Berlin und Brandenburg - Umsatz-Boost durch WM bleibt in Gastronomie und Einzelhandel aus

Do 01.12.22 | 16:25 Uhr
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Ein leeres Restaurant, in dem ein Fußballspiel gezeigt wird (Imago/Seeliger)
Bild: Imago/Seeliger

In den Vorjahren waren Fußball-Großereignisse klare Umsatztreiber für Kneipen und Geschäfte aus der Region. Zur Weltmeisterschaft in Katar sind Angebot und Nachfrage deutlich geringer. Doch das liegt nicht nur an der Kritik an der WM.

Die ersten Fußball-Trikots hängen bereits im Sale und der Aufsteller mit schwarz-rot-goldener Schminke steht in der hintersten Ladenecke. In vielen Geschäften wurden Fan-Artikel zur Weltmeisterschaft gar nicht erst ins Sortiment aufgenommen.

"Normalerweise ist eine WM ein Umsatztreiber. Das stellen wir in diesem Jahr nicht fest", sagt Philipp Haverkamp vom Handelsverband Berlin-Brandenburg.

Auch in den Berliner Kneipen, die die Fußball-Spiele übertragen, bleiben viele Plätze leer. Anders als in den Vorjahren ist die WM in Katar kein Umsatzgarant für Gastronomie und Einzelhandel.

Es weihnachtet sehr

Die fehlende Fußball-Euphorie im Einzelhandel hat teilweise ganz pragmatische Gründe. "Unsere Händlerinnen und Händler schmücken im Moment weihnachtlich - und das heißt, da ist oft auch schlicht der Platz nicht da, um groß zur WM zu schmücken und auszustatten", so Haverkamp.

Die Fan-Artikel werden sonst auf Sonderflächen angeboten. Dort gibt es jetzt Adventskalender, Weihnachtsbaumschmuck und Geschenkpapier. Auch die Schaufenster sind winterlich dekoriert. Laut Haverkamp erwirtschaften viele Branchen mit dem Weihnachtsgeschäft mehr als 25 Prozent ihres Jahresumsatzes. "Da liegt momentan die Priorität."

Auch für die Kundinnen und Kunden gehe es bei ihren Einkäufen darum zu priorisieren. "Wir haben im Moment durch die Energiekrise, durch die große Unsicherheit bei unseren Kundinnen und Kunden sowieso eine Kaufzurückhaltung", sagt Haverkamp. Angesichts der hohen Inflationsrate hat sich das Kaufverhalten verändert. Wer Geld ausgebe, würde dies für Geschenke tun.

Die Gastronomie hadert im Vergleich zu vergangenen Europa- und Weltmeisterschaften eher mit den Witterungsbedingungen als mit dem Weihnachtsgeschäft. "Viele Gastronomen haben ihre Bildschirme auch nach draußen gestellt. Man hat gemeinsam geguckt. Darüber hinaus gab es auch große Fan-Meilen", sagt Thomas Lengfelder, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Berlin, rückblickend. Bei einer WM im November und Dezember sei das so nicht möglich.

Boykott statt Beifall

Auch die Menschenrechtsverstöße, die im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft und dem Gastgeberland Katar stehen, haben dazu geführt, dass sich Gastronomie und Handel in diesem Jahr anders verhalten. Philipp Haverkamp vom Handelsverband nennt das Beispiel des Lebensmitteleinzelhändlers Rewe, der langjähriger Partner der Nationalmannschaft war und seine Kooperation vorzeitig beendete, nachdem der Deutsche Fußball-Bund auf die "One Love"-Binde verzichtet hatte.

Einige Kneipen, die bei Vergangenheit zum Public Viewing einluden, verzichten aus Protest nun darauf und nehmen Umsatzeinbußen in Kauf. Das ist aber auch nicht überall der Fall: "Wenn man ganz, ganz ehrlich ist, gibt es bei den Deutschland-Spielen Kneipen, die voll bis unter die Decke sind", so Thomas Lengfelder. Bei anderen Begegnungen sei das Interesse zwar geringer, aber das sei auch bei vorherigen Turnieren so gewesen.

Sendung: rbb24, 01.12.2022, 21:45 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Also ist exakt das eingetreten, was vor Jahren schon vorausgesagt wurde.
    Wieder die Lachnummer aus dem realsatirischen Klassiker "DAMIT konnte ja nun wirklich NIEMAND rechnen, oder?"

  2. 16.

    Alles in allem eine spannende WM! Ich kann die Zurückhaltung eigentlich nur mit der extrem negativen Berichterstattung im Vorfeld des Ereignisses in Verbindung bringen. Auch jahreszeitlich finde ich die WM sehr gelungen, denn im Dezember ist es nun mal ab 16 Uhr dunkel und da beginnen die Spiele. Die sommerliche Fanmeilerei und die damit verbundenen Massenbesäufnisse der letzten Jahre fand ich ohnehin sehr abstoßend.

  3. 15.

    War dieses Jahr ne WM?

  4. 14.

    Ja, und Böller sind auch überflüssig - wegen der Umwelt ...
    Mal sehen, wann wir auch das sinnlose Erhellen der Umwelt durch - an sich unnötige - Leuchtmittel (sogenannte Weihnachtsbeleuchtung) weglassen.
    Auch werden Nadelgewächse mit dem einzigen Zweck, Heim und Hof in den Wochen vor oder um Weihnachten herum mit Adventskranz und Weihnachtsbaum zu schmücken, angepflanzt.
    Die dabei erzeugten CO²-Mengen könnten durch Weglassen dieser Traditionen einfach vermieden werden...

    Ich "freue" mich auf diese schöne, neue, ökologische Welt ...

  5. 13.

    Ja die Bürger haben dazu gelernt ! Fanartikel braucht kein Mensch und Bier auch nicht.

  6. 12.

    Naja, hat sich ja nun eh erledigt. Haken dran, WM vorbei. Muss man auch keine Figuckchen mehr machen, wegen Fußball kucken oder eben nicht. Das Interesse an dem Turnier dürfte sich, zumindest in D, deutlich verringern. Könnte doch eigentlich nächste Woche Sonnabend die BuLi wieder los gehen, oder?

  7. 11.

    @19kalle52: Auch ich schaue kein Spiel, gehe aber ab und zu in die Boykott-Kneipen, um diese zu unterstützen.
    Ein nachhaltiges Zeichen aus deutscher Sicht sind schon mal die geringen Einschaltquoten während dieser WM. Zum anderen hat sich mangels Aktivität von Seiten des DFB eine starke kritische Fanbase zusammengetan, die sich bei einem sich eventuell wieder abzeichnenden Deal, wie er zugunsten von Qatar stattgefunden hat, schneller und lautstärker zu Wort melden wird als beim letzten mal.
    Im Anschluss der WM wird es weiterhin darum gehen, dass der von Amnesty International und vielen anderen geforderte Fonds für die Familien der in Qatar verstorbenen Gastarbeiter/innen von Fifa und Qatar eingerichtet wird.

  8. 10.

    Danke Spanien! Es wurde heute tagsüber schon gemunkelt, dass die Spanier hier Schützenhilfe leisten könnten. Ich hoffe, jetzt hören die gehässigen Kommentare hier auf.

  9. 9.

    Zum Glück ist Deutschland raus mit dieser überzogenen und fast schon arroganten Moral.
    Ich gebe mein Geld mittlerweile lieber im Ausland aus, tja Pech liebe moralsine leute wenn ihr das nicht wollt.

  10. 8.

    Ich glaub, ich hab nix verpasst :-)) wir waren heute bei Schneetreiben Eislaufen, da sieht man Leute, die ihren Sport echt beherrschen ;-) und ewig Pi-warme Länder mit Klimaanlagen ohne echte Eisflächen und Schneetreiben können mir eh gestohlen bleiben. Egal, welcher Scheich oder Zar oder Präsi da regiert.

  11. 7.

    Irgendwie sind die Japaner mir echt sympathisch :-).

  12. 6.

    Egal wo die Streit-/Ablehnungspunkte liegen - diese WM hat leider zu viele Sympatien.
    ABER HOCHACHTUNG VOR DEN KNEIPERN DIE SICH DEM NICHT BEUGEN!!!
    Hätte mir ein Szenario wie beim Eröffnungsspiel gewünscht - mindestens halb leere Stadien.
    Nun, eventuell muß man sich an die Fussball-WM im November/Dezember gewöhnen, aber wohl ohne Public-Viewing nördlich der Halbkugel.
    Solange damit großartig zu verdienen ist, warum nicht.

  13. 5.

    Boykott Katar. Mit Kohle kann man sich nicht alles kaufen.

  14. 4.

    Ihre Hypermoral finde ich schon sehr bedenklich. Milliarden Menschen auf der Erde haben nunmalnicht unsere Werte. Abgesehen von der WM hat nicht mal der Robert Bedenken, bei solchen Staaten hach Gas zu betteln.
    Ich bin eh nicht der große Fußballfan. Mir sollte das eigentlich egal sein.

  15. 3.

    Konsequent sehe ich mir kein Spiel dieser "WM der Schande" an. Traurig, daß die Fan-Gemeinde weltweit kein nachhaltiges Zeichen gegen diese MAFIFA senden kann.

  16. 2.

    Supercross WM, Paris Supercross ... also wenn der Deutsche Ken Roczen der König von Paris im Supercross wird und er die SXWM gewonnen hat ist die Freude groß...noch größer wird diese wenn die "Mannschaft" heute die Heimfahrkarte löst...;-)

  17. 1.

    Also bei mir kommt auch absolut keine WM-Stimmung auf. Das muss im Sommer stattfinden, da ist dann eine ganz andere Atmosphäre, wenn man mit Freunden draußen sitzen kann. Jetzt back ich lieber Plätzchen, genieße die Adventszeit und geh zum Weihnachtsmarkt.

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