil an der Stromerzeugung und am Primärenergieverbrauch geht ja schließlich auch immer weiter zurück.

  18. 32.

    Endlich mal richtig gute Nachrichten, zudem der vorzeitige Kohleausstieg vom Bundeswirtschaftsministerium auch nicht mehr verfolgt wird. Tja liebe Grüne, Pech....

  19. 31.

    Ja es stimmt in der Luft sind 0,04% CO2 und unsere Bäume wandeln dies in O2 um .

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