Radikale Klimaschutz-Bewegung - Verfassungsschutz stuft "Ende Gelände" als linksextremistischen Verdachtsfall ein

Di 18.06.24 | 15:01 Uhr
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Archivbild: Umweltaktivisten von 'Ende Gelaende' und dem lausitzer Klimacamp haben am 14.05.2016,mit mehreren hundert Teilnehmern das Kraftwerk Schwarze Pumpe sowie Gleisanlagen der Kohlebahn besetzt. (Quelle: Picture Alliance/Markus Heine)
Audio: rbb24 Inforadio | 18.06.2024 | Eva Huber | Bild: NurPhoto

Eine "deutliche Radikalisierung" stellt der Verfassungsschutz bei der Klimaschutzgruppe "Ende Gelände" fest. Mit der neuen Einstufung kann nun der Inlandsgeheimdienst die Gruppe beispielsweise observieren.

Der Verfassungsschutz hat die radikale Klimaschutz-Bewegung "Ende Gelände" als linksextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Damit kann der Inlandsgeheimdienst zur Beurteilung der Aktivitäten nun auch nachrichtendienstliche Mittel nutzen, wie etwa Observation oder Informanten.

Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023, der am Dienstag veröffentlicht wurde, ist von einer "Verschärfung von Aktionsformen bis hin zur Sabotage" die Rede. Grundsatzpapiere von "Ende Gelände" lassen nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zudem "deutlich eine Radikalisierung im Hinblick auf die vorherrschenden ideologischen Positionen der Gruppierung erkennen".

Zuwachs bei Links- und Rechtsextremismus

"Ende Gelände" hatte in der Vergangenheit im Lausitzer Braunkohlerevier im Landkreis Spree-Neiße unter anderem das Kraftwerk Jänschwalde blockiert sowie den Tagebau Welzow-Süd und das Kraftwerk Schwarze Pumpe besetzt. "Ende Gelände" ist laut Verfassungsschutz in 70 Ortsgruppen organisiert. Mit Ausnahme des Saarlandes soll es inzwischen in allen Bundesländern Ableger geben.

Insgesamt hat der Verfassungsschutz im vergangenen Jahr einen Zuwachs sowohl bei Linksextremismus als auch im Rechtsextremismus festgestellt. Dem Bericht zufolge stieg die Zahl derjenigen, die dem linksextremistischen Spektrum zugerechnet werden, um rund 500 Personen auf rund 37.000 Menschen an. Rund 11.200 Linksextremisten galten im vergangenen Jahr als gewaltbereit. Das waren 3,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Ähnlich verlief die Entwicklung im rechtsextremistischen Spektrum. Der Verfassungsschutz schätzte hier 14.500 von insgesamt rund 40.600 Rechtsextremisten als gewaltbereit ein. Die Zahl der Islamisten sei leicht gesunken, auf 27.200.

Archivbild: Umweltaktivisten von 'Ende Gelaende' und dem lausitzer Klimacamp haben am 14.05.2016,mit mehreren hundert Teilnehmern das Kraftwerk Schwarze Pumpe sowie Gleisanlagen der Kohlebahn besetzt. (Quelle: Picture Alliance/Markus Heine)
Aktivisten von "Ende Gelände" im Tagebau Welzow-Süd | Bild: NurPhoto

Die Demokratie stehe unter massivem Druck, sagte die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorstellung des Berichts. Die Sicherheitslage in Deutschland sei angespannt.

Den Jugendorganisationen von SPD, Grünen und Linken empfahl Faeser, die Zusammenarbeit mit "Ende Gelände" zu beenden. Jusos, Grüne Jugend und Solid hatten 2020 die Abschaffung des Verfassungsschutzes gefordert, nachdem die Verfassungsschützer in Berlin "Ende Gelände" als linksextremistisch eingestuft hatte.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.06.2024, 16:45 Uhr

 

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32 Kommentare

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  1. 31.

    Könnte es sein, dass das ein Prozess in einem Rechtsstaat und nicht einen Willkürakt in einer Diktatur beschreibt?!
    Hier kann nicht jeder einfach bespitzelt, abgehört und eingebuchtet werden. Und die Entwicklung (also der Prozess) ist doch in diesem Artikel gut beschrieben, weswegen die Gruppe erst JETZT vom BfV erstmal als VERDACHTSFALL eingestuft wird.
    Da ist nichts scheinheiliges und niemand ist wirklich überrascht, zumindest keiner der noch irgendwie „geerdet“ das politische Geschehen und die Entwicklung verfolgt.
    Sowas nennt man Ursache und Wirkung (Kausalität), das älteste wissenschaftliche Prinzip.

  2. 30.

    "Ende Gelände" ist schon früher in Verfassungsschutzberichten erwähnt worden. Konsequenzen wurden keine gezogen. Jetzt gibt man sich überrascht. Wie scheinheilig.

  3. 29.

    Extremistische Forderungen und Vorgehensweisen sind selbstverständlich abzulehnen. Der Wunsch nach Überwindung kapitalistischer Produktionsformen ist hingegen nicht per se verfassungswidrig, siehe Art. 15 GG.

  4. 28.

    Profite sind ein Wesensmerkmal von Unternehmen, ansonsten hiessen sie eingetragene Vereine.

  5. 27.

    „ Im Bezug auf den Klimaschutz profitieren Konzerne! Denn diese wollen Profite und keine Einschränkungen ihrer Produktion.“
    Sie sind nicht ganz auf dem neuesten Stand. Gerade große Konzerne haben das Geld und die Möglichkeit, in zukunftsfähige klimaneutrale Treibstoffe für Flug- und Fahrzeuge zu investieren. Hab ich gerade bei arte gesehen, aber wird ja hier nie drüber berichtet! Und man muß auch Interesse haben, sich zu informieren oder gar dafür zu arbeiten/forschen und nicht nur extremistisch niveaulos gegen alles zu protestieren, was einem nicht passt!

  6. 26.

    Danke! Sehe ich auch so.
    Wenn ziviler Ungehorsam immer mehr eingeschränkt wird, profitiert wer?
    Im Bezug auf den Klimaschutz profitieren Konzerne! Denn diese wollen Profite und keine Einschränkungen ihrer Produktion.

  7. 25.

    Hmmm, "Ausbildung" wie bei der Wehrsportgruppe Hoffmann pp., das eine extremistisch, das Andere nicht?
    Ich bin auch auf der Seite derer, die auch linksextreme Tendenzen beobachten und auf selbige hinweisen.

  8. 24.

    Kapitalismus ist nicht in der Verfassung verankert.

    Aber wer den Kapitalismus oder die Mehrheitsgesellschaft mit Gewalttaten begegnet ist Verfassungsgegner.

    Sachbeschädigung u. a. sind strafrechtlich erfasst und werden damit von der breiten Gesellschaft abgelehnt.

  9. 23.

    Hier ist vieles nicht mehr verfassungskonform. Juckt aber nur die Benachteiligten. Der Rest findet das Super !!

  10. 19.

    Dit seh ick diametral anders! Diese Leute sind nicht mit denen zu vergleichen, die unsere Lebensgrundlagen (Demokratie usw.) als Zerstörungsziel haben. Auch haben sie nicht diese verächtliche und rassistische Menschenbild und so weiter!
    Und deren Ziel ist ist letztendlich die Bewahrung der Welt im großen + Ganzen!

  11. 18.

    Da bin ich voll deiner Meinung, es gibt eben nicht nur Rechtsextremisten, sondern genauso Linksextremisten

  12. 17.

    Anschläge auf kritische Infrastrukur sind durchaus extremistisch, denn dies sind Anschläge auf uns alle. Für Extremisten natürlich sehr schwer zu verstehen. Zur Verdeutlichung seines Protestes hätte man auch eine Mülltonne anzünden können, aber mit Sicherheit keine Hochspannungsmasten.

  13. 16.

    Wurde auch mal Zeit. Der Rechtsstaat arbeitet aktuell sehr langsam, aber er arbeitet!

  14. 15.

    Links ist der Verfassungsschutz immer auf Zack. Was auch richtig ist. Rechts dauert es immer zu lange. Wer die Welt verändern oder retten will, der soll in die Politik gehen. Anschläge, Gewalt oder Nötigung sind abzulehnen.

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