US-Unternehmen 777 Partners - Das ist Herthas neuer Investor
Hertha BSC hat einen neuen Investor, das wurde am Samstag offiziell verkündet. 777 Partners steigt bei der alten Dame ein und bringt ein riesiges Netzwerk mit. Wird Hertha BSC davon profitieren oder Opfer eines Franchise-Plans? Von Marc Schwitzky
Im Englischen gibt es das Sprichwort "Better the devil you know than the devil you don't", was so viel heißt wie "Besser das Übel, das man schon kennt als das, das man noch nicht kennt." Dieser Sinnspruch beschreibt die Situation von Hertha BSC und Lars Windhorst wohl ganz treffend.
Anfang Oktober gab Windhorst, nachdem Recherchen der "Financial Times" zu einer mutmaßlichen Spionage-Affäre öffentlich wurden, bekannt, die Zusammenarbeit mit Hertha beenden zu wollen. Der Investor, der seit Sommer 2019 375 Millionen Euro für 64,7 Prozent der Anteile an der Hertha BSC KGaA erworben hatte, hatte zuvor offenbar seit vielen Monaten versucht, eben jene Beteiligungen loszuwerden.
Doch Windhorst war das "Übel", das die Berliner kannten. Die Sorge darum, an wen der 46-Jährige seine Anteile denn weiterverkaufen könnte, ließ die zwischenzeitliche Erleichterung schnell verfliegen. Worauf würde sich der machtlose Hauptstadtklub einlassen müssen? Auf den nächsten lauten Investor, der immer wieder für Eklats sorgt? Vielleicht sogar auf den Staatsfond eines Landes, das für gravierende Menschenrechtsverletzungen steht, wie es etwa bei Manchester City (Abu Dhabi) oder Newcastle United (Saudi Arabien) der Fall ist?
Nun gibt es Gewissheit über Windhorsts Erben. Am Samstag gaben die Berliner bekannt, dass 777 Partners alle Anteile des Unternehmers übernimmt.
777 Partners besitzt Anteile an sechs Fußballklubs
Doch wer ist 777 Partners überhaupt? 2015 wurde das Unternehmen mit Sitz in Miami gegründet. Es handelt sich hierbei um eine Private-Equity-Gesellschaft. Durch Investments soll vom Gewinn eines nicht börsennotierten Unternehmens profitiert und gleichzeitig durch strategische Zusammenarbeit versucht werden, eben jene Unternehmen wachsen zu lassen. 777 Partners hat damit dasselbe Geschäftsmodell wie KKR. Mit dem ebenfalls US-amerikanischen Investor hatte Hertha von 2014 bis 2018 erfolgreich zusammengearbeitet.
In den letzten sieben Jahren hat sich 777 Partners ein Portfolio mit Unternehmen in Sport, Medien und Unterhaltung, Luftfahrt, Versicherungen, Finanztechnologie und Prozessführung aufgebaut. Bei Hertha BSC einzusteigen, passt bestens in die Strategie von 777 Partners. Das Unternehmen investiert seit rund vier Jahren vermehrt in die Fußballbranche. Mittlerweile hält die US-Firma an sechs Vereinen Anteile: FC Sevilla in Spanien, Genua CFC in Italien, Vasco da Gama in Brasilien, Standard Lüttich in Belgien, Red Star FC in Frankreich und Melbourne Victory in Australien. Anders als Windhorsts Tennor Holding verfügt 777 Partners also über weitreichende Erfahrungen im Fußballgeschäft.
Federführend dabei ist Gründer und CEO Josh Wander. Ihm ist es wichtig, klarzustellen, dass sein Unternehmen nicht das Ziel verfolgt, Fußballvereine durch massive Geldflüsse künstlich aufzupumpen und möglichst schnell Profit zu erzielen. Ebenso wichtig sei es, das Wesen der Klubs zu respektieren. "Alle Vereine, die 777 erworben hat, haben eine starke Identität und Verbindung zu ihren Fans, die oft über die sportliche Leistung hinausgeht. 777 hat nicht die Absicht, die Traditionen und Identitäten ihrer Vereine zu ändern", erklärte der 777-Verantwortliche Juan Arciniegas gegenüber der globalen Anwaltskanzlei Norton Rose Fulbright.
Synergien statt Franchise-Bildung
Dass 777 Partners trotz der Beteiligung an sechs, teils sehr bekannten Klubs für viele Fußball-Fans ein unbeschriebenes Blatt ist, könnte unterstreichen, dass sich das US-Unternehmen als stiller, strategischer Partner für seine Klubs versteht und eben nicht für große Schlagzeilen sorgt. Dennoch steckt hinter den Investments selbstverständlich ein Plan. CEO der 777 Football Group ist seit wenigen Monaten Don Dransfield. Dieser war zuvor viele Jahre strategischer Direktor der City Football Group. Die Holding-Gesellschaft aus Abu Dhabi umfasst mittlerweile elf Fußballvereine, darunter Manchester City. Dransfield kennt sich also bestens damit aus, ein Netzwerk aus mehreren Klubs zu spinnen und daraus sportlichen sowie wirtschaftlichen Erfolg zu schlagen. Wird Hertha jetzt also Teil eines Franchise-Plans?
So scheint 777 Partners zumindest bislang nicht zu agieren. Zwar wird das Portfolio an Fußballklubs immer größer, doch anders als die City Football Group oder auch Red Bull scheint das US-Unternehmen nicht daran interessiert zu sein, "seine" Klubs miteinander verschmelzen zu lassen. Etwas wie Farm-Teams oder sogar angepasste Vereinsfarben und Logos werden ausgeschlossen. Vielmehr scheint das Ziel zu sein, Expertise anzuhäufen und Synergien herzustellen. "Unsere Sportvereine erhalten sofortigen Zugang zu einer skalierbaren, vereinsübergreifenden Plattform, mit der sie ihre sportliche Strategie, Marketinginitiativen, Vermögensfinanzierung, Datenanalyse, Inhaltserstellung und -verteilung sowie ihr operatives Know-how unterstützen können", heißt es auf der Unternehmenswebseite. Es soll eine Schwarmintelligenz aufgebaut werden, von der alle Klubs profitieren und somit am Ende auch 777 Partners selbst.
Keine großen Umbrüche bei Hertha zu erwarten
Fußballtraditionalisten können also aufatmen. Hertha wird kein Opfer eines Konzerns, der möglichst schnellen Erfolg mit allen Mitteln erzwingen will und dafür auf Konfrontationskurs mit Fans und Verantwortlichen geht. Zumal 50+1 nach wie vor verhindert, dass Investoren in das Tagesgeschäft eines Bundesliga-Vereins eingreifen können. Es ist zu erwarten, dass 777 Partners darauf besser vorbereitet sein wird als die Tennor Holding. Ebenso ist zu erwarten, dass das Unternehmen kein weiteres Geld in den Hauptstadtverein investieren wird. Die Partnerschaft wird strategisch, nicht monetär geprägt sein. Bei keinem der bisherigen Vereine war bei 777-Einstieg ein spürbarer Einschnitt zu beobachten – sei es beim Personal, den Transfers oder der sportlichen Ausrichtung. Vielmehr wird ein organisches Wachstum angestrebt.
Es ist auch vorstellbar, dass 777 Partners durch sein Netzwerk bei der Suche nach neuen Sponsoren helfen kann. Wie die Zusammenarbeit mit 777 Partners letztendlich aussehen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nur schwer einzuschätzen – dafür ist die Geschichte des Unternehmens im Fußballgeschäft noch zu jung. Die von den letzten Jahren durchgeschüttelten Hertha-Fans wären aber wohl schon damit zufrieden, wenn der Partner des Vereins möglichst wenig in Erscheinung tritt. Es muss ja nicht immer alles, was man kennt, ein Übel sein.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde am 24.11.2022 erstmals veröffentlicht.
Sendung: rbb24, 24.11.2022, 18 Uhr